OGH 8ObA151/00i

OGH8ObA151/00i21.12.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Klaus Hajek und Dr. Erwin Blazek als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Joan Corneliu S*****, vertreten durch Frischenschlager & Gallistl, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei M***** AG, ***** vertreten durch Dr. Alfred Hawel und Dr. Ernst Eypeltauer, Rechtsanwälte in Linz, wegen Feststellung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 9. März 2000, GZ 11 Ra 24/00d-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Zwischenurteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 27. September 1999, GZ 7 Cga 25/99b-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S

13.725 (darin S 2.287,50 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger, der nach Dienstverhältnissen in der Versicherungsbranche arbeitslos geworden war, trat im Februar 1995 mit der Beklagten auf Grund folgender von dieser in einer Tageszeitung geschalteten Annonce in Kontakt:

"Ein junges erfolgreiches Maklerteam wird ausgebaut. Wir suchen zur Verstärkung dieses Vertriebsweges noch einen Mitarbeiter aus dem Raum Linz. Die Tätigkeit umfasst sowohl Innen- als auch Außendienst. Wenn Sie in unserem Team mitarbeiten wollen und Organisieren für Sie kein Fremdwort ist, rufen Sie uns bitte an."

Der Kläger führte ein Einstellungsgespräch mit dem Landesdirektor der Beklagten. Dieser teilte dem Kläger mit, dass ein Fachinspektor für die Maklerbetreuung gesucht werde. Dabei wurde auch die Einordnung des Dienstverhältnisses des Klägers in den Kollektivvertrag für Angestellte der Versicherungsunternehmen Außendienst (im Folgenden kurz KVA) besprochen. Sämtliche Maklerbetreuer waren zu diesem Zeitpunkt in diesem Kollektivvertrag eingestuft. Ab 16. 3. 1995 stellte die Beklagte den Kläger als Fachinspektor für die Maklerbetreuung an. Der Dienstvertrag des Klägers vom 10. 4. 1995 lautete in seinen wesentlichen Punkten:

"1. ... Soweit dieser Vertrag keine Sonderregelungen enthält, gelten für das Dienstverhältnis die gesetzlichen und kollektivvertraglichen Bestimmungen (Kollektivvertrag für Angestellte der Versicherungsunternehmen Außendienst) sowie die geltenden Bestimmungen der Arbeitsordnung ...

3. Ihre Aufgaben und Pflichten:

a) Sie tragen als Fachinspektor in den von uns betriebenen Sparten Kranken-, Lebens-, Unfall- und Schadenversicherung die Verantwortung für

b) Es gehört zu Ihren Aufgaben, am Ausbau unserer Makler- und nebenberuflichen Organisation mitzuwirken.

c) Bei Durchführung Ihrer Aufgaben und Pflichten sind Sie an die Weisungen Ihres Vorgesetzten gebunden und zur regelmäßigen Berichterstattung verpflichtet.

4. Für Ihre Tätigkeit erhalten Sie ab 16. 3. 1995 folgende Entlohnung:

a) Gehalt monatlich S 6.000 15 x jährlich.

b) Anteilsprovisionen für 1995.

Sie erhalten von allen getätigten und zur Abrechnung gelangenden Versicherungen von den zu Ihrer Organisation zählenden Maklern und nebenberuflichen Mitarbeitern (ausgenommen Innendienstangestellte) eine Anteilsprovision in folgender Höhe:

Krankenversicherung 10 % der Provisionsbasis.

Lebensversicherung 1,10 %o der Provisionsbasis.

Unfallversicherung 2,47 % der Provisionsbasis.

Schadenversicherung 2,47 % der Provisionsbasis

mit einer monatlichen Garantie von S 12.000 12 x jährlich.

Die anfallenden Anteilsprovisionen werden der Provisionsgarantie halbjährlich gegengerechnet ...

h) Die in diesem Dienstvertrag enthaltenen Provisionssätze gemäß Punkt 4 b können seitens der ... (Beklagte) jederzeit und ohne Angabe von Gründen geändert oder widerrufen werden und wird dies vom Dienstnehmer zur Kenntnis genommen bzw stimmt er dieser Regelung ausdrücklich zu. ...

