OGH 2Ob312/68

OGH2Ob312/6821.11.1968

SZ 41/158

Normen

Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung ArtVIII (1) Z2
ABGB §1375
Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung ArtVIII (1) Z2
ABGB §1375

 

Spruch:

Ein im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall abgegebenes bloßes Schuldbekenntnis begrundet kein konstitutives Anerkenntnis, wenn damit nicht die Erklärung verbunden ist, den Schaden ohne Rücksicht auf die Leistung des Haftpflichtversicherers zu ersetzen.

Entscheidung vom 21. November 1968, 2 Ob 312/68.

I. Instanz: Kreisgericht Steyr; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Am 12. November 1966 kam es im Begegnungsverkehr zu einem Zusammenstoß zwischen einem dem Kläger gehörigen und von ihm gelenkten PKW und einem PKW des Zweibeklagten, den die Erstbeklagte lenkte. Der Wagen des Klägers wurde beschädigt.

Der Kläger behauptete, den Zusammenstoß habe die Erstbeklagte durch ihre vorschriftswidrige Fahrweise, nämlich überhöhte Geschwindigkeit und Kurvenschneiden, verschuldet, sie habe ihr alleiniges Verschulden auch unmittelbar nach dem Unfall an Ort und Stelle zugegeben. Er begehrte von den beiden Beklagten den Ersatz des ihm entstandenen Schadens (Reparatur- und Mietwagenkosten sowie Vergütungen für Fahrleistungen Bekannter) im Betrag von 25.743.73 S.

Die Beklagten wendeten dem Grund nach ein 50%iges Mitverschulden des Klägers ein, bestritten ein Schuldanerkenntnis der Erstbeklagten sowie einzelne Teilforderungen der Höhe nach. Sie beantragten, die Klage abzuweisen.

Das Erstgericht erkannte die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger 2/3 des mit 13.665.38 S festgestellten Gesamtschadens, somit 9110.26 S samt 4% Zinsen seit 24. November 1966 zu bezahlen. Das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer 16.633.47 S samt Zinsen seit 13. November 1966 und auf Zahlung von Zinsen aus dem zuerkannten Betrag vom 13. November 1966 bis 23. November 1966 wurde abgewiesen und der Kläger zum teilweisen Ersatz der Prozeßkosten an die Beklagten verurteilt.

Das Ersturteil blieb im stattgebenden Teil unangefochten. Die Berufung des Klägers, die sich gegen die Klagsabweisung bezüglich des Betrages von 16.633.47 S richtete, blieb erfolglos.

Der Kläger bekämpft das Urteil der zweiten Instanz mit Revision wegen Abweisung der Klage hinsichtlich eines Teilbetrages von 4555.12 S gegenüber der Erstbeklagten.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Nach dem Inhalt der im Revisionsverfahren erstatteten Schriftsätze ist in dritter Instanz lediglich die Frage zu erörtern, ob die Erstbeklagte nicht schon auf Grund eines echten Anerkenntnisses, dessen Vorliegen das Berufungsgericht verneint hat, im vollen Umfang für den Schaden des Klägers hafte, der vom Erstgericht mit Billigung des Berufungsgerichtes in der Höhe von 13.665.38 S angenommen wurde.

Nach den Feststellungen des Erstgerichtes gab die Erstbeklagte unmittelbar nach dem Unfall eine Erklärung in dem Sinn ab, daß sie sich am Unfall schuldig fühle, weil sie zu schnell und in der Fahrbahnmitte gefahren sei. Als nicht erwiesen nahm das Erstgericht die Darstellung des Klägers an, wonach die Erstbeklagte auch eigene Zahlung seiner Reparaturkosten angeboten habe, wenn der Haftpflichtversicherer zu deren Zahlung nicht bereit sein sollte. Das Berufungsgericht stellte, ohne Beweise zu wiederholen - eine Mängelrüge wurde diesfalls nicht erhoben - zusätzlich fest, die Erstbeklagte sei am Unfallstag mit dem Kläger zu Alfred R. gekommen und habe gesagt, ihre Versicherung werde bezahlen, weil sie an dem Unfall schuld sei. Das Berufungsgericht beurteilte die Äußerung der Erstbeklagten "im festgestellten Wortlaut" als bloßes Tatsachengeständnis. Die Erstbeklagte habe nach diesen Feststellungen "ganz offenbar" nur zum Ausdruck bringen wollen, daß sie den Unfall durch bestimmte Umstände verursacht und verschuldet habe. Eine von den Berufungen in Ausführung des Berufungsgrundes der mangelnden Tatsachenfeststellung und unrichtigen Beweiswürdigung behauptete Äußerung der Beklagten, ihre Versicherung werde den Schaden bezahlen, würde, wenn sie erwiesen wäre, nur verdeutlichen, daß die Erstbeklagte die Schadensdeckung durch ihren Haftpflichtversicherer in Aussicht gestellt habe, daß sie also offenbar den Kläger nur habe vertrösten wollen, ohne im eigenen Namen ein Zahlungsversprechen abzugeben. Die vermißte Feststellung einer Erklärung der Erstbeklagten, ihre Versicherung werde den Schaden bezahlen, würde die Sach- und Rechtslage nicht ändern.

Die Revisionswerber machen dagegen geltend, daß die Erstbeklagte weder an der Unfallsstelle noch gegenüber Alfred R. ein Mitverschulden des Kläger behauptet und damit ihr Alleinverschulden zugestanden habe. Nach der Rechtsprechung ändere die Erklärung, der Versicherer werde den Schaden bezahlen, nichts an einem abgegegebenen Schuldanerkenntnis. Der Erstbeklagten wäre es freigestanden, die Klärung der Verschuldensfrage von Anfang an der gerichtlichen Entscheidung zu überlassen.

Nach Ansicht des erkennenden Senates reicht ein bloßes Schuldbekenntnis, das im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall abgegeben wird, zur Begründung eines konstitutiven Anerkenntnisses nicht aus. Vielmehr muß mit einem derartigen Schuldbekenntnis eine Erklärung verbunden sein, aus der eindeutig hervorgeht, daß sich der Erklärende zum Ersatz des Schadens ohne Rücksicht auf die Leistung seines Versicherers verpflichte. Andernfalls muß schon mit Rücksicht auf die Tatsache des Bestehens einer Zwangsversicherung angenommen werden, daß derartige Erklärungen immer nur mit Bedacht auf diese Tatsache abgegeben werden. Diese Ansicht findet ihre Stütze in der Bestimmung des Art. VIII (1) Z. 2 AKHB. Hienach begrundet es u. a. eine Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers, die die Freiheit des Versicherers von der Verpflichtung zur Leistung bewirkt, wenn er ohne dessen Einwilligung die Entschädigungsansprüche des geschädigten Dritten anerkennt.

Das Berufungsgericht hat daher ohne Rechtsirrtum die Erklärung der Erstbeklagten gegenüber dem Kläger als bloßes Tatsachengeständnis beurteilt. Die Erstbeklagte haftet demnach nur im Ausmaß ihres nicht mehr strittigen Verschuldensanteiles.

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