OGH 10ObS226/01k

OGH10ObS226/01k16.4.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Hübner und Dr. Dietmar Strimitzer (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Lina-Maria T*****, Landwirtin, *****, vertreten durch Mag. Dr. Johannes Winkler, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Ghegastraße 1, 1030 Wien, vertreten durch Dr. Christian Preschitz und Dr. Michael Stögerer, Rechtsanwälte in Wien, wegen vorzeitiger Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. April 2001, GZ 11 Rs 140/01i-9, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgericht vom 14. März 2001, GZ 18 Cgs 304/00m-5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Oberste Gerichtshof stellt gemäß Art 89 Abs 2 B-VG (Art 140 Abs 1 B-VG) an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, § 280 Abs 2 Z 1 BSVG idF der 24. BSVG-Novelle (BGBl I 2001/101) als

verfassungswidrig aufzuheben.

Mit der Fortführung des Revisionsverfahrens wird gemäß § 62 Abs 3 VfGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes innegehalten.

Text

Begründung

Die am 12. 9. 1945 geborene Klägerin stellte am 3. 8. 2000 (und 23. 8. 2000) bei der beklagten Partei zum Stichtag 1. 10. 2000 den Antrag auf Gewährung der vorzeitigen Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit.

Mit Bescheid vom 22. 9. 2000 lehnte die beklagte Partei den "Antrag auf Erwerbsunfähigkeitspension" mangels Vorliegens von Erwerbsunfähigkeit ab. Im Rahmen der Bescheidbegründung wurde der Klägerin mitgeteilt, ihrem Antrag auf vorzeitige Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit könne nicht entsprochen werden, weil diese Leistung ab dem Stichtag 1. 7. 2000 gemäß § 274 Abs 2 BSVG nicht mehr vorgesehen sei.

Mit der dagegen erhobenen Klage begehrt die Klägerin, die vorzeitige Alterspension wegen Erwebsunfähigkeit im gesetzlichen Ausmaß ab dem Tag, der auf die Betriebsaufgabe folgt. Die rückwirkende Abschaffung der beantragten Pensionsleistung sei verfassungswidrig. Außerdem sei die Klägerin gemäß § 255 Abs 21 BSVG, welcher unverändert in Geltung sei, von der Abschaffung der vorzeitigen Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit nicht betroffen.

Die beklagte Partei beantragte Klageabweisung. Sie wendete ua ein, dass die Bestimmung des § 122c BSVG zum Stichtag 1. 10. 2000 nicht mehr in Geltung stehe. Dass die Klägerin hievon iSd § 255 Abs 21 ASVG nicht betroffen sei wurde bestritten.

Das Erstgericht sprach mit Urteil vom 14. 3. 2001 aus, der Anspruch der Klägerin auf vorzeitige Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit bestehe ab 1. 10. 2000 zu Recht, da die Klägerin die Wartezeit und auch die sonstigen Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 122c BSVG in der hier (gem § 255 Abs 21 BSVG idF der 23. Novelle zum BSVG, BGBl I 176/1999 Z 16) noch anzuwendenden Fassung vor dem 1. 7. 2000 bzw dem 1. 9. 1996 zum Stichtag 1. 10. 2000 erfülle. Die Pension falle aber mit diesem Tag für die Dauer der Ausübung einer Erwerbstätigkeit weg, die das Entstehen eines Anspruches gemäß § 122 Abs 1 Z 4 BSVG ausschließe.

Mit der angefochtenen Entscheidung gab das Berufungsgericht der Berufung der beklagten Partei nicht Folge.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die vorinstanzlichen Urteile im klagsabweisenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Zunächst ist Folgendes festzuhalten:

Die Zulässigkeit des Rechtsweges für eine Bescheidklage setzt nach § 67 Abs 1 Z 1 ASGG (und § 69 ASGG) voraus, dass der Versicherungsträger darüber bereits mit Bescheid entschieden hat. Liegt eine meritorische Entscheidung des Versicherungsträgers über den geltend gemachten Anspruch des Versicherten nicht vor, ist der Rechtsweg - von bestimmten Ausnahmen abgesehen - ausgeschlossen (SSV-NF 13/149).

