OGH 7Ob138/01x

OGH7Ob138/01x27.6.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Walter V*****, vertreten durch Dr. Hans-Jörg Vogl, Rechtsanwalt in Feldkirch, gegen die beklagte Partei W***** AG, ***** vertreten durch Dr. Clement Achammer und andere Rechtsanwälte in Feldkirch, wegen S 489.126,80 (sA), über die Revision des Klägers (Revisionsinteresse S 164.013,05) gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 2. Februar 2001, GZ 4 R 327/00w-46, womit das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 6. Oktober 2000, GZ 6 Cg 43/99g-41, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil, das hinsichtlich seines klagsstattgebenden Teils unbekämpft in Rechtskraft erwachsen ist, wird hinsichtlich der Abweisung von S 100.547,45 samt 4 % Zinsen seit 1. Mai 1997 als Teilurteil bestätigt.

Im Übrigen, also hinsichtlich der Abweisung weiterer S 63.465,60 samt 4 % Zinsen seit 1. Mai 1997 und im Kostenpunkt werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger, der seinen Hauptwohnsitz im ca 850 km entfernten Ennepetal in Deutschland hat, ist seit 1983 Besitzer einer im 4. Stock des Hochhauses Bahnhofstraße 33 in Feldkirch gelegenen, 70 m2 großen "Eigentumswohnung".

Am 20. 4. 1997 stellte der Hausmeister der Eigentumswohnanlage fest, dass zufolge einer Verstopfung der Abwasserleitung Wasser über die WC-Schüssel in die Wohnung des Klägers ausgetreten war, wodurch die gesamte Wohnung mit Fäkalien überschwemmt wurde. Betroffen bzw beschädigt wurde dadurch ua der Marmorboden, den der Kläger 1985/1986 auf 53 m2 Wohnfläche einbauen hatte lassen. Ein solcher (polierter und versiegelter) Marmorboden bleibt sonst fünf bis fünfzehn Jahre lang neuwertig und behält seinen Glanz.

Die Wohnung des Klägers war zum Zeitpunkt des Wasseraustritts bei der beklagten Partei im Rahmen einer von der Wohnungseigentümergemeinschaft abgeschlossenen "Wohnhaus-Gesamt-Versicherung" auch gegen Leitungswasserschäden versichert. Dem Versicherungsverhältnis liegen ua die Allgemeinen Bedingungen für Versicherungen gegen Leitungswasserschäden (AWB), Fassung 1986, zugrunde. Deren hier maßgebliche Bestimmungen lauten:

Versicherte Gefahren und Schäden

Art 1

(1) Der Versicherer bietet Versicherungsschutz gegen Schäden, die an den versicherten Sachen dadurch entstehen, dass Wasser aus Zu- oder Ableitungsrohren... austritt.

Zu ersetzen sind Schäden, die in der Zerstörung oder Beschädigung der versicherten Sache bestehen, wenn sie auf der unmittelbaren Einwirkung von ausgetretenem Leitungswasser beruhen oder die unvermeidliche Folge eines solchen Ereignisses sind.

...

(3) Die Versicherung von Wohngebäuden umfasst außerdem den Mietverlust nach Maßgabe folgender Vorschriften:

a)...

b) Wird die Wohnung, die der Versicherungsnehmer in dem versicherten Gebäude selbst bewohnt, durch den Schadenfall ganz oder teilweise unbenützbar, so ersetzt der Versicherer den Mietwert der unbenützbar gewordenen Räume, insoweit nicht dem Versicherungsnehmer die Beschränkung auf den etwa benützbar gebliebenen Teil der Wohnung zugemutet werden kann.

Als Mietwert gilt der gesetzliche oder ortsübliche Mietzins für Wohnungen gleicher Art, Größe und Lage.

Die Entschädigung des Mietwertes ist auf den dem Versicherungsnehmer nachweisbar erwachsenen Schaden beschränkt.

c) Der Mietzins oder Mietwert wird nur bis zum Schluss des Monats ersetzt, in dem die Wohnung wieder benützbar geworden ist, längstens bis zum Ablauf von sechs Monaten nach dem Eintritt des Schadensfalles. Die Entschädigung wird nur insoweit geleistet, als der Versicherungsnehmer die Wiederinstandsetzung der Räume nicht schuldhaft verzögert.

