OGH 3Ob111/99s

OGH3Ob111/99s28.4.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei D*****, vertreten durch Dr. Gerhard Millauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Gani M*****, vertreten durch Dr. Peter Bock, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung, infolge außerordentlicher Revisionsrekurse beider Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 27. Oktober 1998, GZ 40 R 579/98p-27, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 11. Mai 1998, GZ 6 C 980/97b-15, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Den außerordentlichen Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Parteien haben die Kosten ihrer erfolglosen Rechtsmittel selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit vollstreckbarem Vergleich vom 30. 10. 1997 verpflichtete sich der Verpflichtete (als Beklagter), der Betreibenden (als Klägerin) die Wohnung in Wien *****, Zug-um-Zug gegen Bezahlung von 110.000 S geräumt von seinen Fahrnissen .... bis längstens 22. 12. 1997 zu übergeben.

Am 11. 5. 1998 beantragte die Betreibende aufgrund des genannten Vergleiches die Bewilligung der Räumungsexekution mit dem Vorbringen, der dem Verpflichteten zu bezahlende Betrag von 110.000 S werde abzüglich Benützungsentgelt in Höhe von 10.200 S pro Monat beginnend ab Jänner 1998 Zug-um-Zug bei Vollzug der Räumung übergeben werden (ON 14).

Das Erstgericht bewilligte die Räumungsexekution ohne Bezugnahme auf die im Vergleich enthaltene Zug-um-Zug-Gegenleistung und das diesbezügliche Vorbringen der Betreibenden.

Das Gericht zweiter Instanz änderte infolge Rekurses des Verpflichteten die Exekutionsbewilligung dahin ab, daß es diese um die aus dem Titel ersichtliche Zug-um-Zug-Verpflichtung ergänzte, und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Nach § 8 EO dürfe bei einer Verpflichtung zu einer Zug-um-Zug-Leistung die Bewilligung der Exekution nicht vom Nachweis abhängig gemacht werden, daß die Gegenleistung bereits bewirkt oder doch ihre Erfüllung sichergestellt sei. Allerdings müsse eine Exekutionsbewilligung zur Durchsetzung einer Leistung, die der Verpflichtete nur Zug-um-Zug gegen eine vom betreibenden Gläubiger zu gewährende Gegenleistung (hier 110.000 S) zu entrichten brauche, einen entsprechenden Hinweis auf diese Beschränkung enthalten. Dem liege der Gedanke zugrunde, daß nur die Bewilligung der Exekution vom Nachweis oder von der Sicherstellung der Zug-um-Zug-Gegenleistung unabhängig sei, während der Vollzug der Exekution einen solchen Nachweis dann voraussetze, wenn die Vollzugshandlung unmittelbar, nämlich ohne weitere Mitwirkung des Gerichtes, zur Befriedigung des Gläubigers führe. Die Gegenleistungsverpflichtung des betreibenden Gläubigers bedeute daher eine Minderung seines Vollstreckungsanspruches, die im Exekutionsbewilligungsbeschluß zum Ausdruck zu bringen sei, weil ihm sonst ein über den Exekutionstitel hinausgehender Vollstreckungsanspruch zugebilligt würde. Die im Exekutionsantrag angekündigte Absicht der betreibenden Partei, von dieser Gegenleistung Benützungsentgelte in Abzug zu bringen, habe mangels Deckung im Exekutionstitel in der Exekutionsbewilligung keinen Niederschlag zu finden. Entgegen der Auffassung des Verpflichteten sei die Sechsmonatefrist des § 575 Abs 2 ZPO (dessen Anwendbarkeit im Sinne des vom Verpflichteten im Prozeß vertretenen Standpunktes, er sei Mieter der zu räumenden Wohnung gewesen, unterstellt sei) gewahrt, weil sie vom Räumungstermin (22. 12. 1997) und nicht vom Vergleichsabschluß (30. 10. 1997) an laufe.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die zweitinstanzliche Entscheidung erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurse beider Parteien sind entgegen der Auffassung der Vorinstanz zulässig, weil zur Frage, inwieweit der betreibende Gläubiger gegen seine Zug-um-Zug-Zahlungsverpflichtung im Exekutionsantrag bzw im Exekutionsverfahren mit einer Gegenforderung aufrechnen kann und im Fall einer Aufrechnungserklärung des betreibenden Gläubigers die Exekution bewilligt werden darf, Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt. Sie sind indessen nicht berechtigt.

