OGH 7Ob216/99m

OGH7Ob216/99m8.9.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon-Prof. Dr. Danzl, Dr. Schenk und Dr. Schaumüller als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Simone M*****, geboren am 22. März 1979 und des mj Oliver M*****, geboren am 1. November 1981, letzterer vertreten durch seine Mutter Waltraud M*****, über den Revisionsrekurs der Simone M***** und des mj Oliver M***** gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 8. April 1999, GZ 2 R 81/99k-57, womit über Rekurs des Vaters Franz M*****, der Beschluß des Bezirksgerichtes Villach vom 19. Jänner 1999, GZ 3 P 2704/95v-54, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

I. Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung aufgetragen.

II. Die als Rekurs gegen den Beschluß des Rekursgerichts auf Abänderung des Zulassungsausspruchs ON 60 aufzufassende Eingabe des Vaters Franz M***** vom 8. 7. 1999, ON 62, wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die unterhaltsberechtigten ehelichen Kinder Simone und Oliver M***** leben mit ihren Eltern Waltraud und Franz M***** im gemeinsamen Haushalt. Mit der Behauptung, der Vater komme zwar für die Kosten des gemeinsamen Hauses auf, erbringe aber insgesamt nur unzureichende Alimentationsleistungen, stellte die Mutter im Jahre 1994 den Antrag, vom Vater für die Kinder monatlich zu leistende Geldunterhaltszahlungen festzusetzen.

Mit ausdrücklicher Zustimmung des Vaters setzte das Erstgericht dessen Unterhaltszahlungen für beide Kinder zuletzt mit je S 5.000 monatlich fest. Die Eltern gingen dabei ausdrücklich davon aus, daß vom Vater über den festgesetzten Geldunterhalt hinaus noch Naturalleistungen in Form der Wohnkosten von monatlich S 660 pro Kind erbracht würden.

Am 3. 2. 1998 beantragte der Vater die für die Kinder (zusätzlich zu seinen Naturalleistungen, die sich auf S 1.360 monatlich erhöht hätten) zu zahlenden Unterhaltsbeträge von je S 5.000 per 1. 1. 1998 auf je S 3.400 monatlich herabzusetzen, weil sich seine Einkünfte entsprechend verringert hätten.

Die Mutter sprach sich gegen diesen Antrag aus, stellte aber ihrerseits keinen Erhöhungsantrag.

Das Erstgericht wies den Herabsetzungsantrag für die Zeit vom 1. 1. 1998 bis 31. 12. 1998 ab. Ab 1. 1. 1999 setzte es den Unterhalt für die Kinder mit je S 5.800 monatlich fest und sprach gleichzeitig aus, daß darauf jeweils die Naturalleistungen von monatlich S 900 anzurechnen seien. Gleichzeitig wies es das Herabsetzungsmehrbegehren des Vaters ab.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs des Vaters gegen diese Entscheidung teilweise Folge. Es änderte den Beschluß des Erstgerichts wie folgt ab: "Der Antrag des Vaters Franz M*****, den von ihm für seine Tochter Simone und seinen mj Sohn Oliver zu leistenden monatlichen Unterhaltsbetrag von bisher je S 5.000 ab 1. Jänner 1998 auf je S 3.400 herabzusetzen, wird abgewiesen. Auf den vom Vater für die Kinder daher weiterhin zu leistenden monatlichen Unterhaltsbetrag von je S 5.000 wird ab 1. Jänner 1998 ein Betrag von S 900 monatlich an Naturalunterhalt je Kind angerechnet." Weil der Herabsetzungsantrag des Vaters zu einem Zeitpunkt gestellt worden sei, zu dem Simone die Volljährigkeit noch nicht erreicht gehabt habe, sei (auch) über das sie betreffende Herabsetzungsbegehren noch im Außerstreitverfahren zu erkennen. Da kein Antrag auf Erhöhung der monatlichen Unterhaltsbeträge vorliege, dürfe wegen des auch im außerstreitigen Unterhaltsverfahren geltenden Antragsprinzips kein S 5.000 monatlich je Kind übersteigender Unterhaltsbetrag zuerkannt werden. Unterhalt könne in Naturalien oder in Geld geleistet werden. Werde (wie hier) Geld- und Naturalunterhalt im Einvernehmen nebeneinander geleistet, sei der Unterhaltsanspruch der Höhe nach (im Rahmen der Anträge) zu bemessen und auszusprechen, welcher Naturalunterhaltsanteil auf diesen Gesamtanspruch anzurechnen sei. Aus dem Vorbringen des Vaters gehe eindeutig hervor, daß er die von ihm für den gemeinsamen Haushalt geleisteten Zahlungen bei der Unterhaltsbemessung für seine Kinder berücksichtigt haben wolle. Das Erstgericht habe das Einkommen des Vaters aus seiner Tätigkeit als ÖBB-Bediensteter mit durchschnittlich S 30.930 im Monat ermittelt. Der Vater führe dagegen ins Treffen, daß die "Streckenpauschale" von ca S 1.300 monatlich nicht in die Bemessungsgrundlage mit einzubeziehen sei. Es ergäbe sich dann ein monatliches Einkommen des Vaters aus unselbständiger Tätigkeit von S 29.630. Lege man diesen Betrag zugrunde, so ergebe der jeweils 17 %ige Unterhaltsanspruch der Kinder bereits einen Betrag von je ca S 5.000 monatlich. Das bedeute, daß selbst unter Berücksichtigung der Argumente des Vaters hinsichtlich des "Streckenpauschales" ein monatlicher Unterhalt der Kinder von je S 5.000 jedenfalls gerechtfertigt sei. Der Herabsetzungsantrag des Vaters erweise sich daher schon wegen seines laufenden Einkommens aus unselbständiger Tätigkeit als unbegründet, sodaß auf seine sonstigen Einnahmen und auf die Frage, wieviel davon für "Investitionen und Instandhaltungsarbeiten" (Punkte 1, 2 und 3 des Rekurses) aufgewendet werden müsse, nicht einzugehen sei. Es bleibe daher bei der Verpflichtung des Vaters zur Leistung von S 5.000 monatlich an Unterhalt je Kind. Auf diesen Gesamtanspruch der Kinder sei der vom Vater bezahlte Naturalunterhalt anzurechnen, den das Erstgericht zutreffend mit S 900 monatlich je Kind errechnet habe.