...

Ersatzleistung

Art 8

(1) Der Ermittlung der Ersatzleistung wird unbeschadet der Bestimmungen des Art 10 ABS der Versicherungswert zur Zeit des Eintritts des Schadenfalles (Ersatzwert) zugrunde gelegt, bei beschädigten Sachen der Unterschied zwischen diesem Wert und dem Wert der Reste, bei dessen Ermittlung die Verwendbarkeit der Reste für die Wiederherstellung zu berücksichtigen ist ...

(2) Als Ersatzwert gelten

a) bei Gebäuden der ortsübliche Neubauwert; wenn das Gebäude nicht innerhalb dreier Jahre, gerechnet vom Schadentag, wieder aufgebaut wird, ist der Zeitwert (siehe Abs 5), höchstens dessen Verkehrswert zu ersetzen (Abs 6);

...

(3) Maßgebend sind die Preise (soweit sich Marktpreise gebildet haben, die Marktpreise) zur Zeit des Eintritts des Schadenfalles sowie die Kosten der Wiederherstellung zur Zeit des Eintritts des Schadenfalles.

...

(5) Als Zeitwert gelten die Wiederherstellungs- bzw die Wiederbschaffungskosten unter billiger Berücksichtigung des aus dem Unterschied zwischen alt und neu sich ergebenden Minderwertes.

(6) Der Versicherungsnehmer erwirbt den Anspruch auf Zahlung des die Zeitwertentschädigung übersteigenden Teiles der Entschädigung nur insoweit, als dieser Teil zusammen mit der Zeitwertentschädigung den Wiederherstellungsaufwand nicht übersteigt und in dem Umfang, in dem die Verwendung der Entschädigung zur Wiederbeschaffung oder Wiederherstellung gesichert ist.

Unterbleibt die Wiederbeschaffung oder Wiederherstellung innerhalb einer Frist von drei Jahren nach dem Schadenfall oder erklärt der Versicherungsnehmer dem Versicherer vor Ablauf der Frist schriftlich, dass er nicht wiederbeschaffen oder wiederherstellen wolle, so verbleibt es endgültig bei dem Anspruch auf Zeitwertentschädigung. Im Fall eines Deckungsprozesses wird die Frist für die Wiederbeschaffung oder Wiederherstellung um die Dauer des Deckungsprozesses erstreckt.

...

Die vom gegenständlichen Schadensereignis sofort verständigte Beklagte ließ die Wohnung am 21. 4. 1997 durch einen Sachverständigen besichtigen, der bereits am 23. 4. 1997 ein "Wasserschadensgutachten" erstellte. Nachdem er die Wohnung am 29. 4. 1997 neuerlich besichtigt hatte, ergänzte der Sachverständige sein Gutachten am 23. 5. 1997. Am 11. 12. 1997 nahm er sodann noch eine Prüfung der hinsichtlich der notwendigen Reparaturarbeiten eingeholten Angebote und Rechnungen über die durchgeführten Trocknungsmaßnahmen vor. In den Tagen und Wochen nach dem Schadensereignis wurde die Wohnung gereinigt. Schadensbehebungsmaßnahmen veranlasste der Kläger jedoch nicht, da er zunächst den Erhalt der Versicherungsleistung abwarten wollte, um anschließend mit diesen Mitteln (allenfalls) die erforderlichen Maßnahmen bzw Reparaturen durchzuführen. Die Wohnung war zum Schadenszeitpunkt nicht vermietet und wurde auch vom Kläger nicht regelmäßig bewohnt. Dieser hat mit seiner Ehefrau nur ab und zu dort genächtigt, ohne jedoch dabei die noch verpackten Möbel und insbesondere die Kücheneinrichtung zu benützen, da diese Einrichtungsgegenstände für später geschont werden sollten. Wie oft die Wohnung in den letzten Jahren vor dem Schadensereignis benutzt wurde, lässt sich nicht feststellen. Nicht feststellbar ist auch, inwieweit der Kläger die Wohnung benützt hätte, falls es nicht zum gegenständlichen Schaden gekommen wäre. Die Schadensbehebungskosten betragen insgesamt für den Fall, dass der Marmorboden lediglich abgeschliffen und eine Austrocknung des Unterbodens vorgenommen wird, für welche Arbeiten S 38.520 bzw S 90.900 jeweils zuzüglich 20 % Mehrwertsteuer zu veranschlagen sind, S 398.810,13 zuzüglich 20 % Mehrwertsteuer, also S 478.572,15 brutto. Die Kosten für eine gänzliche Erneuerung des Marmorbodens (Ausbau des alten Bodens, die Entsorgung desselben, Verlegung eines neuen Marmorbodens samt allen dazugehörenden Arbeiten) würden S 201.400,- zuzüglich 20 % Mehrwertsteuer, insgesamt sohin S 241.680,- betragen. Bei einer Erneuerung des Marmorbodens würde sich das Abschleifen des alten Bodens und die Austrocknung des Unterbodens erübrigen, sodass sich die Schadensbehebungskosten insgesamt um S 59.234 (inklusive Mehrwertsteuer) erhöhten. Von der Beklagten wurde dem Kläger vorprozessual insgesamt S 135.624,- bezahlt.

