OGH 1Ob209/00t

OGH1Ob209/00t6.10.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach Helmut C*****, infolge Revisionsrekurses des Dr. Helmut R*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 7. Juli 2000, GZ 51 R 115/00m-230, womit infolge Rekurses des Dr. Helmut R***** der Beschluss des Bezirksgerichts Hall i.T. vom 14. Juni 2000, GZ 1 A 512/97p-216, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Verstorbene hinterließ drei schriftliche letztwillige Anordnungen, die im Verlassenschaftsverfahren kundgemacht wurden. Aus diesen letztwilligen Anordnungen ist der Revisionsrekurswerber nicht begünstigt. Begünstigte ist unter anderem die Schwester des Verstorbenen.

Mit Beschluss vom 4. 2. 1998, ON 47, wurde die von der Schwester des Verstorbenen als Alleinerbin auf Grund des Testaments zum Nachlass abgegebene bedingte Erbserklärung vom Erstgericht angenommen und ausgesprochen, dass das Erbrecht ausgewiesen sei; unter einem wurde der Schwester des Verstorbenen gemäß § 810 ABGB, § 145 AußStrG die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses eingeräumt.

Mit Beschluss vom 5. 10. 1998 (ON 92) nahm das Erstgericht die vom Revisionsrekurswerber auf Grund (eines bislang nicht vorgelegten) Testaments abgegebene bedingte Erbserklärung an. Auf Grund der widerstreitenden Erbserklärungen wurde dem Revisionsrekurswerber in der Folge die Klägerrolle zugewiesen. Der Erbrechtsstreit zwischen ihm und der Schwester des Verstorbenen ist anhängig.

Beide Beschlüsse erwuchsen in Rechtskraft.

Mit Schriftsatz vom 9. 6. 2000 (ON 213) beantragte der Revisionsrekurswerber, die Schwester des Verstorbenen "rückwirkend zum Zeitpunkt der Abgabe der Erbserklärung durch den Antragsteller per 25. 6. 1998 von der Verwaltung der Verlassenschaft zu entheben". Die Schwester des Verstorbenen könne sich auf keine Erbseinsetzung berufen; daher sei die Annahme deren Erbserklärung rechtswidrig erfolgt. Durch Erhebungen des Gerichtskommissärs sei hervorgekommen, dass der Verstorbene über weitere in den Vermächtnissen nicht enthaltene Vermögenswerte verfügt habe. Damit sei auch erwiesen, dass der Verstorbene nur über Teile seines Vermögens verfügen wollte und daher die Erklärung vom 15. 1. 1994 nicht als Erbseinsetzung seiner Schwester angesehen werden könne. Die Schwester des Verstorbenen sei nicht berechtigt gewesen, gegen den Revisionsrekurswerber die Klage auf Ausfolgung eines Kaufpreises einzubringen, weil zu diesem Zeitpunkt bereits widerstreitende Erbserklärungen vorgelegen seien. Die Klagsführung stelle einen Verstoß gegen die sorgfältige Verwaltung der Verlassenschaft dar. Auch habe die Schwester des Verstorbenen nach ihren eigenen Angaben bereits im Frühjahr 1997 vom Vorhandensein eines Schließfachs bei einer Bank Kenntnis gehabt, davon jedoch erst im Mai 1999 dem Gerichtskommissär Mitteilung gemacht. Auch dieses Verhalten zeige, dass der Schwester des Verstorbenen die Verwaltung der Verlassenschaft nicht weiter überlassen werden könne. Es bestehe die Gefahr eines unwiederbringlichen Schadens, insbesondere auch wegen der unberechtigten Klage gegen den Revisionsrekurswerber. Durch die hervorgekommenen Vermögenswerte sowie durch die eingebrachte Erbrechtsklage habe sich die rechtliche Situation verändert, sodass der Antrag auf Enthebung gerechtfertigt sei.

Das Erstgericht wies den Antrag des Revisionsrekurswerbers zurück. Dem Erben könne das bereits rechtskräftig eingeräumte subjektive Recht auf Verwaltung und Vertretung des Nachlasses nur mittels einstweiliger Verfügung nach § 127 Abs 2 AußStrG entzogen werden, wobei die Voraussetzungen der §§ 381 ff EO vorliegen müssten. Der Einschreiter werde daher seine Anträge im Erbrechtsstreit und nicht im Verlassenschaftsverfahren anzubringen haben.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem dagegen erhobenen Rekurs keine Folge, sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstands S 260.000 übersteige und dass der Revisionsrekurs zulässig sei. Sei die widerstreitende Erbserklärung erst nach Einräumung der Verwaltung abgegeben worden, könne gemäß § 127 Abs 2 AußStrG die Sequestration des Nachlasses nach der Vorschrift der Gerichtsordnung begehrt werden. Diese gesetzliche Bestimmung sei im Sinn einer dynamischen Verweisung zu verstehen, sodass Sicherungsmaßnahmen nunmehr nur unter den Voraussetzungen des § 381 EO und eben nur im Zusammenhang mit einem Erbrechtsstreit zu erlassen seien.

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Soweit der Revisionsrekurswerber neuerlich den Beschluss, mit dem der Schwester des Verstorbenen die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses übertragen wurde, bekämpft, ist er auf die Entscheidung des erkennenden Senats 1 Ob 96/99w zu verweisen, in der ihm dargelegt wurde, dass auch im Verlassenschaftsverfahren gefassten Beschlüssen die in jeder Lage des Verfahrens zu beachtende materielle Rechtskraft zukommt. Diese wird auch nicht durch eine spätere widersprechende Erbserklärung eines anderen Erbansprechers durchbrochen (RZ 1967, 108; 8 Ob 630/87; Welser in Rummel ABGB2 § 810 Rz 26; Eccher in Schwimann ABGB2 § 810 Rz 16). Die Beseitigung der Rechtswirkungen des Überlassungsbeschlusses im Wege der Anordnung einer gerichtlichen Nachlassseparation gemäß § 127 Abs 2 AußStrG wäre im Falle einer späteren widersprechenden Erbserklärung nur mittels Erlassung einer einstweiligen Verfügung unter den Voraussetzungen der §§ 381 ff EO möglich (SZ 25/204; 8 Ob 630/87; 1 Ob 209/98m).

Einer weiteren Vertiefung dieses bis in jüngste Zeit judizierten Rechtssatzes bedarf es schon deshalb nicht, weil der Revisionsrekurswerber einen Sequestrationsantrag, somit einen Antrag auf Verwahrung der Verlassenschaftsmasse (vgl RZ 1996/31), gar nicht gestellt hat. Für die von ihm ausschließlich angestrebte Enthebung von der Verwaltung bietet aber das Gesetz keine Handhabe, weil die Verwaltung des Nachlasses durch den Erben ein Recht und kein Amt ist (SZ 21/27; JBl 1968, 522; RZ 1968, 111; SZ 56/123; 10 Ob 227/97y). Inwieweit die Missachtung gerichtlicher Anordnungen Zwangsmaßnahmen gemäß § 19 AußStrG nach sich ziehen könnte, muss hier nicht erörtert werden, weil Derartiges weder vorgebracht wurde noch sonst aus dem Akt ersichtlich ist.

Der Revisionsrekurs ist somit mangels einer erheblichen Rechtsfrage, von deren Lösung die Entscheidung abhinge, zurückzuweisen. Gemäß § 16 Abs 3 AußStrG ist der Oberste Gerichtshof an den Ausspruch des Gerichts zweiter Instanz über die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses nicht gebunden.

Stichworte