5. Reisespesen:

Für die im Außendienst erfolgte Dienstleistung erhalten Sie für maximal 20 Tage im Monat

Tagesdiäten für mehr als 8 Stunden von S 125

Tagsdiäten ab 3 Stunden bis 8 Stunden von S 75

Dienstreisen bis 3 Stunden bleiben unberücksichtigt.

Für jede notwendige und nachgewiesene Übernachtung erhalten Sie eine Vergütung bis S 200. ...

6. Fahrtkosten:

Es bleibt der ... (Beklagten) freigestellt, Ihnen für die Ausübung der notwendigen Dienstfahrten ein Dienstfahrzeug, für das die ... (Beklagte) die Kosten übernimmt, zur Verfügung zu stellen oder Ihnen die Benützung eines eigenen Kraftfahrzeuges für dienstliche Zwecke zu genehmigen.

Bei Inanspruchnahme eines eigenen Kraftfahrzeuges zur Ausübung Ihres Dienstes erhalten Sie ein KM-Geld von S 2,70 pro dienstlich gefahrenem Kilometer. In beiden Fällen werden als Limit für Dienstfahrten 500 Kilometer monatlich festgelegt. Wir behalten uns jedoch vor, sowohl die Höhe des KM-Geldes als auch das KM-Limit entsprechend den jeweiligen Erfordernissen abzuändern. ..."

Ab dem Jahr 1993/1994 ergab sich im Aufgabengebiet der Außendienstmitarbeiter und der Maklerbetreuer insofern eine Änderung, als die technischen Möglichkeiten der Datenübertragung größer wurden. Vor 1993/1994 waren die genannten Mitarbeiter fast zu 100 % im Außendienst; die Agenden der Auftragsbearbeitung wurden von Innendienstmitarbeitern erledigt. Ab diesem Zeitpunkt nahm und nimmt der Maklerbetreuer wegen der verbesserten technischen Möglichkeiten von seinen Außendienstterminen die Anträge mit und erledigt sie selbst im Innendienst oder zu Hause. Erst nach dieser Bearbeitung gehen die Anträge an die zuständige Innendienstabteilung weiter.

Bis Jahresende 1995 wurde der Kläger eingeschult. Die Maklerbetreuer der Beklagten erhalten wie Außendienstmitarbeiter nicht nur eine Produktschulung, sondern auch ein Verkaufstraining. Der Kläger betreute vorerst noch keinen eigenen Maklerkreis, sondern erledigte seine Aufgaben gemeinsam mit dem zuständigen Organisationsleiter. In der Folge übernahm er die Betreuung kleinerer Makler. Sodann betreute er etwa 50 bis 60 Makler.

Das Aufgabengebiet des Klägers entsprach dem im schriftlichen Dienstvertrag beschriebenen. Die Arbeitszeit des Klägers war grundsätzlich von Montag bis Donnerstag 8 bis 16 Uhr und Freitag 8 bis 14 Uhr. Sowohl der Kläger als auch der Organisationsleiter konnten ihre Arbeitseinteilung frei gestalten und erhielten keinerlei Weisungen vom Landesdirektor. Die Maklerbetreuerabteilung sollte so organisiert sein, dass, sofern dies möglich war, einer der beiden Betreuer im Büro anwesend oder zumindest für Anfragen von Maklern erreichbar war. Der Kläger musste keine Arbeitsaufzeichnungen führen. Im Gegensatz dazu wurde die Arbeitszeit der Innendienstarbeiter mittels Stechuhr kontrolliert und hatten sie bei notwendigen Dienstreisen einen Reiseantrag zur Genehmigung vorzulegen.