Zum Revisionsrekurs der Betreibenden:

Gemäß § 8 Abs 1 EO ist die Bewilligung der Exekution wegen eines Anspruchs, den der Verpflichtete nur gegen eine ihm Zug-um-Zug zu gewährende Gegenleistung zu erfüllen hat, vom Nachweis, daß die Gegenleistung bereits bewirkt oder doch ihre Erfüllung sichergestellt ist, nicht abhängig. Weil jedoch der Vollstreckungsanspruch des betreibenden Gläubigers durch die im Exekutionstitel enthaltene Zug-um-Zug-Zahlungsverpflichtung gemindert ist, hat auch bereits die Exekutionsbewilligung diesen Hinweis (gemäß § 8 Abs 1 EO) auf die Beschränkungen des Vollzugs zu enthalten (so die Rechtsprechung MGA-EO13 § 8/5, 6; Heller/Berger/Stix 214). Entgegen der von der Betreibenden im Revisionsrekurs vertretenen Auffassung kann dabei auf die behauptete Gegenforderung nicht Bedacht genommen werden. Wie sich aus § 8 Abs 1 EO ergibt, muß der betreibende Gläubiger nachweisen, daß die Gegenleistung bewirkt oder doch ihre Erfüllung sichergestellt ist; wenn er die Bewilligung der Exekution ohne den erwähnten Beisatz erreichen will. Nun mag es zutreffen, daß eine Gegenleistung, die in der Zahlung einer Forderung des Verpflichteten besteht, auch dann als bewirkt anzusehen ist, wenn der betreibende Gläubiger dagegen mit einer eigenen Forderung aufrechnet, zumal eine solche Aufrechnung als Zahlung wirkt (Koziol/Welser10 I 277). Das Erfordernis des Nachweises der Bewirkung der Gegenleistung verlangt aber, daß der betreibende Gläubiger eine als Exekutionstitel geeignete Urkunde, also vor allem eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung vorlegt, aus der sich der Bestand seiner Forderung ergibt. Dabei könnte auch in Betracht kommen, daß es sich um eine Urkunde handeln muß, die erst nach dem im § 35 Abs 1 EO genannten Zeitpunkt entstanden ist. Hierauf muß hier aber nicht eingegangen werden, weil die Betreibende überhaupt keine Urkunde vorgelegt hat und überdies die angeführte Voraussetzung hier jedenfalls erfüllt wäre, weil sich die von der Betreibenden eingewendete Forderung auf einen nach der Entstehung des Exekutionstitels liegenden Zeitraum bezieht.

Steht einem Verpflichteten im Falle eines in mehreren Stufen durchzuführenden Vollzuges (Pfändung, Schätzung, Verkauf, .....) eines Exekutionsverfahrens aufgrund eines Titels gemäß § 8 Abs 1 EO der Aufschiebungsantrag nach § 42 Abs 1 Z 4 EO (... wenn der Gläubiger die ihm obliegende Gegenleistung weder bewirkt noch zu bewirken oder sicherzustellen bereit ist) zur Verfügung, so versagt dieser Rechtsbehelf im Falle der nur in einem Vollzugsakt bestehenden Räumungsexekution, weshalb in diesem Fall vom Vollzug der Räumung solange abzusehen sein wird, bis der Nachweis der Erbringung oder Sicherstellung der Gegenleistung vom betreibenden Gläubiger erbracht ist (Heller/Berger/Stix 219). Auch dabei wird jedoch der betreibende Gläubiger nur mit titulierten oder vom Verpflichteten anerkannten (Gegen-)Forderungen gegen seine Zug-um-Zug-Zahlungspflicht aufrechnen können.

Da die Betreibende hier die von ihr behauptete Forderung nicht nachgewiesen hat, muß ihrem Revisionsrekurs ein Erfolg versagt bleiben.

Zum Revisionsrekurs des Verpflichteten:

Zwar ist ein Exekutionsantrag abzuweisen, wenn zur Zeit der Entscheidung hierüber bereits feststeht, daß die Exekution nicht zum Erfolg führen kann (vgl die E in der MGA EO13 § 3/40). Dies bedeutet für die Bewilligung der Exekution wegen eines Anspruchs, den der Verpflichtete nur gegen eine ihm Zug-um-Zug zu erbringende Gegenleistung zu erfüllen hat, daß die Exekution nicht bewilligt werden darf, wenn feststeht, daß der betreibende Gläubiger die Gegenleistung nicht erbringen wird oder kann. Hiezu hat der Oberste Gerichtshof bisher, soweit dies überblickt werden kann, noch nicht Stellung genommen, und zwar entgegen dem Leitsatz in der MGA EO13 § 8/11 - auch nicht in der Entscheidung JBl 1961, 551). Die angeführte Voraussetzung für die Abweisung des Exekutionsantrags liegt hier aber nicht vor. Das Vorbringen der Betreibenden im Exekutionsantrag läßt nur erkennen, daß diese nach Möglichkeit aufrechnen will, es läßt aber nicht eindeutig den Schluß zu, daß sie die Gegenleistung auch dann nicht erbringen wird, wenn die Aufrechnung nicht zulässig sein sollte.

Es muß daher auch der Revisionsrekurs des Verpflichteten erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht bei beiden Rechtsmitteln auf den §§ 78 EO, 50, 40 ZPO.

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