OGH 5Ob321/00t

OGH5Ob321/00t16.1.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1. Gabriele M*****, vertreten durch Mag. Milton Menezes, Club International, Payergasse 14, 1160 Wien, 2. Michael D*****, 1030 Wien, 3. Thomas D*****, 4. Anna R*****, die Zweit- bis Viertantragsteller vertreten durch Dr. Adalbert Laimer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin Ingeborg B*****, vertreten durch Mag. Dr. Robert Hirschmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG, über die Revisionsrekurse der Zweit- bis Viertantragsteller und der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 16. August 2000, GZ 41 R 269/00p-73, womit der Teilsachbeschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 29. März 2000, GZ 55 Msch 48/94g-66, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs der Zweit- bis Viertantragsteller wird zurückgewiesen.

Dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Das Erstgericht stellte Überschreitungen des gesetzlich zulässigen Zinsausmaßes in bestimmter Höhe fest und verpflichtete die Antragsgegnerin als Vermieterin zur Rückzahlung von Überschreitungsbeträgen an die Zweit- bis Viertantragsteller als Mieter. Es führte aus, die Wohnung sei zu keinem der Anmietungszeitpunkte unbrauchbar gewesen; die Brauchbarkeit werde durch einen Aufwand von S 16.000 zur Beseitigung der von elektrischen Leitungen ausgehenden Gefahr nicht ausgeschlossen. Die Wohnung sei in die Ausstattungskategorie B einzuordnen. Das Bad habe einen zeitgemäßen Standard gehabt; Boden und Wände seien verfliest gewesen. Eine Steckdose zum Betrieb eines Heizgerätes sei vorhanden gewesen. Das Beweisverfahren habe nicht ergeben, dass die Steckdose zu den einzelnen Anmietungszeitpunkten nicht funktioniert habe; außerdem wäre dies ein vom Mieter zu rügender Ausstattungsmangel gewesen. Gemäß § 16 Abs 1 Z 4 MRG idF vor dem 3. WÄG könne für eine Wohnung der Ausstattungskategorie B mit einer Nutzfläche über 130 m2 ein angemessener Hauptmietzins vereinbart werden, wenn die Wohnung innerhalb von sechs Monaten nach Räumung durch den früheren Mieter vermietet worden sei. Für die Zweit- bis Viertantragsteller sei diese Voraussetzung jedoch nicht erfüllt, weil der jeweilige Vorgänger, wenn überhaupt, erst nach einiger Zeit nach Mietvertragsabschluss ausgezogen sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Zweit- bis Viertantragsteller teilweise Folge und stellte andere Überschreitungsbeträge fest. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000 übersteige und dass der Revisionsrekurs zulässig sei. Die Antragsgegnerin wurde mit ihrem Rekurs auf diese Entscheidung verwiesen. Das Rekursgericht führte im Wesentlichen Folgendes aus:

Bereits im Aufhebungsbeschluss vom 13. 4. 1999 sei zur Brauchbarkeit der Wohnung dargelegt worden, dass der Aufwand für die Verlegung von Schutzleitern in weiteren Räumen (neben den Nassräumen) nicht zu berücksichtigen sei, auch wenn nach dem Elektrotechnikgesetz bei einer wesentlichen Änderung einer elektrischen Anlage auch die restliche Anlage auf den neuesten Stand zu bringen sei.

Bei der Beurteilung des zeitgemäßen Standards einer Badegelegenheit seien sowohl die im maßgebenden Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages geltenden Bauvorschriften und Förderungsrichtlinien, als auch die in diesem Zeitpunkt herrschende Verkehrsauffassung zu berücksichtigen. Das WFG 1984 stelle auf normal ausgestattete Wohnungen ab, wobei diese Normalausstattung im Verordnungsweg (für Wien: LGBl 1985/17) näher umschrieben werde. Danach sei unter anderem ein Mindesterfordernis für eine normale Ausstattung eine "Vorsorge für Raumheizung" im Bad. Es genüge somit, wenn eine Steckdose zB für einen elektrischen Heizstrahler vorhanden sei. Nach den Feststellungen hätte zur Beheizung des Baderaumes ein elektrisches Heizgerät an der Steckdose für die Waschmaschine angeschlossen werden können. Somit wäre für eine Raumheizung vorgesorgt.

