OGH 3Ob9/00w

OGH3Ob9/00w12.7.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Martha K*****, vertreten durch Dr. Josef Dengg und Dr. Milan Vavrousek, Rechtsanwälte in St. Johann im Pongau, gegen die verpflichtete Partei Johann B*****, vertreten durch Dr. Franz Linsinger, Rechtsanwalt in St. Johann im Pongau, wegen S 174.000 sA, über den Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom 10. November 1999, GZ 22 R 293/99p-9, womit infolge Rekurses der verpflichteten Partei der Beschluss des Bezirksgerichtes Taxenbach vom 10. August 1999, GZ E 623/99k-2, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Revisionsrekursbeantwortung der verpflichteten Partei wird zurückgewiesen.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Verpflichtete hatte sich in einem gerichtlichen Vergleich vom 18. 1. 1999 verpflichtet, der Klägerin (und nunmehr betreibenden Partei) Zug um Zug gegen Rückstellung der Futterstöcke und der Zier- und Falzverkleidungen bei den acht Innentüren im Erdgeschoß sowie Rückstellung der Türstöcke bei beiden Rundbogentüren und Rückstellung aller acht Innentüren im Erdgeschoß S 174.000 bis längstens 30. 6. 1999 zu bezahlen. Für den Fall des Zahlungsverzuges wurden Verzugszinsen von 6 % p. a. vereinbart.

In ihrem Exekutionsantrag begehrte die betreibende Partei aufgrund dieses Vergleiches die Bewilligung der Fahrnisexekution zur Hereinbringung dieser Geldforderung und brachte dazu vor, dass sie der verpflichteten Partei die im Vergleich genannten Gegenstände zur Rückstellung angeboten habe, diese seien jedoch von der verpflichteten Partei nicht angenommen worden.

Das Erstgericht bewilligte antragsgemäß die Fahrnisexekution.

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Rekursgericht dem dagegen erhobenen Rekurs des Verpflichteten teilweise dahin Folge, dass es die Zug-um-Zug-Verpflichtung laut Vergleich in die Exekutionsbewilligung aufnahm.

In seiner Begründung führte das Rekursgericht aus, dass zwar nach § 8 Abs 1 EO die Bewilligung der Exekution wegen eines Anspruches, den der Verpflichtete nur gegen eine Zug um Zug zu gewährende Gegenleistung zu erfüllen habe, von dem Nachweis, dass die Gegenleistung bereits bewirkt oder doch ihre Erfüllung sichergestellt sei, nicht abhängig sei. Nach ständiger Rechtsprechung müsse das Gericht aber bei der Exekutionsbewilligung im Beschluss zum Ausdruck bringen, dass die schuldnerische Verbindlichkeit von der Gegenleistung der betreibenden Partei abhängig ist (SZ 23/210; RZ 1994/23 ua; ebenso Heller/Berger/Stix 214).

Im Exekutionsverfahren sei eine Prüfung der allenfalls bereits angebotenen Gegenleistung auf ihre Übereinstimmung mit der nach dem Exekutionstitel geschuldeten ausgeschlossen (3 Ob 48/79). Enthalte der Exekutionstitel eine Zug um Zug zu bewirkende Gegenleistung zugunsten des Verpflichteten, so sei eine Fahrnisexekution auch zu vollziehen (RZ 1994/23). Erst beim Vollzug sei im Falle der Bestreitung zu prüfen, ob die dem Verpflichteten angebotene mit der nach dem Exekutionstitel geschuldeten Gegenleistung übereinstimme. Dabei sei dem Verpflichteten die Gelegenheit zu geben, einen Aufschiebungsantrag nach dem § 42 Abs 1 Z 4 EO zu stellen, wenn die Gegenleistung durch den betreibenden Gläubiger vor oder beim Vollzug nicht erbracht oder angeboten werde (Heller/Berger/Stix 215).

