OGH 13Os90/01

OGH13Os90/017.11.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. November 2001 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Emsenhuber als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Michael B***** wegen des Verbrechens der teils im Stadium des Versuchs gebliebenen Brandstiftung nach §§ 169 Abs 1 und Abs 3 dritter Fall und 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Jugendschöffengericht vom 15. Jänner 2001, GZ 25 Vr 51/00-112, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Generalanwältin Dr. Sperker, des Angeklagten, seines Verteidigers Dr. Lichtl und seiner gesetzlichen Vertreterin Brigitte B***** zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch,

durch die zu I. bezeichneten Taten seien viele Menschen in Not versetzt worden, sowie

in der rechtlichen Unterstellung der Taten auch unter § 169 Abs 3 dritter Fall StGB, demnach auch

im Sanktionsausspruch (mit Ausnahme der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Michael B***** wird für die teils versuchten, teils vollendeten Verbrechen der Brandstiftung nach §§ 169 Abs 1, 15 StGB sowie für die unberührt gebliebenen Schuldsprüche der Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und 2 StGB (II), der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB (IV)1)) und der schweren Nötigung nach §§ 105, 106 Abs 1 Z 2 StGB (IV)2)) sowie der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (III)1)) und der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (III) nach § 169 Abs 1 StGB unter Anwendung der §§ 5 JGG und § 28 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren verurteilt.

Gemäß § 21 Abs 2 StGB wird Michael B***** in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der Jugendliche Michael (Johann) B***** wurde der Verbrechen der teils versuchten, teils vollendeten Brandstiftung nach §§ 169 Abs 1, Abs 3 dritter Fall, 15 Abs 1 StGB (I)), des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und Z 2 StGB (II)), der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB (IV)1)) und der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 2 StGB (IV)1)) sowie der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (III)1)) und der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (III)2)) schuldig erkannt.

Danach hat er (zusammengefasst)

zu I) in St. Georgen an der Gusen und anderen Orten in insgesamt 13 zwischen 31. Oktober 1999 und 10. Jänner 2000 gelegenen Angriffen an fremden Gebäuden, nämlich Scheunen, Wirtschaftsgebäuden, einer Sägehalle, einem Holzschacht, einem von zehn Personen bewohnten Wohngebäude, einer Kegelbahn, einer Hütte und dem Gasthaus seiner Mutter durch Anzünden leicht brennbarer Materialien ohne Einwilligung der Eigentümer jeweils eine Feuersbrunst verursacht bzw in drei Fällen zu verursachen versucht, wobei durch die Taten viele Menschen in Not versetzt wurden, die Einzelschäden mit wenigen Ausnahmen zwischen 100.000 S und mehr als 6 Mio S lagen sowie der Gesamtschaden rund 20 Mio S betrug:

zu II) in Gesellschaft der abgesondert verfolgten Jugendlichen Stephan (Manfred) O***** und Gerhard (Markus) R***** in Linz fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteten Vorsatz nachgenannten Personen durch Einbruch weggenommen, und zwar:

1) am 21. Juni 2000 Verfügungsberechtigten der Pfarre St. ***** Bargeld in Höhe von ca 6.000 S durch Einbrechen in den Kindergarten und Aufbrechen eines Kastens;

2) am 12. Mai 2000 Verfügungsberechtigten des sozialpädagogischen Jugendwohnheimes W***** Bargeld in Höhe von ca 10.000 S durch Einbrechen in die Bäckerei;

zu III) am 23. Juni 2000 in Linz den Gabriel T*****

1.) dadurch, dass er ihm einen Faustschlag auf die Nase versetzte, ihn erfasste und gegen die Zimmertür drückte, wodurch der Genannte eine Nasenprellung mit Nasenbluten sowie eine Prellung der rechten Schulter erlitt, vorsätzlich am Körper verletzt;

2.) mit Gewalt, nämlich durch die zu III)1) beschriebenen Handlungen zum Unterlassen des Ergreifens der Fernbedienung genötigt;

zu IV) im August oder September 2000 in Linz in Gesellschaft des abgesondert verfolgten Cemal C***** den Rene F*****

1) mit Gewalt, nämlich durch Festhalten und gewaltsames Entkleiden sowie Fixieren des Oberkörpers auf dem Bett zur Duldung des Einführens einer Zahnbürste in den After, sohin einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt;

