Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid der beklagten Partei vom 28. 1. 1998 wurde der Antrag des Klägers vom 25. 4. 1997 auf Zuerkennung der Berufsunfähigkeitspension abgelehnt.
Das Erstgericht wies das dagegen erhobene, auf Gewährung der Berufsunfähigkeitspension (ab 1. 5. 1997) gerichtete Klagebegehren mangels Berufsunfähigkeit des Klägers ab. Der Kläger sei im Stande, verschiedene Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten, etwa als Portier oder Museumswärter.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es wiederholte und ergänzte das Beweisverfahren und ging von folgendem Sachverhalt aus:
Der am 30. 4. 1944 geborene Kläger hat nach dem Besuch der Pflichtschule eine Lehre als Zimmermann absolviert, aber nicht mit der Gesellenprüfung abgeschlossen. In den folgenden Jahren (bis 1980) war er überwiegend als Zimmerer, aber auch als Bodenleger und Schaler tätig. In der Zeit von Juli 1980 bis einschließlich Februar 1983 arbeitete der Kläger als angestellter Versicherungsvertreter im Außendienst. Von April 1983 bis einschließlich Oktober 1983 war der Kläger bei einem Baumeister und Betonwarenerzeuger als angestellter Verkäufer im Außendienst beschäftigt, wobei er verschiedene Bauwaren, etwa Ziegel, Türen und Zement verkauft hat. Zu diesem Zweck hat er Bauherren aufgesucht und bei entsprechendem Interesse deren Bedarf etwa an Ziegel, Fenstern und Türen an Hand vorliegender Pläne oder auf Grund eines Naturmaßes ermittelt. Grundlage seiner Verhandlungen über die Preise waren entsprechende Preislisten seines Dienstgebers, wobei er zu geringfügigen Preisnachlässen und auch zum Abschluss von Verkaufsgeschäften ermächtigt war.
In der Zeit von Mitte November 1983 bis Ende Juni 1984 war der Kläger bei einem Fliesenleger und von Juli 1984 bis Ende Oktober 1984 bei einem Steinmetzunternehmen als Verkäufer im Außendienst angestellt, wobei er - seiner vorgegangenen Tätigkeit vergleichbar - nunmehr Fliesen verkauft hat. Danach war der Kläger - mit Unterbrechungen wegen fallweiser Arbeitslosigkeit - in der Zeit von August 1985 bis September 1987 wieder als Verkäufer im Außendienst bei einem Türenerzeuger beschäftigt, wobei sich an der Art seiner Tätigkeit nichts Wesentliches geändert hat, abgesehen dass er nunmehr (nur) Fenster und Türen verkauft hat.
In der Zeit von Oktober 1987 bis einschließlich April 1990 war der Kläger als selbständiger Handelsvertreter tätig, wobei er auch als solcher mit dem Verkauf von Bauwaren befasst war. In der Zeit von Mai 1990 bis Ende des Jahres 1991 war der Kläger bei der Firma A***** GmbH als Verkäufer im Außendienst angestellt. Im Rahmen dieser Tätigkeit hat der Kläger hauptsächlich Betonwaren verkauft. Danach war der Kläger in der Zeit von Mai 1992 bis Ende März 1994 bei einem Baumeister als Verkäufer im Außendienst beschäftigt, wobei er Schalungen, insbesondere an gewerbliche Unternehmen, verkauft hat. In der Zeit von Februar 1994 bis Ende 1994 war der Kläger bei der in Bayern ansässigen P***** GmbH als Verkäufer im Außendienst angestellt; er hat im Bereich Tirol und Vorarlberg Schalungen verkauft.
Die letzte Dienstgeberin des Klägers war eine Bauunternehmung, bei der der Kläger in der Zeit von Mitte Juli 1994 bis Ende Juni 1996 - gleichfalls als Verkäufer im Außendienst - beschäftigt war. Im Rahmen dieser Tätigkeit hat der Kläger nur Fenster und Innentüren verkauft. Bei seinen Kunden handelte es sich ausschließlich um private Errichter von Eigenheimen in Tirol und Vorarlberg. Für solche Bauherren hat der Kläger - wie schon wiederholt im Rahmen früherer Tätigkeiten - deren Bedarf an Hand von Plänen oder auf Grund des Naturmaßes ermittelt und Preisangebote an Hand von Preislisten des Dienstgebers erstellt. Der Kläger hat ein monatliches Fixum von rund S 35.000,-- bezogen; Provisionen standen ihm nicht zu.