Selbst wenn vom betreibenden Gläubiger im Exekutionsantrag behauptet werde, der verpflichteten Partei seien die Zug um Zug mit der Zahlung eines Geldbetrages rückzustellenden Gegenstände bereits angeboten worden, doch habe diese die verpflichtete Partei nicht angenommen, sei dennoch die Exekution mit dem Beisatz zur Verpflichtung der Gegenleistung nach § 8 EO zu bewilligen. Eine Exekutionsbewilligung ohne diesen Hinweis wäre gemessen am Exekutionstitel unvollständig; dies umso mehr, als im späteren Verlauf des Exekutionsverfahrens, insbesondere beim Vollzug, der Exekutionstitel grundsätzlich nicht mehr heranzuziehen sei (Heller/Berger/Stix 215). Selbst bei Annahmeverzug des Verpflichteten hinsichtlich der angebotenen Gegenleistung bliebe die Zug-um-Zug-Verpflichtung aus dem Exekutionstitel weiter bestehen (vgl auch zur materiellrechtlichen Bedeutung des Annahmeverzuges SZ 45/11; 1 Ob 9/97y).

Dies bedeute für den vorliegenden Fall, dass das Erstgericht trotz des ergänzenden Vorbringens im Exekutionsantrag die Exekution nur im eingeschränkten Umfang unter Hinweis auf die Zug um Zug zu erbringende Gegenleistung hätte bewilligen dürfen. Bei den weiteren Ausführungen im Rekurs, wonach die im Vergleich angeführten Gegenstände nunmehr völlig unbrauchbar geworden seien, handle es sich um unzulässige Neuerungen, auf die nicht näher einzugehen sei. Gegenstand des Rekurses könne auch nicht sein, ob die betreibende Partei bislang ihrerseits der Verpflichtung zur Herausgabe der Gegenstände bereits nachgekommen sei, denn aus dem Vergleich ergebe sich keine Vorleistungspflicht der betreibenden Partei. Nach dem Exekutionstitel werde die Hauptleistung auf Zahlung eines Geldbetrages auch nicht erst mit der Gegenleistung fällig, vielmehr sei die Fälligkeit längstens mit Ablauf bis 30.6. 1999 eingetreten. Das Erstgericht habe damit bei Bewilligung der Exekution auch nicht zu prüfen gehabt, ob die Gegenleistung bereits erbracht wurde, und es sei auch nicht notwendig gewesen, im Exekutionsantrag die (neuerliche) Bereitschaft zur Erbringung der Gegenleistung zu behaupten (Heller/Berger/Stix 221).

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, und begründete dies damit, dass eine Rechtsprechung zur Frage fehle, ob in der Exekutionsbewilligung eine Zug um Zug zu erbringende Gegenleistung auch dann zum Ausdruck zu bringen sei, wenn im Exekutionsantrag ein Annahmeverzug des Verpflichteten behauptet werde. Gerade Vergleiche über Rückabwicklungsansprüche enthielten sehr oft Zug-um-Zug-Leistungen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der betreibenden Partei, mit dem sie der Sache nach die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung anstrebt.

Für den vorliegenden Fall könne der Rechtsprechung, wonach in die Exekutionsbewilligung der Hinweis aufzunehmen sei, dass die Forderung bloß Zug um Zug zu erfüllen ist, nicht gefolgt werden, weil sich die verpflichtete Partei in Annahmeverzug befunden habe. Folge man dem Rekursgericht, würde dies für die betreibende Partei bedeuten, dass sie nie zu ihrem Geld kommen würde, sollte sich die verpflichtete Partei auch in Zukunft weigern, die angebotenen Gegenstände anzunehmen. So wäre es für diese ein Leichtes, sich ihrer Zahlungsverpflichtung zu entziehen. Die im Rekurs des Verpflichteten aufgestellte Behauptung, die betreibende Partei sei ihrer Zug-um-Zug-Verpflichtung nicht nachgekommen, sei grundsätzlich vom Exekutionsgericht nicht zu überprüfen. Eine Überprüfung der allenfalls bereits angebotenen Gegenleistung auf ihre Übereinstimmung mit der nach dem Exekutionstitel geschuldeten sei, wie das Rekursgericht richtig anführe, im Exekutionsverfahren ausgeschlossen. Der Verpflichtete habe die Möglichkeit, diesen Einwand mit Klage nach § 36 EO geltend zu machen.

Der Verpflichtete erstattete eine Revisionsrekursbeantwortung.

Die Revisionsrekursbeantwortung ist nicht zulässig. Das Rekursverfahren nach der Exekutionsordnung ist, von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen, einseitig, weil weder die Exekutionsbewilligung noch der einen Exekutionsantrag abweisende Beschluss in § 521a Abs 1 ZPO angeführt ist (MietSlg 36.810; EFSlg

69.993 = MietSlg 44.828/21; RdW 1996, 362 ua). Nichts anderes gilt aber im Revisionsrekursverfahren. Die Revisionsrekursbeantwortung ist somit zurückzuweisen.