2) in mehreren Angriffen mit Gewalt und durch gefährliche Drohung, nämlich durch ständiges Schlagen, Würgen sowie dadurch, dass sie ihn massiv mit weiteren Gewalttätigkeiten unter Druck setzten, dazu genötigt, am Boden wie ein Hund Wasser aus einer Schüssel zu trinken bzw sich unter das Bett zu legen und dort zumindest eine Viertelstunde zu bleiben sowie zur Duldung weiterer Schläge genötigt, wobei der Genötigte hiedurch längere Zeit in einen qualvollen Zustand versetzt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerdeführer bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 4, 5, 5a, 9 lit a und lit b sowie 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der teilweise Berechtigung zukommt.

Die Verfahrensrüge (Z 4) wendet sich gegen die Abweisung des aus Anlass einander widersprechender schriftlicher Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. K***** und Doz. Dr. H***** gestellten Antrages auf "Einholung eines Sachverständigengutachtens, hilfsweise eines Universitätsgutachtens von Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Jugendpsychiatrie bzw Jugendpsychologie zum Beweis dafür, dass beim jugendlichen Angeklagten keine geistige oder seelische Abartigkeit höheren Grades oder ein mit diesen Voraussetzungen vergleichbarer Zustand vorlag oder vorliegt und nicht zu befürchten ist, dass der Angeklagte unter dem Einfluss seines seelischen oder geistigen Zustandes eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen werde, sowie zum Beweis dafür, dass die von psychotherapeutisch/psychiatrisch sachverständiger Seite zu beurteilenden Voraussetzungen für eine Unterbringung des Angeklagten in einer Anstalt gemäß § 21 Abs 2 StGB nicht vorliegen" (S 161 f/V iVm S 533 f/IV).

Nach ständiger Rechtsprechung ist die Gefährlichkeitsprognose in den Verfahren nach § 21 StGB als Ermessensentscheidung nur mit Berufung anfechtbar, wogegen einer Anfechtbarkeit mit Nichtigkeitsbeschwerde lediglich die Aussprüche über die Grundvoraussetzungen (ua einweisungsrelevante Anlasstat, Zurechnungsfähigkeit, geistige oder seelische Abartigkeit höheren Grades) unterliegen. Einwände gegen die Ablehnung von Beweisanträgen zur Gefährlichkeitsprognose und darauf bezogene formelle Begründungsmängel können daher nicht mit Nichtigkeitsbeschwerde (hier: Z 4) geltend gemacht werden.

Soweit sich die Verfahrensrüge daher auf die Gefährlichkeitsprognose bezieht, ist sie im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde unbeachtlich; sie ist jedoch auch sonst unbegründet:

Nach dem mündlichen Vortrag der beiden übereinstimmend eine die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließende seelische Abnormität höheren Grades des Angeklagten bejahenden Gutachten (Prof. Dr. K*****, S 244 bis 250/V; Doz. Dr. H***** S 250 bis 266/V) wurde weder in der Hauptverhandlung noch in der Nichtigkeitsbeschwerde behauptet, dass die Gutachten (weiterhin) mangelhaft oder widersprüchlich geblieben seien (§§ 125, 126 StPO); dass eine besondere Schwierigkeit der Beobachtung oder Begutachtung (§ 118 Abs 2 StPO) vorliege, die die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen erforderlich gemacht hätte, wurde im Antrag nicht vorgebracht. Die angestrebte Einholung eines "Obergutachtens" im Sinne des § 126 Abs 2 StPO ist daher unbegründet.

Zu den vom Beschwerdeführer vorgebrachten Bedenken gegen die Beiziehung von Fachärzten für Neurologie und Psychiatrie, nicht aber für das Spezialgebiet der Jugendpsychiatrie nahmen die beiden Sachverständigen detailliert Stellung (ON 105, 107); danach lag kein Grund für die Einholung eines weiteren Gutachtens vor (s auch 16 Os 59/91).

Die Konstatierung der Tatbegehungen unter dem Einfluss einer geistigen oder seelischen Abartigkeit höheren Grades blieb sohin mängelfrei.

