OGH 5Ob52/93

OGH5Ob52/9314.9.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Elisabeth P*****, vertreten durch Dr.Helmut Michlmayr, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin A*****-AG, ***** wegen § 37 Abs 1 Z 13 MRG infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 28.Jänner 1993, GZ 48 R 919/92-11, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 24.Juli 1992, GZ 47 Msch 44/91-7, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragstellerin ist Mieterin des aus vier Zimmern, einem Kabinett, einem Dienerzimmer, einer Küche, einer Speis sowie einem Bad bestehenden, eine Nutzfläche von 171,98 m2 aufweisenden Bestandobjektes in dem nunmehr der Antragsgegnerin gehörigen Haus Wien *****. Die Antragstellerin ist spätestens im Jahr 1975 mit Zustimmung der damaligen Hausverwaltung in die Mietrechte ihres Vaters eingetreten, der dieses Bestandobjekt als Wohnung und Büro am 7.1.1963 mit Wirkung ab 1.12.1962 auf unbestimmte Zeit gemietet hatte. Zur Zeit der Anmietung des Bestandgegenstandes durch den Vater der Antragstellerin war ein eigener Baderaum vorhanden, in dem ein gußeiserner Badeofen und eine Zinkbadewanne standen. Diese Badewanne und der Badeofen wurden von der Familie der Antragstellerin allerdings nicht benützt, weil diese nicht mehr verwendungsfähig waren. Eine "Warmwasserentnahme" gab es weder im Badezimmer noch in den sonstigen Räumlichkeiten des Bestandobjektes. Der damalige Hausverwalter wußte bei Anmietung des Bestandgegenstandes durch den Vater der Antragstellerin, daß keine Warmwasserbereitung vorhanden war. Aus diesem Grunde erachtete der Vater der Antragstellerin es auch nicht für notwendig, diesen Umstand dem damaligen Hausverwalter mitzuteilen. Das Bestandobjekt wurde sowohl durch den Vater der Antragstellerin als auch nach Eintritt der Antragstellerin in dessen Mietrechte überwiegend zur Befriedigung ihrer Wohnbedürfnisse verwendet. Zur Zeit der Anmietung der Wohnung durch den Vater der Antragstellerin war auch keine zentrale Wärmeversorgungsanlage vorhanden, die gesamte Wohnung wurde vielmehr durch drei "Kamine" beheizt. Nachdem der Vater der Antragstellerin eine Gasinnenleitung neu verlegen lassen hatte, nahm er eine Neuadaptierung des Baderaumes vor, wobei er erstmals einen Abzug herstellte und die Zinkbadewanne sowie den aus dem Jahre 1920 stammenden Badeofen entfernte. Erst nach diesen Herstellungen konnte der Baderaum erstmals von der Familie der Antragstellerin benützt werden.

Mit Schreiben vom 27.10.1989 brachte die Hausverwalterin der Antragsgegnerin gemäß § 45 MRG ab dem 1.12.1989 der Antragstellerin einen Erhaltungsbeitrag in der Höhe von monatlich 2.893,75 S zur Vorschreibung, den sie auf der Basis einer Nutzfläche von 171,98 m2 und der Ausstattungskategorie A errechnet hatte. Da die Antragstellerin den Standpunkt vertrat, es handle sich nur um eine Wohnung der Kategorie C, bezahlte sie nur den Erhaltungsbeitrag auf der Basis der Kategorie C.

Mit dem am 15.November 1989 bei der Schlichtungsstelle des Magistratischen Bezirksamtes für den *****Bezirk eingebrachten Antrag begehrte Elisabeth P***** die Feststellung, daß der Berechnung des Erhaltungsbeitrages hinsichtlich ihrer Wohnung die Kategorie C statt A zugrundezulegen sei und durch die Vorschreibung eines Erhaltungsbeitrages für Dezember 1989 in der Höhe von 2.893,75 S das gesetzliche Zinsausmaß um 1.547,82 S überschritten worden sei.

Die Antragsgegnerin gab sich mit der dem Antrag stattgebenden Entscheidung der Schlichtungsstelle nicht zufrieden und rief rechtzeitig das Gericht an.

