OGH 6Ob278/00a

OGH6Ob278/00a14.12.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Firmenbuchsache der zu FN 141354z des Firmenbuchs beim Landesgericht Klagenfurt eingetragenen Rosa S***** Privatstiftung mit dem Sitz in Klagenfurt-Viktring, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin Rosa S*****, vertreten durch ihre Sachwalterin Mag. Ingeborg H*****, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 30. August 2000, GZ 4 R 155/00x-41, mit dem der Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt vom 4. Juli 2000, GZ 5 Fr 2312/98x (5 Fr 2494/98p)-34, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Mitglieder des Stiftungsvorstandes Univ. Prof. Dr. Herbert K*****, Dipl.Vw. Manfred L*****, und Mag. Dr. Johann B***** als Mitglieder des Stiftungsvorstandes abberufen werden.

Antragstellerin und Antragsgegnerin haben die Kosten des Verfahrens jeweils selbst zu tragen.

Text

Begründung

Im Firmenbuch des Landesgerichtes Klagenfurt ist die von Rosa S***** (in der Folge Stifterin) mit Notariatsakt vom 4. 10. 1995 errichtete Rosa S***** Privatstiftung (im Folgenden Stiftung) eingetragen. Stiftungszweck ist das Erhalten und Verwalten des der Stiftung gewidmeten Vermögens und die Versorgung der in der Zusatzurkunde genannten natürlichen und juristischen Personen. Die Stiftung wird durch zwei von derzeit insgesamt drei Vorstandsmitgliedern gemeinsam vertreten, wobei Bestellung und Abberufung zunächst allein der Stifterin oblagen. Sie war zu Beginn selbst Vorstandsmitglied und Vorsitzende des Vorstands und hatte sich Änderungen der Stiftungsurkunde und der Stiftungszusatzurkunde wie auch den Widerruf der Stiftung vorbehalten. Eine Reihe von Änderungen der Stiftungsurkunde und der Stiftungszusatzurkunde schränkten in der Folge die Rechte der Stifterin erheblich ein. Zuletzt oblag ihr die Bestellung von Vorstandsmitgliedern nur noch gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Stiftungsvorstandes oder dem Vorsitzenden des Stiftungsrates, die Abberufung von Vorstandsmitgliedern konnte sie nur noch gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Stiftungsrates vornehmen. Änderungen der Stiftungsurkunde und der Stiftungszusatzurkunde (mit Ausnahme von Änderungen der Regelung über die Bestimmung der Begünstigten), wie auch ein Widerruf der Stiftung sind ihr nur mehr dann möglich, wenn alle Vorstandsmitglieder aus wichtigen Gründen durch das Gericht abberufen sein sollten.

Mit Schriftsatz vom 28. 5. 1998 beantragte die Stifterin die Durchführung einer Sonderprüfung nach § 31 PSG und die Abberufung der übrigen Vorstandsmitglieder wegen Vorliegens wichtiger Gründe im Sinn des § 27 Abs 2 Z 1 und 2 PSG. Die Stiftung, vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden Univ. Prof. Dr. Herbert K*****, stellte am 12. 6. 1998 den Antrag, die Stifterin wegen eingeschränkter Rechtsgeschäftsfähigkeit als Vorstandsmitglied abzuberufen.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Salzburg vom 8. 1. 1999 wurde eine Rechtsanwältin zur Sachwalterin der Stifterin bestellt. Ihr Aufgabenkreis umfasst die Einkommens- und Vermögensverwaltung, die Vertretung vor Ämtern, Behörden und Gerichten und die Sicherstellung der notwendigen Personensorge sowie (nach weiterem Beschluss vom 10. 2. 1999) die Besorgung sämtlicher Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Privatstiftung.

Mit Beschluss vom 20. 1. 1999 hat das Erstgericht die Stifterin als Vorstandsmitglied nach § 27 Abs 2 Z 2 PSG abberufen; sie sei zur ordnungsgemäßen Erfüllung der von einem Vorstandsmitglied einer Privatstiftung zu erledigenden Aufgaben nicht mehr geeignet. Das Rekursgericht bestätigte die Abberufung, der Oberste Gerichtshof gab dem dagegen erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs der Stifterin nicht Folge (15. 7. 1999, 6 Ob 74/99x).

