OGH 8Ob224/01a

OGH8Ob224/01a25.10.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dkfm. Günther W. D*****, vertreten durch Mag. Erich Rebasso, Rechtsanwalt in Wien, des Nebenintervenienten auf Seiten der klagenden Partei Dr. Alfred H*****, vertreten durch Dr. Stefan Stoiber, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Verlassenschaft nach Ruth D*****, vertreten durch Dr. Walter Pastner, Notarsubstitut, 1010 Wien, Rotenturmstraße 25, als Verlassenschaftskurator, dieser vertreten durch Dr. Georg Fialka, Rechtsanwalt in Wien, und des Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei Uwe D*****, vertreten durch Dr. Alexandra Sedelmayer, Rechtsanwältin in Wien, wegen S 4,936.000,-- sA und Feststellung (Revisionsinteresse S 3,464.832,13 sA) infolge außerordentlicher Revision des Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 25. Mai 2001, GZ 5 R 72/01x-151, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision des Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Der Kläger macht als der Ehegatte der Erblasserin gegen die beklagte Verlassenschaft einen Pflichtteilsanspruch geltend. Nachdem die Vorinstanzen vorerst das Klagebegehren wegen Verjährung abgewiesen hatten, hat der Oberste Gerichtshof die Entscheidungen der Vorinstanzen mit Beschluss vom 22. 12. 1997 (8 Ob 2343/96h) aufgehoben und die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Hiebei überband er den Vorinstanzen die Rechtsansicht, dass die Klagsforderung nicht verjährt und auf den Pflichtteilsanspruch des Klägers deutsches Recht anzuwenden sei, während sich wegen der Durchführung der Verlassenschaftsabhandlung in Österreich der Erbschaftserwerb und die Haftung für die Nachlassschulden nach österreichischem Recht richteten.

Im fortgesetzten Verfahren sprach das Erstgericht dem Kläger S 3,464.832,13 sA als "kleinen Pflichtteil" iSd § 1371 Abs 2 BGB zu und wies das Mehrbegehren und das Feststellungsbegehren unbekämpft ab.

Infolge Berufung der beklagten Partei bestätigte das Berufungsgericht (mit Ausnahme einer geringfügigen Abänderung im Zinsenzuspruch) mit ausführlicher Begründung die erstgerichtliche Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei (Sohn des Klägers und der Erblasserin, der erbserklärter Erbe ist) ist mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen.

Der Revisionswerber vermisst zu Unrecht österreichische oberstgerichtliche Rechtsprechung zu Fragen des deutschen Rechtes (Verjährung des Zinsenbegehrens für Pflichtteilsansprüche, Pflichtteilsverzicht, Wirksamkeit einer Aufrechnungserklärung, Bewertung des Nachlasses) bzw meint, die Vorinstanzen hätten sie falsch gelöst.

Vorauszuschicken ist, dass es bei Anwendung ausländischen Rechtes darauf ankommt, ob die Entscheidung einer im fremden Staat in Lehre und Rechtsprechung gefestigten Ansicht entspricht. Zwar soll nach Fasching (Lb2 Rz 1890) die Revision bei Auslegung ausländischer Rechtsnormen jedenfalls immer dann zulässig sein, wenn diese Rechtsfrage zum ersten Mal an den Obersten Gerichtshof herangetragen wird und damit Beispielswirkung hat. Dem steht aber die Erwägung entgegen, dass es nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofes ist, einen Beitrag zur Auslegung ausländischen Rechtes zu liefern; steht die Entscheidung des Berufungsgerichtes im Einklang mit einer gefestigten ständigen Rechtsprechung des fremden Höchstgerichtes, ist eine Wiederholung dieser Rechtsprechung durch den Obersten Gerichtshof entbehrlich (RIS-Justiz RS0042948, 2 Ob 565/83; EvBl 1985/172; zuletzt 8 Ob 22/00v; 7 Ob 124/01p; Kodek in Rechberger ZPO2 Rz 3 zu § 502 ZPO; W. Kralik in FS-Fasching 298 ff).

Die in der außerordentlichen Revision angesprochenen Fragen zum angeblichen Verzicht auf den Pflichtteilsanspruch und der Wirksamkeit der Aufrechnungserklärung richten sich nicht nach deutschem Recht. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in seinem Aufhebungsbeschluss klargestellt, dass die Frage der Vertretung des Nachlasses nach österreichischem Recht zu beurteilen ist; infolge dessen kann eine lediglich erbserklärte Erbin den Nachlass nicht vertreten und ihr gegenüber daher auch kein gültiger Verzicht erklärt werden.

Das mehr als zehn Jahre nach Prozessbeginn und unmittelbar vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz erstattete Vorbringen der beklagten Partei bezüglich angeblicher - nicht konnexer - Gegenforderungen wurde vom Erstgericht wegen Verschleppungsabsicht zurückgewiesen. Dies ist eine Frage des Prozessrechtes, die naturgemäß nach österreichischem Recht (§ 179 Abs 1 ZPO) zu beurteilen ist: Das zurückgewiesene Vorbringen ist somit - jedenfalls für dieses Verfahren - als rechtlich unbeachtlich anzusehen, sodass es in diesem Verfahren auch keine Aufrechnungswirkung haben kann (zur Frage der gerichtlichen und der außergerichtlichen Aufrechnung und der Möglichkeit der Fällung eines Teilurteils iSd § 391 Abs 3 ZPO, wenn das Prozessvorbringen nicht ohne dies wegen Verschleppungsabsicht zurückgewiesen worden wäre, Rechberger in Rechberger aaO Rz 10 zu § 391 mwN).

Die Übrigen nach deutschem Recht zu beurteilenden Fragen betreffen einen Einzelfall. Dem Revisionswerber ist es nicht gelungen aufzuzeigen, dass dem Berufungsgericht bei der Beurteilung eine grobe Fehlbeurteilung des deutschen Rechtes unterlaufen wäre (Zinsenzuspruch für die letzten vier Jahre vor Geltendmachung eines derartigen Anspruches im Prozess [näheres siehe S 31 f des Berufungsurteiles]; Bewertung der Beteiligung an einer ausländischen Gesellschaft - hier einer Schweizer Aktiengesellschaft [näheres S 20 ff des Berufungsurteiles]). Die Frage, ob auch zur Ermittlung der Höhe derartiger Forderungen mit Auslandsbezug § 273 ZPO als Instrument prozessökonomischer Streiterledigung herangezogen werden kann, ist wiederum eine Frage des österreichischen Prozessrechtes, bei deren Bejahung dem Berufungsgericht ebenfalls keine grobe Fehlbeurteilung vorzuwerfen ist; eine Beschränkung auf rein inländische Sachverhalte lässt sich dieser Bestimmung nicht entnehmen.

Die außerordentliche Revision des Nebenintervenienten der beklagten Partei ist daher zurückzuweisen.

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