OGH 6Ob217/00f

OGH6Ob217/00f5.10.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Baumann, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Prof. Margret (auch Margherita) D*****, vertreten durch Dr. Herbert Schachter, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei AssProf. Dr. Johannes D*****, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalt über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 31. Mai 2000, GZ 42 R 59/00p-272, womit über die Berufungen beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 20. Dezember 1999, GZ 3 C 10/90d-261, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 11.430 S (darin 1.905 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Ehe der Parteien wurde am 25. 9. 1983 aus dem Alleinverschulden des Beklagten geschieden. Die Klägerin war als selbstständige Fotografin berufstätig und bezieht seit 1. 1. 1989 eine Erwerbsunfähigkeitspension. Der Beklagte ist als Assistenzprofessor an einer Universität berufstätig. Er war bis 1995 für das gemeinsame Kind Andreas und ist noch für zwei 1987 und 1990 geborene Kinder aus seiner zweiten Ehe sorgepflichtig.

Mit der am 6. 12. 1988 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin, gestützt auf § 66 EheG, einen monatlichen Unterhalt von 6.000 S ab Klageeinbringung. Sie dehnte ihr Begehren in der Folge aus: Am 28. 6. 1989 rückwirkend auf den Zeitraum ab 1. 12. 1986 (ON 14), am 4. 11. 1993 auf monatlich 9.500 S ab 1. 1. 1993 (ON 106), am 13. 3. 1996 auf 12.000 S monatlich ab 28. 8. 1995 (ON 190) und am 6. 11. 1996 auf 14.000 S monatlich ab 5. 11. 1993 (ON 203). Die Klägerin begründet ihren Unterhaltsanspruch zusammengefasst mit dem wesentlich höheren Einkommen des Beklagten (der als Gutachter auch über ein Nebeneinkommen verfüge) und ihre krankheitsbedingten erhöhten Bedürfnisse. Notwendige Kuraufenthalte seien von der Versicherung nicht vollständig gedeckt. Auf Grund ihrer Polyarthrose müsse die Klägerin eine Bedienerin beschäftigen.

Der Beklagte wendete im Wesentlichen ein, seiner Unterhaltspflicht nachgekommen zu sein. Er habe berufsbedingt erhebliche Aufwendungen zu tragen und sei auch für seine zweite Gattin sorgepflichtig. Ein Unterhaltsanspruch der Klägerin vor der Klageeinbringung sei verjährt.

Mit dem rechtskräftigen Teilurteil des Berufungsgerichtes vom 24. 4. 1998 (iVm dem Zurückweisungsbeschluss des erkennenden Senates 6 Ob 233/98b = ON 249) wurde der Beklagte zu monatlichen Unterhaltsbeiträgen von 11.000 S ab 1. 12. 1996 verpflichtet (ON 238).

Gegenstand des nunmehrigen Rechtsganges ist der Unterhaltsanspruch der Klägerin für die Zeit vom 1. 12. 1986 bis 30. 11. 1996.

Das Erstgericht gab dem Unterhaltsbegehren teilweise statt und stellte die Unterhaltsverpflichtung des Beklagten wie folgt fest: Vom 6. 12. 1988 bis 31. 12. 1989 43.160 S (3.320 S x 13), vom 1. 1. 1990 bis 31. 7. 1990 32.200 S (4.600 S x 7), vom 1. 8. 1990 bis 31. 12. 1990 16.150 S (3.230 S x 5), für 1991 49.380 S (4.115 S x 12), für 1992 54.000 S (4.500 S x 12), für 1993 55.200 S (4.600 S x 12), für 1994 62.400 S (5.200 S x 12), vom 1. 1. 1995 bis 31. 5. 1995 30.100 S (6.020 S x 5), vom 1. 6. 1995 bis 31. 12. 1995 59.150 S (8.450 S x 7) und vom 1. 1. 1996 bis 30. 11. 1996 111.100 S (10.100 S x 11), insgesamt 512.840 S und verpflichtete den Beklagten "unter Anrechnung der von ihm bezahlten 453.760 S" zur Bezahlung von 59.080 S. Die Mehrbegehren wurden abgewiesen. Das Erstgericht traf zusammengefasst die wesentlichen Feststellungen, dass die seit 1. 1. 1989 von der Klägerin bezogene Erwerbsunfähigkeitspension inklusive der Sonderzahlungen, abzüglich der für den Sohn bezogenen Familienbeihilfe und inklusive des Kinderzuschusses 1989 10.660 S, 1990 10.880 S, 1991 11.400 S, 1992 11.305 S, 1993 12.200 S, 1994