Der Kläger begehrte in der Klage zunächst pauschal S 500.000, in welchem Betrag laut Aufschlüsselung in der Tagsatzung vom 27. 5. 1999 auch ein Betrag von S 320.000 (inklusive Mehrwertsteuer) für die Erneuerung des Marmorbodens enthalten war. In der Verhandlung am 23. 9. 1999 schränkte der Kläger diese Forderungsposition allerdings auf S 148.512 zuzüglich 20 % Mehrwertsteuer ein, nahm aber in der Verhandlung am 29. 9. 2000 diesbezüglich wiederum eine Klagsausdehnung auf S 201.400 zuzüglich 20 % Mehrwertsteuer vor. Insgesamt begehrte er daher zuletzt den Zuspruch von S 489.126,80 (sA). Strittig sind im Revisionsverfahren nur mehr restliche Kosten für den Marmorboden sowie eine vom Kläger für die Unbenutzbarkeit der Wohnung für die Dauer von sechs Monaten geforderte Entschädigungszahlung von S 57.000.

Die beklagte Partei beantragte, die Klage abzuweisen. Soweit noch wesentlich, wendete sie ein, der Marmorboden sei durch Fäkalwässer nicht beeinträchtigt worden; allfällige Flecken könnten durch Reinigung beseitigt werden. Eine die Gesundheit oder das Geruchsempfinden beeinträchtigende Kontaminierung des Unterbodens durch Bakterien und/oder Krankheitskeime liege nicht mehr vor. Soweit die Ansprüche für den Marmorboden in der Verhandlung vom 29. 9. 2000 ausgedehnt wurden, sei der Anspruch verjährt. Im Übrigen habe der Kläger durch sein bisheriges Zuwarten zu erkennen gegeben, dass er den Schaden gar nicht beheben wolle und werde. Die Verwendung einer allfälligen Entschädigung für die Wiederherstellung sei daher nicht gesichert, sodass der Kläger nur Anspruch auf Zeitwertentschädigung in dem unbedingt notwendigen Umfang der Schadensbehebung habe. Ein nachweisbarer Mietentgang sei dem Kläger nicht enstanden.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, dem Kläger S 302.203,35 samt 4 % Zinsen ab 1. 5. 1997 zu bezahlen. Das Mehrbegehren von S 186.923,45 sA wurde abgewiesen. Die Beklagte habe als Haftpflichtversicherung der Hausgemeinschaft dem diesbezüglich mitversicherten Kläger die durch den Leitungswasserschaden verursachten Schäden zu ersetzen. Da er bisher jedenfalls die Schadensbehebung noch nicht durchführen habe lassen, habe der Kläger nur Anspruch auf Ersatz des Zeitwertschadens. Hinsichtlich des Marmorbodens sei zwar eine Entfernung nicht notwendig; aufgrund der nachhaltigen optischen Beeinträchtigung sei der Boden jedoch abzuschleifen. Die diesbezüglichen Kosten von S 90.900 zuzüglich Trocknungskosten von S 38.520 (jeweils zuzüglich 20 % Mehrwertsteuer) habe die Beklagte dem Kläger zu ersetzen. Ein Zuspruch der Kosten des Austausches des Marmorbodens sei auch nicht deshalb möglich, weil allenfalls unmittelbar nach dem Schadensereignis aus hygienischen Gründen ein solcher Austausch angezeigt gewesen wäre. Tatsächlich sei ein Austausch nicht erfolgt und nunmehr auch nicht mehr erforderlich. Durch die Anfang Mai 1997 vorgelegenen Gutachten des von der beklagten Partei beigezogenen Sachverständigen sei die Entschädigung vollständig festgestellt gewesen, sodass ab diesem Zeitpunkt die Fälligkeit der Klagsforderung gegeben sei.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil dahin ab, dass es dem Kläger weitere S 22.910 (insgesamt daher S 325.113,55) zusprach und das restliche Begehren von S 164.013,05 (sA) abwies. Entgegen der Ansicht des Erstgerichts habe der Kläger im Hinblick darauf, dass Marmor wasserdurchlässig sei und daher das Vorhandensein von ein gesundheitliches Risiko darstellenden pathogenen Mikroorganismen nicht ausgeschlossen werden könne, Anspruch auf Erneuerung des Marmorbodens, da eine bloße Abschleifung des Bodens die Gesundheitsgefährdung nicht 100 %ig ausschließe. Der Kläger könne aber die Kosten einer gänzlichen Erneuerung des Marmorbodens von S

