OGH 6Ob38/01h

OGH6Ob38/01h18.10.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Alexandra F*****, und Markus F*****, hier beide vertreten durch das Land Oberösterreich als Jugendwohlfahrtsträger (Amt für Jugend und Familie Linz) als Kollisionskurator zur Durchsetzung ihrer Unterhaltsansprüche, über den Revisionsrekurs der Mutter Dr. Edith F*****, vertreten durch Dr. Heimo Fürlinger und Mag. Klaus Michael Fürlinger, Rechtsanwälte in Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 9. November 2000, GZ 14 R 440/00z, 14 R 441/00x-120, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichtes Linz vom 1. September 2000, GZ 4 P 2206/95h-115, teilweise bestätigt, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, und über den Rekurs des Vaters Dr. Wolfgang F*****, vertreten durch Dr. Günther Tews, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 1. Februar 2001, GZ 14 R 144/00z, 14 R 441/00x, mit dem es den in seinem Beschluss vom 9. November 2000 enthaltenen Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses dahin abänderte, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs des Vaters und der Revisionsrekurs der Mutter werden zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Ehe der Eltern der mj Alexandra und Markus wurde am 14. 12. 1994 geschieden. Am 22. 6. 1995 vereinbarten die Eltern, dass die Obsorge für Alexandra der Mutter, die Obsorge für Markus dem Vater zustehe. Zugleich trafen sie eine Vereinbarung über das wechselseitige Besuchsrecht, aus der sich ergibt, dass beide Kinder jeweils die gleiche Zeit bei dem einen und bei dem anderen Elternteil verbringen sollten. Diese Aufteilung wurde in der Folge auch eingehalten.

Da die Eltern nicht nur für das jeweils in eigener Obsorge befindliche Kind, sondern auch für das jeweils andere Kind gegeneinander Unterhaltsansprüche geltend machten, bestellte das Erstgericht mit Beschluss vom 1. 7. 1998 (ON 61) das Land Oberösterreich zum Kollisionskurator für beide Kinder zur Wahrung ihrer Unterhaltsansprüche gegen ihre Eltern. Der Jugendwohlfahrtsträger (AJF Linz) stellte am 10. 9. 1998 die Anträge, sowohl den Vater als auch die Mutter zu monatlichen Unterhaltsleistungen von je 9.250 S für Alexandra und je 8.050 S für Markus, ab 1. 7. 1997 zu verpflichten (ON 73, 74). Infolge einer Einigung der Eltern über die Unterhaltszahlungen bis Ende August 1999 schränkte der Kollisionskurator seine Anträge schließlich dahin ein, dass die genannten Unterhaltsbeiträge erst ab 1. 9. 1999 begehrt würden (ON 91, 92). Die Eltern sprachen sich jeweils gegen die Unterhaltsfestsetzungsanträge, soweit sie selbst davon betroffen waren, aus. Sie erklärten jedoch übereinstimmend, dass ihre Unterhaltsersparnis durch die wechselseitige Besuchsrechtsregelung jeweils 50 % betrage.

Das Erstgericht legte dem Vater sowohl für Alexandra als auch für Markus für die Zeit vom 1. 9. 1999 bis 30. 5. 2000 monatliche Unterhaltsbeträge von je 4.700 S und für die Zeit ab 1. 6. 2000 solche von je 4.400 S auf. Das den Vater betreffende Mehrbegehren wies es ab (ON 115). Die Anträge beider Kinder, die Mutter zu denselben Unterhaltsbeiträgen zu verpflichten, wies das Erstgericht zur Gänze ab (ON 116).

Das Rekursgericht bestätigte die Abweisung des von Alexandra gegen ihre Mutter gerichteten Unterhaltsbegehrens und hob den Beschluss ON 116 insoweit auf, als damit der Unterhaltsfestsetzungsantrag von Markus gegen seine Mutter abgewiesen wurde (Punkt I. des Beschlusses des Rekursgerichtes). Den Beschluss ON 115 änderte es dahin ab, dass es den von Markus gegen seinen Vater gestellten Unterhaltsfestsetzungsantrag zur Gänze abwies; im Übrigen hob es den Beschluss ON 115 insoweit auf, als damit dem Vater ein 2.000 S monatlich übersteigender Unterhaltsbeitrag für Alexandra auferlegt wurde (Punkt II. des Beschlusses des Rekursgerichtes). Dieser Beschluss wurde dem Vertreter des Vaters am 13. 12., dem Kollisionskurator am 15. 12. und dem Vertreter der Mutter am 18. 12. 2000 zugestellt.

