OGH 3Ob120/01w

OGH3Ob120/01w30.1.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Georg Pammesberger, Rechtsanwalt, Gmunden, Kirchengasse 1, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Dr. Josef B*****, wider die beklagte Partei Gabriele B*****, vertreten durch Dr. Heinz Ortner, Rechtsanwalt in Gmunden als Verfahrenshelfer, wegen 330.797 S sA (= 24.039,96 Euro) infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 19. März 2001, GZ 1 R 243/00m-29, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Wels vom 9. Oktober 2000, GZ 4 Cg 126/99t-23, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 6. November 2000, GZ 4 Cg 126/99t-26, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.108,62 Euro (darin 184,77 Euro Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Mit Beschluss vom 18. Juni 1998 wurde über das Vermögen eines näher genannten Gemeinschuldners der Konkurs eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt. Der Gemeinschuldner war bei Konkurseröffnung Eigentümer einer Eigentumswohnung auf der spanischen Insel Ibiza. Er hatte den Ankauf, aber auch die Renovierung und Adaptierung der Eigentumswohnung mit ihm von einer Anlegergruppe zur Verfügung gestellten Geldmitteln finanziert. Seit 1995 stand diese Eigentumswohnung im Einvernehmen mit der Anlegergruppe wieder zum Verkauf. Der Gemeinschuldner erteilte hiezu seiner Ehegattin, der Beklagten, Verkaufsvollmacht. Die Eigentumswohnung sollte verkauft werden, um Schulden (Anzahlung an der Anlage, Steuern, Betriebskosten etc) begleichen zu können. Nach Konkurseröffnung verkaufte die Beklagte die Eigentumswohnung an zwei britische Staatsangehörige um 4 Mill ESP, sie unterschrieb den von einem nicht bekannten Notar errichteten Kaufvertrag als Bevollmächtigte des Gemeinschuldners und quittierte den Erhalt von 200.000 ESP bzw 1.202,02 Euro; über den Restkaufpreis von 3,8 Mio ESP bzw 22.838,46 Euro erhielt sie einen Bankscheck.

Es ist nicht feststellbar, ob und wenn ja, welcher Geldbetrag aus dem Verkauf der Eigentumswohnung der Beklagten zukam.

Der Kläger begehrte von der Beklagten ursprünglich Zahlung von 757.311 S sA und brachte vor, zum Vermögen des Gemeinschuldners habe ua die spanische, von diesem 1989 um 757.311 S erworbene Eigentumswohnung gehört. Die Beklagte habe diese aufgrund einer notariellen Vollmacht des Gemeinschuldners vom 6. Mai 1997 am 11. Jänner 1999 mit Wissen und Willen des Gemeinschuldners um "offiziell" 4 Mio ESP verkauft, ohne "das Geld" an die Konkursmasse weitergeleitet zu haben. Dieser sei dadurch ein Schaden in Höhe des Werts dieser Liegenschaft entstanden, der zumindest dem Ankaufspreis des Jahres 1989 entsprochen habe. Es werde kein dinglicher Anspruch an unbeweglichen Sachen, sondern ein Anspruch aus rechtswidrigem Verhalten geltend gemacht. Der schuldrechtliche Anspruch des Vertretenen gegen den Vertreter auf Überlassung des durch das Geschäft entspringenden Nutzens (§ 1009 ABGB) sei durch die Wirkungen der Konkurseröffnung (§ 1 KO) auf den Masseverwalter übergegangen; gerade dieser Anspruch werde geltend gemacht. Der von der Beklagten offiziell angegebene Preis sei ein Scheinpreis; die Eigentumswohnung sei mindestens den Ankaufspreis von 757.311 S wert (gewesen). Gestützt werde der Anspruch auch "auf die Bestimmungen über die Geschäftsführungen ohne Auftrag", auf Schadenersatz und Bereicherung, weil die Beklagte rechtswidrig und schuldhaft den aus dem Verkauf erhaltenen Nutzen nicht herausgebe und somit auf Kosten der Konkursmasse bereichert sei, zumal sie überhaupt keinen Anspruch auf den Verkaufserlös habe.

Die Beklagte wendete ua ein, eine Eigentumswohnung in Spanien gehöre nicht zum Vermögen des Gemeinschuldners, daher würde auch ein etwaiger Erlös aus ihrem Verkauf nicht in die Konkursmasse fallen. Sie habe die Eigentumswohnung nicht selbst verkauft, ihr sei nie ein Erlös zugeflossen. Sie habe 1998 oder 1999 die Eigentumswohnung um 3,8 Mio ESP verkauft, jedoch vom Kaufpreis nichts erhalten; dieser sei vielmehr zur Tilgung von Schulden (Steuern, Abgaben, Verwaltungsgebühren und Entgelte für Renovierungsarbeiten) verwendet worden.