Auch bei seinen früheren Beschäftigungen als angestellter Verkäufer im Außendienst hat der Kläger stets nur ein monatliches Fixum, nicht aber auch Provisionen bezogen. Durch seine langjährigen und wiederholten Beschäftigungen als angestellter Verkäufer im Außendienst hat der Kläger viel Erfahrung im Verkauf von Bauwaren, insbesondere von Fenstern und Türen, aber auch von Schalungen, Betonwaren und Fliesen gesammelt. Bei seinen Tätigkeiten stand - neben dem jeweils hauptsächlich angestrebten Verkauf von Bauwaren - eine produktbezogene, vorwiegend technische Belange betreffende beratende Tätigkeit im Vordergrund, wobei die kaufmännischen Belange des jeweiligen Verkaufsgeschäfts insoweit nur untergeordnete Bedeutung bei der Tätigkeit des Klägers hatten, als dieser die Preise und Angebote nicht selbst kalkuliert hat und auch mit der jeweiligen Rechnungslegung nicht befasst war. Jene Tätigkeiten, die der Kläger während der letzten Jahre seines Berufslebens ausgeübt hat, können durch eine mehrmonatige Einschulung - auch ohne vorgängige Lehre als Zimmermann - erlernt werden.
Dem Kläger ist die Verrichtung leichter und mittelschwerer Arbeiten möglich, die im Gehen, Stehen und Sitzen bzw unregelmäßigem Wechsel dieser Positionen durchgeführt werden können. Das Heben und Tragen von schweren Lasten, häufig bückende Tätigkeit sowie eine monotone Arbeitsposition in Vorhaltung, Arbeiten in länger dauernder Zwangshaltung, Arbeiten unter belastendem Stress und Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sind zu vermeiden. Unter "Arbeiten unter belastendem Stress" sind solche unter übermäßiger Stressbelastung gemeint, etwa Arbeiten im Akkord, Nachtarbeit, Schichtarbeit und Arbeiten unter übermäßigem Zeitdruck.
Die Tätigkeit eines Außendienstverkäufers (Handelsvertreter) ist dem Kläger nicht mehr möglich, weil dieser Beruf mit höheren Stressbelastungen verbunden ist (Terminvorgaben mit Kunden, Verkaufsdruck, Straßenverkehr etc). Bei genügend kaufmännischen Kenntnissen könnte er in einem Baumarkt als Kundenberater oder Verkäufer tätig sein. Bei diesen Tätigkeiten kommt es normalerweise zu keinen vermehrten Stressbelastungen. Außerdem wäre er als Lagerleiter im Baustoffhandel einsetzbar.
In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Berufungsgericht die Ansicht, dass das nach § 273 Abs 1 ASVG maßgebliche Verweisungsfeld durch die vom Kläger zuletzt nicht bloß vorübergehend ausgeübte Beschäftigung eines Verkäufers von Bauwaren, insbesonders Fenster und Türen, im Außendienst bestimmt werde. Diese zuletzt ausgeübte Tätigkeit könne der Kläger wegen der damit verbundenen Stressbelastung nicht mehr ausüben, weshalb die Verweisbarkeit auf einen ihm zumutbaren anderen Beruf derselben Berufsgruppe zu prüfen sei, der eine ähnliche Ausbildung und gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten verlange. Diese Prüfung führe zur Verweisbarkeit des Klägers auf die mit der bisherigen Tätigkeit vergleichbaren und mit keinem unzumutbaren sozialen Abstieg verbundenden Beschäftigung eines Kundenberaters und/oder Verkäufers in einem Bauwarengroßmarkt. Somit liege keine Berufsunfähigkeit im Sinne des § 273 Abs 1 ASVG vor.
Gegen dieses Urteil richtet sich die unbeantwortete Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer gänzlichen Klagsstattgebung. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Der Kläger steht weiterhin auf dem Standpunkt, in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag überwiegend im Zimmermannsberuf gearbeitet zu haben, weil es sich beim Planen und Ausmessen von Fenstern und Innentüren sowie von Schalungen um eine spezielle Teiltätigkeit des Zimmermanns hande; daher richte sich die Verweisbarkeit nach dem Berufsbild des Zimmermanns. Dazu komme, dass der Kläger die Tätigkeit eines angelernten Zimmermanns ausgeübt habe, während nicht hervorgekommen sei, dass er besondere Kenntnisse im Beschäftigungszweig des Außendienstmitarbeiters erworben habe.
