OGH 2Ob344/00b

OGH2Ob344/00b11.1.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Baumann, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Hoch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Margaretha B*****, vertreten durch Dr. Hans Wabnig, Rechtsanwalt in St. Johann im Pongau, gegen die beklagten Parteien 1.) Gerald R***** und 2.) Ö*****, beide vertreten durch Dr. Reinhard Ratschiller, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 60.278,- - sA, infolge der Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom 2. Oktober 2000, GZ 54 R 342/00h-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes St. Johann im Pongau vom 16. Juni 2000, GZ 3 C 470/00m-9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der beklagten Parteien wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei zu Handen ihres Vertreters binnen 14 Tagen die mit S 5.358,14 (hierin enthalten S 893,02 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 8. 1. 2000 ereignete sich gegen 15.00 Uhr im Ortsgebiet von St. Johann im Pongau an der Kreuzung Venedigerstraße - Wagrainer Bundesstraße (B 311) ein Verkehrsunfall zwischen einem von der Klägerin gelenkten und gehaltenen PKW sowie einem vom Erstbeklagten gelenkten und von der Zweitbeklagten gehaltenen Linienbus. Im näheren Unfallbereich verläuft die dort 7,2 m breite und zwei Fahrstreifen aufweisende B 311 in West-Ost-Richtung, beschreibt in Richtung Osten eine langgezogene Rechtskurve und steigt dort auch leicht an. In dieser von der Klägerin eingehaltenen Fahrtrichtung mündet von links im rechten Winkel die gegenüber der B 311 durch das Vorschriftszeichen "Vorrang geben" abgewertete und ebenfalls leicht ansteigende Venedigerstraße ein. In Fahrtrichtung der Klägerin quert jenseits der Kreuzung ein Schutzweg die B 311. Der gesamte Kreuzungsbereich ist zumindest ab 150 m westlich gut einzusehen. Die Unfallstelle liegt im Ortsgebiet, ausgeschilderte Geschwindigkeitsbeschränkungen gab es nicht. Die Rauasphaltfahrbahn der Bundesstraße war teils trocken, teils feucht; an den Fahrbahnrändern lagen Schneewälle. Es herrschte gutes Wetter.

Der Erstbeklagte näherte sich auf der Venedigerstraße der Bundesstraße in der Absicht, nach links (also ostwärts) einzubiegen. Er hielt zunächst (seinem Nachrang gemäß) an und fuhr sodann, nachdem er keinen bevorrangten Fahrzeugverkehr bemerkte, ein. Während dieses beginnenden Einfahrens sah er auf dem bereits beschriebenen Schutzweg einen Fußgänger die Fahrbahn queren, weshalb er nochmals in abbiegebedingter Schräglage anhielt. Dabei stand das rechte vordere Eck des Busses entweder nahe der die Fahrbahn der Bundesstraße teilenden Leitlinie (also noch auf der nördlichen Fahrbahnhälfte) oder bereits rund 1 m über der Fahrbahnmitte auf der südlichen (von der Klägerin benützten) Fahrbahnhälfte.

Zur selben Zeit näherte sich auf der Bundesstraße aus westlicher Richtung die Klägerin. Sie sah den einfahrenden sowie anschließend anhaltenden Bus, ohne jedoch (zufolge des ihre Sicht einschränkenden stehenden Busses) auch den Fußgänger zu sehen, und war deshalb der Annahme, dass ihr der Erstbeklagte den Vorrang einräumen wolle, weshalb sie diesen mit 30 oder 40 km/h passieren wollte. Als sie bemerkte, dass der Bus jedoch wiederum aus seiner Stillstandposition losfuhr, bremste sie (bei 40 km/h wäre dies 20 m westlich oder 2,1 Sekunden vor der Kollision geschehen). Trotzdem kam es am südlichen (also von der Klägerin benützten rechten) Fahrstreifen der Bundesstraße zur Kollision, wobei in diesem Augenblick beide Fahrzeuge in Bewegung waren und zueinander einen Winkel von 25 bis maximal 30 Grad einnahmen. Ein Stillstand des Busses im Kollisionsmoment ist auszuschließen. Die Kollisionsgeschwindigkeit des klägerischen PKW's betrug rund 15 km/h. Beim PKW wurde im Wesentlichen die linke Fahrertüre eingedrückt, beim Bus die rechte Vorderecke beschädigt.