Im vorliegenden Fall wurde mit dem der Klage zugrunde liegenden Bescheid seinem Spruch gemäß über die Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitspension abgesprochen, die von der Klägerin (im Antrag vom 23. 8. 2000) nicht beantragt war; ihr Antrag auf Gewährung einer vorzeitigen Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit wurde jedoch in einen Antrag auf Erwerbsunfähigkeitspension umgedeutet, wobei dem Bescheid zu entnehmen ist, dass die von der Klägerin eigentlich begehrte Leistung aufgrund einer zwischenzeitigen Gesetzesänderung nicht (mehr) zugesprochen werden könne. Anders als im Fall, der der Entscheidung SSV-NF 13/149, zugrunde lag, wird daher in das gerichtliche Verfahren nicht ein neuer Versicherungsfall einbezogen, der nicht Gegenstand des vor dem Versicherungsträger durchgeführten Verfahrens war. Für die von der Klägerin erhobene Klage auf Gewährung einer vorzeitigen Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit ist daher der Rechtsweg zulässig (10 ObS 219/01f).

Die beklagte Partei wiederholt in ihren Revisionsausführungen den Standpunkt, aus der Gesetzgebungsgeschichte seit der 16. BSVG-Novelle ergebe sich eindeutig, dass sich § 255 Abs 21 BSVG immer nur auf die Wartezeitbestimmung des § 122c BSVG bezogen habe. Mit der Aufhebung des § 122c BSVG durch das SVÄG 2000 sei daher auch dem § 255 Abs 21 BSVG der Boden entzogen. Die erst nach wiederholten Anläufen endgültige Ausformung der Rechtslage in Reaktion auf das EuGH-Urteil in Sachen Buchner ua sei ein eindeutiger Beleg für die Tatsache, dass auf die ausdrückliche Aufhebung des § 255 Abs 21 BSVG schlichtweg vergessen worden sei. Dieser Aspekt werde auch unter Berücksichtigung der in der Regierungsvorlage der 24. Novelle zum BSVG in der Fassung des Ministerrates vom 22. 5. 2001 vorgesehenen Bestimmung des § 280 Abs 3 BSVG deutlich. Keinesfalls sei die Intention des Gesetzgebers dahin gegangen, dem in § 255 Abs 21 BSVG in Betracht kommenden Personenkreis die generell aufgehobene vorzeitige Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit auch weiterhin zu ermöglichen, zumal eine solche Sichtweise abermals die Möglichkeit eröffnet hätte, dass Frauen die Leistung ab dem 55. Lebensjahr in Anspruch nehmen könnten. Bei konsequenter Fortsetzung des der Berufungsentscheidung zugrundeliegenden Gedankens würde sich aus dem Gemeinschaftsrecht ergeben, dass auch alle Männer, die am 1. 9. 1996 das 50. Lebensjahr vollendet haben, mit 55 und mit verkürzter Wartezeit in Pension gehen könnten. Damit unterstelle das Berufungsgericht dem Gesetzgeber die bewusste Inkaufnahme einer Rechtsfolge, die entweder im diametralen Widerspruch mit der belegten Intention des Gesetzgebers stehe, oder die Inkaufnahme einer wiederholten EU-Widrigkeit, sollte die Bestimmung dem Wortlaut zufolge auf weibliche Versicherte reduziert bleiben.

Der erkennende Senat hat bereits in den beiden Entscheidungen 10 ObS 219/01f und 10 ObS 220/01b vom 30. 7. 2001 die Ansicht vertreten, dass § 255 Abs 21 BSVG ungeachtet des SVÄG 2000 mit folgendem klaren Wortlaut in Kraft geblieben ist: "Für weibliche Versicherte, die am 1. September 1996 das 50. Lebensjahr bereits vollendet haben, ist § 122c iVm § 111 in der am 31. August 1996 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden." Daraus kann in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen durchaus der Schluss gezogen werden, dass der Personengruppe, der auch die Klägerin angehört, weiterhin der § 122c BSVG zugute kommen soll. Auch wenn die in § 7 ABGB ausdrücklich angeordnete Analogie beweist, dass selbst der eindeutige Gesetzeswortlaut keine unübersteigliche Grenze juristischer Argumentation darstellt, ist es nicht Aufgabe der Gerichte, durch zu weitherzige Interpretation rechtspolitische Aspekte zu berücksichtigen, die den Gesetzgeber bisher (bewusst oder unbewusst) nicht veranlasst haben, Gesetzesänderungen vorzunehmen; (allenfalls) unbefriedigende Gesetzesbestimmungen zu ändern oder zu entfernen, ist nicht Sache der Rechtsprechung, sondern der Gesetzgebung. Die Bestimmung des § 255 Abs 21 BSVG bildet(e) somit nach Ansicht des erkennenden Senates auch nach der Aufhebung des § 122c BSVG durch § 274 Abs 2 BSVG idF SVÄG 2000 eine taugliche Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf vorzeitige Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit.