201.400 zuzüglich 20 % Mehrwertsteuer nicht zur Gänze geltend machen, da ein Teil davon verjährt sei. Gemäß § 12 Abs 1 VersVG verjährten die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag in drei Jahren. Die Verjährung beginne mit der Möglichkeit der Ermittlung des Umfangs und der Höhe des Schadens, sofern die zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Versicherungsleistungen notwendigen Erhebungen des Versicherers abgeschlossen seien. Dies sei hier Anfang Mai 1997 der Fall gewesen, sodass die Verjährungsfrist mit diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen habe. Durch die Klage sei der Ablauf der Verjährungsfrist zwar "gehemmt" worden. Zufolge der Einschränkung der betreffenden Forderungsposition auf S 148.512 zuzüglich 20 % Mehrwertsteuer sei die Unterbrechungswirkung der Klage hinsichtlich der Verjährung des über diesen Betrag hinausgehenden Forderungsteils aber weggefallen. Erst am 29. 9. 2000, mehr als drei Jahre nach Beginn der Verjährungsfrist, habe der Kläger sein diesbezügliches Begehren wiederum auf S 201.400 zuzüglich 20 % Mehrwertsteuer ausgedehnt. Zu diesem Zeitpunkt sei die Forderung im Umfang des ausgedehnten Betrages aber bereits verjährt gewesen. Der Kläger habe daher nur Anspruch auf Ersatz von Kosten für die Erneuerung des Marmorbodens von S 148.512 zuzüglich 20 % Mehrwertsteuer, wovon aber die vom Erstgericht zuerkannten Kosten für das Abschleifen des Marmorbodens und für die Austrocknung in Abzug zu bringen seien, sodass sich nur ein Mehrzuspruch von S 22.910,40 (inklusive Umsatzsteuer) ergebe. Zwar habe der Kläger, da nicht einmal feststehe, dass er die Absicht habe, die Reparatur tatsächlich durchführen zu lassen, derzeit nur einen Anspruch auf Zeitwertentschädigung. Damit sei jedoch für die beklagte Partei nichts gewonnen, da ein Marmorboden 5 bis 15 Jahre neuwertig bleibe, wobei die Wohnung des Klägers nur sporadisch benützt wurde und werde, sodass kaum eine Abnützung des Marmorbodens gegeben sein könne. Der zum Schadenszeitpunkt 11 bis 12 Jahre alte Marmorboden könne daher als neuwertig qualifiziert werden, sodass kein wesentlicher Unterschied zwischen dem Neubauwert und dem Zeitwert bestehe. Nachdem dem Kläger im Hinblick auf die eingetretene Verjährung ohnehin nur rund drei Viertel der tatsächlich erforderlichen Kosten für die Neuerstellung des Marmorbodens zuerkannt werden könnten, könne gemäß § 273 ZPO davon ausgegangen werden, dass dieser Zuspruch den nach Art 8 Abs 5 AWB 1986 maßgeblichen Zeitwert nicht übersteige.