12.400 S, 1995 12.670 S und 1996 12.865 S betragen habe. In diesen Beträgen seien auch die von der Klägerin freiwillig geleisteten zusätzlichen Beiträge für eine Höherversicherung enthalten. 1986 habe die Klägerin Einkünfte aus ihrem Gewerbebetrieb von 88.847 S bezogen, darin seien Sonderausgaben von 41.133 S enthalten gewesen. Von dem zu versteuernden Einkommen seien 4.917 S Einkommensteuer (ESt) bezahlt worden. 1987 habe sie aus ihrer Tätigkeit 82.832 S mit Sonderausgaben von 41.000 S erzielt. ESt sei keine zu bezahlen gewesen. Ab 1989 habe die Klägerin keine ins Gewicht fallenden Einkünfte aus ihrer früheren Fotografentätigkeit erzielt. Der Beklagte habe als Assistenzprofessor monatlich durchschnittlich inklusive der Sonderzahlungen verdient:

1988 28.872 S, 1989 30.456 S, 1990 34.637 S, 1991 38.640 S, 1992

39.583 S, 1993 41.892 S, 1994 44.313 S, 1995 47.598 S und 1996 54.485 S. Für wissenschaftliche Artikel habe er jährlich nur einige hundert Schilling verdient. Für seine zweite Ehefrau habe während ihrer Hausfrauentätigkeit im Anschluss an die Karenz des 1987 geborenen Kindes bis August 1992 keine Unterhaltsverpflichtung bestanden, weil die Frau über ein Einkommen von 20.000 S verfügt, danach Karenzgeld bezogen und bei ihrem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis im Februar 1989 vier Monatsgehälter Abfertigung bezogen habe. Danach habe sie ein Quartalseinkommen von 13.250 S aus dem Verkauf eines Hauses gehabt. Seit Sommer 1988 seien Gespräche über Unterhaltsforderungen der Klägerin geführt worden. Dabei habe die Klägerin geäußert, dass sie für den Zeitpunkt ab ihrer Pensionierung Unterhalt haben wolle. Der Beklagte habe ab Jänner 1989 bis November 1989 3.500 S monatlich an die Klägerin bezahlt. Zwischen Dezember 1989 und Februar 1996 habe er insgesamt 294.650 S bezahlt, ab März 1996 bis Juli 1996 habe er den mit einstweiliger Verfügung festgesetzten Betrag von 7.250 S monatlich bezahlt, im August eine Nachzahlung von 52.360 S. Vom 27. 8. 1996 bis 27. 7. 1997 habe er monatlich 9.500 S überwiesen, vom 27. 8. 1997 bis 27. 5. 1998 9.000 S monatlich. Er habe eine Nachzahlung von 38.000 S auf Grund des Urteils ON 238 und ab 29. 6. 1998 monatlich 11.000 S geleistet. In dem von der Klage betroffenen Zeitraum von Dezember 1988 bis November 1996 habe er insgesamt 453.760 S bezahlt. Die Klägerin leide unter einer Polyarthrose der Fingergelenke und der Hüftgelenke. Es bestünden Abnützungserscheinungen der gesamten Wirbelsäule. Sie sei wegen Rheumabeschwerden in ständiger ärztlicher Behandlung. Sie leide an Magengeschwüren. Eine physikalische Therapie sei erforderlich. Zur Schmerzlinderung der chronischen Leiden seien zweimal im Jahr Kuraufenthalte und ambulante physikalische Therapien erforderlich. Die Sozialversicherung bezahle nur die Kosten eines Kuraufenthalts pro Jahr. Die Kosten der von der Klägerin abgeschlossenen Krankenzusatzversicherung hätten monatlich 2.881,23 S im Jahr 1993, 3.419,70 S 1994 und ab März 1995 3.472,40 S betragen. Diese Versicherung leiste auch Zahlungen, Spitalsaufenthalt, ambulanten Arztbesuchen und Zuschüsse für Kuraufenthalte. Die Klägerin könne keine schweren Hausarbeiten leisten und beschäftige eine Bedienerin, der sie durchschnittlich 2.000 S im Monat bezahle.