Der Kläger kam jeden Morgen ins Büro, wo er mit dem Organisationsleiter besprach, wer an diesem Tag welche Makler besuchen werde. Für Anfragen von Maklern war der Kläger, wenn das Büro unbesetzt war, über das Handy erreichbar. Aufgabe des Klägers war es, Makler zu betreuen, wobei er überwiegend zu ihnen fuhr und es eher die Ausnahme war, dass sich die Makler bei den Maklerbetreuern meldeten. Der Kläger war dabei zu rund 90 % in seiner Entscheidung frei, wann er welchen Makler besuchte. Unbedingte Notwendigkeiten zum Aufsuchen von Maklern ergaben sich nur, wenn diesen Neuerungen, wie beispielsweise geänderte Tarife, zur Kenntnis zu bringen waren. Der Kläger musste die Makler fachlich auf dem neuesten Stand halten, sie erforderlichenfalls, allenfalls gemeinsam mit dem Kunden, beraten, Schulungen und Fortbildungsveranstaltungen für Makler organisieren und abhalten. Aufgabe des Klägers war es weiters, die Makler vom Produkt zu überzeugen, damit diese auch tatsächlich Verträge mit der Beklagten vermittelten. Weiters war es Aufgabe des Klägers, neue Makler zu finden und Makler, die bereits einmal für die Beklagte tätig gewesen waren, wieder anzusprechen und ihnen die Produktpalette zu präsentieren. Tatsächlich hat der Kläger - in der Anzahl nicht feststellbare - neue Makler gebracht. Der Kläger hatte schriftliche und telefonische Angebote zu erstellen, Maklerbeschwerden entgegenzunehmen und Provisionspläne auszuarbeiten. Der Maklerbetreuer ist den Maklern gegenüber nicht weisungsbefugt, allerdings hat er dafür zu sorgen, dass ein allfälliger Minussaldo beim Makler ehestbaldig ausgeglichen wird.

Der Kläger verfügte gemeinsam mit dem Organisationsleiter über einen Laptop. Wenn er diesen zu den Maklern mitnahm, konnte er vor Ort die Anträge eingeben. Anderenfalls machte er dies im Büro. Er hatte die Anträge polizzierungsreif vorzubereiten, was in etwa 80 % der Fälle möglich war. Die Eingabe derartiger Anträge dauerte im Schnitt 10 bis 40 Minuten. Die restlichen 20 %, die nicht "genesisfähig" waren, musste er an die Fachabteilung weiterleiten. Der Kläger bearbeitete im Schnitt pro Tag vier bis fünf Anträge. Mit Ausnahme des Briefverkehrs mit den Maklern und der Auftragsbearbeitung hatte der Kläger keine Arbeiten mittels EDV zu erledigen.

Der Kläger verbrachte rund 2/3 seiner Arbeitszeit auswärts, rund 1/3 im Büro.

Der Kläger erhielt neben seinem Fixum Anteilsprovisionen nicht nur von den Abschlüssen der Makler, die er selbst betreute, sondern von allen Maklern, die ihre Abrechnungen über das Büro abwickelten. Das Fixum des Klägers erhöhte sich im Jahr 1996 auf S 8.000 15 x jährlich und betrug ab 1. 2. 1999 S 9.000 15 x jährlich. Auch die Provisionssätze wurden im Lauf der Jahre verändert. In den Jahren 1996 und 1997 betrug die monatliche Garantieprovision des Klägers S 10.000, ab 1. 2. 1999 sollte sie S 9.000 betragen. Im Jahr 1995 betrug das Jahresbruttogehalt des Klägers S 197.941,04, davon S

57.200 Fixum, S 49.807 Anteilsprovisionen und S 64.593,82 Provisionsgarantie-Aufzahlung. Im Jahr 1996 hatte der Kläger ein Jahresbruttogehalt von S 295.417,34, wovon S 94.000 auf das Fixum, S 114.405,45 auf Anteilsprovisionen, S 7.759,86 auf Provisionsgarantie-Aufzahlungen und S 13.825 auf Reisekosten entfielen. 1997 betrug das Bruttojahresgehalt S 364.536,50, davon S 96.000 Fixum, S 86.111,02 Anteilsprovision, S 35.901,86 Provisionsgarantie-Aufzahlung und S 86.458,50 Reisekosten. 1998 verdiente der Kläger schließlich ein Jahresbruttogehalt von S 386.399,14, davon S 96.000 Fixum, S 126.217,66 Anteilsprovisionen und S 98.653,50 Reisekosten.

Der Kläger erhielt Kilometergeld, zuletzt in der Höhe von S 3,50 und Diäten ausbezahlt. Er führte ein Fahrtenbuch, das stichprobenweise vom Landesdirektor überprüft wurde. Das Kilometerlimit des Klägers wurde auf 1.500 km pro Monat und ab 1. 3. 1998 auf 2.000 km pro Monat erhöht. Ab 1. 2. 1999 sollte es wieder 1.500 km pro Monat betragen. Der Kläger erklärte dabei dem Landesdirektor gegenüber des Öfteren, dass die Kilometerbegrenzung ausgeweitet werden müsse, da er gezwungen sei, mehr Kilometer zurückzulegen.