Der Erstbeklagte hätte bei einem Blick durch die Scheibe der vorderen Bustüre vor dem zweiten Losfahren das von rechts kommende Klagsfahrzeug rechtzeitig erkennen und durch Unterlassen des Anfahrens die Kollision verhindern können. Bei einer Stillstandposition des Busses mit der rechten vorderen Ecke etwa im Bereich der Fahrbahnmitte hätte sich der Bus ab dem Stillstand bis zur Kollision rund 2 m weiter bewegt, wofür ein Zeitraum von rund 1,5 bis 2 Sekunden in Betracht zu ziehen wäre. Diesfalls hätte die Klägerin sofort und unverzüglich reagiert und keine Möglichkeit der Unfallverhütung gehabt. Die Schadensbehebung am Klagsfahrzeug erforderte einen Reparaturaufwand von S 55.278,- -; durch den Unfall ist auch eine merkantile Wertminderung von S 5.000,-- eingetreten. Die Reparaturkosten des Busses betrugen S 15.290,68.

Unmittelbar nach dem Unfall äußerte die Klägerin gegenüber dem Erstbeklagten, "dass sie schuld sei und es ihr leid tue"; dessen Frage, ob sie die Herbeiholung der Gendarmerie wünsche, verneinte sie. Mit dem Vorschlag des Erstbeklagten, dass er den Unfall aufnehme, war sie einverstanden. In ihrem nach dem Unfall (zur Räumung der Kreuzung) etwas nach vorne gefahrenen PKW füllte der Erstbeklagte sodann die Schadensmeldung (Beilage 4) aus. Nach Festhaltung der Personendaten beider Lenker, der Daten der Fahrzeuge und der wesentlichen Schäden beschrieb er den "Sachverhalt" wie folgt:

"Ich, Gerhard R***** [Erstbeklagter], bog von der Venedigerstraße in die St. Johanner Hauptstraße ein. Da auf dem Zebrastreifen eine Person hinüberging, hielt ich kurz an und bald darauf kam es zum Zusammenstoß mit dem Citroen. Dabei wurde ihr die linke Fahrertüre eingedrückt. Stellung der Lenkerin: Frau B***** [Klägerin] dachte, nachdem der Bus steht, komme sie vorbei, aber es ging sich nicht aus. Ich habe auch nicht gebremst, weil ich mir dachte es geht sich aus."

Ferner fertigte der Erstbeklagte in Absprache des Unfallherganges mit der Klägerin eine Unfallskizze an. Sowohl die Unfallschilderung ("Sachverhalt") als auch diese Handskizze wurden von der Klägerin unterfertigt.

Anschließend entnahm der Erstbeklagte seinen im Bus mitgeführten Unterlagen eine vorgefertigte weitere "Erklärung" (Beilage 6), die er mit den Daten der Unfallzeit und des Unfallortes ausfüllte. Der vorgedruckte Text (einschließlich dieser handschriftlichen Ergänzungen) lautete wie folgt:

"Am 8. 1. 2000 habe ich auf der Kreuzung Venedigerstraße/St. Johanner Hauptstraße einen Verkehrsunfall verschuldet.

Ich erkläre, den Ö***** den beim Unfall entstandenen vollen Schaden zu ersetzen und selbst keine wie immer gearteten Ansprüche gegen den Lenker des Ö*****-Kraftfahrzeuges sowie gegen die O***** geltend zu machen."

Auch diese Erklärung wurde von der Klägerin unterfertigt, wobei sie den Text nicht richtig durchgelesen, sondern nur "überflogen" hatte. Nach dem Zweck dieser Erklärung befragt erklärte der Erstbeklagte sinngemäß, "damit er aus dem Schneider sei". Nach dem Unfall - in welchem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang ist nicht feststellbar - äußerte die Klägerin ferner, dass "ohnehin alles über die Versicherung gehe".

Mit der am 27. 3. 2000 eingebrachten Mahnklage begehrte die Klägerin die Verurteilung der beklagten Parteien zur ungeteilten Hand zur Zahlung ihres mit S 60.278,- - sA bezifferten Sachschadens. Der Unfall sei vom Erstbeklagten allein verschuldet worden, weil er in Missachtung ihres Vorranges den angehaltenen Bus wiederum in Bewegung gesetzt habe, als sie gerade an diesem vorbeifahren habe wollen.