Das Erstgericht beurteilte den Sachverhalt rechtlich im Wesentlichen dahin, dass auf den Unterhaltsanspruch nach § 66 EheG die Grundsätze für den Unterhaltsanspruch nach § 94 ABGB anzuwenden seien. Als Orientierungshilfe sei von einem Prozentsatz von 40 % des gemeinsamen Einkommens vermindert um das Einkommen des Unterhaltsberechtigten auszugehen. Für die unterhaltsberechtigten Kinder des Beklagten seien Prozentsätze zwischen 3 und 4 % abzuziehen. Auf Grund der Erkrankung der Klägerin und der damit verbundenen Kosten stünde der Klägerin ein um 1 % erhöhter Prozentsatz zu. Die Klägerin habe Anspruch auf 33 % der Bemessungsgrundlage für die Zeit vom Dezember 1988 bis Juli 1990, ab August 1990 bis Mai 1995 auf 34 % und ab Juni 1995 auf 35 % der Bemessungsgrundlage. Ein Unterhaltsanspruch vor dem 6. 12. 1988 sei verjährt. Im Sinne des § 72 EheG sei ein Verzug erst ab 28. 6. 1988 gegeben.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Parteien teilweise Folge und setzte die vom Beklagten zu leistenden monatlichen Unterhaltsbeiträge wie folgt fest: Vom 6. 12. 1988 bis 31. 6. 1989

3.300 S, vom 1. 7. 1989 bis 31. 12. 1989 3.400 S, vom 1. 1. 1990 bis 31. 7. 1990 4.500 S, vom 1. 8. 1990 bis 31. 12. 1990 2.800 S, vom 1. 1. 1991 bis 31. 12. 1991 3.500 S, vom 1. 1. 1992 bis 31. 8. 1992

3.800 S, vom 1. 9. 1992 bis 31. 12. 1993 4.300 S, vom 1. 1. 1994 bis 31. 12. 1994 4.900 S, vom 1. 1. 1995 bis 31. 5. 1995 5.600 S, vom 1. 6. 1995 bis 31. 12. 1995 7.900 S, vom 1. 1. 1996 bis 30. 11. 1996 10.000 S, insgesamt daher einen Betrag von 482.300 S. Es verhielt den Beklagten unter Anrechnung seiner Zahlungen von 453.760 S zur Zahlung restlicher 28.540 S und wies die Unterhaltsmehrbegehren, insbesondere das Unterhaltsbegehren für die Zeit vom 1. 12. 1986 bis 5. 12. 1988 ab. Das Berufungsgericht ging im Wesentlichen von den erstinstanzlichen Feststellungen aus und stellte die Einkommensverhältnisse, die Sorgepflichten und die angestellte rechnerische Ermittlung des Unterhaltsanspruches in den einzelnen Perioden nach der Prozentsatzmethode anschaulich wie folgt dar:

Periode Einkommen/Bekl. in öS Einkommen/Kl. in öS Gesamt in öS Sorgepflicht %-Sätze abzüglich eigenem Einkommen Anspruch in öS

6. 12. 1988 - 31. 6. 1989 28.872,-- - 2.300,-- 26.572,-- 10.660,-- 37.232,-- Andreas, Kind, geb. 6. 12. 1987 40 % - 8 % = 32 % 1.254,24 + 2.000,-- 3.254,24

1. 7. 1989 - 31. 12. 1989 30.456,-- - 2.300,-- 28.156,-- 10.660,-- 38.816,-- Andreas, Kind, geb. 6. 12. 1987 Gattin 40 % - 9 % = 31 % 1.372,96 + 2.000,-- 3.372,96

1. 1. 1990 - 31. 7. 1990 34.637,-- - 2.300,-- 32.337,-- 10.880,-- 43.217,-- Andreas, Kind, geb. 6. 12. 1987, Gattin 40 % - 9 % = 31 % 2.517,27 + 2.000,-- 4.517,27

1. 8. 1990 - 31. 12. 1990 34.637,-- - 2.300,-- 32.337,-- 10.880,-- 43.217,-- Andreas, Gattin, Kind, geb. 6. 12. 1987, Kind, geb. 10. 7. 1990 40 % - 13 % = 27 % 788,59 + 2.000,-- 2.788,59

1. 1. 1991 - 31. 12. 1991 38.640,-- - 2.300,-- 36.340,-- 11.400,-- 47.740,-- Andreas, Gattin, Kind, geb. 6. 12. 1987, Kind, geb. 10. 7. 1990 40 % - 13 % = 27 % 1.489,80 + 2.000,-- 3.489,80

1. 1. 1992 - 31. 8. 1992 39.583,-- - 2.300,-- 37.283,-- 11.305,-- 48.588,-- Andreas, Gattin, Kind, geb. 6. 12. 1987, Kind, geb. 10. 7. 1990 40 % - 13 % = 27 % 1.813,76 + 2.000,-- 3.813,76

