Spruch:
Die Akten werden dem Berufungsgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, sein Urteil durch den Ausspruch zu ergänzen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes in den beiden verbundenen Rechtssachen jeweils S 260.000 übersteigt.
Text
Begründung
In ihren beiden Klagen begehrten die Klägerinnen S 229.522 sA bzw S
87.356 sA als Schadenersatz aus einem Liftunfall sowie jeweils die Feststellung der Haftung der Beklagten für Spät- und Dauerfolgen.
Das Erstgericht verband die beiden Rechtssachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung (AS 25) und erkannte die Klagebegehren mit Zwischenurteil als dem Grunde nach zu Recht bestehend.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge, änderte das erstgerichtliche Urteil mit Teil- und Zwischenurteil dahin ab, dass das Leistungsbegehren der Erstklägerin als dem Grunde nach mit zwei Drittel zu Recht bestehend erkannt und mit S 76.503,33 sA abgewiesen wurde; das Leistungsbegehren der Zweitklägerin wurde als dem Grunde nach zur Gänze zu Recht bestehend erkannt. Hinsichtlich der Feststellungsbegehren wurde das erstgerichtliche Urteil (mit Beschluss) aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung aufgetragen. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision (gegen den abändernden Teil seiner Entscheidung) nicht zulässig sei.
Gegen das Teil- und Zwischenurteil des Berufungsgerichtes richten sich die "außerordenlichen Revisionen" der Erstklägerin und der Beklagten.
Rechtliche Beurteilung
Die Frage der Zulässigkeit dieser Rechtsmittel - wofür auch § 508 ZPO idF WGN 1997 BGBl I 140 maßgebend ist (Art XXXII Z 14 WGN 1997) - kann auf Grund des berufungsgerichtlichen Ausspruchs noch nicht beantwortet werden (vgl 2 Ob 324/99g):
Besteht - wie hier - der Entscheidungsgegenstand nicht nur in einem Geldbetrag, dann hat das Berufungsgericht gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt a) S 52.000,- übersteigt oder nicht, b) bei Übersteigen von S 52.000,-
auch S 260.000,- übersteigt oder nicht.
Gemäß § 502 Abs 3 ZPO ist die Revision jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar S 52.000,-, nicht aber insgesamt S 260.000,- übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 502 Abs 3 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat.
In den in § 508 Abs 1 ZPO angeführten Fällen, in denen also der Entscheidungsgegenstand nicht S 260.000,-, wohl aber - außer bei familienrechtlichen Streitigkeiten nach § 49 Abs 2 Z 1a und 2 JN, bei denen dieses Erfordernis entfällt - S 52.000,- übersteigt, und in denen das Gericht zweiter Instanz ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig sei, ist auch ein außerordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Gemäß § 508 Abs 1 ZPO kann allerdings in einem solchen Fall eine Partei einen Antrag an das Rechtsmittelgericht stellen, seinen Ausspruch dahingehend abzuändern, dass das ordentliche Rechtsmittel für zulässig erklärt werde. Mit demselben Schriftsatz ist das ordentliche Rechtsmittel auszuführen. Dieser Antrag verbunden mit dem ordentlichen Rechtsmittel ist beim Prozessgericht erster Instanz einzubringen und gemäß § 508 Abs 3 und 4 ZPO vom Rechtsmittelgericht zu behandeln.
Erhebt in den dargestellten Fällen eine Partei ein Rechtsmittel, so ist dieses gemäß § 507b Abs 2 ZPO dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen. Dies gilt aber auch, wenn das Rechtsmittel als "außerordentliches" Rechtsmittel bezeichnet wird (vgl § 84 Abs 2 letzter Satz ZPO) und wenn es an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist; auch dieser darf hierüber nur und erst entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz gemäß § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei. Dies gilt ferner auch dann, wenn der Rechtsmittelwerber in dem Schriftsatz nicht im Sinn des § 508 Abs 1 ZPO den Antrag auf Abänderung des Ausspruchs des Gerichts zweiter Instanz gestellt hat, weil dieser Mangel gemäß § 84 Abs 3 ZPO verbesserungsfähig ist.
Im vorliegenden Fall ergibt sich, dass der Wert des berufungsgerichtlichen Entscheidungsgegenstandes in jedem der beiden Verfahren schon im Hinblick auf die erhobenen Leistungsbegehren S 52.000 übersteigt. Es fehlt aber ein Ausspruch des Berufungsgerichtes, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes unter Berücksichtigung des Feststellungsbegehrens jeweils auch S 260.000 übersteigt. Eine Zusammenrechnung der beiden Zahlungsansprüche kann schon deshalb nicht erfolgen, weil die gemeinsame Entscheidung über verbundene Rechtssachen für die Rechtsmittelzulässigkeit ohne Bedeutung ist; maßgeblich ist die Höhe des jeden einzelnen Rechtsstreit betreffenden Entscheidungsgegenstandes (Kodek in Rechberger2 § 502 ZPO Rz 1 mwN; RIS-Justiz RS0037271). Abgesehen davon wären selbst in einer einzigen Klage geltend gemachte Ansprüche mehrerer Geschädigter aus demselben Unfallsereignis nicht zusammenzurechnen, weil es sich nur um formelle Streitgenossen im Sinne des § 11 Z 2 ZPO handelt (SZ 57/17; SVSlg 33.442; 2 Ob 1040/94 ua).
Sollte das Berufungsgericht nunmehr aussprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes jeweils S 260.000 übersteigt, so wird es die Akten dem Revisionsgericht wieder vorzulegen haben. Sollte es hingegen aussprechen, dass dies nicht der Fall ist, so wird es im Sinn des § 508 ZPO vorzugehen haben. Ob die in den Schriftsätzen gestellten Anträge auf Zulassung der außerordentlichen Revision den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entsprechen oder ob sie einer Verbesserung bedürfen, bleibt der Beurteilung des Berufungsgerichts vorbehalten. Sollte das Berufungsgericht in den beiden verbundenen Verfahren zu unterschiedlichen Aussprüchen gelangen, wäre entsprechend unterschiedlich vorzugehen.
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