Die Antragsgegnerin beantragte wie im Verfahren vor der Schlichtungsstelle die Abweisung des Antrages. Das Mietobjekt sei entsprechend der bei Abschluß des Mietvertrages getroffenen Vereinbarung seit jeher überwiegend für geschäftliche Zwecke verwendet worden.

Das Erstgericht stellte mit Sachbeschluß fest, daß es sich bei dem Mietobjekt der Antragstellerin um eine Wohnung der Ausstattungskategorie B handle und die Antragsgegnerin als Vermieterin das gesetzlich zulässige Zinsausmaß der Antragstellerin gegenüber in der Zeit vom 1.12.1989 bis einschließlich Zinstermin 1.4.1991 durch die monatliche Vorschreibung von 2.893,75 S an Erhaltungsbeitrag um monatlich 768,17 S überschritten habe. Bei der rechtlichen Beurteilung des bereits wiedergegebenen Sachverhaltes ging es davon aus, daß das Bestandobjekt nach § 16 Abs 1 Z 1 MRG als Wohnung zu qualifizieren sei. Das Bestandobjekt habe bereits bei Anmietung durch den Vater der Antragstellerin über einen Baderaum verfügt. Auch wenn ein nicht mehr verwendbarer gußeiserner Badeofen und eine Zinkbadewanne nicht dem damals zeitgemäßen Standard einer Badegelegenheit entsprochen hätten, müsse die Antragstellerin die höhere Kategorie gegen sich gelten lassen, weil die Mängel nicht angezeigt worden seien. Daß der damalige Hausverwalter vom Zustand des Badezimmers Kenntnis gehabt habe, reiche nicht aus.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der Antragstellerin Folge und änderte mit Sachbeschluß die erstinstanzliche Entscheidung dahin ab, daß das Bestandobjekt der Antragstellerin der Ausstattungskategorie C zuzuordnen sei und die Antragsgegnerin als Vermieterin gegenüber der Antragstellerin das gesetzlich zulässige Zinsausmaß in der Zeit vom 1.12.1989 bis einschließlich April 1991 durch die monatliche Vorschreibung von 2.893,75 S an Erhaltungsbeitrag um monatlich 1.547,82 S überschritten habe, wobei es den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig erklärte. Auf die im wesentlichen dahin ausgeführte Rechtsrüge, daß das Fehlen des zeitgemäßen Standards der Badegelegenheit nicht der Anzeigepflicht nach § 16 Abs 2 Z 4 MRG unterliege, ging es wie folgt ein:

Die Ausstattungskategorie B erfordere nach § 16 Abs 2 Z 2 MRG unter anderem auch das Vorhandensein einer dem zeitgemäßen Standard entsprechenden Badegelegenheit (Baderaum oder Badenische). Nach ständiger Rechtsprechung erfordere der zeitgemäße Standard einer Badegelegenheit das Vorhandensein eines Gerätes zur Warmwasseraufbereitung, und zwar gelte das selbst schon für die Zeit vor dem 2.Weltkrieg (vgl MietSlg 37.321 bezüglich einer 1945 gemieteten Wohnung; MietSlg 40.343). Sogar ein bloßer Badeofen könnte eine taugliche Warmwasserbereitungsanlage darstellen. Nur unter der Voraussetzung, daß der Mieter seiner Anzeigepflicht nachgekommen wäre, könnte die Unterlassung der Reparatur eines mangelhaften Badeofens die Einstufung in die Ausstattungskategorie B hindern (MietSlg 37.339). Das könne aber nur dort gelten, wo die Warmwasserbereitung durch einen Badeofen grundsätzlich einem zeitgemäßen Standard entsprochen habe, wie beispielsweise bei einer 1938 angemieteten Wohnung, welcher Sachverhalt der zuletzt zitierten Entscheidung zugrunde gelegen sei. Daß lange nach dem 2.Weltkrieg, nämlich 1962/63, eine Warmwasseraufbereitung mittels Badeofens noch dem zeitgemäßen Standard entsprochen hätte, könne aber schwerlich gesagt werden, seien doch damals in Wien schon längst Gasdurchlauferhitzer oder Elektroboiler üblich gewesen. Auch wenn der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 20.6.1989, 5 Ob 73/88 = MietSlg 41.266 an den zeitgemäßen Standard einer 1963 angemieteten Wohnung keinen allzu strengen Maßstab angelegt habe und eine freistehende, aber nicht verkleidete Badewanne, bloß mit Eternit verkleidete und mit Dispersionsfarbe gestrichene Wände und einen mit Linoleum belegten Terrazzofußboden als dem nicht widersprechend angesehen hätte, sei nach dem Stand der Technik und nach der Verkehrsauffassung auch damals die Warmwasseraufbereitung mittels Badeofens veraltet gewesen. Bei Fehlen des zeitgemäßen Standards einer Badegelegenheit bestehe jedoch nach der ständigen Rechtsprechung keine Bemängelungsobliegenheit in Analogie zu § 16 Abs 2 Z 4 letzter Halbsatz MRG (vgl WoBl 1988/37; MietSlg 41.269), weil es sich nicht bloß um eine anzuzeigende Funktionsstörung handle, sondern das hier geforderte Ausstattungsmerkmal dann gänzlich fehle. Daß im konkreten Fall der vorhandene Badeofen darüber hinaus noch unbrauchbar gewesen sei und der Rechtsvorgänger der Antragstellerin dessen Reparatur nicht gefordert hätte, könne ihr dann nicht mehr zum Nachteil gereichen. Auch im Fall einer Behebung der Unbrauchbarkeit wäre der zeitgemäße Standard nicht hergestellt worden. Der angefochtene Sachbeschluß sei daher im Sinne der Rekurswerberin abzuändern gewesen. Die Voraussetzungen für den Ausspruch über die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses erachtete das Rekursgericht im Hinblick darauf als gegeben, daß der Oberste Gerichtshof zuletzt in der in MietSlg 41.266 teilweise veröffentlichten Entscheidung an den zeitgemäßen Standard einer Badegelegenheit in den Sechzigerjahren derart geringfügige Anforderungen gestellt habe, daß auch eine andere Beurteilung der Beschaffenheit der Warmwasseraufbereitung nicht völlig ausgeschlossen erscheine.

Gegen diesen Sachbeschluß des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin, in dem "fehlende oder unrichtige Tatsachenfeststellung, Verfahrensmängel oder Nichtigkeit" sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht werden und die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses beantragt wird.

Die Antragstellerin beantragte in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, den Sachbeschluß des Rekursgerichtes zu bestätigen.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Revisionsrekurswerberin unter dem Anfechtungsgrund der "fehlenden oder unrichtigen Tatsachenfeststellung, Verfahrensmängel oder Nichtigkeit" erstatteten Ausführungen gehen ins Leere. Die Antragsgegnerin versucht damit nämlich bloß, die Beweiswürdigung und die Feststellungen der Vorinstanzen über den Zustand des Baderaumes zur Zeit der Anmietung der Wohnung durch den Vater der Antragstellerin zu bekämpfen, was jedoch unzulässig ist, weil der Oberste Gerichtshof auch im besonderen außerstreitigen Verfahren nach dem MRG nur Rechts-, nicht aber auch Tatsacheninstanz ist (MietSlg 35.438 ua). Die Ausführungen lassen aber auch nicht erkennen, inwieweit den Sachbeschlüssen der Vorinstanzen ein der Rechtsrüge zuzuordnender Feststellungsmangel anhaften sollte, zumal nicht erkennbar ist, welche Feststellungen ihrer Ansicht nach zusätzlich hätten getroffen werden sollen.

In ihrer Rechtsrüge vertritt die Revisionsrekurswerberin den Standpunkt, bei Berechnung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages hätten die Vorinstanzen von der Einordnung der Wohnung in die Ausstattungskategorie B ausgehen müssen. Dem kann nicht gefolgt werden.