Über Antrag der beiden Kinder gemäß § 14 Abs 1 AußStrG änderte das Rekursgericht seinen ursprünglichen gegenteiligen Ausspruch dahin ab, daß es den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig erklärte.

Zu I.)

Dieser die Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichts anstrebende Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg ist darauf hinzuweisen, daß nach hM über einen zur Zeit der Minderjährigkeit des Kindes gestellten Unterhaltsantrag auch dann im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden ist, wenn der Minderjährige inzwischen volljährig wurde (Pichler in Rummel ABGB2 Rz 16 zu § 140 mwN). Zutreffend hat das Rekursgericht daher bemerkt, daß auch über das Simone M***** betreffende Herabsetzungsbegehren im Außerstreitverfahren zu erkennen ist.

Zutreffend wird von den Revisionsrekurswerbern geltend gemacht, daß das Rekursgericht den bereits eingangs erwähnten, im Akt mehrfach dokumentierten Umstand übersehen hat, daß die ursprüngliche Festsetzung des Geldunterhalts mit je S 5.000 monatlich unter der Prämisse der Erbringung eines zusätzlichen Naturalunterhalts von je S 660 monatlich erfolgt ist. Richtig weist der Revisionsrekurs darauf hin, daß das Erstgericht bei der aufgrund des Einverständnisses der Eltern erfolgten Festsetzung des Geldunterhaltes den vom Vater zu erbringenden und auch tatsächlich erbrachten Naturalunterhalt nicht angeführt hat. Insoweit wurde dem Grundsatz, daß als anrechenbar anerkannte Zahlungen des Unterhaltsschuldners im Bemessungsbeschluß gesondert auszuwerfen sind (vgl ÖA 1992, 112 U 43 ua), nicht Rechnung getragen. Dies kann aber nach der eindeutigen Aktenlage nichts daran ändern, daß der bisherige maßgebliche Gesamtunterhalt der beiden unterhaltsberechtigten Kinder, weil dabei auch Naturalleistungen von monatlich S 660 zu berücksichtigen waren, jeweils S 5.660 betrug. Der sich im Hinblick auf das im Unterhaltsverfahren herrschende Antragsprinzip (1 Ob 607/94 ua) ergebende Rahmen bzw mögliche Höchstbetrag der gegenständlichen Unterhaltsfestsetzung beträgt daher nicht, wie das Rekursgericht vermeint, lediglich jeweils S 5.000, sondern jeweils S 5.660 monatlich.

Damit erweist sich die Argumentation des Rekursgerichtes, schon die unstrittigen Einkünfte des Vaters von monatlich S 29.630 rechtfertigten monatliche Unterhaltszahlungen von je S 5.000, weshalb eine Herabsetzung nicht in Betracht komme, als verfehlt. Tatsächlich ist, wie bereits gesagt, im Hinblick auf den Antragsrahmen von einem maximalen Gesamtunterhalt von S 5.660 pro Kind auszugehen. Es zeigt sich daher, daß das Erstgericht einerseits diesen Rahmen unzulässigerweise überschritten hat, andererseits das Rekursgericht sich demnach mit den einzelnen Argumenten auseinanderzusetzen gehabt hätte, mit denen der Vater eine Herabsetzung des Gesamtunterhalts von je S 5.660 pro Kind anstrebt. Allein auf die Frage der Höhe der anzurechnenden Naturalleistungen muß nicht mehr eingegangen werden, da die Festsetzung mit je S 900 pro Monat durch die Vorinstanzen unbekämpft blieb.

Das Rekursgericht wird im fortzusetzenden Verfahren daher auf die einzelnen, die Höhe des Gesamtunterhalts betreffenden Argumente des Rekurses einzugehen haben.

Zu II.)

Der Vater wendet sich mit an das Rekursgericht gerichtetem Schriftsatz vom 8. 7. 1999 erkennbar gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes, den Revisionsrekurs doch zuzulassen. Darüber wurde vom Rekursgericht nicht entschieden. Da nach § 13 Abs 4 AußStrG Aussprüche nach § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG unanfechtbar sind, war die als Rekurs aufzufassende Eingabe des Vaters spruchgemäß zurückzuweisen.

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