OGH 9ObA267/00f

OGH9ObA267/00f22.11.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter MR Dr. Lothar Matzenauer und Gerhard Loibl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Wohnungseigentümergemeinschaft des Hauses G***** Straße *****, vertreten durch Dr. Tassilo Mayer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Christa Sch*****, Hausbesorgerin, *****, vertreten durch Dr. Harald Sitta, Rechtsanwalt in Wien, wegen Hausbesorgerkündigung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 3. Juli 2000, GZ 7 Ra 149/00h-36, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 3. Februar 2000, GZ 4 Cga 121/99p-28, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 2.436,48 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 406,08 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat das Vorliegen des Kündigungsgrundes nach § 18 Abs 6 lit b HBG zutreffend bejaht. Es reicht daher aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 503 Abs 2 ZPO).

Ergänzend ist den Revisionsausführungen entgegenzuhalten:

Die Feststellung einer Verwarnung wegen "Tratschereien" ist nicht aktenwidrig. Es unterliegt keinem Zweifel, dass der festgestellte Inhalt der Verwarnung vom 22. 3. 1999, dass "auch andere Wohnungseigentümer durch Geschichten über andere Eigentümer belästigt werden", auch eine Verwarnung wegen "Tratschereien" enthält, ohne dass dies ausdrücklich in dieser Form hätte bezeichnet werden müssen. Dieses Schreiben ist daher als Verwarnung, die ohnehin an keinen bestimmten Wortlaut gebunden ist, zu werten (Arb 11.296). Es genügt, dass der schriftlichen Erklärung die Bedeutung einer Verwarnung entnommen werden kann (Arb 10.113; 9 ObA 32/95 = twvö MietSlg 47.562).

Da das Berufungsgericht sich mit der Beweisrüge in der Berufung auseinandergesetzt hat, liegt kein Verfahrensmangel vor (RIS-Justiz RS0043162, 8 ObA 86/98z). Die von der Revisionswerberin geltend gemachte unrichtige Würdigung der Beweisergebnisse ist nicht revisibel. Die Frage, ob das Berufungsgericht seine Beweiswürdigung richtig, unrichtig oder unvollständig begründet hat, betrifft wie auch der Umstand, ob es sich mit bestimmten Beweisergebnissen auseinandergesetzt hat, die irrevisible Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen (RIS-Justiz RS0043371, RS0043131, 8 ObA 266/98w, 9 ObA 19/00k).

Das Herumerzählen von Intimitäten anderer Hausbewohner durch den Gatten der Beklagten, dass eine bestimmte Person ein "Perversling" sei und einen "Putzfimmel" habe, ein anderer sei ein "Trankler" und ein "Impotenter" oder die Äußerung der Beklagten, dass die Lebensgefährtin eines Bewohners eine unehrenhafte Person sei etc, das Herausnehmen persönlicher Schriften, auch solcher aus einer Arztpraxis aus dem Müllcontainer und das Weitergeben der Inhalte an andere Personen und schließlich die Äußerung der Beklagten nach Erhalt der schriftlichen Verwarnung und nach Auffinden einer Verpackung von Ginseng-Tee im Müllbehälter zu einer bestimmten Hausbewohnerin "ob der Ginseng-Tee schon gewirkt habe, wenn nicht, dann solle sie es mit Viagra versuchen, aber rasch schlucken, damit der Hals nicht steif werde", sind Vorfälle, die insgesamt nicht nur als einzelne Entgleisungen gewertet werden können, sondern die vorhandene fortgesetzte Einstellung vor allem der Beklagten zeigen, die Intimsphäre der Mitbewohner immer wieder in verletzender Weise zu missachten. Dabei ist besonders gravierend, dass dieses Verhalten auch nach der schriftlichen Verwarnung, Wohnungseigentümer nicht mit Geschichten anderer zu belästigen bzw den Hausbewohnern mit gebührendem Respekt gegenüberzutreten, fortgeführt wurde. Da bei der Hausbesorgerkündigung nicht ein so strenger Maßstab anzulegen ist, wie bei einer Entlassung (9 ObA 32/95), ist diese nach außen in Erscheinung tretende Grundeinstellung der Beklagten in ihrer Gesamtheit schwerwiegend genug, um ein den Kündigungsgrund des § 18 Abs 6 lit b HBG zu unterstellendes ungebührliches Benehmen zu verwirklichen. Dieser Kündigungsgrund erfordert, wie der Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 3 MRG erster und zweiter Fall kein Verschulden (MietSlg 47.562).

Der Hauseigentümer hat gemäß § 22 Abs 1 HBG in der Kündigungserklärung die Gründe der Kündigung kurz anzuführen, wobei eine schlagwortartige Angabe genügt. Bei Wertung des Vorbringens ist nicht kleinlich vorzugehen (vgl zu der gleichlautenden Bestimmung des § 33 Abs 1 MRG MietSlg 50.448). Andere Gründe können später nicht mehr geltend gemacht werden. Die klagende Partei hat mit der ziffernmäßigen Angabe des Kündigungsgrundes im Zusammenhang mit der kurzen Angabe des Sachverhaltes vor allem auch, dass sich die Hausparteien massiv über das Verhalten der Beklagten beschwerten, es zu Beschimpfungen, Drohungen und Tätlichkeiten kam, eine genügende Individualisierung des Kündigungsgrundes vorgenommen, sodass auch andere Vorfälle, die in diesen Rahmen fallen, zulässigerweise nachgetragen (MietSlg 47.415) und daher auch zutreffenderweise berücksichtigt werden konnten.

Bei dem festgestellten Dauerverhalten kann auch in der Nichtgeltendmachung früherer Vorfälle keine generelle "Verzeihung" im Sinne eines Verzichtes auf diesen Kündigungsgrund erblickt werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

Stichworte