Die beklagten Parteien beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und wendeten ein, dass das Alleinverschulden die Klägerin treffe, weil diese mit überhöhter Geschwindigkeit versucht habe, an dem vor dem Schutzweg wegen eines Fußgängers zum Stillstand gebrachten Bus noch rechts vorbeizufahren, wofür jedoch nicht genügend Platz vorhanden gewesen sei. Außerdem habe sie sofort nach dem Unfall ihr Alleinverschulden zugestanden und ein konstitutives Anerkenntnis hierüber abgegeben. Der eigene Fahrzeugschaden von S 19.337,68 wurde kompensando eingewendet.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es beurteilte den eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt rechtlich dahin, dass zwar den Erstbeklagten in jeder der festgestellten Unfallvarianten das Alleinverschulden treffe, die formularmäßige Erklärung der Klägerin Beilage 6 sei jedoch als konstutives Anerkenntnis zu werten, ohne dass ein bloßer Irrtum der Klägerin über ihr Verschulden am Unfall zur Irrtumsanfechtung berechtige. Der Erstbeklagte habe die Klägerin auch nicht listig getäuscht.

Das Berufungsgericht gab der von der Klägerin erhobenen Berufung Folge und änderte das angefochtene Urteil dahin ab, dass es die eingeklagte Forderung als mit S 60.278,-- zu Recht, die eingewendete Gegenforderung hingegen als nicht zu Recht bestehend erkannte und die beklagten Parteien demgemäß zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 60.278,-- samt 4 % Zinsen seit 10. 2. 2000 verurteilte. Weiters sprach es aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Das Berufungsgericht, das die Feststellungen des Erstgerichtes übernahm, sah in dem nach dem Verkehrsunfall abgegebenen bloßen Schuldbekenntnis der Klägerin kein konstitutives Anerkenntnis. Mangels Mitverschuldens der Klägerin bestehe daher die eingeklagte Forderung zur Gänze, die eingewendete Gegenforderung hingegen nicht zu Recht. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil das Berufungsgericht mit der vorliegenden Entscheidung seiner Ansicht nach den Weg verlassen habe, wie ihn die höchstgerichtliche Judikatur zu 8 Ob 229, 230/83 für vergleichbare Fälle vorgezeichnet habe; da zum einen die Judikatur bereits längere Zeit zurückliege, zum anderen jedoch die zweitbeklagte Partei ihre einschlägigen Formulare weiterhin verwende und sohin ein über den Einzelfall hinausgehendes Interesse an der neuerlichen höchstgerichtlichen Klärung dieser Situation im Sinne der Rechtssicherheit bzw Rechtsentwicklung bestehe, lägen die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO vor.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der beklagten Parteien mit dem Antrag, die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Den wesentlichen Streitpunkt zwischen den Parteien im Revisionsverfahren bildet die Auslegung und rechtliche Qualifikation der von der Klägerin unterfertigten, von der zweitbeklagten Partei formularmäßig für ihre Berufskraftfahrer zur Verwendung nach Verkehrsunfällen aufgelegten "Erklärung" in der Fassung der Beweisurkunde Beilage 6.

Da nach österreichischem Recht abstrakte Geschäfte grundsätzlich unzulässig sind (Koziol in Koziol/Welser I11 107 f), ist ein konstitutives Anerkenntnis nur wirksam, wenn dadurch ein Streit oder Zweifel über das Bestehen eines bestimmten Rechtes bereinigt werden soll (Welser in Koziol/Welser II11 103). Vom echten, konstitutiven Anerkenntnis unterscheidet sich das - vom Berufungsgericht unterstellte - unechte oder deklarative Anerkenntnis dadurch, dass es eine bloße Wissenserklärung ist und keinen neuen Verpflichtungsgrund schafft; der Schuldner gibt nur bekannt, dass das Recht des Gläubigers "seines Wissens" besteht (Ertl in Rummel ABGB2 Rz 7 zu § 1380; RIS-Justiz RS0032784). Im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen ist es also die einseitige Tatsachen- bzw Wissenserklärung eines der Beteiligten in Gestalt des Bekenntnisses eines bestimmten unfallkausalen Fehlverhaltens (ZVR 1972/11 und 156, 1976/49; idS auch P. Bydlinski, Grundzüge des Privatrechts4, Rz 568). Das deklarative Anerkenntnis ist daher im Rechtsstreit nur ein Beweisumstand zu Gunsten des Bestehens der Forderung, es ist aber durch andere Beweise widerlegbar und schafft insoweit daher auch keinen neuen Verpflichtungsgrund (Welser, aaO).