Die Ablehnung des Antrages auf "ergänzende Vernehmung" des Rene F***** zum Beweis dafür, dass es zu den dem Angeklagten zu Punkt IV)1) und 2) angelasteten Tathandlungen nicht gekommen und diesbezügliche Behauptungen dieses Zeugen unrichtig seien, erfolgte ebenfalls zu Recht. Entgegen dem Beschwerdevorbringen wurde dem am 9. November 2000 kontradiktorisch vernommenen Zeugen Rene F***** (ON 6 in ON 96/IV) im Zusammenhalt mit dessen (in Form eines Aktenvermerkes vom 9. November 2000 festgehaltenen) Erklärung, bei einer späteren Hauptverhandlung gegen Michael Johann B***** nicht aussagen zu wollen (S 3 in ON 96/IV) und im Hinblick auf seine durch die dem Angeklagten zu IV)1) angelasteten Vergewaltigungshandlungen verletzte Geschlechtssphäre zutreffend ein Entschlagungsrecht nach § 152 Abs 1 Z 2a StPO zugebilligt.

Keine Nichtigkeit im Sinn des § 281 Abs 1 Z 4 StPO bewirkt die Abweisung der Anträge auf Verlesung der Aussage des Rene F***** vom 13. Juni 2000 (S 255 f in ON 54/III) und auf Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens jeweils zum Beweis, dass aufgrund der verwahrlosten, durch Alkoholmissbrauch beeinträchtigten Persönlichkeit dieses Zeugen dessen Anschuldigungen übertrieben sind und nicht den Tatsachen entsprechen. Denn die begehrte Beweisaufnahme bezieht sich ausschließlich gegen die - der (mit Z 4 nicht anfechtbaren) Beweiswürdigung des Schöffengerichtes unterliegenden - Glaubwürdigkeit des Belastungszeugen F***** und überdies auf erst zu erkundende Umstände in dieser Richtung.

Dazu kommt, dass die Psychiatrierung eines Zeugen dessen Zustimmung bedarf (Mayerhofer StPO4 § 150 E 56 f). Dass eine solche vorliegt, wurde im Beweisantrag (und auch in der Beschwerde) nicht einmal behauptet.

Die undifferenziert ausgeführte Mängel- und Tatsachenrüge (Z 5 und 5a) behauptet zu IV)1) und 2) vorerst eine Unvollständigkeit der Entscheidungsgründe, da die bezughabenden Schuldsprüche ausschließlich auf die Depositionen des Tatopfers F***** gestützt würden, während die Angaben der Zeugen Alen B*****, Markus W***** und Cemal C***** keine Berücksichtigung fanden. Dieser gegen die Annahme der Verlässlichkeit des Belastungszeugen Rene F***** gerichtete Einwand übergeht die für die Ablehnung der leugnenden Verantwortung des Angeklagten und der diesen entlastenden Aussagen ehemaliger Mithäftlinge maßgeblichen Erwägungen (US 44 bis 46). Nach - entgegen dem Beschwerdevorbringen - eingehender Erörterung der vorliegenden Beweisergebnisse haben die Tatrichter die den Angeklagten eindeutig belastenden, durch die Aussagen der Justizwachebeamten RI Wolfgang L***** (S 207 ff/V) und BI Michael R***** (S 199 ff/V), aber auch des Markus W***** im Vorverfahren (S 33 f in ON 96/IV) bestätigten Angaben des Rene F***** mängelfrei zu einer tragfähigen Grundlage der bekämpften Schuldsprüche gemacht.

Soweit die Aussageverlässlichkeit des Zeugen Rene F***** bezweifelt wird, werden aus den Akten keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrundeliegenden entscheidenden Tatsachen aufgezeigt.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) meint zu III)1) und 2), "bei richtiger Beurteilung der gesamten Geschehensabläufe" bestünden "erhebliche Bedenken an der strafrechtlichen Relevanz der jugendlichen Streitereien". Dieses nicht näher konkretisierte Vorbringen übergeht die ausdrücklichen erstgerichtlichen Feststellungen, wonach es zwischen dem Beschwerdeführer und Gabriel T***** im Fernsehraum des Jugendwohnheimes zu einer tätlichen Auseinandersetzung kam, im Zuge derer der Angeklagte dem nach der Fernbedienung des Fernsehgerätes greifenden Gabriel T***** einen eine Prellung der Nase verursachenden, mit sofort einsetzendem Nasenbluten verbundenen Faustschlag versetzte, ihn trotz der äußerlich erkennbaren Verletzung auch noch unter Anwendung von Körperkraft gegen eine Tür drückte, was zusätzlich eine Prellung der rechten Schulter bewirkte und diese Gewalt bewusst und gewollt einsetzte, um ein Ergreifen der Fernbedienung durch Gabriel T***** zu verhindern (US 31). Die sich nicht am gesamten Urteilssachverhalt orientierende Rechtsrüge verfehlt insoweit eine gesetzmäßige Ausführung.