Das Erstgericht bejahte seine - von der Beklagten bestrittene - Zuständigkeit, weil keine Klage iSd Art 16 Z 1 lit a EuGVÜ bzw LGVÜ vorliege, wies jedoch die Klage ab. Dem Kläger sei der Nachweis, dass der Beklagten aus dem Verkauf der Eigentumswohnung der eingeklagte Betrag bzw ein bestimmter Teilbetrag zugekommen sei bzw dass aus dem Verschulden der Beklagten ein geringerer Betrag als der ursprüngliche Kaufpreis erlöst worden sei, nicht gelungen.

Das Berufungsgericht hob das nur in Ansehung der Abweisung eines Teilbetrags von 330.797 S angefochtene Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. In rechtlicher Hinsicht führte die zweite Instanz aus, die vom Gemeinschuldner vor Konkurseröffnung der Beklagten erteilte Verkaufsvollmacht und der ihr erteilte Auftrag hätten eine in Spanien gelegene Eigentumswohnung betroffen, die nicht in die Konkursmasse gefallen sei. Daher seien Vollmacht und Auftrag durch die Konkurseröffnung nicht erloschen. Die Beklagte habe den Verkauf der Eigentumswohnung nach Konkurseröffnung daher aufgrund eines aufrechten Auftrags des Gemeinschuldners abgewickelt. Als Rechtsgrundlage für den noch strittigen Teil der Klagsforderung komme § 1009 ABGB in Frage. Dieser Erfüllungsanspruch sei am Wohnsitz des Schuldners belegen; damit betreffe die Klagsforderung nunmehr ein dem inländischen Konkurs unterworfenes Vermögen. Der Geschäftsbesorger habe jedoch nur den sich aus der Gesamtabrechnung ergebenden Überschuss herauszugeben. Die Beweislast, dass sie den ihr zugekommenen Kaufpreis zur Schuldtilgung aufgewendet habe, treffe die Beklagte, der nach den erstgerichtlichen Feststellungen dieser Beweis nicht gelungen sei. Da der Beklagten dieses Beweislastproblem aber erkennbar nicht bewusst gewesen und auch das Erstgericht von einer alleinigen Beweislast des Klägers ausgegangen sei, würde ein Erfolg der Berufung iS einer teilweisen Klagsstattgebung gegen das Verbot der "Überraschungsentscheidung" verstoßen. Demnach sei das Ersturteil aufzuheben, um den Parteien, insbesondere der Beklagten, Gelegenheit zu geben, allenfalls ein ergänzendes Prozessvorbringen zu erstatten und weitere Beweise anzubieten.

Rechtliche Beurteilung

Der von der zweiten Instanz zugelassene Rekurs der Beklagten ist zulässig, aber nicht berechtigt.

a) Bereits rechtskräftig ist das Vorliegen der inländischen Gerichtsbarkeit bzw der örtlichen Zuständigkeit des Erstgerichts bejaht. Auf die im Rekurs neuerlich relevierten Fragen des Art 16 EuGVÜ bzw LGVÜ ist daher nicht mehr einzugehen.

b) Wie der Oberste Gerichtshof in stRsp unter Ablehnung gegenteiliger Lehrmeinungen erkennt, erstrecken sich die Wirkungen eines inländischen Konkurses nicht auf im Ausland befindliches Vermögen des Gemeinschuldners, so weit in internationalen Abkommen nichts anderes

vorgesehen ist (2 Ob 316/99f = JBl 2000, 394 = ZIK 2000/21; 3 Ob

158/00y; 1 Ob 159/01s = ZIK 2001/309; RIS-Justiz RS0112780). Im Ausland befindliches oder gelegenes Vermögen ist somit konkursfrei, sofern nicht ein Staatsvertrag anderes bestimmt (Buchegger in Bartsch/Pollak/Buchegger, Insolvenzrecht, § 1 KO Rz 119). Mit Spanien besteht kein derartiges Übereinkommen.