1. 9. 1992 - 31. 12. 1992 39.583,-- - 2.300,-- 37.283,-- 11.305,-- 48.588,-- Andreas, Kind, geb. 6. 12. 1987, Kind, geb. 10. 7. 1990 40 % - 12 % = 28 % 2.299,64 + 2.000,-- 4.299,64

1. 1. 1993 - 31. 12. 1993 41.892,-- - 2.300,-- 39.592,-- 12.200,-- 51.792,-- Andreas, Kind, geb. 6. 12. 1987, Kind, geb. 10. 7. 1990 40 % - 12 % = 28 % 2.301,76 + 2.000,-- 4.301,76

1. 1. 1994 - 31. 12. 1994 44.313,-- - 2.300,-- 42.013,-- 12.400,-- 54.413,-- Andreas, Kind, geb. 6. 12. 1987, Kind, geb. 10. 7. 1990 40 % - 12 % = 28 % 2.835,64 + 2.000,-- 4.835,64

1. 1. 1995 - 31. 5. 1995 47.598,-- - 2.300,-- 45.298,-- 12.670,-- 57.968,-- Andreas, Kind, geb. 6. 12. 1987, Kind, geb. 10. 7. 1990 40 % - 12 % = 28 % 3.561,04 + 2.000,-- 5.561,04

1. 6. 1995 - 31. 12. 1995 47.598,-- - 2.300,-- 45.298,-- 12.670,-- 57.968,-- Kind, geb. 6. 12. 1987, Kind, geb. 10. 7. 1990 40 % - 8 % = 32 % 5.879,76 + 2.000,-- 7.879,76

1. 1. 1996 - 30. 11. 1996 54.485,-- - 2.300,-- 52.185,-- 12.865,-- 65.050,-- Kind, geb. 6. 12. 1987, Kind, geb. 10. 7. 1990 40 % - 8 % = 32 % 7.951,-- + 2.000,-- 9.951,--

In rechtlicher Hinsicht beurteilte das Berufungsgericht den Sachverhalt im Wesentlichen wie folgt:

Von einer absichtlichen Entziehung des Beklagten von seiner Unterhaltsverpflichtung könne nicht ausgegangen werden. Die Klägerin habe Unterhalt zunächst erst ab dem Zeitpunkt ihrer Pensionierung begehrt. Die krankheitsbedingten Mehraufwendungen der Klägerin seien nicht mit einer Erhöhung des Prozentsatzes um einen Prozentpunkt abzugelten, sondern mit dem von der Klägerin konkret begehrten monatlichen Betrag von 2.000 S. Mit diesen Betrag seien aber sämtliche krankheitsbedingten Mehrbelastungen der Klägerin berücksichtigt. Die von der Klägerin bezogene Monatsprämie (zu ihrer Pension) auf Grund ihrer freiwilligen Höherversicherung könne nicht als einommensschmälernd anerkannt werden. Das gesamte Pensionseinkommen der Klägerin sei als Eigeneinkommen bei der Unterhaltsfestsetzung zu berücksichtigen. Entgegen der Ansicht der Klägerin sei der Unterhaltsanspruch vor dem 6. 12. 1988 im Sinne der jüngsten Entscheidung 6 Ob 2190/96v zu § 72 EheG mangels Verzugs des Beklagten nicht berechtigt. Für die Zeit von Juni 1989 bis August 1992 sei von einer weiteren Sorgepflicht des Beklagten für seine zweite Ehegattin auszugehen. Dies sei mit dem Abzug von einem Prozentpunkt zu berücksichtigen. Dem unterhaltsberechtigten Ehegatten stünden 40 % des gemeinsamen Familieneinkommens abzüglich eigener anrechenbarer Einkünfte zu. Für die unterhaltsberechtigten Kinder des Beklagten seien jeweils 4 % abzuziehen. Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage seien die vom Beklagten getätigten Aufwendungen für seine wissenschaftliche Arbeit mit monatlich 2.300 S (§ 273 ZPO) abzuziehen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision im Hinblick auf die nicht einheitliche oberstgerichtliche Rechtsprechung zu § 72 Ehe zulässig sei.