Der Revisionsrekurs ist dagegen aus den vom Rekursgericht angeführten Gründen zulässig im Sinne des § 78 EO iVm § 528 Abs 1 ZPO. Er ist jedoch nicht berechtigt.

Wie sich aus den Ausführungen im Revisionsrekurs ergibt, bezweifelt die betreibende Partei nicht die Richtigkeit der vom Rekursgericht zitierten ständigen Rechtsprechung, wonach bei der Bewilligung der Exekution zur Durchsetzung einer Zug um Zug zu erfüllenden Verbindlichkeit in dem hierüber ergehenden Beschluss zum Ausdruck gebracht werden muss, dass die Erfüllung der Verbindlichkeit von der Gegenleistung der betreibenden Partei abhängig ist (neben den vom Rekursgericht zitierten E SZ 23/210 und RZ 1994/23, 66 = RPflE 1993/66 zahlreiche weitere E zu RIS-Justiz RS0002032; zuletzt 3 Ob 111/99s = RdW 1999, 791 = wobl 2000/45, 97; zustimmend nunmehr auch Rechberger/Oberhammer, Exekutionsrecht2 Rz 101). Dieser Beisatz ist auch dann in die Exekutionsbewilligung aufzunehmen, wenn dies von der betreibenden Partei nicht begehrt wurde (RZ 1994/23, 66; Heller/Berger/Stix, EO4, 214 f, 220; Meinhart in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO-Komm Rz 9 zu § 8).

Dagegen kann der im Revisionsrekurs vertretenen Ansicht, dass schon die bloße Behauptung im Exekutionsantrag, die verpflichtete Partei befinde sich hinsichtlich der Gegenleistung im Annahmeverzug, ausreiche, die Exekution ohne diesen Beisatz zu bewilligen, keineswegs gefolgt werden. Durch die im Exekutionstitel enthaltene Zug-um-Zug-Verpflichtung ist nämlich der Vollstreckungsanspruch des betreibenden Gläubigers gemindert (3 Ob 111/99s). Wie in derselben Entscheidung ebenfalls klargestellt wurde, ist aus § 8 Abs 1 EO abzuleiten, dass der betreibende Gläubiger nachweisen muss, dass die Gegenleistung bereits bewirkt oder doch ihre Erfüllung sichergestellt ist, wenn er die Bewilligung der Exekution ohne diesen Beisatz erreichen will. Dieser Nachweis ist grundsätzlich nur durch eine geeignete Urkunde zu erbringen (3 Ob 111/99s; im konkreten Fall einer behaupteten Aufrechnung wurde eine als Exekutionstitel geeignete Urkunde verlangt, aus der sich der Bestand der Forderung des betreibenden Gläubigers ergibt, mit der er gegen die Zug um Zug zu erfüllende Forderung des Verpflichteten aufgerechnet haben wollte).

Nichts anderes kann aber für den hier vorliegenden Fall gelten, in dem die betreibende Partei den Wegfall der Zug-um-Zug-Verpflichtung wegen Annahmeverzugs des Verpflichteten behauptet. Auf eine derartige Urkunde hat sich die betreibende Partei in ihrem Antrag nicht berufen. Das Schreiben ihres eigenen Rechtsvertreters ist hiefür ebensowenig geeignet, wie es ein Schreiben der betreibenden Partei selbst wäre. Es liegt nämlich, was die Zug-um-Zug-Verpflichtung angeht, wie dargelegt, ein die Vollstreckbarkeit mindernder Umstand vor, somit ein der letzten Alternative des § 7 Abs 2 EO vergleichbarer Fall. Darin wird unter anderem vom betreibenden Gläubiger gefordert, die für die Fälligkeit oder Vollstreckbarkeit maßgebenden Tatsachen, etwa wenn die Vollstreckbarkeit von dem von ihm zu beweisenden Eintritt einer Tatsache, namentlich von einer vorangegangenen Leistung des Berechtigten, abhängig ist, mittels öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden zu beweisen. Könnte nämlich die betreibende Partei einseitig Urkunden im Sinne dieser Gesetzesstelle schaffen, dann wäre diesbezüglich die durch § 10 EO ermöglichte Ergänzungsklage in einem solchen Fall überflüssig.