Der Masseverwalter begehrt jedoch hier nicht die Ausfolgung konkursfreien, weil im Ausland gelegenen oder befindlichen Vermögens, etwa der in Spanien gelegenen Eigentumswohnung, deren Eigentümer der Gemeinschuldner war, oder eines abgesonderten Geldbetrags, der sich in Spanien befindet. Vielmehr macht der Masseverwalter mit der (ua) auf § 1009 ABGB gestützten Klage gegen die im Inland befindliche Beklagte eine Forderung geltend, die sich darauf gründet, dass der Gemeinschuldner der Beklagten vor Konkurseröffnung einen Auftrag samt Vollmacht zum Verkauf eines in Spanien gelegenen Vermögens erteilt und die Beklagte den Erlös dieses Verkaufs herauszugeben habe. § 26 Abs 1 KO - ebenso § 1024 erster Satz ABGB - wonach ein vom Gemeinschuldner erteilter Auftrag mit der Konkurseröffnung erlischt, gilt nur für Aufträge, die sich auf die Masse beziehen (Petschek/Reimer/Schiemer, Das österr. Insolvenzrecht 275), also zu einer Schmälerung der Masse führen können (5 Ob 93/93 = NZ 1996, 143). Dagegen werden Aufträge, die sich auf das konkursfreie Vermögen beziehen, durch die Konkurseröffnung nicht berührt (Gamerith in Bartsch/Pollak/Buchegger aaO § 26 KO Rz 6 mwN in FN 15 ff; Strasser in Rummel3, §§ 1020 bis 1026 ABGB Rz 30). Der vom Gemeinschuldner an die Beklagte erteilte Auftrag ist durch die Konkurseröffnung über das Vermögen des Machtgebers demnach nicht erloschen, weil er den Verkauf einer in Spanien gelegenen Eigentumswohnung, somit von Vermögen betraf, das nicht in die Masse fiel.

Wie bereits das Berufungsgericht zutreffend ausführte, hat die Beklagte auf Grund dieses auch nach Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Machtgebers weiter aufrechten Auftrags des Gemeinschuldners die Eigentumswohnung verkauft. Gemäß § 1009 erster Satz ABGB ist der Gewalthaber verpflichtet, dem Machtgeber (hier: Gemeinschuldner) allen aus dem Geschäft entspringenden Nutzen zu überlassen; es trifft ihn die Verpflichtung, den sich aus der Gesamtabrechnung ergebenden Überschuss - etwa den erzielten Verkaufserlös - herauszugeben (Strasser aaO § 1009 ABGB Rz 23; Apathy in Schwimann2, § 1009 ABGB Rz 17, je mwN). Dieser gegen die Beklagte bestehende Herausgabeanspruch stellt als Forderung des Gemeinschuldners - daher nunmehr der Masse - aber kein im Ausland gelegenes Vermögen dar, sondern richtet sich als schuldrechtlicher Anspruch - mangels anderer Verabredung - nach dem Wohnsitz der beklagten Schuldnerin (§ 905 Abs 1 ABGB) im Inland, betrifft somit ein inländisches Vermögen (vgl dazu auch 2 Ob 302/99x = ZIK 2000/22, wonach ein von einer ausländischen Gesellschaft aufgrund Anweisung auf Schuld [des Gemeinschuldners] aus dem Ausland überwiesener, im Inland verbuchter Betrag konkursunterworfenes Vermögen ist). Die Legitimation des Masseverwalters zur Geltendmachung dieses Forderung wurde von der zweiten Instanz zu Recht bejaht.

c) Die zweitinstanzliche Rechtsansicht, die Beklagte habe zu beweisen, dass sie den nach den Tatsachenfeststellungen von ihr inkassierten Kaufpreis der Eigentumswohnung zur Schuldtilgung verwendet habe und sie deshalb nichts mehr herauszugeben habe, ist zu billigen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Es entspricht den allgemein anerkannten Beweislastregeln (Rechberger in Rechberger2, vor § 266 ZPO Rz 11 mwN), dass regelmäßig der ein Recht Behauptende die rechtsbegründenden und der ein Recht Leugnende die rechtsverhindernden, rechtsvernichtenden oder rechtshemmenden Tatsachen zu beweisen hat. Diesen Grundsätzen folgt das Berufungsgericht bei seinem Standpunkt, die Beklagte habe den ihr obliegenden Beweis, den erhaltenen Kaufpreis auftragsgemäß zur Schuldtilgung verwendet zu haben, bis jetzt nicht erbracht. Der - dem Besten der Beklagten entsprechenden - Auffassung der zweiten Instanz, dieses Beweislastproblem sei mit der Beklagten noch zu erörtern und deshalb das Ersturteil aufzuheben, kann der Oberste Gerichtshof nicht entgegentreten. Gegenstand des fortzusetzenden Rechtsstreit ist somit ausschließlich die Frage, welcher Teil des Verkaufserlöses der Beklagten verblieb, und ihre insoweit bestehende Beweispflicht.

Dem Rekurs ist daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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