Der - unveröffentlicht gebliebenen - Entscheidung 8 Ob 229, 230/83 vom 12. 4. 1984 lag ein ganz ähnlicher, ebenfalls aus einer Vorrang-Nachrang-Situation resultierender Verkehrsunfall mit einem Bus der beklagten Partei (dort als klagende Partei) zugrunde, wobei auch dort der Lenker des anderen beteiligten PKW's eine wort- und inhaltsgleiche "Erklärung" wie die Beilage 6 unterfertigt hatte. Der Oberste Gerichtshof beurteilte im damals zu entscheidenden Fall diese Erklärung (entgegen der Ansicht des dortigen Berufungsgerichtes) als konstitutives Anerkenntnis und begründete dies wie folgt:

"Nach Lehre und Rechtsprechung ist das konstitutive Anerkenntnis eine Willenserklärung, die dadurch zustandekommt, dass der Gläubiger seinen Anspruch ernstlich behauptet und der Schuldner die Zweifel am Bestehen des behaupteten Rechtes dadurch beseitigt, daß er das Recht zugibt. Es setzt somit die Absicht des Anerkennenden voraus, unabhängig von dem bestehenden Schuldgrund eine neue selbstständige Verpflichtung zu schaffen. Das konstutive Anerkenntnis gehört damit zu den Feststellungsverträgen. Es ruft das anerkannte Rechtsverhältnis auch für den Fall, daß es nicht bestanden haben sollte, ins Leben und hat somit rechtsgestaltende Wirkung. Dem gegenüber ist das Rechtsgeständnis (deklaratives Anerkenntnis) kein Leistungsversprechen, sondern eine widerlegbare Wissenserklärung.

Nach der in jüngerer Zeit ständig gleichbleibenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist in einem im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall abgegebenen bloßen Schuldbekenntnis kein konstitutives Anerkenntnis zu erblicken (SZ 51/176 mit weiteren Literatur- und Judikaturhinweisen; in letzter Zeit 8 Ob 27/82; 2 Ob 118/81 ua). Beinhaltet allerdings die Erklärung des Schuldners nicht nur das Bekenntnis eines Verschuldens, sondern darüber hinaus noch die ausdrückliche Verpflichtung, für sämtliche Unfallschäden voll und ganz aufzukommen - ohne Einschränkung, sich bloß im Rahmen der Leistungen seines Haftpflichtversicherers zum Ersatz verpflichten zu wollen -, dann liegt ein wirksames konstitutives Anerkenntnis vor (ZVR 1976/49; SZ 51/176 uva). Da auch beim konstitutiven Anerkenntnis die Vertrauenstheorie gilt, kommt es nicht auf eine nicht erklärte oder nicht erkennbare Absicht des Erklärenden an, sondern darauf, welchen Eindruck der Vertragspartner aus dem Verhalten des Anerkennenden redlicherweise haben musste (EvBl 1981/122 mit weiteren Judikaturhinweisen; 8 Ob 575/83). Danach ist der Inhalt der Erklärung des Anerkennenden zu beurteilen. Es kommt also nicht darauf an, ob sich der Schuldner ausdrücklich verpflichtet, für die Unfallschäden ohne Einschränkung auf die Leistungen seines Haftpflichtversicherers aufzukommen, sondern ob dies sein Vertragspartner redlicherweise aus dem Inhalt der vom Schuldner abgegebenen Erklärung entnehmen darf und muß. Dies trifft aber zweifellos dann zu, wenn sich der Schuldner, wie im vorliegenden Fall, ohne jeden Vorbehalt zur Leistung des vollen Schadens an den Unfallsgegner verpflichtet und auf eigene Schadenersatzansprüche gegenüber dem Unfallsgegner verzichtet (so im Ergebnis auch ZVR 1976/49). Wenn in der in SZ 51/176 veröffentlichten oberstgerichtlichen Entscheidung der Inhalt der dort vom Schuldner abgegebenen Erklärung für erörterungsbedürftig angesehen wurde, so liegt darin keineswegs ein Abgehen von den dargestellten Rechtsgrundsätzen, sondern handelte es sich ganz einfach um eine Folge des Umstandes, daß in dem dort zu beurteilenden Fall der Schuldner seine Erklärung unter Hinweis auf das Bestehen zweier Versicherungen abgegeben hatte und damit nicht eindeutig klar war, ob sich dieser Erklärung die Verpflichtung zum Ersatz des Schadens des Unfallsgegners ohne Rücksicht auf Leistungen dieser Versicherungen des Schuldners entnehmen ließ. Wird aber eine derartige Verpflichtung, wie im vorliegenden Fall, ohne jede Einschränkung übernommen, dann besteht kein Zweifel daran, daß im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung das Vorliegen eines konstitutiven Anerkenntnisses angenommen werden muß.