Betreffend den Ersatz für die Unbenutzbarkeit der Wohnung durch sechs Monate gestehe der Kläger selbst zu, dass ein auf Art 1.3a AWB 1986 gestützter Anspruch nicht durchsetzbar sei, da er die Höhe des allfälligen Schadens nicht nachgewiesen habe. Der Kläger habe seinen diesbezüglichen Anspruch ausdrücklich auf die Bestimmung des Art 1.3 AWB gestützt, sodass er mit seinen Berufungsausführungen, wonach ihm ein derartiger Anspruch aus dem Titel des Schadenersatzes wegen schuldhafter Verzögerung bei Erbringung der Versicherungsleistung durch die Beklagte zustehe, gegen das Neuerungsverbot des § 482 ZPO verstoße. Das Erstgericht habe den diesbezüglichen Anspruch daher zu Recht abgewiesen.

Das Berufungsgericht sprach zunächst aus, dass die (ordentliche) Revision nicht zulässig sei, änderte diesen Ausspruch über Antrag des Klägers gemäß § 508 ZPO aber dahin ab, dass es die ordentliche Revision doch für zulässig erklärte, da sich das Berufungsgericht nicht mit der Frage auseinandergesetzt habe, ob in § 12 Abs 2 VersVG eine Fortlaufshemmung geregelt sei, sondern implizit eine Ablaufshemmung angenommen habe. Gehe man, wie der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 7 Ob 314/00b von einer Fortlaufshemmung aus, so sei fraglich, ob die gesamte Verjährungszeit zum Zeitpunkt der Klagsausdehnung in der Tagsatzung vom 29. 9. 2000 tatsächlich abgelaufen gewesen sei.

Die Revision des Klägers ist zulässig und teilweise auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg ist im Hinblick darauf, dass der Kläger seinen Wohnsitz in Deutschland hat und offenbar deutscher Staatsbürger ist, darauf hinzuweisen, dass gemäß § 38 Abs 2 IPRG Versicherungsverträge nach dem Recht des Staates zu beurteilen sind, in dem der Versicherer seine Niederlassung hat. Auf den vorliegenden Rechtsfall ist daher österreichisches Recht anzuwenden.

Zur begehrten Entschädigung für die Unbenützbarkeit der Wohnung:

Keine Berechtigung kommt der Kritik des Klägers an der Abweisung des Begehrens auf Schadenersatz für die Unbenützbarkeit der Wohnung zu. Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, dass die in Art 1 (3) AWB 1986 festgesetzten Bedingungen für eine derartige Ersatzzahlung ("Mietverlust") im vorliegenden Fall nicht erfüllt sind.

Dies wird vom Revisionswerber auch gar nicht in Frage gestellt.

Dieser macht vielmehr geltend, er habe einen Anspruch für die

Unbenützbarkeit der Wohnung aus dem Titel des Schadenersatzes wegen

schuldhafter Verzögerung der Erbringung der Versicherungsleistung

durch die Beklagte; er wendet sich gegen die Ansicht des

Berufungsgerichts, dieses erstmals in der Berufung erstattete

Vorbringen verstoße gegen das Neuerungsverbot des § 482 ZPO. Sein

Hinweis, er habe sich doch hinsichtlich des Nutzungsentgangsschadens

auf "sämtliche denkbaren gesetzlichen Bestimmungen" berufen, also

auch auf Schadenersatz, setzt sich darüber hinweg, dass eine solche

Leerformel nicht von der Verpflichtung entbindet, die

rechtserzeugenden Tatsachen vorzubringen (vgl 8 Ob 707/89 = GesRZ

1991, 219 = RdW 1991, 261; vgl auch RIS-Justiz RS0037591).