Mit Schreiben vom 9. 2. 1999 sprach die Beklagte die Kündigung des Klägers zum 15. 4. 1999 aus.

Mit seiner am 16. 2. 1999 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass sein Dienstverhältnis weiterhin im ungekündigten Zustand aufrecht bestehe; in eventu möge die Kündigung für rechtsunwirksam erklärt werden. Auf das Dienstverhältnis des Klägers sei auf Grund der Art der ausgeübten Tätigkeit der Kollektivvertrag für Versicherungsangestellte im Innendienst (in der Folge kurz KVI) anzuwenden. Der Kläger habe seine Tätigkeit überwiegend im Innendienst erbracht. Maklerbesuche seien hauptsächlich nach 16 Uhr durchgeführt worden. Diese seien wegen der Überreichung und Berechnung von Angeboten, der Vorstellung neuer Produkte, der Installierung von EDV-Programmen sowie zur Schulung der Makler notwendig gewesen. Mit dem Auf- und Ausbau des nebenberuflichen Vertreterstabes sei er nicht befasst gewesen. Auch auf den Geschäftsgang seiner Organisationseinheit habe der Kläger keinen maßgeblichen Einfluss gehabt und seien ihm keine Gestaltungsmöglichkeiten zugekommen. Der richtigerweise auf das Dienstverhältnis anzuwendende KVI sehe die Kündigung nur aus taxativ aufgezählten Gründen vor. Diese habe der Kläger nicht verwirklicht, sodass sein Dienstverhältnis nach wie vor aufrecht bestehe. Auch werde die Kündigung wegen eines verpönten Motivs sowie wegen Sozialwidrigkeit angefochten.

Die Beklagte wendete ein, das Dienstverhältnis des Klägers sei nach der Art der ausgeübten Tätigkeit zu Recht dem KVA unterlegen. Die Aufgaben des Klägers hätten vorwiegend im Auf- und Ausbau des nebenberuflichen Vertreterstabes und in der Unterstützung der Maklerbetreuung bei der Aufbringung von maklervermittelten Versicherungsverträgen bestanden. Da dem Kläger auf den Geschäftsgang seiner Organisationseinheit maßgeblicher Einfluss und maßgebliche Gestaltungsmöglichkeit zugekommen sei, sei auch sein Einkommen fast ausschließlich erfolgsabhängig gestaltet gewesen. Der Kläger habe nicht nur Servicefunktion für die Makler gehabt, sondern habe auch Akquisitionsleistungen erbringen müssen. Er habe seine Dienstverrichtungen zeitlich weit überwiegend außerhalb des Büros verrichtet. Selbst wenn auf das Dienstverhältnis des Klägers der KVI anzuwenden gewesen wäre - was ausdrücklich bestritten werde -, so sei die Kündigung des Klägers wegen seines grob fahrlässigen und auffallend sorgfaltswidrigen dienstlichen Verhaltens jedenfalls berechtigt gewesen. Ein verpöntes Motiv liege der Kündigung nicht zugrunde. Auch von Sozialwidrigkeit der Kündigung könne nicht gesprochen werden.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 28. 6. 1999 (ON 10) wurde das Verfahren über Antrag beider Parteien zunächst auf die Frage des anzuwendenden Kollektivvertrags eingeschränkt. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 13. 9. 1999 (ON 11) stellte die Beklagte den Zwischenantrag auf Feststellung, dass auf das Dienstverhältnis des Klägers zur Beklagten der KVA zur Anwendung gelange.