Aus der Tatsache, daß der Zweitbeklagte bei Abgabe seiner Erklärung ein ihm vom Lenker des Omnibusses der Klägerin übergebenes vorbereitetes Formular unterfertigte, ist zu seinen Gunsten nichts abzuleiten. Denn selbst wenn der Zweitbeklagte dieses Formular ungelesen unterschrieben hätte - was er aber gar nicht behauptet hat -, müßte er die darin enthaltene Erklärung gegen sich gelten lassen (SZ 42/121 ua).

Für die Anfechtung eines konstitutiven Anerkenntnisses wegen Irrtums kommen die Regeln über die Vergleichsanfechtung zur Anwendung. Die Anfechtung eines Vergleiches ist aber nach Lehre und einhelliger Rechtsprechung nur wegen eines Irrtums über die Vergleichsgrundlage, das heißt bei einem Irrtum über jene Umstände zulässig, die die Parteien als feststehend angenommen haben; weiters ist die Anfechtung auch zulässig, wenn der Gegner den Irrtum listig hervorgerufen hat (JBl 1964, 369; JBl 1975, 206; JBl 1977, 486; EvBl 1979/45; 8 Ob 575/83 ua). Da Gegenstand des vorliegenden konstitutiven Anerkenntnisses gerade die Frage war, ob der Zweitbeklagte der Klägerin den ihr aus dem Verkehrsunfall vom 25. 8. 1980 entstandenen Schaden zu ersetzen hat, kann daher ein bloßer Irrtum über sein Verschulden an diesem Verkehrsunfall als Voraussetzung seiner Schadenersatzpflicht den Zweitbeklagten nicht zur Irrtumsanfechtung berechtigen. Listiges Vorgehen des Lenkers der Klägerin kann aber weder aus den Behauptungen der Beklagten im Verfahren erster Instanz noch aus den getroffenen Feststellungen entnommen werden. Die Voraussetzungen für eine Anfechtung des vorliegenden konstitutiven Anerkenntnisses liegen daher nicht vor.

Der Zweitbeklagte ist somit auf Grund des von ihm abgegebenen konstitutiven Anerkenntnisses verpflichtet, der Klägerin den ihr aus dem Verkehrsunfall vom 25.8.1980 entstandenen Schaden in voller Höhe zu ersetzen."

Der entscheidungswesentliche Unterschied im Sachverhalt gegenüber dem hier zur Beurteilung anstehenden Fall lag damals darin, dass der Halter und Lenker des PKW's keinerlei Vorbehalte zur Leistung des vollen Schadens (wie die Klägerin hier durch den festgestellten Hinweis, "dass ohnehin alles über die Versicherung gehe" gemacht hatte. Gerade darauf stellt die Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Qualifikation von Erklärungen unfallbeteiligter Lenker im Zusammenhang mit Anerkenntnissen nach einem Verkehrsunfall jedoch ab (siehe die zahlreichen Entscheidungszitate in RIS-Justiz RS0032533 und RS0032744, die sich wie folgt zusammenfassen lassen):

Ein konstitutives (die spätere Einwendung des gegnerischen Mitverschuldens abschneidendes) Anerkenntnis gibt danach ein Kraftfahrer ab, der sich zum Ersatz des Schadens ohne Rücksicht auf die Leistung seines Versichers verpflichtet (SZ 41/158; ZVR 1972/11, 102 und 156; JBl 1973, 271; SZ 51/176), oder der - zusätzlich zum Bekenntnis eines Verschuldens - die Erklärung abgibt, für sämtliche Unfallschäden (ohne Einschränkung, sich bloß im Rahmen der Leistungen des Haftpflichtversicherers zum Ersatz verpflichten zu wollen) voll und ganz aufzukommen (ZVR 1976/49). Kein konstitutives Anerkenntnis gibt hingegen etwa ein Kraftfahrer ab, der zwar seine Schuld an dem Unfall zugibt, aber eine schriftliche Erklärung in diesem Sinn mit der Begründung ablehnt, dem Versicherer bei Erledigung des Schadensfalles nicht vorgreifen zu wollen (ZVR 1967/179); ebenso wenig der Kraftfahrer, der zwar sein wirkliches oder vermeintliches Verschulden an einem Verkehrsunfall einbekennt, gleichzeitig aber seine Haftpflichtversicherer nennt (JBl 1972, 268; ZVR 1972/156), bzw erklärt, sein Unfallgegner sei unschuldig, er habe den Schaden "herbeigeführt" und er werde die Bezahlung des Schadens durch seinen Haftpflichtversicherer "erwirken" (ZVR 1969/323).

