OGH 3Ob20/02s

OGH3Ob20/02s27.2.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Parteien 1. Maureen H*****, geboren am 22. März 1988, und 2. Alice H*****, geboren am 10. April 1993, beide vertreten durch die Mutter Birgit K*****, Bundesrepublik Deutschland, diese vertreten durch Dr. Michael Böhme, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Sven H*****, vertreten durch Dr. Sieglinde Lindmayr, Dr. Michael Bauer und Dr. Günter Secklehner, Rechtsanwalts-OEG in Liezen, wegen Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Exekutionstitels, infolge "außerordentlichen" Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben als Rekursgericht vom 4. Dezember 2001, GZ 3 R 317/01a-8, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Liezen vom 21. September 2001, GZ 1 Nc 42/01m-3, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Das Erstgericht erklärte das rechtskräftige und vollstreckbare Versäumnis-Urteil des Amtsgerichts Duisburg vom 27. Mai 1991 (richtig: 1999), AZ 37 F 256/98, in Österreich für vollstreckbar. Mit diesem Urteil wurde der Verpflichtete unter anderem zu Punkt 3. verurteilt, an die erstbetreibende Partei vom 1. 3. 2000 an 142 % des jeweiligen Regelbetrags der dritten Altersstufe abzüglich hälftiger Kindergeldanteil (von derzeit 125 DM), zu Punkt 6. und 7. an die zweitbetreibende Partei vom 1. 7. 1999 bis 31. 3. 2006 142,21 % des jeweiligen Regelbetrags der zweiten Altersstufe abzüglich hälftiger Kindergeldanteil von derzeit 125 DM und vom 1. 4. 2006 an 142 % des jeweiligen Regelbetrags der dritten Altersstufe abzüglich hälftiger Kindergeldanteil (von derzeit 125 DM) zu zahlen.

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Rekursgericht dem gegen die Vollstreckbarerklärung auch der genannten Punkte des deutschen Versäumnisurteils gerichteten Rekurs des Verpflichteten mit der Maßgabe nicht Folge, dass es das Jahr des Urteilsdatums von 1991 auf 1999 berichtigte.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der "außerordentliche" Revisionsrekurs des Verpflichteten.

Diesen legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.

Rechtliche Beurteilung

Dies widerspricht jedoch der seit der WGN 1997 bestehenden Rechtslage.

Nach § 84 Abs 4 EO (idF der EO-Nov 2000) ist zwar der Revisionsrekurs nicht deshalb unzulässig, weil das Gericht zweiter Instanz die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung über die Erteilung der Vollstreckbarerklärung zur Gänze bestätigt hat. Damit ist aber nur die Bestimmung des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO unanwendbar, die übrigen Rechtsmittelbeschränkungen des § 528 ZPO gelten gemäß § 78 EO und § 83 Abs 2 EO auch im Verfahren über die Vollstreckbarerklärung (Jakusch in Angst, EO § 84 Rz 9 und § 65 Rz 21).

Nach Art 96 Z 6 des 1. Euro-Umstellungsgesetzes-Bund (BGBl I 2001/98) gelten die Änderungen der Zivilprozessordnung durch Art 94 dieses Gesetzes nur für solche Verfahren, in denen das Datum der Entscheidung der zweiten Instanz nach dem 31. Dezember 2001 liegt, weshalb im vorliegenden Fall noch die Bestimmungen der ZPO in der vor dieser Novellierung geltenden Fassung anzuwenden sind.

Nach § 528 Abs 2 Z 1a ZPO ist, wenn der Entscheidungsgegenstand zwar 52.000 S, nicht jedoch 260.000 S übersteigt und das Rekursgericht ausgesprochen hat, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig sei, auch der außerordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig. Eine Partei kann aber den Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde, wobei mit demselben Schriftsatz der ordentliche Revisionsrekurs auszuführen ist (§ 528 Abs 2a iVm § 508 ZPO).

Ein derartiger Fall liegt auch hier vor, wie darzulegen ist:

Für die Berechnung des maßgebenden Entscheidungsgegenstands des Rechtsmittelgerichts sind die Unterhaltsansprüche mehrerer Kinder nicht zusammenzurechnen (RIS-Justiz RS0017257; zuletzt 3 Ob 248/00t). Maßgebend ist vielmehr für jedes Kind das Dreifache der Jahresleistung (RIS-Justiz RS0042366; 3 Ob 248/00t).

Auf Grund des deutschen Kindesunterhaltsgesetzes vom 6. 4. 1998 beträgt ab dem 1. 7. 1998 der angesprochene Regelbetrag in der zweiten Altersstufe 424 DM und in der dritten Altersstufe 502 DM.

Mit Punkt 3. des Versäumnis-Urteils wurde der Verpflichtete zur Zahlung von 142 % des jeweiligen Regelbetrags der dritten Altersstufe abzüglich 125 DM pro Monat auf unbestimmte Zeit an die erstbetreibende Partei verpflichtet. Das ergibt 712,84 DM, abzüglich 125 DM somit 587,84 DM. Als Entscheidungsgegenstand des Rekursgerichtes ist das 36fache dieses Betrags anzusehen, auch wenn der Verpflichtete in seinem Revisionsrekurs von einer berechtigten Unterhaltsverpflichtung von 353 DM (offenbar für beide Kinder) ausgeht, weil der Revisionsrekurs sich gegen die Vollstreckbarerklärung im gesamten Umfang der drei Punkte des Titelurteils wendet.

Das 36fache des monatlichen Betrags für die mj Maureen beträgt daher 21.162,24 DM oder umgerechnet 148.887,57 S. Im Hinblick auf die mj Maureen liegt damit der Entscheidungsgegenstand des Rekursgerichts im angeführten Bereich unter 260.000 S.

Nichts anderes gilt aber für die zweitbetreibende Partei. Wie in der bereits zitierten Entscheidung 3 Ob 248/00t dargelegt wurde, kann sich der Entscheidungsgegenstand durch lange Verfahrensdauer nicht ändern; nichts anderes kann aber gelten, wenn wie im vorliegenden Fall Unterhalt für zunächst fast sieben Jahre und dann auf unbestimmte Zeit zuerkannt wird, wobei ab einem bestimmten Datum statt dem Regelbetrag der zweiten Altersstufe jener der dritten Altersstufe gebührt. In so einem Fall ist vom höheren Betrag auszugehen. Dieser Betrag entspricht daher dem für die erstbetreibende Partei geltenden Entscheidungsgegenstand.

Damit zeigt sich, dass in Ansehung beider betreibenden Parteien kein 260.000 S übersteigender Entscheidungsgegenstand des Rekursgerichts vorliegt.

Nun hat der Verpflichtete in seinem jedenfalls rechtzeitigen Rechtsmittel ausgeführt, warum er es entgegen dem Ausspruch der zweiten Instanz für zulässig erachtet. Es fehlt jedoch darin die ausdrückliche Erklärung, dass der Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs durch das Rekursgericht (und nicht den Obersten Gerichtshof) gestellt werde. Für den Fall, dass das Erstgericht der Meinung wäre, dieser Mangel stehe der unmittelbaren Vorlage des Antrags an das Rekursgericht entgegen, hätte es einen fristgebundenen Verbesserungsauftrag zu erteilen (RIS-Justiz RS0109501). Wäre dies nicht der Fall, hätte es den Akt dem Rekursgericht zur Entscheidung über den Antrag nach § 528 Abs 2a iVm § 508 ZPO vorzulegen.

Stichworte