Die Sachwalterin hielt die Anträge der Stifterin auf Sonderprüfung (dieser Antrag wurde mittlerweile rechtskräftig abgewiesen) und auf Abberufung der verbliebenen drei Vorstandsmitglieder Univ. Prof. Dr. Herbert K*****, Dipl. Vw. Manfred L***** und Hon. Prof. Mag. Dr. Johann B***** aufrecht. Sie zog das zunächst von der Stifterin erstattete Vorbringen - soweit es nicht Zuständigkeit und Antragslegitimation betraf - zurück. Zum Antrag auf Abberufung der verbliebenen Vorstände machte sie geltend, nach Änderung der ursprünglichen Regelung der Stiftungszusatzurkunde sei nunmehr die P***** Privatstiftung Begünstigte, deren Stifter die Vorstände der Rosa S***** Privatstiftung Univ. Prof. Dr. Herbert K***** und Hon. Prof. Dr. Johann B***** seien. Sollte es zu einem Widerruf der begünstigten Stiftung kommen - ein entsprechender Vorbehalt finde sich in der Stiftungsurkunde - fiele ihr Vermögen an die Stifter als Letztbegünstigte, im konkreten Fall somit an Univ. Prof. Dr. K***** und Hon. Prof. Dr. B*****, womit ein gravierender Interessenkonflikt offenkundig werde, der eine Unvereinbarkeit im Sinn des § 15 Abs 2 und 3 PSG bedeute: Als Stifter der Begünstigten hätten beide einerseits Interesse daran, dass die Rosa S***** Privatstiftung in möglichst großem Umfang Zuwendungen an die begünstigte Stiftung tätige, ein Interesse, das mit jenem nicht vereinbar sei, das sie als Vorstände der Rosa S***** Privatstiftung zu beachten hätten. Das dritte (abzuberufende) Vorstandsmitglied der Stiftung Dipl. Vw. Manfred L***** sei zugleich Mitglied des Vorstandes der Begünstigten. Beide Tätigkeitsbereiche seien nicht kompatibel. Es liege auch hier ein Interessenkonflikt vor: Als Vorstandsmitglied der Begünstigten müsse er bestrebt sein, ihr Vermögen durch Zuwendungen aus der Stiftung zu vermehren, während er als Organ der Rosa S***** Privatstiftung primär dieser und vor allem auch den anderen Begünstigten verpflichtet sei. Die Herbeiführung bzw Aufrechterhaltung dieser Interessenkonflikte sowie die aufgezeigte Inkompatibilität stelle bei allen drei abzuberufenden Vorstandsmitgliedern eine grobe Pflichtverletzung nach § 27 Abs 2 Z 1 PSG dar und begründet die Unfähiigkeit zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben im Sinn des § 27 Abs 2 Z 2 PSG.

