OGH 10ObS344/00m

OGH10ObS344/00m16.1.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Fellinger sowie die fachkundigen Laienrichter Franz Ovesny (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und DDr. Wolfgang Massl (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Erich T*****, ohne Beschäftigung, *****, vertreten durch Dr. Jörg Hobmeier, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 13. September 2000, GZ 23 Rs 59/00y-54, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 19. April 2000, GZ 45 Cgs 293/97w-51, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache, wonach der Kläger, der Berufsschutz als Maler und Anstreicher genießt, die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Invaliditätspension nach § 255 Abs 1 ASVG nicht erfüllt, weil er auf die Tätigkeit eines (qualifizierten) Spritzlackierers im industriellen Bereich verwiesen werden kann, ist zutreffend (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO).

Den Revisionsausführungen ist folgendes entgegenzuhalten:

War ein Versicherter überwiegend in erlernten oder angelernten Berufen tätig, so gilt er gemäß § 255 Abs 1 ASVG als invalid, wenn seine Arbeitsfähigkeit infolge seines körperlichen oder geistigen Zustandes auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten von ähnlicher Ausbildung und bei gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten in jedem dieser Berufe herabgesunken ist. Invalidität liegt daher erst dann vor, wenn der Versicherte außerstande ist, irgendeine auf dem Arbeitsmarkt gefragte Teiltätigkeit seines erlernten oder angelernten Berufes auszuüben. Der Berufsschutz geht nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senates nicht verloren, wenn in der Praxis nur mehr Teiltätigkeiten des erlernten Berufes ausgeübt werden, soferne diese quantitativ und qualitativ nicht ganz unbedeutend waren (SSV-NF 7/62; 6/67 mwN uva; RIS-Justiz RS0084497). Die Frage, ob es sich bei der Verweisungstätigkeit um eine Teiltätigkeit des bisher ausgeübten erlernten oder angelernten Berufes handelt, ist eine Rechtsfrage, die - sofern nicht offenkundig - in jedem Einzelfall aufgrund der getroffenen Tatsachenfeststellungen zu prüfen ist.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den jeweils dreijährigen Lehrberufen "Lackierer" sowie "Maler und Anstreicher" entgegen der Ansicht des Klägers nicht um zwei grundlegend verschiedene sondern um verwandte Lehrberufe mit gegenseitiger Anrechnungsmöglichkeit des ersten Lehrjahres zur Gänze und des zweiten Lehrjahres zu einem Drittel handelt. Nach den Ausführungen des berufskundlichen Sachverständigen, auf die sich die Tatsacheninstanzen bei ihren Feststellungen gestützt haben, gibt es im industriellen Bereich neben den von ungelernten Hilfskräften verrichteten, nicht qualifizierten Lackiertätigkeiten eine ausreichend große Anzahl von Arbeitsplätzen für qualifizierte Tätigkeiten als Spritzlackierer, für deren Verrichtung auch die dem Berufsbild des Malers und Anstreichers entsprechenden Kenntnisse insbesondere über Vorbereitungsarbeiten wie etwa das Schleifen, Grundieren, Verspachteln Polieren, Versiegeln und über die Zubereitung der Farben benötigt werden. Ein gelernter Maler ist aufgrund seiner Ausbildung sowie seiner Kenntnisse in diesen erwähnten Bereichen in der Lage, nach einer kurzen Anlernzeit im industriellen Bereich als qualifizierter Lackierer zu arbeiten. Bei diesem Verweisungsberuf handelt es sich somit nach zutreffender Rechtsansicht der Vorinstanzen um eine qualifizierte Teiltätigkeit des Berufes des Malers und Anstreichers. Diese Rechtsansicht steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senates (10 ObS 6/95; 10 ObS 46/94 ua; vgl auch die damit übereinstimmende Rechtsprechung des Oberlandesgerichtes Wien als seinerzeitigem Höchstgericht in Leistungsstreitsachen: SSV 26/13; SVSlg 27.729 ua). Damit steht auch die in SSV-NF 5/20 veröffentlichte Entscheidung des erkennenden Senates nicht im Widerspruch, wonach ein Spritzlackierer, dessen Haupttätigkeit in der Durchführung von Lackierungen mit der Spritzpistole besteht, keinen angelernten Beruf ausübt, da es in diesem Fall darum ging, ob der Kläger einen angelernten Beruf ausgeübt habe und nicht, ob er durch Teiltätigkeiten eines erlernten Berufes den Berufsschutz behalte.

Soweit der Kläger damit argumentiert, dass er sich für die Ausübung des Verweisungsberufes im Rahmen einer Umschulung in einem erheblichen Ausmaß neue Kenntnisse und Fähigkeiten aneignen müsste, geht er nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, wonach er aufgrund seiner Vorkenntnisse bereits nach einer kurzen Anlernzeit in der Lage wäre, diesen Verweisungsberuf auszuüben. Auch aus dem Hinweis des Klägers, dass in einer anderen, ebenfalls die Frage der Verweisbarkeit eines Malers betreffenden Rechtsstreitigkeit ein berufskundlicher Gutachter die Möglichkeiten einer Verweisbarkeit anders beurteilt habe, lässt sich für seinen Rechtsstandpunkt im vorliegenden Fall nichts gewinnen. Der Oberste Gerichtshof ist als Rechtsinstanz an die von den Tatsacheninstanzen jeweils getroffenen Feststellungen gebunden.

Da nach den erstgerichtlichen Feststellungen der Kläger noch die Verweisungstätigkeit eines qualifizierten Lackierers im Rahmen industrieller Spritz- und Tauchlackierungen verrichten könnte und bereits das Vorliegen eines einzigen Verweisungsberufes eine Invalidität nach § 255 ASVG ausschließt (vgl 10 ObS 178/97t; 10 ObS 261/97y uva), erübrigt sich ein Eingehen auf die Frage der Verweisbarkeit des Klägers auch auf die Tätigkeit eines Kundenberaters in seiner Branche in einem Baumarkt.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Umstände, die einen Kostenzuspruch aus Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden weder geltend gemacht, noch ergeben sich solche Gründe aus dem Akt.

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