OGH 1Ob607/94

OGH1Ob607/9423.9.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Pimmer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Nina W*****, und des mj. Jürgen W*****, vertreten durch deren Mutter Eveline W*****, diese vertreten durch Dr. Franz Wielander, Rechtsanwalt in Gmünd, infolge Revisionsrekurses der Kinder gegen den Beschluß des Landesgerichtes Krems an der Donau als Rekursgerichtes vom 29. Juni 1994, GZ 2 R 168,169/94-10, womit der gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Gmünd vom 27. Mai 1994, GZ P 38/94-5, gerichtete Rekurs der Kinder zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluß aufgehoben und dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Text

Begründung

Die 14-jährige Nina und der 13-jährige Jürgen W*****entstammen der noch aufrechten Ehe des Rudolf und der Eveline W*****. Die Eltern leben getrennt, die Kinder befinden sich in Betreuung der Mutter. Diese beantragte, den Vater ab April 1994 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung „in Höhe von je 18 % seiner Unterhaltsbemessungsgrundlage, das sind vorläufig beziffert je S 2.700,-- pro Kind“, zu verpflichten. Hiezu brachte sie vor, daß ihr das Einkommen des Vaters im Detail nicht bekannt sei, sie schätze es „vorläufig auf S 15.000,-- monatlich“. Der Unterhaltsanspruch der Kinder betrage je 18 % der väterlichen Unterhaltsbemessungsgrundlage. Zum Zwecke der Ermittlung des Einkommens des Vaters beantragte sie die Einholung einer Gehaltsauskunft (AS 2).

Nach Einlangen der Gehaltsauskunft verpflichtete das Erstgericht den Vater, ab 1.4.1994 zum Unterhalt der beiden Kinder monatlich je S 2.700,-- zu Handen der Mutter zu bezahlen. Die Mutter habe namens der beiden Kinder eine monatliche Unterhaltsleistung von S 2.700,-- je Kind begehrt. Da der Vater monatlich netto S 22.542,-- verdiene, sei er in der Lage, diesen Unterhalt zu leisten, zumal der von der Judikatur herausgebildete Prozentsatz von je 18 % des väterlichen Einkommens, worauf die Kinder Anspruch hätten, rechnerisch S 4.057,-- ergebe.

Der Vater, der sich am Unterhaltsfestsetzungsverfahren nicht beteiligte, ließ diesen Beschluß unangefochten. Die Mutter aber erhob Rekurs, in welchem sie begehrte, den Vater zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 4.057,-- je Kind zu verpflichten. Sie habe den vom Vater zu leistenden monatlichen Unterhaltsbeitrag nur vorläufig mit S 2.700,-- je Kind beziffert, grundsätzlich aber 18 % des Durchschnittseinkommens des Vaters pro Kind begehrt.

Rechtliche Beurteilung

Das Rekursgericht wies den Rekurs der Mutter zurück und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig. Jeder Unterhaltsberechtigte müsse ein betragsmäßiges Begehren erheben. Die Kinder hätten einen monatlichen Unterhaltsbetrag von je S 2.700,-- gefordert. Insoweit der Unterhaltsfestsetzungsantrag das Begehren enthalte, den Vater zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von je 18 % seiner Unterhaltsbemessungsgrundlage zu verpflichten, sei der Antrag unbestimmt. Da dem ziffernmäßig bestimmten Unterhaltsfestsetzungsantrag der Kinder zur Gänze Erfolg beschieden gewesen sei, seien sie durch die angefochtene Entscheidung nicht beschwert.

Der Revisionsrekurs der Kinder ist zulässig und berechtigt.

Im Unterhaltsfestsetzungsantrag wurde klar zum Ausdruck gebracht, daß die Kinder von ihrem Vater eine monatliche Unterhaltsleistung begehren, die jeweils 18 % der noch zu ermittelnden Unterhaltsbemessungsgrundlage entspricht. Mangels Kenntnis des väterlichen Einkommens wurde der vom Vater zu leistende monatliche Unterhaltsbeitrag „vorläufig“ mit S 2.700,-- je Kind beziffert. Es ist nun durchaus richtig, daß im Unterhaltsverfahren das Antragsprinzip herrscht (ÖAV 1992, 57; EF 68575, 65867, 62664 uva) und ein Antrag, der die betragsmäßige Höhe des begehrten Unterhalts nicht erkennen läßt, nicht zulässig ist (EF 56584 f, 43193). Ein Unterhaltsbegehren ist aber immer so zu verstehen, wie es im Zusammenhalt mit dem Vorbringen gemeint ist. Es darf an einzelnen Ausdrücken und Formulierungen dann nicht festgehalten werden, wenn darüber, was wirklich gewollt ist, keine Unklarheit besteht. In einem solchen Fall hat das Gericht seine Entscheidung nach dem wirklichen Begehren zu treffen (ÖAV 1993, 146; EF 67212). Das Begehren der Kinder war eindeutig auf die Zuerkennung eines monatlichen Unterhaltsbeitrags im Ausmaß von 18 % der noch zu ermittelnden Unterhaltsbemessungsgrundlage (= Nettoein- kommen des Vaters) gerichtet. Wenngleich Bruchteilstitel seit der EO-Novelle 1991 der Vergangenheit angehören und nicht mehr geschaffen werden dürfen (Purtscheller-Salzmann, Unterhaltsbemessung, Rz 2), so hätte bereits das Erstgericht nach Einholung der Gehaltsauskunft die Antragsteller dahin anleiten müssen, ihr Unterhaltsbegehren im Sinne einer endgültigen betragsmäßigen Bezifferung umzuformulieren. Die Anleitung zur Stellung eines ziffernmäßig bestimmten Begehrens ist im vorliegenden Fall schon deshalb nötig, weil der von den Kindern geforderte monatliche Prozentsatz des väterlichen Einkommens einen über dem sogenannten Regelbedarf (derzeit S 3.370,-- je Kind; siehe ÖAV 1993, Heft 3), ergibt und den Antragstellern Gelegenheit gegeben werden muß, Vorbringen dahin zu erstatten, warum sie eines über dem Regelbedarf liegenden Unterhaltsbeitrags bedürfen. Die Kinder sind entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes durch die Entscheidungen der Vorinstanzen beschwert, weil ihr Begehren erkennbar auf einen über S 2.700,-- je Kind vom Vater zu leistenden monatlichen Unterhaltsbeitrag gerichtet war und lediglich die Umformulierung des Antrags, zu der sie hätten angeleitet werden müssen, unterblieben ist.

Dem Revisionsrekurs ist Folge zu geben, das Rekursgericht wird nach entsprechender Anleitung der Antragsteller neuerlich zu entscheiden haben.

Stichworte