OGH 4Ob93/99a

OGH4Ob93/99a13.4.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christiane F*****, vertreten durch Dr. Peter Urbanek, Rechtsanwalt in St. Pölten, wider die beklagte Partei Josef K*****, vertreten durch Dr. Herbert Klinner, Rechtsanwalt in Wien, wegen 1,153.820 S sA, infolge außerordentlicher Revision des Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 10. Jänner 1996, GZ 17 R 274/95-18, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision des Beklagten wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Unklarheitenregel des § 915 zweiter Halbsatz ABGB nicht angewandt, weil diese Bestimmung erst einzugreifen hat, wenn die (erklärte) Absicht der Parteien nicht ermittelt werden kann (Rummel in Rummel, ABGB**2 § 915 Rz 1 mwN). Bei der Ermittlung der Parteienabsicht ist das Gericht nicht auf den Vertragstext beschränkt. Entscheidend ist der erkennbar erklärte Parteiwille; das dabei zu berücksichtigende gesamte Verhalten der Streitteile kann sich aus Äußerungen in Wort und Schrift sowie aus sonstigem Tun oder Nichttun zusammensetzen (Schwimann/Binder, ABGB**2 § 914 Rz 36 mwN).

Das Erstgericht hat demnach zu Recht Beweise darüber aufgenommen, wie die Parteien die strittige Vertragsbestimmung verstanden haben. Nach dem festgestellten Sachverhalt ist die Parteienabsicht nicht mehr zweifelhaft; damit ist für eine Anwendung der Unklarheitenregel des § 915 zweiter Halbsatz ABGB kein Raum mehr. Da sich die Bedeutung der strittigen Vertragsbestimmung nicht nur aus dem Vertragsinhalt, sondern auch aus den Aussagen über die seiner Abfassung vorangegangenen Gespräche ergab, liegt im übrigen eine für den Obersten Gerichtshof bindende Tatsachenfeststellung vor (SZ 60/266; ÖBl 1991, 87 - Wiener Partie uva).

Der Beklagte beanstandet, daß sich das Berufungsgericht mit der von ihm behaupteten Auflösung des Vertragsverhältnisses aus wichtigem Grund nicht ausreichend auseinandergesetzt habe. Aus dem Ausschluß der Gewährleistung folge noch nicht, daß unzureichende Abschußergebnisse kein wichtiger Grund für die Vertragsauflösung wären.

Ein wichtiger Grund für die Vertragsauflösung ist gegeben, wenn die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses wegen des Verlustes des Vertrauens in den Partner, schwerwiegender Leistungsstörungen oder des Wegfalls der Geschäftsgrundlage unzumutbar geworden ist. Gründe, mit denen bereits bei Vertragsabschluß gerechnet werden mußte, rechtfertigen die vorzeitige Auflösung nicht (Koziol/Welser10 I 197 mwN).

Der Beklagte macht mit der ungenügenden Abschußzahl eine Leistungsstörung geltend, die aber schon deshalb nicht zur Vertragsauflösung aus wichtigem Grund berechtigen kann, weil er damit bei Vertragsabschluß rechnen mußte. Daß der Beklagte nicht immer die von ihm erhofften Abschüsse tätigen konnte, liegt in der Natur der Sache. Der im Abschußvertrag vereinbarte Haftungs- und Gewährleistungsausschluß ist insoweit ohne Bedeutung, weil der Beklagte gar nicht behauptet, daß die Forstverwaltung F***** den jährlichen Abschuß verringert hätte. Die Frage, ob ein wichtiger Grund zur vorzeitigen Auflösung des Vertrages vorliegt, hängt im übrigen so sehr von den Umständen des Einzelfalles ab, daß sie regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO bildet.

Stichworte