In ihrer Stellungnahme wendete die Stiftung ein, die P***** Privatstiftung sei auf Wunsch der Stifterin als Begünstigte bestimmt worden, um dem damaligen Stiftungsratsvorsitzenden Dr. Alfred A***** und dem damaligen Vorstandsmitglied Dr. T***** Einflussmöglichkeiten auf die Auswahl der Begünstigten und die Verteilung des Ertrages zu entziehen und sie zum Ausscheiden aus ihrer Funktion zu bewegen. Bei der Begünstigten sei ein eigener "Rechnungskreis" gebildet worden, der ausschließlich für Zuwendungen aus der Stiftung zuständig gewesen sei und in den die Stifterin so eingebunden worden sei, dass ohne ihre Zustimmung keine Verfügungen hätten getroffen werden können. Es sei vereinbart gewesen, dass die Begünstigtenregelung nach Ausscheiden der Genannten wieder rückgängig gemacht werden sollte. Es sei richtig, dass - allerdings über ausdrücklichen Wunsch der Stifterin - die P***** Privatstiftung Begünstigte geblieben sei. Um Zuwendungen an sie vornehmen zu können, bedürfe es der Zustimmung des Stiftungsrates und - solange sie Mitglied des Stiftungsvorstandes und voll handlungsfähig sei - auch jener der Stifterin, ohne deren Zustimmung der Vorstandsvorsitzende keine derartigen Verfügungen treffen könne. Im Übrigen habe die Begünstigte bisher keine Zuwendungen aus der Stiftung erhalten. Nach Bestellung der Sachwalterin hätten die Stifter der Begünstigten beschlossen, dass diese "nicht mehr als Begünstigte zur Verfügung stehe". Eine Unvereinbarkeit im Sinn des § 15 Abs 2 und 3 PSG scheide schon deshalb aus, weil die Vorstandsmitglieder der Stiftung an der Begünstigten nicht im Sinn des § 244 Abs 2 HGB beteiligt seien, eine beherrschende Stellung komme ihnen nicht zu. Wenngleich sich die Stifter der Begünstigten den Widerruf (der Stiftung) vorbehalten hätten, könnte ein Widerruf nur von allen drei Stiftern gemeinsam ausgeübt werden, sodass der Vorstandsvorsitzende K***** weder allein noch gemeinsam mit dem Vorstandsmitglied B***** die Möglichkeit hätte, die Stiftung der Begünstigten zu widerrufen und den von der Sachwalterin befürchteten Geldfluss auszulösen.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Abberufung der Mitglieder des Stiftungsvorstands ab. Es stellte noch fest, die Stifterin sei mit dem dann auch durchgeführten Vorschlag des Vorstandsmitglieds Dr. K***** einverstanden gewesen, zwei weitere Vorstandsmitglieder (L***** und B*****) zu bestellen und die P***** Privatstiftung (die ursprünglich zur Abwicklung eines Steuermodells hätte gegründet werden sollen) vorübergehend als ausschließliche Begünstigte einzusetzen. Ziel dieser Vorgangsweise sei es gewesen, Dr. T***** und Dr. A***** zum Ausscheiden aus der Stiftung zu bewegen. Ein Geldfluss von der Stiftung zur Begünstigten sei nicht beabsichtigt gewesen. Nach dem Ausscheiden der Genannten hätte wieder die ursprüngliche Begünstigtenregelung Platz greifen sollen. Tatsächlich sei es aber nur zu einer "teilweisen Rückführung in die ursprüngliche Begünstigtenstellung" gekommen (in diesem Zusammenhang ist es unbestritten, dass die P***** Privatstiftung nach wie vor Begünstigte der Rosa S***** Privatstiftung ist). Die Verteilung von Erträgen der Stiftung an ihre Begünstigte hätte die Stifterin gemeinsam mit dem Vorstandsvorsitzenden K***** vornehmen müssen. Die Stifter der Begünstigten (K***** und B*****) hätten nach Bestellung der Sachwalterin für Rosa S***** beschlossen, dass die P***** Privatstiftung nicht mehr "als Begünstigte mit Verteilungsaufgaben zur Verfügung steht". Davon sei der Vorsitzende des Stiftungsbeirates der Rosa S***** Privatstiftung in Kenntnis gesetzt worden. Sie hätten überdies die P***** Privatstiftung mit Notariatsakt vom 13. 7. 1999 widerrufen, worauf deren Vorstand die Auflösung beschlossen habe. Am 9. 11. 1999 sei die Auflösung bei der P***** Privatstiftung ins Firmenbuch eingetragen worden; eine Löschung sei bisher noch nicht erfolgt.

Das Erstgericht stellte noch fest, es sei wirtschaftlich gesehen unbedingt erforderlich, das einzige Vermögen der Stiftung - die Liegenschaft W***** - umgehend zu verwerten, um Schulden abzubauen und den Begünstigten Gelder zur Verfügung zu stellen. Der Vorstandsvorsitzende K***** führe derzeit intensive Verkaufsgespräche.