Allerdings hat sich nach Erlassung der angefochtenen Entscheidung des Berufungsgerichts am 9. 10. 2001 die Rechtslage geändert. Nach § 280 Abs 2 Z 1 BSVG idF der 24. BSVG-Nov, BGBl I Nr 101/2001, tritt nämlich § 255 Abs 21 BSVG rückwirkend mit Ablauf des 30. Juni 2000 außer Kraft. Die 24. BSVG-Novelle wurde am 7. 8. 2001 im Bundesgesetzblatt kundgemacht und ist somit seither Bestandteil der Rechtsordnung. Nach der ständigen Rechtsprechung hat das Rechtsmittelgericht auf eine Änderung der Rechtslage Bedacht zu nehmen, sofern die neuen Bestimmungen nach ihrem Inhalt auf das umstrittene Rechtsverhältnis anzuwenden sind (Kodek in Rechberger, ZPO2 Rz 11 zu § 482 mwN uva; RIS-Justiz RS0031419). Insbesondere sind Änderungen des zwingenden Rechts, sofern nicht Übergangsrecht etwas anderes bestimmt, vom Rechtsmittelgericht ohne weiteres von Amts wegen seiner Entscheidung zugrundezulegen, auch wenn der zu beurteilende Sachverhalt bereits vor Inkrafttreten des neuen Rechts verwirklicht wurde (SZ 71/89; SZ 69/238 ua; RIS-Justiz RS0106868). Die durch die 24. BSVG-Nov rückwirkend mit 1. 7. 2000 bewirkte zwingende Rechtsänderung ist daher auch vom Obersten Gerichtshof zu berücksichtigen, der die Entscheidung des Berufungsgerichtes nach der geänderten Gesetzeslage zu überprüfen hat (vgl 10 ObS 107/94; 10 ObS 201/94; 10 ObS 333/91 ua).

Der Oberste Gerichtshof hegt gegen die somit im vorliegenden Fall anzuwendende Bestimmung des § 280 Abs 2 Z 1 BSVG idF 24. BSVG-Nov vor allem wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 7 Abs 1 B-VG folgende, bereits in den Verfahren 10 ObS 294/01k und 10 ObS 24/02f dargelegte Bedenken:

Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Judikatur in verschiedenen Zusammenhängen immer wieder zum Ausdruck gebracht, dass das Vertrauen in die Rechtsordnung unter bestimmten Voraussetzungen durch den Gleichheitsgrundsatz geschützt ist. So hat der Gerichtshof bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung von gesetzlichen Regelungen, durch die in Pensionsansprüche mindernd eingegriffen wurde, dem Vertrauensschutz unter dem Aspekt des Gleichheitsgrundsatzes bedeutendes Gewicht zugemessen (vgl VfSlg 11.309 ua). In diesem Sinn hat der Verfassungsgerichtshof aber auch stets die Bindung gesetzlich verfügter Rückwirkungen an den Gleichheitsgrundsatz betont. Rechtsnormen zielen auf die Steuerung menschliches Verhaltens. Diese Funktion können Rechtsvorschriften freilich nur dann erfüllen, wenn sich die Normunterworfenen bei ihren Dispositionen grundsätzlich an der geltenden Rechtslage orientieren können. Daher können gesetzliche Vorschriften mit dem Gleichheitsgrundsatz in Konflikt geraten, weil und insoweit sie die im Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage handelnden Normunterworfenen nachträglich belasten. Das kann bei schwerwiegenden und plötzlich eintretenden Eingriffen in erworbene Rechtspositionen, auf deren Bestand der Normunterworfene mit guten Gründen vertrauen konnte, zur Gleichheitswidrigkeit des belastenden Eingriffes führen (vgl VfSlg 12.186, 11.309 ua).

In seiner neueren Rechtsprechung hat der Verfassungsgerichtshof wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass die rückwirkende Inkraftsetzung einer in Rechtspositionen eingreifenden Regelung mit dem Gleichheitsgrundsatz dann nicht vereinbar ist, wenn die Normunterworfenen durch einen Eingriff von erheblichem Gewicht in einem berechtigten Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht wurde und nicht etwa besondere Umstände diese Rückwirkung verlangen, etwa indem sie sich als notwendig erweist, um eine sonst eintretende Gleichheitswidrigkeit zu vermeiden. Ob und inwieweit im Ergebnis ein sachlich nicht gerechtfertigter und damit gleichheitswidriger Eingriff vorliegt, hängt also vom Ausmaß des Eingriffes und vom Gewicht der für die Rückwirkung sprechenden Gründe ab (VfSlg 13.896, 12.688 mwN ua).