Im Rahmen dieser Rechtsprechung wurde also immer nur dann ein konstitutives Anerkenntnis angenommen wenn sich der Erklärende gegenüber seinem Unfallgegner zum Ersatz dessen Schadens ohne Rücksicht auf die Leistung seines Haftpflichtversicherers verpflichtet hatte. Dies wird auch im Schrifttum nicht anders beurteilt (Ertl, aaO Rz 7 zu § 1380; Harrer/Heidinger in Schwimann, ABGB2 Rz 15 zu § 1375). Ob ein solches oder ein bloßes Schuldbekenntnis vorliegt, ist hiebei stets durch Auslegung des Parteiwillens im Einzelfall zu ermitteln (Ertl, aaO; SZ 51/176).

Im Sinne dieser Grundsätze könnte auch die von der Klägerin unterfertigte "Erklärung" somit nur dann als konstitutives Anerkenntnis ihrer (unbedingten) Schadenersatzpflicht gewertet werden, wenn sie dieses vorbehaltlos also ohne Rücksicht auf die Leistung ihres Versicherers, abgegeben hätte (ZVR 1967/179). Davon durfte die zweitbeklagte Partei aber auf Grund der Nennung des Haftpflichtversicherers der Klägerin (bereits im Schadensmeldungsformular) einerseits und der Äußerung der Klägerin (gegenüber dem Erstbeklagten als Erklärungsempfänger), "dass ohnehin alles über die Versicherung gehe", andererseits nach der - auch in 8 Ob 229, 230/83 in den Vordergrund gerückten Vertrauenstheorie gerade nicht ausgehen werden. Die Klägerin war sich über den Bestand ihrer Haftpflichtversicherung im Klaren und machte diese Äußerungen auch im zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang jedenfalls mit der vorangegangenen Bemerkung des Erstbeklagten, er brauche diese "Erklärung", "damit er aus dem Schneider sei". Dass darüber hinaus das Erstgericht zum "zeitlichen und sachlichen Zusammenhang" nur eine Negativfeststellung traf, vermag an diesen Ergebnis somit nichts zu ändern. Der "Erklärung" der Klägerin kommt also nicht die Wirkung eines konstitutiven Anerkenntnisses zu.

Die Berechtigung des Klagebegehrens ist daher nach dem Unfallverlauf zu prüfen. Die Auffassung des Berufungsgerichtes, dass den Erstbeklagten das Alleinverschulden am Unfall trifft, wird hiebei in der Revision nur mehr "vorsichtshalber" bekämpft; dass der Erstbeklagte "zunächst den Vorrang der Klägerin verletzt hat", wird hierin sogar ausdrücklich zugestanden, jedoch vermeint, dass die Klägerin - nach dessen fußgängerbedingtem zweiten Anhalten in der Kreuzung - nicht "blind darauf vertrauen konnte, dass sich der Erstbeklagte an die Fahrregeln der StVO hält", und somit ihrerseits "reichlich leichtsinnig auf eine offensichtlich unklare Verkehrssituation falsch reagiert" habe. Dabei wird allerdings übersehen, dass die Klägerin ein Queren des dem Erstbeklagten Anlass zum zweiten Anhalten gebenden Fußgängers nicht sehen konnte, das (zweite) Anhalten im Kreuzungsbereich - durchaus zutreffend (§ 3 StVO) - als Vorrangverzicht (§ 19 Abs 7 iVm Abs 4 StVO) zu deuten berechtigt war und überdies auf dieses zweite Losfahren sofort und unverzüglich ohne Möglichkeit zur Unfallverhütung reagierte. Insoweit kann daher auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO). Die Höhe der klägerischen Schäden (Reparaturkosten und Wertminderung) ist in der Revision unbestritten.

Das Berufungsurteil war sohin aus den vorstehenden Erwägungen vollinhaltlich zu bestätigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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