Mit ihrer Revision beantragt die Klägerin die Abänderung der zweitinstanzlichen Entscheidung dahin, dass der Beklagte zur Bezahlung eines Unterhaltsrückstandes von 266.225 S für die Zeit vom 6. 12. 1987 bis 30. 11. 1996 verurteilt werde, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag zur Verfahrensergänzung gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist wegen der nicht einheitlichen oberstgerichtlichen Rechtsprechung zu der Frage, ob der Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten für die Vergangenheit (§ 72 EheG) zur Voraussetzung hat, dass der Unterhaltspflichtige durch eine Mahnung in Verzug gesetzt wurde, zulässig. Die Revision ist aber nicht berechtigt.

Gemäß § 72 EheG kann der Scheidungsunterhalt nur ab "Rechtsanhängigkeit" gefordert werden, für die Vergangenheit aber erst ab Verzug und höchstens bis ein Jahr vor der Rechtsanhängigkeit.

Ein Teil der oberstgerichtlichen Rechtsprechung interpretierte § 72

EheG dahin, dass ab dem Zeitpunkt der Rechtsanhängigkeit Unterhalt

für das letzte Jahr davor ohne weitere Vorausetzungen verlangt werden

kann, lässt also im Ergebnis den Verzug als Anspruchsvoraussetzung

entfallen (5 Ob 594/90 = JBl 1990, 800; 1 Ob 585/93 = EFSlg 72.379; 5

Ob 1572/95; 1 Ob 570/95 = SZ 68/157). In anderen Entscheidungen wurde

hingegen die Ansicht vertreten, dass für einen Unterhaltszuspruch für

die Vergangenheit ein Verzug des Unterhaltspflichtigen erforderlich

sei, der durch eine konkrete Unterhaltsforderung (Mahnung) ausgelöst

werden müsse (8 Ob 626/87 = EFSlg 57.283; JBl 1991, 589; 2 Ob 510/91;

6 Ob 545/91; 8 Ob 584/93 = EFSlg 75.600; 8 Ob 532/92 = ÖA 1992, 86).

Der erkennende Senat hat sich mit dieser divergierenden Judikatur in seiner Entscheidung 6 Ob 2190/96v = EvBl 1997/78 sehr eingehend, insbesondere mit der ausführlichen Begründung in der Entscheidung 1 Ob 585/93 auseinandergesetzt und ist zum Ergebnis gelangt, dass der Verzug des Unterhaltspflichtigen Anspruchsvoraussetzung des Unterhalts für die Vergangenheit ist. Schon die Wortinterpretation spreche für den Verzugstatbestand als Anspruchsvoraussetzung. Während beim Kindesunterhalt und beim Ehegattenunterhalt bei aufrechter Ehe eine Mahnung (das In-den-Verzug-Setzen) wegen der besonderen familienrechtlichen Nahebeziehung entbehrlich sei, treffe dies auf den Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nach dem Wegfall der ehelichen Fürsorgepflicht nicht mehr zu. An dieser Auffassung, die auch von mehreren Lehrmeinungen geteilt wird (Purtscheller/Salzmann, Unterhaltsbemessung Rz 188; Hopf/Kathrein, Eherecht 281; Schwimann, Unterhaltsrecht2 164 Anm 60) ist festzuhalten. Die Revision verweist dazu auch nur auf die für ihren Standpunkt günstigen Entscheidungen, ohne das gestellte Thema näher zu erörtern oder neue Gesichtspunkte in die juristische Debatte einzuführen. Es kann daher auf die nähere Begründung des erkennenden Senates in der zitierten jüngsten Vorentscheidung verwiesen werden. Die Ansicht der Revisionswerberin, ihr könne die überlange Verfahrensdauer nicht zum Nachteil gereichen und es sei deshalb von der für sie günstigen früheren Rechtsprechungslinie auszugehen, ist schon im Hinblick auf die aufgezeigte, nicht einheitliche, oberstgerichtliche Rechtsprechung nicht zielführend. Sachargumente werden in der Revision nicht vorgetragen.

Mit den Revisionsausführungen zum krankheitsbedingten erhöhten Unterhaltsbedarf der Frau und zum berufsbedingten Mehraufwand des Mannes werden keine erheblichen Rechtsfragen releviert. Gegen die pauschale Einschätzung des Sonderbedarfs der Frau gemäß § 273 ZPO bestehen keine Bedenken.