Das Erstgericht gab mit Zwischenurteil dem Zwischenantrag auf Feststellung statt. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte zur rechtlichen Beurteilung aus, dass der Kläger den überwiegenden Teil seiner Arbeitszeit im Außendienst beschäftigt gewesen sei. Er habe zwar kaum direkten Kundenkontakt gehabt, es sei ihm aber insofern Einfluss auf die Makler zugekommen, als er durch entsprechende Produktpräsentation und Schulung sowie durch aktives Auftreten die Vertragsabschlüsse der Makler bei der Beklagten habe steigern können. Durch die ihm ausbezahlten Anteilsprovisionen habe er auch an den Aktivitäten der Makler partizipiert. Eine der Aufgaben des Klägers sei es gewesen, neue Makler zu gewinnen. Seine Funktion könne daher nicht auf eine reine Servicestelle für Makler reduziert werden. Letztlich spreche auch die Einkommensgestaltung für die Zuordnung der Tätigkeit des Klägers zum KVA.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Zwischenurteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt führte es zur Rechtsrüge aus, dass gemäß § 1 Abs 1 lit c des KVA dieser Kollektivvertrag für hauptberufliche Angestellte, die akquisitorisch oder verkaufsorganisatorisch im Werbeaußendienst tätig seien, gelte. Durch seine Tätigkeit müsse der Mitarbeiter sein Einkommen bestimmen bzw beeinflussen können. Unter "Werbeaußendienst" könne im Gegensatz zum Innendienst nur eine Tätigkeit verstanden werden, die außerhalb der Direktion oder der Geschäftsstelle verrichtet werde und die - in welcher Form auch immer - mit der Anwerbung von Kunden im weitesten Sinn zu tun habe. Da der Kläger rund 2/3 seiner Arbeitszeit im Außendienst verbracht habe und er in der Organisationseinheit der Kundenwerbung beschäftigt gewesen sei, sei davon auszugehen, dass er tatsächlich im Werbeaußendienst gearbeitet habe. Der Kläger selbst führe aus, dass Außendiensttätigkeit eine Tätigkeit mit wenig Büroarbeit darstelle, bei der der Außendienstmitarbeiter auf Grund seiner persönlichen Kontakte schwer austauschbar sei. Diese Voraussetzungen träfen auf den Kläger zu, zumal auf Grund der Maklerbetreuung persönlicher Kontakt, wenn nicht sogar ein Vertrauensverhältnis, zwischen Makler und Betreuer aufgebaut werde. Büroangestellte des Innendienstes zeichneten sich hingegen durch eine Integration in den Betrieb aus. Das die Bestimmung des § 1 Abs 1 lit c des KVA interpretierende Zusatzprotokoll Nr 2 vom 7. 5. 1991 lege dar, dass unter verkaufsorganisatorischen Aufgaben unter anderem auch alle überwiegenden Tätigkeiten der direkten Verkaufsunterstützung des Werbeaußendienstes zu verstehen seien, die einen wesentlichen Teil der Entlohnung des Angestellten bewirken. Durch die Maklerbetreuung habe der Kläger derartige verkaufsorganisatorische Aufgaben verrichtet. Die erfolgs- bzw leistungsabhängigen Einkommensbestandteile hätten bei ihm einen wesentlichen Teil seiner Entlohnung ausgemacht. Die Einflussmöglichkeit des Maklerbetreuers bestehe darin, durch entsprechende Produktpräsentation, Schulung und aktives Auftreten die Aktivitäten der jeweiligen Makler für die Beklagte zu steigern. Dass nur Außendienstmitarbeiter verkaufsorganisatorische Aufgaben verrichteten, die auch einen Anspruch auf Folgeprovision haben oder ihre Anteilsprovisionen durch eigene Akquisationstätigkeiten gegenüber dem Kunden erwerben, lasse sich aus dem KVA und dem Zusatzprotokoll nicht entnehmen. Die Gesamtbetrachtung der Art der Tätigkeit des Klägers und deren Entlohnung ergebe, dass die Beklagte das Dienstverhältnis zu Recht dem KVA unterstellt habe. Ob die Tätigkeit des Klägers im weitesten Sinn auch als akquisitorisch anzusehen sei, und zwar im Sinne einer Akquisationsvorbereitung, könne dahingestellt bleiben.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobenen Revision des Klägers kommt keine Berechtigung zu.