Die Mutter erhob dagegen insoweit, als der erstgerichtliche Beschluss auf Festsetzung eines vom Vater zu leistenden Unterhaltsbeitrages für Markus von 4.700 S bzw 4.400 S im Sinn einer gänzlichen Abweisung dieses Unterhaltsbegehrens abgeändert wurde, einen am 29. 12. 2000 überreichten ordentlichen Revisionsrekurs, verbunden mit dem Antrag auf Abänderung des Unzulässigkeitsausspruches gemäß § 14a Abs 1 AußStrG. Das Rekursgericht stellte eine Kopie dieses Rechtsmittels dem Kollisionskurator zur Äußerung binnen 14 Tagen zu, ob das Rechtsmittel genehmigt werde. Der Kollisionskurator erklärte innerhalb dieser Frist (am 2. 2. 2001), den Antrag nach § 14a AußStrG und den ordentlichen Revisionsrekurs als insoweit gesetzlicher Vertreter des mj Markus zu genehmigen.

Daraufhin änderte das Rekursgericht mit Beschluss vom 1. 2. 2001 seinen Unzulässigkeitsausspruch dahin ab, dass es den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig erklärte.

Dagegen richtet sich der Rekurs des Vaters mit dem Antrag, den Abänderungsantrag betreffend den Zulässigkeitsausspruch zurückzuweisen.

Sowohl der Rekurs des Vaters als auch der Revisionsrekurs der Mutter ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Zum Rekurs des Vaters:

Dieser argumentiert dahin, dass sich der Rechtsmittelausschluss des § 14a Abs 4 letzter Satz AußStrG nur auf Beschlüsse beziehe, mit denen dem Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruches keine Folge gegeben werde (§ 14a Abs 4 AußStrG), nicht aber auf dem Antrag stattgebende Beschlüsse (§ 14a Abs 3 AußStrG).

Da es sich aber auch beim nachträglichen Ausspruch des Rekursgerichtes über die Zulassung des (ordentlichen) Revisionsrekurses um einen Ausspruch im Sinn des § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG (darüber, ob der ordentliche Revisionsrekurs zulässig ist oder nicht) handelt, kann die Unrichtigkeit eines solchen Ausspruches nach § 13 Abs 4 AußStrG nur von der durch die Entscheidung beschwerten Partei in einem Antrag nach § 14a Abs 1 AußStrG (wie hier) oder einem außerordentlichen Revisionsrekurs (§ 14 Abs 5 AußStrG), allenfalls in der Beantwortung eines ordentlichen Revisionsrekurses (§ 16 Abs 2 Z 1 AußStrG) geltend gemacht werden. Der Oberste Gerichtshof ist an einen solchen Ausspruch, ob er nun sogleich oder erst auf Antrag nach § 14a Abs 1 AußStrG gefasst wurde, nicht gebunden. Mangels Bindungswirkung der Stattgebung eines Abänderungsantrages ist eine allfällige Verspätung des Revisionsrekurses oder fehlende Rechtsmittellegitimation ohnehin vom Obersten Gerichtshof zu beachten. Es bedurfte daher auch keiner ausdrücklichen Ausschließung eines (eigenen) Rekurses gegen einen Abänderungsausspruch des Rekursgerichtes nach § 14a Abs 3 AußStrG. Aus dem Fehlen eines dem § 14a Abs 4 AußStrG entsprechenden ausdrücklichen Rechtsmittelausschlusses kann somit nicht auf die Zulässigkeit eines Rekurses gegen einen solchen Ausspruch geschlossen werden (vgl 7 Ob 216/99m; 7 Ob 140/01s, 7 Ob 141/01p). Auch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, worauf der Rekurs ebenfalls Bezug nimmt, kann im Fehlen der Möglichkeit einer Beteiligung des Rechtsmittelgegners bloß bei der Abänderung des Unzulässigkeitsausspruches nicht erblickt werden. Ein solcher Verstoß käme, wenn überhaupt, nur bei einer Unmöglichkeit, zum Rechtsmittel des Gegners Stellung zu beziehen, in Betracht. Dies ist aber hier nicht weiter zu prüfen, weil der Revisionsrekurs der Mutter ohnehin aus den folgenden Gründen als unzulässig zurückzuweisen ist. Es fehlte dem Vater daher zudem die Beschwer zur Bekämpfung des Abänderungsausspruches des Rekursgerichtes.

Der Rekurs des Vaters ist daher zurückzuweisen.

Zum Revisionsrekurs der Mutter:

Der von der Mutter bekämpfte Beschlusspunkt betrifft ausschließlich die Frage des Unterhaltsanspruches des mj Markus gegen seinen Vater.

Der Unterhaltsanspruch steht dem Kind zu, weshalb auch nur dieses zur Antragstellung berechtigt ist. Der Elternteil, der das Kind betreut, kann den Ausspruch daher nicht im eigenen Namen geltend machen. Darauf ist ohne Einfluss, welchem Elternteil die Obsorge für das Kind zukommt; dieser Umstand ist nur dafür von Bedeutung, wer zur Vertretung des Kindes berufen ist. Wird das Begehren vom Vater oder von der Mutter des Kindes eingebracht, so ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass dies im Namen des Kindes geschieht (3 Ob 540/95 = EFSlg 77.905, 77.910 mwN).

