OGH 4Ob232/01y

OGH4Ob232/01y16.10.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griss und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mc N*****, vertreten durch Dr. Friedrich Schwank, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei I*****, vertreten durch Dr. Erich Proksch, Rechtsanwalt in Wien, wegen 4,661.366,20 Pfund, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 22. Juni 2001, GZ 4 R 103/01y-182, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Auffassung der Vorinstanzen, wonach wichtiger Grund für eine sofortige Vertragsauflösung nach Punkt III. lit 8. der Vertriebsvereinbarung eines Situation sei, die ein Festhalten an den vertraglichen Bedingungen bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar (und nicht bloß unvernünftig) erscheinen ließe, steht mit den Auslegungsgrundsätzen der Rechtsprechung in Einklang und ist angesichts des Bedeutungsinhaltes des Begriffs "unreasonable" (auch Zumutung) im Originaltext der Vereinbarung nicht zu beanstanden. Ob aber nun die im Unternehmen der Klägerin eingetretenen Umstände im Sinn dieser Bestimmung für die Beklagte "unzumutbar" geworden sind und so eine vorzeitige Auflösung des Vertriebsvertrages rechtfertigen konnten, ist ebenso wie die vorgenommene Vertragsauslegung selbst eine von den Umständen des Einzelfalles abhängige Rechtsfrage, der keine über diesen hinausgehende Bedeutung zukommt (4 Ob 93/99a = RS0111817; RS0108379).

Nach nunmehr ständiger Rechtsprechnung hat auch der freie Handelsvertreter Anspruch auf Rechnungslegung mit nachfolgender Konkretisierung des Leistungsbegehrens in Form einer Stufenklage nach Art 42 EGZPO (verstärkter Senat SZ 65/165; SZ 70/178; RIS-Justiz RS0034856). Der gegen die Rechnungslegung erhobene Einwand der Beklagten, die Klägerin sei ohnehin im Besitz der gewünschten Abrechnungen, weil die Provisionsregelung des Punktes III. lit 8. des Vertriebsvertrages von der Klägerin selbst abgeschlossene Verträge betreffe, übersieht, dass diese Provisionsregelung für die Zeit nach Beendigung des Vertriebsvertrages getroffen wurde und daher keineswegs davon ausgegangen werden kann, dass die Klägerin die nach ihrem Auscheiden durchgeführten Verkäufe kannte. Die Formulierung in diesem Vertragspunkt "Verkäufe, die er ... während des jeweiligen Kalenderjahres abgeschlossen hat" kann daher nur so verstanden werden, dass unter "er" der Hersteller, somit die Beklagte, gemeint war.

Die Beklagte weist erkennbar darauf hin, dass über das anlässlich der Stufenklage noch unbeziffert erhobene Zahlungsbegehren im Teilurteil über die Rechnungslegung noch nicht zu entscheiden war. Insoweit ist das Erstgericht über das Begehren der Stufenklage hinausgegangen (§ 405 ZPO). Die damit verwirklichte Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz hat die Beklagte jedoch in ihrer Berufung nicht gerügt. Dem Obersten Gerichtshof ist es verwehrt, auf im Berufungsverfahren nicht gerügte Mängel des Verfahrens erster Instanz im Rahmen des Revisionsverfahrens einzugehen. Im Übrigen steht das im Teilurteil über die Stufenklage zuerkannte (mangels Rechnungslegung noch nicht bezifferte) Leistungsbegehren der im Aufhebungsbeschluss angeordneten Prüfung der Gegenforderung nicht entgegen. Sollte die Gegenforderung der Beklagten zu Recht bestehen, wäre sie dem nach Rechnungslegung zu beziffernden Zahlungsbegehren der Klägerin gegenüberzustellen und könnte auch dann noch zu seiner Abweisung führen.

Auch auf die weitere, erstmals in der Revision angesprochene Rechtsfrage, ob die Verpflichtung zur Eidesleistung schon aus der Pflicht, Rechnung zu legen, folge, kann nicht mehr eingegangen werden. Die Beklagte hat in der Rechtsrüge ihrer Berufung keine Argumente gegen den Eidesauftrag vorgebracht, sodass schon das Ersturteil diesbezüglich einer Überprüfung entzogen war. Diese Frage kann in der Revision nicht mehr aufgeworfen werden (Kodek in Rechberger**2 § 471 Rz 9; § 503 Rz 5; MR 1987, 221).

Stichworte