Rechtlich verneinte das Erstgericht das Vorliegen eines wichtigen Grundes zur Abberufung der Stiftungsvorstände. Die Änderung der Begünstigtenregelung sei im Einvernehmen mit der Stifterin und nur zu dem Zweck erfolgt, Vorstandsmitglieder im Sinn eines Wunsches der Stifterin zum Ausscheiden zu bewegen. Dass das Vermögen der Begünstigten im Fall eines Widerrufs an deren Stifter falle, sei eine theoretische Überlegung, bilde jedoch keinen wichtigen Grund für deren Abberufung als Vorstandsmitglieder der Stiftung. Ihre Abberufung sei auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass die P***** Privatstiftung nach wie vor zum Kreis der Begünstigten gehöre. Die Möglichkeit, dass der Begünstigten Geld aus der Stiftung zukomme, sei angesichts ihrer Auflösung theoretisch. Es sei fraglich, ob die in Liquidation befindliche Begünstigte Erlöse aus der Stiftung überhaupt annehmen könne. Ein wichtiger Grund zur Abberufung läge nur dann vor, wenn sich der Vorstandsvorsitzende K***** als Zustimmungsberechtigter einer Änderung der Begünstigtenregelung im ursprünglichen Sinn widersetzte, was nicht anzunehmen sei. Eine allfällige Inkompatibilität der Vorstandsfunktionen von L***** in beiden Stiftungen bilde keinen wichtigen Grund zu seiner Abberufung, weil "die Zuteilungskompetenz für Ausschüttungen an Begünstigte bei der P***** Privatstiftung der Stifterin Rosa S***** bzw deren Sachwalterin und Dr. K*****" zukomme und die "letztliche Zuteilungskompetenz" bei der Rosa S***** Privatstiftung dem Stiftungsrat zukomme.

Das Rekursgericht bestätigte und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu § 15 Abs 3 PSG im Zusammenhang mit der Bestimmung einer Privatstiftung zur Begünstigten fehle.

Das Rekursgericht stellte noch fest, dass Stifter der (am 28. 2. 1997 errichteten) P***** Privatstiftung Univ. Prof. Dr. Herbert K***** (Vorstandsvorsitzender der Rosa S***** Privatstiftung), Dr. Hermann P***** und Hon. Prof. Mag. Dr. Johann B***** (Vorstandsmitglied der Rosa S***** Privatstiftung) seien. Zweck dieser Privatstiftung sei die Versorgung und Unterstützung der in einer Stiftungszusatzurkunde genannten Begünstigten durch Geld, Sach- oder sonstige Leistungen, wobei die Begünstigten und Letztbegünstigten in einer oder mehreren Stiftungszusatzurkunden bestimmt würden. Die Vertretung erfolge durch zwei Mitglieder des Stiftungsvorstandes gemeinsam, unter denen sich der Vorsitzende oder sein Stellvertreter befinden müsse. Die Stifter hätten sich Änderungen der Stiftungserklärung (Stiftungsurkunde oder Stiftungszusatzurkunde), den Widerruf der Stiftung und das Recht vorbehalten, dem Stiftungsvorstand in allen Angelegenheiten verbindliche Weisungen zu erteilen, Mitglieder des Stiftungsvorstandes zu bestellen und - auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes - abzuberufen und den Stiftungsprüfer zu bestellen und abzuberufen. Eine Stiftungszusatzurkunde in Form eines Notariatsaktes sei nicht errichtet worden.

Rechtlich vertrat das Rekursgericht die Auffassung, Ausschlusstatbestände nach § 15 Abs 2 und 3 PSG lägen schon deshalb nicht vor, weil die Privatstiftung keine Mitglieder oder Eigentümer kenne. Als eigenständiger Rechtsträger sei sie vielmehr vom Stifter vollständig getrennt. Eine Privatstiftung komme als begünstigte juristische Person im Sinn des § 15 Abs 3 PSG nicht in Betracht, weil die Kontrollrechte nach § 244 Abs 2 HGB über eine gesellschaftsrechtliche Mitgliedschaftsposition vermittelt werden müssten. Auch eine analoge Anwendung dieser Bestimmung auf eine Privatstiftung als Begünstigte ergebe keinen der angeführten Ausschlusstatbestände, weil die Vorstandsmitglieder K***** und B***** als Stifter der Begünstigten nur gemeinsam mit dem dritten Stifter Einfluss auf die Stiftung nehmen könnten, weshalb ihnen allein oder zu zweit weder ein satzungsmäßiges "Beherrschungsrecht" noch das Recht zukomme, Mitglieder des Vorstands oder des Stiftungsbeirates zu bestellen oder abzuberufen. Auch dem Vorstandsmitglied L***** komme angesichts seiner bloß kollektiven Vertretungsbefugnis keine die P***** Privatstiftung "beherrschende Stellung" zu. Da somit weder die Funktion als Stifter der P***** Privatstiftung noch jene als ihr Vorstandsmitglied mit der Funktion eines Vorstandsmitglieds der Rosa S***** Privatstiftung unvereinbar seien, könnten diese Umstände auch keinen wichtigen Grund zur Abberufung begründen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Stifterin (Antragstellerin) ist zulässig und berechtigt.