Der KVA gilt gemäß seinem § 1 Abs 1 lit c persönlich für hauptberufliche Angestellte, die akquisitorisch oder verkaufsorganisatorisch im Werbeaußendienst tätig sind. Das Zusatzprotokoll Nr 2 vom 7. 5. 1991 interpretiert den persönlichen Geltungsbereich des KVA dahin, dass unter verkaufsorganisatorischen Aufgaben alle überwiegenden Tätigkeiten der Verkaufsleitung und direkten Verkaufsunterstützung des Werbeaußendienstes zu verstehen seien, die einen wesentlichen Teil der Entlohnung des Angestellten bewirken. Nicht unter verkaufsorganisatorische Tätigkeiten fallen Ausbildungs- und Schulungsleiter, Werbeabteilungen, Innenorga(ne), Geschäftsstellenkräfte, Autoanmelder ohne Eigenakquisition (überwiegend), Marktforscher sowie Fach- und Schadensabteilung. § 2 KVA grenzt den persönlichen Geltungsbereich dahin ab, dass für die im § 1 bezeichneten Angestellten die für den Innendienst jeweils in Kraft stehenden Kollektivvertragsvereinbarungen nicht gelten (Abs 1). Komme nach den Bestimmungen des Kollektivvertrages für den Innendienst dieser auf Personen zur Anwendung, die auch in den Geltungsbereich nach § 1 des vorliegenden Kollektivvertrages fallen würden, entfalle die Anwendung des vorliegenden Kollektivvertrags zur Gänze (Abs 2).

§ 2 Abs 2 lit d KVI normiert zum persönlichen Geltungsbereich, dass der Kollektivvertrag nicht für Angestellte gelte, die dem Kollektivvertrag für Angestellte der Versicherungsunternehmen Außendienst in der jeweils gültigen Fassung unterliegen, auch wenn sie zum Zweck der Schulung für den Außendienst im Lauf von drei aufeinanderfolgenden Jahren insgesamt nicht mehr als 18 Monate im Innendienst verwendet werden. § 3 Abs 1 KVI grenzt den persönlichen Geltungsbereich dahin ab, dass dieser Kollektivvertrag auch für Angestellte des Außendienstes gelte, die vorwiegend für Schadenliquidation, Inspektion und Intervention in Schadens- und Vertragsangelegenheiten verwendet werden. Er gelte aber nicht für Angestellte, die akquisitorisch oder verkaufsorganisatorisch im Werbeaußendienst tätig seien.