Zu Recht hat es das Berufungsgericht unter Hinweis auf § 482 ZPO daher abgelehnt, sich mit dem betreffenden, in zweiter Instanz erstmals behaupteten Schadenersatzanspruch auseinanderzusetzen.

Zum Anspruch hinsichtlich des Marmorbodens:

Hinsichtlich des zweiten noch vorhandenen Streitpunkts, nämlich der Kosten für die Erneuerung des Marmorbodens, bildet die Verjährungsfrage das zentrale Rechtsproblem: Der Kläger tritt der Ansicht des Berufungsgerichts, zufolge der (vorübergehenden) Einschränkung der betreffenden Forderungsposition auf S 148.512 sei die über diesen Betrag hinausgehende Forderung jedenfalls verjährt, entgegen.

Der Oberste Gerichtshof hat dazu erwogen:

Gemäß § 12 Abs 1 VersVG idgF verjähren Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag innerhalb von drei Jahren. Steht der Anspruch einem Dritten zu, so beginnt die Verjährung zu laufen, sobald diesem sein Recht auf die Leistung des Versicherers bekanntgeworden ist. Die Verjährungsfrist beginnt nach der allgemeinen Regel des § 1478 ABGB, sobald das Recht vom Versicherungsnehmer hätte ausgeübt werden können, also mit Fälligkeit des Anspruchs (Wieser, Fälligkeit und Verjährung in der VersVG-Novelle, VR 293 [304; Teichmeister, Die VersVG-Novelle 1994 aus Sicht der Versicherungswirtschaft, VR 1995/3, 36 [41]; Schauer, Versicherungsvertragsrecht3 204; Fenyves in Fenyves/Kronsteiner/Schauer VersVG-Novellen, § 12 Rz 3). § 11 Abs 1 VersVG idgF legt fest, dass Geldleistungen des Versicherers erst mit der Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalles und Umfanges der Leistungen des Versicherers nötigen Erhebungen fällig sind und regelt im Folgenden Fragen des Verzuges der Versicherung bei den Erhebungen bzw der mangelnden Mitwirkung des Versicherten daran. Eine genaue Bestimmung des Fristbeginns nach dem Kriterium der Erforderlichkeit von Erhebungen ist allerdings, wie auch der vorliegende Fall deutlich macht (der Revisionswerber tritt der Ansicht der Vorinstanzen, die Erhebungen seien hier bereits Ende Mai 1997 abgeschlossen gewesen, mit durchaus beachtlichen Ausführungen entgegen), vielfach objektiv problembehaftet (vgl die Ausführungen Wiesers aaO 305). Dies muss hier aber nicht weiter vertieft werden, da gemäß § 12 Abs 2 VersVG die Verjährung dann, wenn - wie hier - ein Anspruch des Versicherungsnehmers beim Versicherer angemeldet wurde (Näheres zur Anspruchsmeldung iSd § 12 Abs 2 VersVG s 7 Ob 17, 18/92 = JBl 1993, 462), bis zum Einlangen einer schriftlichen, begründeten Entscheidung des Versicherers gehemmt ist. Nach den von der zitierten Gesetzesstelle aufgestellten Mindesterfordernissen, denen die schriftliche Entscheidung des Versicherers zu entsprechen hat, um die Hemmung der Verjährung durch Anmeldung des Anspruchs zu beenden, muss die Ablehnung zumindest mit der Anführung der ihr derzeit zugrunde gelegten Tatsachen bzw gesetzlichen oder rechtlichen Bestimmung begründet werden. § 12 Abs 2 VersVG normiert, wie der Oberste Gerichtshof auch bereits nach der VersVG-Novelle 1994 zu 7 Ob 314/00b ausgesprochen hat (vgl Wieser aaO 306; Fenyves aaO § 12 Rz 10 ua), eine Fortlaufhemmung, die in jenen Fällen, in denen die Verjährungsfrist zu einer Zeit beginnen würde, während der ein Hemmungsgrund andauert, bewirkt, dass der Fristlauf erst mit dessen Wegfall einsetzt. Eine Hemmungsdauer muss daher nicht berechnet werden. Es genügt die Klärung, wann der Hemmungsgrund weggefallen ist. Dieser Zeitpunkt ist mit dem Zugang der iSd § 12 Abs 2 VersVG begründeten Ablehnung des Versicherers beim Versicherungsnehmer gegeben (Wieser aaO 307; Fenyves aaO). Erst dann (vgl 7 Ob 207/00t), wenn der Versicherer eine Leistung mit entsprechender Begründung abgelehnt hat, tritt die Fälligkeit ein (vgl dazu 7 Ob 332/99w;