Bei der Bemessung der Unterhaltshöhe ist das Berufungsgericht im Einklang mit der ständigen oberstgerichtlichen Judikatur von der 40 %-Regel als Orientierungshilfe ausgegangen. Der Unterhaltsberechtigte mit eigenem Einkommen hat demnach Anspruch auf 40 % des gemeinsamen Einkommens abzüglich des Eigeneinkommens (SZ 64/135; 1 Ob 288/98d = JBl 1999, 725 mwN; Schwimann aaO 159). Die Revisionswerberin strebt einen Prozentsatz von 50 % an, führt dazu im Wesentlichen aber nur ihre krankheitsbedingten Mehraufwendungen ins Treffen, die von den Vorinstanzen aber ohnehin - wenn auch nicht in dem von der Revisionswerberin gewünschten Ausmaß - berücksichtigt wurden.

Auch die weiters bekämpfte Berücksichtigung der Sorgepflichten des Beklagten für seine Kinder durch Abzug von je 4 % von dem sonst üblichen Prozentsatz hält sich im Rahmen des zulässigen Ermessensspielraums (6 Ob 233/98b = EFSlg 87.523; Schwimann aaO mwN).

Der laufende Unterhalt für die Zeit ab 1. 12. 1996 wurde mit dem rechtskräftigen Teilurteil ON 238 mit 11.000 S monatlich festgesetzt. Dabei ging das Berufungsgericht von einem monatlichen Einkommen des Beklagten im Jahr 1996 von 54.485 S aus. Es nahm einen Abzug von 2.300 S für berufsbedingte Aufwendungen des Beklagten vor, addierte das Monatseinkommen der Klägerin von 12.008 S, sodass 32 % des Familieneinkommens (nach Abzug von je 4 % für die beiden Kinder des Beklagten) 20.797,76 S ergaben, sodass der Unterhaltsanspruch der Frau nach Abzug ihres eigenen Einkommens mit rund 8.000 S errechnet wurde. Das Berufungsgericht führte im Anschluss daran noch Folgendes aus: Der krankheitsbedingte Mehraufwand der Klägerin rechtfertige einen höheren Unterhaltszuspruch als unter durchschnittlichen Verhältnissen. Unter Berücksichtigung der Umstände, dass die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen zweimal jährlich auf Kur fahren müsse (und nur eine Kur von der Versicherung gedeckt sei), die private Krankenzusatzversicherung monatlich 3.142,40 S koste und die Bedienerin durchschnittlich 2.000 S monatlich erhalte, erscheine es gerechtfertigt, der Klägerin diese Mehraufwendungen mit monatlich 2.000 S zu vergüten, sodass der Unterhaltsanspruch ab 1. 12. 1996 11.000 S ausmache (S 28 in ON 238). Die Feststellungen der Vorinstanzen im nun zu beurteilenden Rechtsgang haben sich für das Jahr 1996 nicht verändert (S 6 in ON 261). Die Revisionswerberin verweist nun zwar grundsätzlich richtig auf diesen Umstand und strebt eine Unterhaltsfestsetzung von 11.000 S monatlich schon ab Anfang 1996 an. Aus den oben wiedergegebenen Ausführungen des Berufungsgerichtes im Teilurteil ON 238 geht aber klar ein offenkundiger Rechenfehler hervor. Wenn der Mehraufwand der Frau deklarierterweise mit 2.000 S als Sonderbedarf berücksichtigt wird, ist der Unterhaltsanspruch nach der im Übrigen zutreffenden Begründung mit 10.000 S berechtigt. Eine Bindung besteht insoweit nicht. Schließlich releviert die Klägerin neuerlich den Umstand, dass bei der Unterhaltsberechnung nicht die tatsächlich bezogene (höhere) Pension berücksichtigt werden dürfe, weil die Pensionshöhe nur mit einer freiwilligen Höherversicherung und entsprechenden Mehrbelastungen der Klägerin erreicht wurde. Diesem Einwand ist die ständige Rechtsprechung entgegenzuhalten, dass unter dem sowohl auf der Seite des Unterhaltsberechtigten als auch des Unterhaltsverpflichteten zu berücksichtigenden Einkommen alles zu verstehen ist, was einer Person an auch öffentlich-rechtlichen Natural- oder Geldleistungen welcher Art immer auf Grund eines Anspruches zukommt, sofern gesetzliche Bestimmungen die Anrechenbarkeit bestimmter Einkünfte auf den Unterhalt nicht ausschließen (SZ 68/157 uva). Pensionseinkommen, auf das der Bezieher einen unbedingten Anspruch hat, ist aber in voller Höhe Einkommen, gleichgültig auf Grund welcher in der Vergangenheit liegender Umstände die tatsächlich ausgezahlte Höhe basiert (6 Ob 233/98b).

Demnach kann der Revision kein Erfolg beschieden sein.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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