Bei der Auslegung des normativen Teils eines Kollektivvertrags ist

gemäß den §§ 6 und 7 ABGB maßgeblich, welchen Willen des Normgebers

der Leser dem Text entnehmen kann, weil er sich darauf verlassen

können muss, dass die Absicht der Parteien in erkennbarer Weise im

Vertragstext ihren Niederschlag gefunden hat (stRsp: RIS-Justiz

RS0010088). Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, dass der

Begriff "Werbeaußendienst" weit zu verstehen ist und dass sich aus

den genannten Bestimmungen des KVA kein Anhaltspunkt dafür entnehmen

lässt, es könnte darunter nur die direkte Kontaktaufnahme mit Kunden

oder die unterstützende Tätigkeit für hauptberufliche Kundenbetreuer

verstanden werden. Makler vermitteln den Abschluss von

Versicherungsverträgen bei Versicherungsunternehmen, deren Produkte

nach Ansicht des Maklers den Interessen seiner Kunden am Besten

entsprechen. Es kann nicht fraglich sein, dass für die schließliche

Wahl des Versicherungsunternehmens durch den Makler von

ausschlaggebender Bedeutung ist, welche Produkte wie präsentiert

werden, inwieweit individuelle Anpassungsmöglichkeiten bestehen und

ob der Makler damit rechnen kann, rasch und kompetent Auskunft zu

erhalten und im Schadensfall möglichst umfassend und kulant betreut

zu werden. Damit unterscheiden sich letztlich aber die Motive des

Maklers für den Vertragsschluss mit einem bestimmten

Versicherungsunternehmen nicht wesentlich von jenen eines nicht von

einem Makler vertretenen Kunden, dem von einem hauptberuflichen

Versicherungsvertreter Produkte angeboten werden. Auch dieser Kunde

wird seine Entscheidung im Wesentlichen nach der Qualität der

Beratung, dem persönlichen Vertrauen zum Versicherungsvertreter und

der erhofften positiven Betreuung im Versicherungsverlauf und im

Schadensfall treffen. Ist daher der Maklerbetreuer - wie hier -

zeitmäßig überwiegend im Außendienst tätig, um persönliche Kontakte

zu Maklern zu pflegen und auszubauen und Überzeugungsarbeit für die

von seinem Arbeitgeber angebotenen Produkte zu leisten, ist seine

Tätigkeit als im Werbeaußendienst versehen zu bewerten. Diese

Tätigkeit ist trotz des mangelnden direkten Kundenkontakts als

akquisitorisch anzusehen und liegt zudem jedenfalls in der

Organisation des Verkaufs des Produkts durch die Makler. Dass der

Maklerbetreuer den Maklern gegenüber nicht weisungsbefugt ist und auf

sie keinen Druck ausüben kann, spricht nicht gegen, sondern für eine

Unterstellung unter die Bestimmung des § 1 Abs 1 lit c KVA, weil auf

Grund dieser Tatsache eine besondere Intensität des Anwerbens und der

Betreuung von Maklern erforderlich ist. Dass durch den Erfolg dieser Tätigkeit die Entlohnung des Klägers in einem wesentlichen Teil bestimmt wurde, zeigen die eingangs wiedergegebenen Feststellungen, nach denen das jährliche Fixum durch die Jahressumme der Anteilsprovisionen oft nicht unbeträchtlich überstiegen wurde. Bedenkt man, dass gemäß § 1 Abs 3 KVA Angestellte des Inkassodienstes dem KVI zu unterstellen sind, wenn in den ersten fünf Dienstjahren die Inkassoprovision durchschnittlich weniger als 25 % des fixen Bezuges beträgt, zeigt sich, dass beim Kläger die Voraussetzung des Zusatzprotokolls Nr 2, dass ein wesentlicher Teil der Entlohnung des Angestellten von der Tätigkeit im Außendienst abhängt, jedenfalls erfüllt ist. Dass es für die Beurteilung der Anwendbarkeit der Bestimmungen des KVA nicht darauf ankommt, ob der Außendienstmitarbeiter selbst Produkte an Kunden verkauft, hat der Oberste Gerichtshof jüngst in 9 ObA 122/00g klargestellt. Schließlich wurde in einem vergleichbaren Fall zu 9 ObA 193/00y ebenfalls die Anwendbarkeit des KVA bejaht.

Die vom Kläger für seinen Standpunkt ins Treffen geführte Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien 9 Ra 417/96a vermag nicht zu einer ihm günstigeren Beurteilung des Falles zu führen. Wie bereits Fn 1 zu § 2 KVA klarstellt, ist die Frage der Kollektivvertragszugehörigkeit in jedem Einzelfall zu prüfen. Dies ergibt sich schon aus dem Umstand, dass die Verkaufsorganisationen der einzelnen Versicherungsunternehmen nicht deckungsgleich sind. Der wesentliche Unterschied des der genannten Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalts bestand vor allem darin, dass der dortige Kläger nur fallweise im Außendienst tätig war sowie dass er lediglich ihm zugewiesene Versicherungsmakler zu betreuen hatte. Im hier zu beurteilenden Fall war der Kläger aber zu 70 % im Außendienst tätig, hatte neue Makler zu akquirieren und Kontakte zu ehemals mit der Beklagten verbundenen Maklern wieder herzustellen, sodass seine Tätigkeit wesentlich anders ausgeformt war. Es bedarf daher auch keiner weiteren Untersuchungen dahingehend, dass die Textierung der damals gültigen Kollektivverträge von der hier anzuwendenden nicht unwesentlich abweicht.

Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung der Rechtsmittelinstanz über einen Zwischenantrag auf Feststellung erfolgte in einem selbständigen Inzidenzstreit, sodass über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig zu erkennen ist (1 Ob 520/95; 8 ObA 2319/96d). Der gemäß §§ 41, 50 ZPO vorzunehmenden Kostenbestimmung war, mangels Bewertung des Zwischenantrages auf Feststellung durch die Beklagte, die Bemessungsgrundlage des § 14 lit a RATG von S 300.000 zugrundezulegen (8 ObA 61/98y [mit ausführlicher Begründung die § 56 Abs 2 JN anwendende Entscheidung 8 ObA 317/94 ablehnend]; 8 ObA 86/98z; 9 ObA 148/99a).

Stichworte