Dieser Ansicht vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen.
Wie bereits das Berufungsgericht ausgeführt hat, stellt die Pensionsversicherung der Angestellten eine Berufs(gruppen)versicherung dar, deren Leistungen einsetzen, wenn der Versicherte in Folge seines körperlichen und/oder geistigen Zustandes einen Beruf seiner Berufsgruppe nicht mehr ausüben kann; dabei ist von jenem Angestelltenberuf auszugehen, den der Versicherte zuletzt ausgeübt hat. Dieser Beruf bestimmt das Verweisungsfeld, also die Summe aller Berufe, die derselben Berufsgruppe zuzurechnen sind, weil sie eine ähnliche Ausbildung und gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten verlangen (SSV-NF 2/92; RIS-Justiz RS0084904).
Die Ansicht des Berufungsgerichts, dass der Kläger - ausgehend von seiner zuletzt ausgeübten Beschäftigung eines Außendienstverkäufers im Bereich Bauwaren - auf die Tätigkeit eines Kundenberaters und/oder Verkäufers in einem Bauwarengroßmarkt verwiesen werden kann, ist nicht zu beanstanden. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach Verweisungen von bisherigen Außendienstmitarbeitern auf Innendiensttätigkeiten für zulässig erachtet hat (RIS-Justiz RS0084956).
Soweit der Kläger einen durch Ausübung einer Teiltätigkeit des (angelernten) Zimmermannsberufes aufrecht erhaltenen Berufsschutz nach dem § 255 Abs 1 ASVG behauptet, ist ihm entgegen zu halten, selbst dann für ihn nichts gewonnen wäre, wenn man diesem Argument folgte. Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senates können in vielen Fällen gelernte und angelernte Handwerker auf den Beruf eines Fachmarktberaters/Fachmarktverkäufers in der jeweiligen Branche verwiesen werden. So hat der Senat etwa die grundsätzliche Verweisbarkeit eines Tischlers auf Wohn- und Verkaufsberater in Einrichtungshäusern (SSV-NF 10/58; 10 ObS 76/98v; 10 ObS 258/98h), eines Maurers auf den Beruf eines Fachmarktberaters/Fachmarktverkäufers (SSV-NF 12/25; 10 ObS 158/00h), eines Malers und Anstreichers auf den Beruf eines Fachberaters in einem Baumarkt (10 ObS 90/00h), eines Karosseurs auf die Tätigkeit eines Kundendienstberaters (SSV-NF 8/84), eines gelernten Installateurs auf die Tätigkeit eines Fachberaters/Verkaufsberaters für den Installationsbedarf in Groß- und Baumärkten (10 ObS 2339/96k; 10 ObS 369/97f) oder einer Fotolaborantin auf die Tätigkeit einer Kundenberaterin in Fotofachgeschäften (10 ObS 417/98s) ausdrücklich bejaht. Begründet wurde diese Rechtsauffassung vor allem damit, dass die handwerkliche Ausbildung und die dabei erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten ein Anstellungs- und Ausübungskriterium des Verweisungsberufes bilden und diese qualifizierten Facharbeiter als Kunden- und Verkaufsberater in Groß- und Baumärkten auch tatsächlich Verwendung finden. Daher handle es sich bei diesem Verweisungsberuf um eine qualifizierte Teiltätigkeit des jeweiligen Lehrberufes. Der Wechsel eines qualifizierten Facharbeiters in eine Angestelltentätigkeit führe zu keinem Verlust des Berufsschutzes, wenn eine entsprechende Nahebeziehung zum bisher ausgeübten Beruf bestehe.
Eine solche Nahebeziehung des angelernten Berufs eines Zimmermanns zu dem genannten Verweisungsberuf eines Kundenberaters und/oder Verkäufers in einem Bauwarengroßmarkt wäre aber auch im vorliegenden Fall gegeben. Dass auch die Notwendigkeit einer betriebsinternen Einschulung eines qualifizierten Facharbeiters in die Tätigkeit als Fachmarktberater kein Verweisungshindernis darstellt, wurde ebenfalls bereits mehrfach ausgesprochen (vgl SSV-NF 12/25; 10 ObS 417/98s ua).
Der Revision war damit ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
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