Soweit die Beschwerde in Ansehung der Schuldspruchfakten III)1) und

2) die Anwendung des Strafausschließungsgrundes des § 42 StGB reklamiert (Z 9 lit b), geht sie gleichfalls fehl. Es schließt zwar der Umstand, dass einem Angeklagten im selben Verfahren noch weitere strafbare Handlungen zur Last liegen, eine Anwendung dieser Gesetzesbestimmung hinsichtlich einzelner Anklagevorwürfe nicht unter allen Umständen aus, bei Beurteilung des Grades der Schuld des Täters und der Prüfung der spezialpräventiven Erfordernisse darf jedoch die Art der weiteren strafbaren Handlungen und ihr allfälliger Zusammenhang mit den als strafunwürdig bezeichneten Taten nicht außer Acht gelassen werden (SSt 56/27 ua). Wendet man diese Kriterien auf den vorliegenden Fall an, so zeigt bereits eine Betrachtung der beiden in Rede stehenden Straftaten, dass die Schuld des Angeklagten im Vergleich zu den typischen Fällen dieser Delikte keinesfalls als geringfügig zu werten ist, weil sein (gewalttätiges) Verhalten nicht hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückblieb. Umsomehr schließt eine Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung der dem Angeklagten weiters zur Last gelegten Tathandlungen eine geringe Schuld aus, wozu noch kommt, dass die gegebene Fallkonstellation seine Bestrafung auch aus spezialpräventiven Gründen erfordert.

Auch die zu IV)1) erhobene Subsumtionsrüge nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO ist nicht im Recht. Der vorerst erhobene Einwand, gegenständlich sei "ein Sexualbezug zwischen Tathandlung und Täter weder gegeben noch festgestellt", übergeht die ausdrückliche Urteilskonstatierung, wonach das Einführen der Zahnbürste in den After des Rene F***** zur Befriedigung des Geschlechtstriebes auch des Angeklagten diente (US 33).

Die Beschwerdemeinung, zur Verwirklichung des § 201 Abs 2 StGB sei "das Hauptaugenmerk nicht auf die 'technische Penetration', sondern darauf zu legen, ob das Geschlechtsorgan der beteiligten Person zumindest ähnlich intensiv wie bei einem Beischlaf involviert war", entspricht nicht der Rechtsprechung. Ausgehend von der Überlegung, dass die Analpenetration einen besonders massiven Eingriff in die Intimsphäre darstellt, und zwar unabhängig davon, mit welchem Mittel sie erfolgt, zumal ein solches Eindringen viel intensivere und unangenehmere Empfindungen auslösen kann als eine mit dem Penis vorgenommene Penetration, sowie unter Berücksichtigung des Ausmaßes der Demütigung und der Erniedrigung des Opfers, ist der gegenständliche Sexualakt als eine dem Beischlaf gleichzusetzende Handlung im Sinne des § 201 Abs 2 StGB anzusehen (14 Os 188/93, 13 Os 162/00, 15 Os 72/01 ua).

Zutreffend verweist die Beschwerde hingegen im Rahmen der die Annahme der Qualifikation des § 169 Abs 3 dritter Fall StGB bekämpfenden Subsumtionsrüge darauf hin, dass die im Urteilsspruch im Einzelnen angeführten, in Abständen von einigen Tagen bis zu einer Woche, in einem Fall von rund 24 Stunden verübten, auf gesonderten Willensentschlüssen basierenden Brandanschläge zwar wiederholt mehrere Personen betrafen und beim Brand der "Heindl-Mühle" samt angrenzendem, von zehn Personen bewohnten Miethaus (I)7)b)) die höchste Zahl an Opfern erreicht wurde, diese aber dem Begriff "vieler Menschen" im Sinne der angeführten Gesetzesstelle nicht gerecht wird. Unter "vielen Menschen" wird nämlich eine so große Zahl von Menschen verstanden, dass diese unüberschaubar ist und einer Menschenmenge gleichkommt, wobei als Richtwert teilweise mindestens 20 (Leukauf/Steininger Komm3 § 169 RN 27), teilweise 30 Personen (Foregger/Fabrizy StGB7 § 169 Rz 11), sohin jedenfalls eine zehn Opfer übersteigende Zahl angenommen wird (siehe auch Kienapfel BT III § 169 RN 53 ff). Das Erstgericht ist - wie aus dem Urteilsspruch