Die Revisionsrekurswerberin macht zusammengefasst geltend, angesichts des hier vorliegenden gravierenden Interessenkonfliktes sei die Funktion eines Vorstandsmitglieds der Rosa S***** Privatstiftung mit jener eines Stifters und Vorstandsmitglieds der zur Begünstigten bestimmten Privatstiftung im Sinn des § 15 Abs 3 PSG unvereinbar. Ihrer Verpflichtung, die Interessen der von ihnen vertretenen Stiftung zu wahren, stehe das (Eigen-)Interesse an möglichst hohen Zuwendungen an die Begünstigte entgegen. Als Mitglieder des Vorstands der Stiftung hätten sie einerseits die rechtliche Möglichkeit, Zuwendungen an die Begünstigte in möglichst großem Umfang zu bewirken, woraus sie andererseits für den Fall eines Widerrufs der Begünstigten persönlich Vorteile ziehen könnten. Werde nämlich die begünstigte Stiftung widerrufen, falle ihr Vermögen den Stiftern, somit auch den beiden abzuberufenden Vorstandsmitgliedern als Letztbegünstigten zu.

§ 15 Abs 2 PSG schließt Begünstigte und ihnen nahestehende Personen als Stiftungsvorstand aus. Ist ein Begünstigter eine juristische Person, sind ihm jene natürlichen Personen gleichgestellt, die diese Gesellschaft im Sinn des § 244 Abs 2 HGB beherrschen. Vom Vorstandsamt ist daher auch eine Person ausgeschlossen, die die Mehrheit der Anteile an der begünstigten Gesellschaft hält, das Recht hat, die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen, wenn sie gleichzeitig Gesellschafter ist, der das Recht zusteht, einen beherrschenden Einfluss auszuüben, oder der (aufgrund eines Stimmbindungsvertrages) die Entscheidung darüber zusteht, wie Stimmrechte der Gesellschafter bei Bestellung oder Abberufung der Mehrheit der Mitglieder des Leitungs- oder eines Aufsichtsorganes auszuüben sind.

Nach herrschender Lehre (Nowotny in Straube, HGB II2 Rz 49 zu § 244) komme eine Privatstiftung als Tochterunternehmen im Sinn dieser Bestimmung nicht in Betracht, weil die Kontrollrechte nach Abs 2 über eine gesellschaftsrechtliche Mitgliedschaftsposition vermittelt werden müssten. Abgesehen davon, dass eine Beteiligung im Sinn des § 244 Abs 1 und 6 HGB an einer Privatstiftung nicht möglich sei, widerspräche auch die im Sinn von Abs 1 leg cit zu fordernde einheitliche Leitung über eine Privatstiftung als Tochterunternehmen dem Organisationsrecht der Privatstiftung. Micheler (in Doralt/Nowotny/Kalss, Privatstiftungsgesetz, Rz 6 zu §§ 15 und 16) vertritt die Auffassung, der Zweck dieses Ausschlusstatbestandes spreche für eine analoge Anwendung der Unvereinbarkeitsregelungen auch auf Personen, die Begünstigte einheitlich leiten oder beherrschen, ohne im Sinn des § 244 Abs 2 beteiligt zu sein. Es sei nicht ersichtlich, aus welchem Grund der Gesetzgeber sogar Angehörige der nach § 244 Abs 2 HGB Beteiligten vom Vorstandsamt ausschließe, Personen aber, die im Ergebnis die Gesellschaft genau wie diese beherrschen, im Vorstand belasse.

Die unmittelbare Anwendung des Ausschlusstatbestands nach § 15 Abs 3 PSG iVm § 244 Abs 2 Z 1, 3 und 4 HGB kommt mit Rücksicht auf die Organisationsstruktur einer Privatstiftung als Begünstigter nicht in Betracht. Die Privatstiftung ist ein vom Stiftungsvorstand vertretener und verwalteter Rechtsträger, dessen Zweck und innere Ordnung im Wege der Privatautonomie weitgehend vom Stifter bestimmt werden. Die Stiftung hat typischerweise Begünstigte, die allerdings weder Mitglieder noch Eigentümer der Stiftung sind. Charakteristisch für eine Privatstiftung ist der Umstand, dass dem "eigentümerlosen" Vermögen Rechtspersönlichkeit zuerkannt wird, wodurch eine Verselbständigung des Vermögens erreicht wird (SZ 70/92; 6 Ob 74/99x = RdW 1999, 718 = GesRZ 1999, 264).