Insoweit die Antragsgegnerin aus der vom Rekursgericht erwähnten, in MietSlg 41.266 (teilweise) veröffentlichten Entscheidung des erkennenden Senates eine Bestätigung ihrer Rechtsansicht ableiten möchte, übersieht sie, daß jener Entscheidung ein anderer Sachverhalt zugrundelag. Es ging lediglich darum, ob eine Badegelegenheit dem im Jahre 1963 üblichen Standard entsprach, wenn eine Trennung zwischen Bad und WC nicht bestand, eine nicht verkleidete Badewanne installiert war und die Wände bloß mit Eternit verkleidet und mit Dispersionsfarbe versehen waren und der bestehende Terrazzofußboden mit Linoleum belegt war. Im vorliegenden Verfahren geht es um die Frage, ob ein Baderaum dem im Jahr 1963 üblichen Standard entsprach, wenn bloß ein aus dem Jahr 1920 stammender (funktionsuntüchtiger) gußeiserner Badeofen ohne sonstige Warmwasserbereitungsanlage vorhanden war. Wenngleich im ersten Jahrzehnt nach dem Staatsvertrag und auch noch bis zu dem im Jahr 1969 erfolgten Inkrafttreten des Wohnungsverbesserungsgesetzes die besondere Sorge der Behebung des quantitativen Wohnungsmangels und nicht der Sanierung und Modernisierung des Althausbestandes galt, so wurde doch auf die Funktionsfähigkeit der Badeanlage, insbesondere die Möglichkeit Wert gelegt, in einem dafür geeigneten Raum unbehindert ein Vollbad nehmen zu können. Diesem Erfordernis wurde aber die Ausstattung des in der Wohnung der Antragstellerin vorhanden gewesenen Baderaumes nicht gerecht. Um von einer den im Jahr 1963 üblichen Standard entsprechenden Badegelegenheit sprechen zu können, mußte doch die Möglichkeit bestanden haben, ohne besondere Vorbereitung über warmes Fließwasser zu verfügen, wie dies etwa bei Durchlauferhitzern oder bei Elektroboilern erreicht werden kann, bei einem gußeisernen Badeofen jedoch nicht der Fall war. War aber der zeitgemäße Standard einer Badegelegenheit nicht vorhanden, so bestand auch - wie das Rekursgericht zutreffend erkannte - keine Bemängelungspflicht in analoger Anwendung des § 16 Abs 2 Z 4 letzter Halbsatz MRG, weil eine nicht dem Standard entsprechende Badegelegenheit dem Fehlen eines Ausstattungsmerkmales gleichzuhalten ist (MietSlg 40.347, 41.269 ua). Ist aber nicht von einer Anzeigepflicht des Mieters bei Fehlen des zeitmäßigen Standards einer Badegelegenheit auszugehen, so ist es - entgegen der Ausführungen im Revisionsrekurs - auch unerheblich, ob der Badeofen leicht hätte saniert, repariert oder umgestaltet werden können. Dafür, daß es sich bei der vom Vater der Antragstellerin vorgenommenen Umgestaltung des Baderaumes um eine "reine Geschmacksfrage" gehandelt hätte, bietet die für die rechtliche Beurteilung allein maßgebliche Sachverhaltsgrundelage keine Anhaltspunkte. Wenn die Revisionsrekurswerberin schließlich unter Hinweis auf die in MietSlg 41.263/36 veröffentlichte Entscheidung des erkennenden Senates (5 Ob 121/89) meint, auch ein Badeofen, der mit festen Brennstoffen beheizbar sei, schade nicht, übersieht sie, daß die genannte Entscheidung zur Frage ergangen ist, ob das für die Einordnung einer Wohnung in die Ausstattungskategorie A erforderliche Merkmal einer Zentral- oder Etagenheizung oder gleichwertigen stationären Heizung vorhanden ist, aus dieser Entscheidung somit für das Vorliegen des zeitgemäßen Standards einer Badegelegenheit nichts zu gewinnen ist.

Damit erweist sich aber der Revisionsrekurs als unberechtigt, weshalb ihm ein Erfolg versagt bleiben mußte.

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