Der zeitgemäße Standard setze jedoch voraus, dass die Elektroinstallationen im Bad gefahrfrei verwendet werden können. Hiebei sei es - anders als bei der Beurteilung der Brauchbarkeit - irrelevant, welcher Aufwand zur Beseitigung der Gefahr erforderlich sei. Nach den Feststellungen habe es im Bad geerdete und nicht geerdete Leitungen gegeben. Für eine gefahrfreie Benützung wäre im Nassraum (Bad) die komplette Erneuerung der Leitung (ein Dazuverlegen eines Schutzleiters sei technisch nicht möglich) erforderlich gewesen. Bei der Errichtung des eigenen Stromkreises für die Waschmaschine (an dem auch ein elektrisches Heizgerät hätte angeschlossen werden können) hätte man auch die Zählerzuleitung erneuern müssen, um die Waschmaschine betriebssicher verwenden zu können. Nach diesen Feststellungen hätten die Elektroinstallationen im Bad nicht gefahrfrei verwendet werden können, sodass das Bad deshalb keinen zeitgemäßen Standard aufgewiesen habe. Das Fehlen des zeitgemäßen Standards einer Badegelegenheit müsse nicht gerügt werden. Die Wohnung sei somit in die Ausstattungskategorie C einzuordnen.

Die Antragsgegnerin werde mit ihrem Rekurs auf diese Entscheidung verwiesen, weil bei einer Wohnung mit der Ausstattungskategorie C die Tatbestandsvoraussetzungen für die Vereinbarung eines angemessenen Hauptmietzinses keinesfalls erfüllt werden könnten (§ 16 Abs 1 Z 4 MRG idF vor dem 3. WÄG).

Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung einerseits zur Frage fehle, ob die Vorsorge für eine Raumheizung (hier: Steckdose für ein elektrisches Heizgerät) dem zeitgemäßen Standard eines Bades in den Jahren 1989 bis 1992 entspreche, andererseits zur Frage, ob die Gefährlichkeit von Elektroinstallationen in einem Bad - unabhängig vom Kostenaufwand für die Mängelbeseitigung - zur Verneinung des zeitgemäßen Standards (hier in den Jahren 1989 bis 1992) führe oder lediglich als Funktionsmangel zu bewerten sei und deshalb eine Bemängelungspflicht bestehe.

Gegen diese Rekursentscheidung richten sich die Revisionsrekurse der Zweit- bis Viertantragsteller und der Antragsgegnerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Die Zweit- bis Viertantragsteller streben die Feststellung von Überschreitungsbeträgen auf Basis der Kategorie D an, die Antragsgegnerin beantragt die Abänderung im Sinne der Abweisung des Sachantrages und stellt hilfsweise einen Aufhebungsantrag.

Die Zweit- bis Viertantragsgegner beantragen in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Zweit- bis Viertantragsteller ist als unzulässig zurückzuweisen, weil die Ansicht des Rekursgerichts, bei der Brauchbarkeitsprüfung sei nur der Aufwand für die Schutzleiterinstallation in den Nassräumen (und nicht in weiteren Räumen) zu berücksichtigen, durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs grundsätzlich gedeckt ist (5 Ob 2364/96z = MietSlg 49.270; 5 Ob 87/97y = MietSlg 49.271; 5 Ob 262/99m = MietSlg 51.293). Wenn das Rekursgericht einen Betrag von S 16.000 nicht als größere Aufwendung im Sinne dieser Rechtsprechung (vgl RIS-Justiz RS0070135; Würth in Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20 § 15a MRG Rz 14) angesehen hat, so hat es damit die Grenzen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraumes nicht überschritten. Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (§ 528 Abs 1 ZPO) liegt daher insoweit nicht vor.

Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Nach den vorinstanzlichen Feststellungen war die Elektroinstallation (Lichtauslass und Steckdose) im Badezimmer gefährlich; eine Sanierung hätte die komplette Erneuerung der Leitungen einschließlich der Zählerzuleitung erfordert. Nach Auffassung des erkennenden Senates ist der zeitgemäße Standard der Badegelegenheit für die Jahre 1989 bis 1992 schon nach der Verkehrsauffassung nicht gegeben, wenn für Zwecke der Raumheizung (wie sie grundsätzlich auch im Badezimmer vorhanden sein muss) nur eine nicht gefahrfrei verwendbare Steckdose zur Verfügung stand. Auf die Kosten der Herstellung eines zeitgemäßen Standards der Badegelegenheit kommt es nicht an (vgl 5 Ob 52/93 = MietSlg 45.282). Das Fehlen dieses Standards ist nicht rügepflichtig (Würth aaO § 15a MRG Rz 8 mwN).

Infolge Einstufung in Kategorie C ist die Vereinbarung eines angemessenen Hauptmietzinses (§ 16 Abs 1 Z 4 MRG idF vor dem 3. WÄG) jedenfalls unzulässig.

Dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin war somit in Erfolg zu versagen.

Stichworte