Ob der Gesetzeszweck eine analoge Anwendung in Fällen des § 244 Abs 2 Z 2 HGB auch auf jene natürlichen Personen (hier Stifter) erfordert, denen aufgrund der Stiftungsurkunden das Recht zusteht, die Mehrheit der Vorstandsmitglieder der zur Begünstigten bestimmten Stiftung zu bestellen oder abzuberufen (und ob dies nach den Stiftungsurkunden der P***** Privatstiftung der Fall ist) braucht im vorliegenden Fall nicht abschließend untersucht zu werden. Die Antragstellerin stützt ihr Begehren auf Abberufung des Stiftungsvorstandes sowohl auf die Anwendung der Unvereinbarkeitsbestimmungen des § 15 Abs 3 PSG iVm § 244 HGB als auch auf das Vorliegen wichtiger Gründe im Sinn des § 27 Abs 2 PSG. Wenngleich sie im Revisionsrekurs nicht mehr ausdrücklich die Abberufung aus wichtigen Gründen begehrt, macht sie dennoch inhaltlich nach wie vor jene Umstände geltend, die im Hinblick auf die geforderte allseitige rechtliche Beurteilung auch unter dem Blickwinkel einer Abberufung aus wichtigen Gründen zu prüfen sind.

Gemäß § 27 Abs 2 iVm § 40 PSG hat der für den Sitz der Privatstiftung zuständige, zur Ausübung der Gerichtsbarkeit in Handelssachen berufene Gerichtshof erster Instanz im Verfahren außer Streitsachen Mitglieder von Stiftungsorganen auf Antrag oder von Amts wegen bei Vorliegen eines wichtigen Grundes abzuberufen. Als Beispiel wichtiger Gründe nennt das Gesetz (gleichlautend mit § 75 Abs 4 AktG und §§ 117 und 127 HGB) insbesondere die grobe Pflichtverletzung und die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben. Nach den Materialien zu § 27 Abs 2 (RV 1132 BlgNR 18. GP, 31) ist die Frage, ob ein wichtiger Grund vorliegt, immer unter dem Gesichtspunkt des Funktionierens der Privatstiftung, letztlich daher unter dem Gesichtspunkt zu sehen, ob die Verfolgung des Stiftungszwecks mit ausreichender Sicherheit in Zukunft gewährleistet ist (6 Ob 74/99x = RIS-Justiz RS0112248). Mit Rücksicht auf die bei der Privatstiftung fehlenden Kontrollmechanismen ist der Beurteilung kein strenger Maßstab zugrundezulegen. Im Gegensatz zu körperschaftlich organisierten juristischen Personen kennt die Privatstiftung weder Eigentümer noch Mitglieder oder Gesellschafter. Sie wird vom Stiftungsvorstand vertreten und verwaltet, ihr Vermögen ist nach dem erklärten Willen des Stifters zu verwenden (SZ 70/92; 6 Ob 74/99x). Die Verselbständigung des Vermögens, die fehlende Kontrolle durch Eigentümer und das Nichtvorhandensein von Gesellschaftern erfordern - sowohl im öffentlichen Interesse als auch im Interesse der Stiftung selbst - eine funktionsfähige Organisation und deren effiziente Kontrolle, um die Gefahr von Missbrauch oder Schädigung durch den Verwalter des Vermögens hintanzuhalten (Kalss in Doralt/Nowotny/Kalss, Privatstiftung, Einleitung Rz 17; Böhler, Kontrollprobleme der Privatstiftung, WBl 1993, 169 [173]) und um die Erfüllung des Stifterwillens zu gewährleisten (SZ 70/92; RV 1132 BlgNR 18. GP 16 f). Unter Hinweis auf diese im Wesen der Privatstiftung begründete besondere Schutzwürdigkeit fordern Lehre und Rechtsprechung daher auch eine neutrale Besetzung des Stiftungsvorstandes, um seine Objektivität zu wahren und um Interessenkollisionen zu vermeiden (Böhler aaO 171; Micheler aaO Rz 5 zu §§ 15 und 16; SZ 70/92).