Auch die im Revisionsrekurs vorgetragenen Argumente sind nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Rekursgerichtes zu wecken. Irreführend ist allerdings die von der Revisionsrekurswerberin aufgegriffene - offenbar auf einem Übertragungsfehler beruhende - Ansicht des Rekursgerichtes, im Exekutionsverfahren sei eine Prüfung der Gegenleistung auf ihre Übereinstimmung mit der nach dem Exekutionstitel geschuldeten überhaupt ausgeschlossen. Die hiefür als Beleg zitierte Entscheidung 3 Ob 48/79 bezieht sich in Wahrheit nämlich nur auf das Exekutionsbewilligungsverfahren, für welche dies auch völlig richtig ist, weil eben nach § 3 Abs 2 EO - abgesehen von einer hier nicht gegebenen ausdrücklichen gegenteiligen Anordnung der EO - über einen Exekutionsantrag ohne vorhergehende mündliche Verhandlung ohne Einvernehmung des Gegners Beschluss zu fassen ist. Dass im weiteren Verfahren eine Prüfung grundsätzlich möglich ist, ergibt sich aus der bereits vom Rekursgericht zitierten Entscheidung RPflE 1993/66 = RZ 1994/23, 66, aus der hervorgeht, dass die Gegenleistung schon deshalb bestimmt im Sinn des § 7 Abs 1 EO sein muss, damit das Gericht bei der Entscheidung über einen Aufschiebungsantrag nach § 42 Abs 1 Z 4 EO wissen kann, worin die Gegenleistung besteht, um die Voraussetzungen der Exekutionsaufschiebung beurteilen zu können. Vor einem entsprechenden Antrag geht allerdings das Fahrnisexekutionsverfahren grundsätzlich seinen Gang (so zutreffend Heller/Berger/Stix, EO4, 216 und Meinhart in Burgstaller/Deixler/Hübner, EO-Komm Rz 14 zu § 8). Entgegen der Ansicht der genannten Autoren (aaO 215 bzw Rz 14) ist dem Gesetz aber nicht zu entnehmen, dass der Gerichtsvollzieher (allenfalls auf Weisung des Richters und gegebenenfalls durch Einholung eines Sachverständigengutachtens) die Richtigkeit oder das Ausreichen der angebotenen Gegenleistung zu überprüfen hätte. Richtigerweise wird dieser lediglich dem Verpflichteten auf die Möglichkeit eines Aufschiebungsantrages nach § 42 Abs 1 Z 4 EO aufmerksam zu machen haben (insoweit zutreffend Meinhart aaO Rz 9; ebenso Angst/Jakusch/Pimmer, MTA EO12 Anm 2a zu § 8; vgl auch Burgstaller, Vollstreckung von Zug-um-Zug-Titeln in Österreich, ZZP 105, 420). Die bloße erneute Weigerung, die angebotene Gegenleistung anzunehmen, wird daher im Gegensatz zu den Befürchtungen der betreibenden Partei den Fortgang des Exekutionsverfahrens nicht hindern können.

Eine endgültige Prüfung, ob die betreibende Partei die von ihr geschuldete Gegenleistung korrekt erbracht oder angeboten hat, bleibt jedenfalls einer Entscheidung über eine Exekutionsklage vorbehalten. Es ist hier nicht zu entscheiden, ob eine solche auf § 35 oder § 36 EO zu stützen ist, was in der Rechtsprechung und Lehre strittig ist (Nachweise etwa bei Meinhart aaO Rz 21; vgl auch Heller/Berger/Stix, EO4, 220, 374 f und 435). Ebensowenig ist in der vorliegenden Entscheidung zur strittigen Frage Stellung zu nehmen, ob zugleich mit der Bewilligung der Aufschiebung nach § 42 Abs 1 Z 4 dem Verpflichteten eine Frist zur Einbringung einer Exekutionsklage zu setzen ist (dafür zB Heller/Berger/Stix aaO 220; Meinhart in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO-Komm Rz 19 zu § 8; gegenteilig Deixler-Hübner aaO Rz 10 zu § 42).

Dem Revisionsrekurs war somit nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 40 ZPO.

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