Im Sinne dieser Judikatur verstößt nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes die Bestimmung des § 280 Abs 2 Z 1 BSVG idF der 24. BSVG-Nov gegen das auch den Gesetzgeber bindende Gleichheitsgebot. Das erst am 7. 8. 2001 kundgemachte und über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (!) rückwirkende Außerkrafttreten der Bestimmung des § 255 Abs 21 BSVG stellt einen Eingriff von erheblichem Gewicht dar. Dies wird am Beispiel der Klägerin deutlich, die im Vertrauen auf die Rechtslage einen Pensionsantrag gestellt hat, dem durch die erst nach der Entscheidung des Berufungsgerichtes geänderte Rechtslage plötzlich die Grundlage entzogen wurde. Dieser rückwirkende Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen stellt offenkundig einen Eingriff in die Rechtsposition der Klägerin von erheblichem Gewicht dar (vgl VfSlg 12.688), zumal mit der Inanspruchnahme einer vorzeitigen Alterspension in der Regel auch die Beendigung der bisherigen Erwerbstätigkeit verbunden ist (vgl § 122c Abs 2 BSVG). Das zeigt der vorliegende Fall besonders deutlich; hat die Klägerin doch (nach dem Inhalt des Pensionsaktes [Leistungsantrag vom 3. 8. 2000]) ihren landwirtschaftlichen Betrieb im Hinblick auf die zu erwartende Pensionsgewährung bereits ab 1. 10. 2000 aufgegeben (übergeben) und ist daher durch die geänderte Rechtslage massiv betroffen. Andererseits fehlt es nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes an triftigen Gründen, die einen derartigen Eingriff sachlich zu rechtfertigen vermöchten, etwa indem sie sich als notwendig erweisen, um andere Gleichheitswidrigkeiten zu vermeiden (VfSlg 12.186 ua). Nach den Erläuternden Bemerkungen zur RV 626 BlgNR XXI. GP, 10 f verfolgt die Übergangsbestimmung des § 255 Abs 21 BSVG zu § 122c BSVG den Zweck, dass Personen, die das Anfallsalter für eine vorzeitige Alterspension wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der Verschärfung der Anspruchsvoraussetzungen durch die Verlängerung der Wartezeit im Zuge des Strukturanpassungsgesetzes 1996 für diese Pension bereits erreicht haben, von dieser Verschärfung nicht betroffen sein sollten. Durch diese Übergangsbestimmung sollte lediglich bewirkt werden, dass für den gegenständlichen Personenkreis die Wartezeitbestimmung in der am 31. August 1996 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden ist. Durch das Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2000, BGBl I Nr 43/2000, sei mit Wirkung ab 1. Juli 2000 die vorzeitige Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit gemäß § 122c BSVG aufgehoben worden, sodass für die Anwendung dieser Übergangsbestimmung kein Raum mehr bleibe. Es werde daher vorgeschlagen, § 255 Abs 21 BSVG ausdrücklich aufzuheben und statt dessen vorzusehen, dass bei bisher von dieser Bestimmung umfasst gewesenen Fällen für künftige Erwerbsunfähigkeitspensionen gemäß § 124 Abs 2 BSVG die Wartezeitbestimmungen, wie sie für die vorzeitige Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit in der am 31. August 1996 geltenden Fassung anzuwenden waren, gelten. Von dieser Maßnahme seien rund 400 bis 600 Frauen betroffen (RV aaO). Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl VfSlg 13.020) kann auch ein offensichtlicher Redaktionsfehler des Gesetzgebers nicht als Rechtfertigung für eine ausschließlich die betroffene Gruppe rückwirkend belastende Regelung angesehen werden. Im Übrigen führt gerade die rückwirkende Außerkraftsetzung des § 255 Abs 21 BSVG zu Gleichheitswidrigkeiten. Damit wurde nämlich die Frage der Berechtigung des Pensionsbegehrens im Ergebnis von der Dauer des vor den Sozialgerichten geführten Verfahrens und dem Zeitpunkt der letztinstanzlichen Entscheidung abhängig gemacht. So haben Versicherte in vergleichbarer Situation (beispielsweise die am 20. 8. 1945 geborene Klägerin im Verfahren 10 ObS 220/01b mit Stichtag 1. 11. 2000) die Leistung aufgrund des früheren Zeitpunktes der letztinstanzlichen Entscheidung zugesprochen erhalten. Diese gegen die rückwirkende Außerkraftsetzung der Bestimmung des § 255 Abs 21 BSVG geäußerten Bedenken bestehen auch unter dem Aspekt des in Art 5 StGG und Art 1 des ersten Zusatzprotokolls zur EMRK enthaltenen Eigentumsschutzes.

Aufgrund der aufgezeigten Bedenken sieht sich der Oberste Gerichtshof daher veranlasst, einen entsprechenden Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof zu stellen.

Die Anordnung der Innehaltung des Verfahrens beruht auf der im Spruch zitierten Gesetzesstelle.

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