Diesem Zweck dienen auch die Unvereinbarkeitsbestimmungen des § 15 PSG. Sie sollen kollidierenden Interessen der Begünstigten an Geld- oder Sachbezug einerseits und der Stiftung an der Verwirklichung des Stifterwillens andererseits vorbeugen (Micheler aaO Rz 11 zu § 15; Stern, OGH zur Familienstiftung: Einfluss der Begünstigten auf Vorstandsbestellung unzulässig, RdW 1997, 521). Der in Lehre und Rechtsprechung im Zusammenhang mit § 15 Abs 2 und 3 PSG kontroversiell behandelten Frage der Zulässigkeit der Bestellung von Vorstandsmitgliedern durch Begünstigte oder durch einen von Begünstigten gebildeten Beirat (SZ 70/92 = JBl 1997, 776 [König] = GesRZ 1997, 191 [Doralt 125 und Torggler 140]; Micheler, Zur Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern durch Begünstigten, GesRZ 2000, 227) kommt im gegebenen Zusammenhang keine Bedeutung zu. Auch Interessenkollisionen, die (noch) nicht den Grad einer Unvereinbarkeit nach § 15 PSG erreichen, können einen wichtigen Grund für die Abberufung eines Vorstandsmitglieds bilden, wenn dadurch die Verfolgung des Stiftungszwecks bei Vollziehung der vom Stifter vorgesehenen Begünstigtenregelung nicht mit ausreichender Sicherheit gewährleistet ist.

Dies ist nach dem hier zu beurteilenden Sachverhalt der Fall:

Die nach dem Antrag der Stifterin abzuberufenden Vorstandsmitglieder haben den Stiftungszweck im Einklang mit dem Willen der Stifterin zu erfüllen (Micheler aaO Rz 13, 17 und 19 zu § 17), sind - sofern die Mittel dazu vorhanden sind - zur Ausschüttung an Begünstigte verpflichtet und entscheiden endgültig über deren Anspruch (Micheler Rz 5 und 19 zu § 17). Sie entscheiden im konkreten Fall somit letztlich auch darüber, ob und gegebenenfalls wieviel sie selbst nach Widerruf und Liquidation der begünstigten Stiftung als Letztbegünstigte erhalten. Die letzte Änderung der Stiftungszusatzurkunde (28. 2. 1997) sieht einen Stiftungsgenuss von bis zu 80 % des versteuerten Reingewinnes vor und überträgt dem Vorstand die ausschließliche Kompetenz zur Festlegung der Höhe der Zuwendung. Der Vorstand hat auch die jeweils Begünstigten zu bestimmen. Es steht fest, dass die Liegenschaft W***** umgehend verwertet werden muss und dass der Vorstandsvorsitzende intensive Verkaufsgespräche führt: Die Stiftung wird also in absehbarer Zeit über ein beachtliches Barvermögen verfügen, das nach dem Stiftungszweck den Begünstigten zukommen soll. Unbestritten ist, dass die P***** Privatstiftung zufolge Widerrufs ihrer Stifter und Beschlussfassung des Vorstands aufgelöst und in Liquidation getreten ist. Nach den Feststellungen des Rekursgerichts bestand ihr statutarischer Zweck in der Versorgung und Unterstützung der in einer Stiftungszusatzurkunde genannten Begünstigten durch Geld-, Sach- und sonstige Leistung, wobei die Begünstigten und Letztbegünstigten in einer (oder mehreren) Zusatzurkunden bestimmt werden sollten. Eine Stiftungszusatzurkunde in Form eines Notariatsaktes wurde nach den Feststellungen allerdings nicht errichtet. Mangels entsprechender rechtswirksamer Festlegung muss daher davon ausgegangen werden, dass allfällige Ausschüttungen der Rosa S***** Privatstiftung an ihre Begünstigte zuletzt (nach Abwicklung und Befriedigung der Gläubiger) gemäß § 36 Abs 4 PSG den Stiftern der P***** Privatstiftung als den Letztbegünstigten zufallen. Zu diesen zählen aber der Vorstandsvorsitzende und ein weiteres Vorstandsmitglied der Rosa S***** Privatstiftung. Diese hätten daher die Möglichkeit, ihren Bezug als Letztbegünstigte durch (hohe) Ausschüttungen an die P***** Privatstiftung zu steuern. Abgesehen von der damit verbundenen latenten Interessenkollision vermittelt die Stellung als Vorstandsmitglieder der Rosa S***** Privatstiftung und zugleich als Letztbegünstigte der P***** Privatstiftung den Vorständen einen Einfluss, der den aus den Unvereinbarkeitsbestimmungen abzuleitenden Wertungen des Gesetzes widerspricht. Die Verfolgung des von der Stifterin beabsichtigten Zwecks scheint angesichts der bei dieser Konstellation auftretenden latenten Interessengegensätzen nicht ausreichend gewährleistet, sodass ein wichtiger Grund für die Abberufung beider Vorstände vorliegt.