Im vorliegenden Fall ist die Mutter nicht die gesetzliche Vertreterin des mj Markus, weil die Obsorge dem Vater zukommt und dieser daher grundsätzlich allein zur Vertretung berechtigt ist. In einem solchen Fall muss für das Kind infolge Kollision ein besonderer Kurator bestellt werden (3 Ob 540/95). Der Antrag des nicht obsorgeberechtigten Elternteils, in dessen Haushalt das Kind (hier: teilweise) betreut wird, schließt zwar nach der Rechtsprechung das Begehren auf Bestellung zum besonderen Sachwalter im Antragsumfang ein (RIS-Justiz RS0034795). Im vorliegenden Fall wurde aber nicht die Mutter zum besonderen Sachwalter bestellt - soweit ihr Antrag die Geltendmachung und Verfolgung von Unterhaltsansprüchen des mj Markus gegen seinen obsorgeberechtigten Vater für die Dauer des Aufenthaltes bei seiner Mutter betraf -, sondern der Jugendwohlfahrtsträger (§ 213 ABGB). Im Aufgabenkreis des Kollisionskurators verlieren die Eltern ihre Befugnis, für den Minderjährigen in dieser Angelegenheit einzuschreiten und ihn zu vertreten, also auch Rechtsmittel für diesen zu erheben, solange der Kollisionskurator im Amt ist (RIS-Justiz RS0006257). Der betreffende Beschluss wurde unter anderem auch der Mutter zugestellt und ist in Rechtskraft erwachsen. Der anwaltlich vertretenen Mutter muss daher bekannt sein, dass sie nicht legitimiert ist, namens des mj Markus und für diesen Unterhaltsansprüche gegen seinen Vater geltend zu machen und gegen die Abweisung des Antrages des insoweit vertretungsbefugten Jugendwohlfahrtsträgers ein Rechtsmittel zu erheben. Mangels Änderung der Sachlage seit der Bestellung des Kollisionskurators kann in ihrem Revisionsrekurs auch nicht der schlüssige Antrag auf Enthebung desselben und Einräumung der Vertretungsmacht in diesem Umfang an sie selbst erblickt werden.

Der allein vertretungsbefugte Jugendwohlfahrtsträger hat die Rechtsmittelfrist verstreichen lassen, ohne selbst Rekurs zu erheben. Seine Erklärung, den Revisionsrekurs der Mutter zu genehmigen, erfolgte lange nach Ablauf der Rechtsmittelfrist. Es liegt hier kein Fall der nachträglich durch Genehmigung zu heilenden mangelnden gesetzlichen Vertretung vor, weil der mj Markus im Unterhaltsfestsetzungsverfahren ohnehin ordnungsge- mäß - durch den Jugendwohlfahrtsträger als Kollisionskurator - vertreten und dieser Vertreter dem Verfahren auch ordnungsgemäß beigezogen war. Das Fehlen der Vertretungsmacht der Mutter ist auch nicht ein Formgebrechen im Sinn der §§ 84 und 85 ZPO, das durch nachträgliche Genehmigung des Kollisionskurators beseitigt werden könnte. Der Kollisionskurator wurde vielmehr deshalb bestellt, um - neben dem Vater - auch die Mutter von der Vertretung des mj Markus in diesem Unterhaltsverfahren auszuschließen, sodass es sowohl dem Kollisionskurator verwehrt ist, seinerseits die Mutter mit der Vertretung des Kindes zu betrauen oder deren unzulässige Vertretungshandlungen nachträglich zu genehmigen, als auch der Mutter verwehrt ist, dem Kollisionskurator Vollmacht zu erteilen, Verfahrenshandlungen in ihrem Sinn zu setzen.

Daher wurde seitens des Minderjährigen innerhalb der Rechtsmittelfrist kein zulässiges Rechtsmittel erhoben (vgl 10 Ob 291/97k). Die nach Ablauf der Rechtsmittelfrist erfolgte Genehmigung des von der Mutter erhobenen Rechtsmittels durch den Kollisionskurator käme allenfalls einem verspätet durch den Kollisionskurator selbst erhobenen Rechtsmittel gleich. Eine Bedachtnahme im Sinn des § 11 Abs 2 AußStrG auf ein verspätetes Rechtsmittel gegen einen Beschluss, mit dem ein Unterhaltsfestsetzungsantrag abgewiesen wurde, kommt jedoch nicht in Betracht, weil sich der Beschluss nicht ohne Nachteil für den betroffenen Elternteil abändern ließe.

Daher ist auch der Revisionsrekurs der Mutter als unzulässig zurückzuweisen.

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