ersichtlich (... wobei durch die Taten viele Menschen in Not versetzt wurden ... [US 2]) - erst nach Addition der Zahl der jeweils von den Brandanschlägen betroffenen Personen, von mehr als 30 Geschädigten ausgegangen, wobei jedoch übersehen wurde, dass es sich bei den einzelnen, auf gesonderten Willensentschlüssen beruhenden Brandlegungen um keine Deliktseinheit, sondern um realkonkurrierende strafbare Handlungen der gleichen Art handelt. Da aber durch keinen der inkriminierten Brandanschläge eine dem Begriff "viele Menschen" entsprechende Personenzahl in Mitleidenschaft gezogen wurde, ist die Annahme der Qualifikation des § 169 Abs 3 dritter Fall StGB rechtsirrig erfolgt.

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Michael Johann B***** war daher das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, im Ausspruch, der Angeklagte habe durch die zu I) zur Last liegenden Taten viele Menschen in Not versetzt sowie in der rechtlichen Unterstellung der Taten auch unter § 169 Abs 3 dritter Fall StGB und demnach auch im Strafausspruch (wegen des Zusammenhanges einschließlich des Unterbringungsausspruches, jedoch ausgenommen die Vorhaftanrechnung) aufzuheben und zu letzterem in der Sache selbst zu entscheiden. Im Übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen und der Angeklagte mit seiner Berufung auf den neuen Strafausspruch zu verweisen.

Bei der zufolge der kassatorischen Entscheidung notwendigen Strafneubemessung, die nunmehr nach § 169 Abs 1 unter Anwendung der §§ 5 JGG und 28 Abs 1 StGB vorzunehmen war, waren die bereits vom Schöffengericht aufgezählten erschwerenden und mildernden Umstände zu übernehmen und dabei die allgemeinen Grundsätze des § 32 StGB zu berücksichtigen, vor allem, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters zurückzuführen ist - was hier zutrifft, weil Taten sogar teils in Untersuchungshaft begangen wurden - und dass die Strafe umso strenger zu bemessen ist, je größer die Schädigung ist, die der Täter verschuldet hat, je reiflicher er seine Tat überlegt, je sorgfältiger er sie vorbereitet oder je rücksichtsloser er sie ausgeführt hat und je weniger Vorsicht gegen die Tat hat gebraucht werden können. Unter Bedachtnahme auf den hohen Sachschaden, die aufgewendete kriminelle Energie und die zielstrebige Ausführung der heimtückischen Brandanschläge, gegen welche die in Angst und Schrecken versetzte Bevölkerung keinen wirksamen Rat wusste, wird die verhängte Freiheitsstrafe dem sozialen Störwert der Taten, aber auch der personalen Täterschuld des jugendlichen Angeklagten gerecht.

Bei der neuen Beurteilung nach § 21 Abs 2 StGB waren die durchaus mängelfreien und unbedenklichen Feststellungen des Schöffengerichtes zum psychischen Zustand des Angeklagten, nämlich das Vorliegen einer schweren Persönlichkeitsabweichung mit Störungen der Impulskontrolle, Mangel an Gefühlsausdruck und Empathie sowie Narzissmus zu übernehmen, und weiter, dass unter deren Einfluss der Angeklagte die als Verbrechen qualifizierten (I, II, IV) strafbaren Handlungen begangen hat. Desgleichen war auf Grundlage der Letztfassung der Gutachten der beigezogenen Sachverständigen (weiterhin) das Vorliegen einer negativen Prognose mit der Befürchtung weiterer strafbedrohter Handlungen mit schweren Folgen, vergleichbar mit jenen der als Verbrechen zu qualifizierenden Anlassdelikte anzunehmen, sodass es - entgegen dem Inhalt des diesbezüglichen Rechtsmittelvorbringens - der Unterbringung und somit (der Wiederholung) des Ausspruches nach § 21 Abs 2 StGB bedarf.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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