Dass die Stifterin der Bestimmung der P***** Privatstiftung als Begünstigte noch 1997 zugestimmt hat, ist ohne Bedeutung, musste ihr doch der damit auftretende Interessengegensatz damals gar nicht bewusst werden, zumal der Widerruf der P***** Privatstiftung und deren Auflösung erst wesentlich später erfolgte. Die geplante Dauer der Begünstigtenstellung hat auf die einen wichtigen Grund für die Abberufung begründende Interessenkollision keinen Einfluss. Wer als Begünstigter der P***** Privatstiftung vorgesehen war, ist gleichfalls ohne Bedeutung, weil die für diese Regelung vorgesehene Stiftungszusatzurkunde nicht wirksam errichtet wurde. Ob nun ein Geldfluss zwischen der Stiftung und ihrer Begünstigten beabsichtigt war und ob in der Vergangenheit tatsächlich Gelder an die P***** Privatstiftung geflossen sind, ist irrelevant. Schon die Möglichkeit der Vorstandsmitglieder, ohne weitere Befassung der Stifterin darüber zu entscheiden und namhafte Beträge (auch) im eigenen Interesse allein an die P***** Privatstiftung (und nicht an weitere Begünstigten) auszuschütten, verwirklicht die für die Annahme eines wichtigen Abberufungsgrundes erforderliche Befürchtung, die Verfolgung des Stiftungszweckes könnte in Zukunft nicht gewährleistet sein. Auch Widerruf und Auflösung der Begünstigten können die Abberufung nicht verhindern. Zum einen hat auch die aufgelöste begünstigte Privatstiftung noch Rechtspersönlichkeit. Ein Grund, warum von der Stiftung allenfalls beschlossene Ausschüttungen an sie als Begünstigte nicht mehr möglich sein sollten, ist nicht zu erkennen. Ihre Erklärung, "als Begünstigte nicht mehr zur Verfügung zu stehen", bedeutet nichts anderes, als dass sie derzeit keine Ausschüttungen entgegennehmen wolle. Diese Erklärung ist im Übrigen jederzeit widerrufbar und kann somit den wichtigen Grund für die Abberufung nicht beseitigen.

Die Abberufung des weiteren Vorstandsmitglieds Dpil. Vw. L***** aus wichtigen Gründen ist gleichfalls berechtigt. Er ist Vorstandsmitglied sowohl der Rosa S***** Privatstiftung als auch der P***** Privatstiftung als ihrer Begünstigten. Der Ausschluss des § 15 Abs 3 PSG trifft somit auch ihn als vertretungsbefugtes Organ der Begünstigten. Im Übrigen vertritt er die Stiftung und ihre Begünstigte jeweils nur gemeinsam mit einem weiteren Vorstandsmitglied. Objektive, den Interessen beider Stiftungen und zugleich dem Stifterwillen entsprechende Entscheidungen über Ausschüttungen an die Begünstigte sind bei dieser vorliegenden Konstellation auch ihm nicht möglich. Als Mitglied beider Kollegialorgane besteht auch für ihn eine latente Interessenkollision, die die geforderte Objektivität bei der Vollziehung der Begünstigtenregelung grundlegend in Frage stellt.

Der Antrag der Stifterin auf Abberufung der verbliebenen Mitglieder des Stiftungsvorstandes ist somit berechtigt, weshalb ihrem Revisionsrekurs Folge zu geben ist.

Ein Kostenzuspruch konnte nicht erfolgen. Die Abberufung von Organen der Privatstiftung findet im Verfahren außer Streitsachen statt, das Kostenersatz nur in den jeweils besonders geregelten Fällen (im Bereich der Privatstiftung nur im Verfahren über einen Antrag auf Sonderprüfung nach § 31 Abs 3 PSG) kennt.

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