Schauer aaO 201; Heiss/Lorenz, Versicherungsvertragsgesetz2, 97;

BK/Gruber § 11 Rz 5; Prölss/Martin VVG26 § 11 Rz 1) und beginnt daher die Verjährungsfrist.

Eine - derart begründete - Ablehnung der klagsgegenständlichen Versicherungsleistung ist, wie der Revisionswerber richtig hinweist, in der vorliegenden Causa erst mit der dem Kläger am 26. 3. 1999 zugestellten Klagebeantwortung erfolgt. Dem hat die beklagte Partei substantiiert auch gar nicht widersprochen. Unstrittig ist zwischen den Parteien aber auch, dass die Verjährung für den (wie eben erläutert gegebenen) Fall, dass sie damals noch nicht eingetreten war, durch die Klagsausdehnung am 29. 9. 2000 unterbrochen wurde. Damit erweist sich der Einwand des Revisionswerbers, von einer Verjährung eines S 148.512 zuzüglich 20 % Mehrwertsteuer überschreitenden Anspruchs hinsichtlich des Marmorbodens könne keine Rede sein, als berechtigt.

Die nach den unwidersprochen gebliebenen und zu billigenden Ausführungen des Berufungsgerichts vom Kläger grundsätzlich berechtigterweise verlangte Erneuerung des Marmorbodens erfordert einen Kostenaufwand von S 241.680. Unter Berücksichtigung bzw Abzug des vom Erstgericht für das Abschleifen und die Austrocknung zuerkannten Betrags von insgesamt S 155.304 errechnet sich der Mehraufwand für die Erneuerung des Bodens mit S 86.376. Davon hat das Berufungsgericht dem Kläger lediglich S 22.910,40 zuerkannt und hinsichtlich eines Betrages von S 63.465,40 - demnach zu Unrecht - Verjährung angenommen.

Maßgebend für die Beantwortung der Frage, ob der Kläger auch diesen Betrag - zur Gänze oder zumindest teilweise - beanspruchen kann, ist nun der Umstand, dass er, wie im Revisionsverfahren ebenfalls nicht mehr strittig ist, derzeit jedenfalls im Hinblick auf die Bestimmungen des Art 8 AWB 1986 Anspruch nur auf Ersatz des Zeitwerts (nicht des Neuwerts) hat, da die Erneuerung des Marmorbodens nicht gesichert ist. Das Berufungsgericht hat den damals 11 oder 12 Jahre alten Marmorboden zum Schadenszeitpunkt als neuwertig qualifiziert und ist unter Anwendung des § 273 ZPO davon ausgegangen, dass der von ihm zugesprochene Betrag den Zeitwert nicht übersteige. Diese Ansicht kann nach den festgestellten Umständen, wonach die Wohnung ja sehr eingeschränkt benutzt wurde, zwar gebilligt werden. Ob bzw inwieweit auch ein allfälliger Mehrzuspruch die Schranke des Zeitwerts nicht überschreitet, lässt sich aber nicht ohne weiteres beurteilen. Um die Anspruchshöhe entsprechend verlässlich beurteilen zu können, erweist es sich daher als unumgänglich notwendig, den Zeitwert des Marmorbodens zum Schadenszeitpunkt festzustellen. Da sich das Verfahren demnach im Umfang der Abweisung eines restlichen Betrages von S 63.465,40 noch als ergänzungsbedürftig erweist, war spruchgemäß zu entscheiden. Das Erstgericht wird im fortzusetzenden Verfahren die Sachlage mit den Parteien zu erörtern und nach allfälliger Beweisergänzung im aufgezeigten Sinn neuerlich zu entscheiden haben.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 2, § 392 Abs 2 ZPO.

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