Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit S 41.536,80 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 6.922,80) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Gemäß § 510 Abs 3 ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof bei Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.
In den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtssachen begehrten die Kläger, die von ihnen im Rahmen der mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten abgeschlossenen Kreditverträge bereits geleisteten Kreditraten zurückzuzahlen und (teilweise) die erteilten Aufträge zum Kauf der Aktien eines Anlageunternehmens und von Partizipationsscheinen der Beklagten sowie die zum Erwerb dieser Wertpapiere abgeschlossenen Kreditverträge aufzuheben. Damit verbanden sie verschiedene Eventualbegehren. Sie brachten dazu vor, durch unrichtige, unvollständige und irreführende Prospekte zur Unterfertigung der Kauf- und Kreditanträge veranlasst worden zu sein. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe wesentliche Aufklärungspflichten verletzt. Sie sei über ihre Rolle als Finanzierer und Effektenhändler hinaus auch als Initiator für die Vermögensanlageprodukte des Anlageunternehmens anzusehen. Die Verträge wurden wegen Irrtums und Wegfalls der Geschäftsgrundlage angefochten. Die Verletzung vorvertraglicher Sorgfalts- und Aufklärungspflichten mache die Beklagte schadenersatzpflichtig.
Die Beklagte wendete ein, ihre Rechtsvorgängerin sei lediglich als Finanzierer aufgetreten und habe mit dem Vertrieb der Wertpapiere nichts zu tun gehabt. Es habe kein Anlass für warnende Aufklärung bestanden, weil es sich bei den von den Klägern erworbenen Aktien um ein durchaus geeignetes Anlageobjekt gehandelt habe. Die Beteiligung der Rechtsvorgängerin der Beklagten an der mit dem Verkauf der Anlageprodukte betrauten Gesellschaft könne keine persönliche Haftung der Beklagten begründen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren der überwiegenden Anzahl der Kläger statt und wies das Begehren unter anderem der Kläger zu 8.), 9.), 11.), 14.) und 21.) ab. Es vertrat die Ansicht, die Kläger seien zur Anfechtung wegen Irrtums berechtigt, weil bei den Kunden in einer der Rechtsvorgängerin der Beklagten zurechenbarer Weise der Anschein einer besonders günstigen und sicheren Anlageform erweckt worden sei. Die Aufklärung über das Kursrisiko und die negativen Berichte in der Wirtschaftspresse sei unterblieben. Dort, wo die Beklagte der Irrtumsanfechtung zu Recht den Einwand der Verjährung entgegengehalten habe, werde den Klägern wegen Verletzung der Aufklärungspflicht aus dem Titel des Schadenersatzes die Wiederherstellung des vorigen Zustands gewährt. Die Klagsabweisungen seien darin begründet, dass die Kausalität der unrichtigen Beratung für den Vertragsabschluss nicht erweislich sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge und änderte das Ersturteil in seinem abweisenden Teil infolge Berufung einzelner Kläger dahin ab, dass auch deren Klagebegehren stattgegeben wurde. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Das Berufungsgericht bejahte das Vorliegen der Voraussetzungen für die Irrtumsanfechtung. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe sich nicht auf die Rolle des Finanzierers beschränkt, sondern sei vielmehr aktiv an der Konzeption des Projekts beteiligt gewesen und habe insbesondere den Hinweis, dass die Vertreibergesellschaft ein Mitglied ihrer Unternehmensgruppe sei, sowie die Verwendung ihres Firmenlogos auf Unterlagen und Visitenkarten der Personen, die als Vermittler tätig waren, gestattet. Sie sei auch Durchführende des Effektengeschäfts gewesen, dessen Finanzierung der bei ihr aufgenommene Kredit dienen sollte. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten müsse sich das Verhalten ihrer Verhandlungsgehilfen zurechnen lassen. Der Irrtum über das Beteiligungsgeschäft berechtige auch zur Anfechtung des Finanzierungsgeschäfts, weil Kreditvertrag und Kaufauftrag eine untrennbare Einheit bildeten. Entgegen den Zusagen der Vermittler und in den Prospekten habe die Anlagegesellschaft nicht nur in Immobilien investiert, sondern mit hohem Aufwand den Erwerb eines Bankhauses finanziert. Bei Kenntnis des wahren Sachverhalts hätten die Kläger die Verträge nicht abgeschlossen. Jenen Klägern, deren Recht auf Irrtumsanfechtung verjährt sei, habe die Beklagte wegen Verletzung der sich aus dem vorvertraglichen Schuldverhältnis ergebenden Pflichten ihrer Rechtsvorgängerin Schadenersatz zu leisten. Die Informationspflicht der Rechtsvorgängerin der Beklagten habe sich nicht deshalb verringert oder sei überhaupt entfallen, weil sich einzelne der Kläger schon an einem früheren, jedoch über eine andere Bank abgewickelten Projekt derselben Anlagegesellschaft beteiligt hätten. Es komme darauf an, ob ein solcher Anleger bereits vollständig und richtig über das konkrete Papier informiert war, also keine Aufklärungsnotwendigkeit mehr bestanden habe. Das sei aber bei allen vom Berufungsgericht im Einzelnen dargestellten Vertragsabschlüssen nicht der Fall gewesen. Den vom Erstgericht abgewiesenen Klagebegehren sei stattzugeben, weil aus dem Schutzzweck der Aufklärungspflichten eine Beweislastumkehr dahin abzuleiten sei, dass die beklagte Bank zu beweisen habe, der Schade wäre auch bei pflichtgemäßer Information eingetreten. Damit seien aber die erstgerichtlichen Feststellungen auch zur Bejahung der Schadenersatzansprüche dieser Kläger ausreichend. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil der Sachverhalt dem zu 7 Ob 177/98z entschiedenen nicht völlig gleich sei und zudem eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle, ob im Fall der Verletzung vorvertraglicher Informationspflichten der Geschädigte auch einen Anspruch auf Befreiung vom Vertrag habe und unter welchen Voraussetzungen im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften bei der Kausalität von einer Beweislastumkehr auszugehen sei.
Die Revision ist wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage - der gegenteilige Ausspruch des Berufungsgerichtes ist nicht bindend - nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionswerberin stützt ihr Rechtsmittel darauf, dass die Kläger, deren Ansprüche hier noch strittig sind, im Gegensatz zu dem in 7 Ob 177/98z zu beurteilenden Sachverhalt aufgrund der früheren, über eine andere Bank vorgenommenen Veranlagung bereits Aktionäre der Anlagegesellschaft waren. Es habe sich daher um "anlageerfahrene" Erklärungsempfänger gehandelt, denen überdies in einem Aktionärsbrief auch die Finanzierung des Erwerbs eines Bankhauses durch die Anlagegesellschaft mitgeteilt worden sei.
Mit der Entscheidung 7 Ob 177/98z (= ecolex 1999, 617 [Wilhelm] = ÖBA 1999, 900 [Apathy]) hat der Oberste Gerichtshof in vergleichbaren Veranlagungsfällen die Aufklärungspflicht der Rechtsvorgängerin der Beklagten, die ihre Rolle als Kreditgeberin überschritt, bejaht und deren Verletzung angenommen: Absichtliches Verschweigen eines erheblichen Umstands bedeute dann List, wenn der andere nach den im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten oder aus besonderen Gründen verpflichtet sei, den Irrenden aufzuklären (RIS-Justiz RS0014816; 1 Ob 227/98h), wobei der Umstand der Aufklärungspflicht jedenfalls von den Umständen des Einzelfalles abhänge (2 Ob 382/97h). Die Entscheidung des Berufungsgerichts, die ohnedies nur von einem von der Rechtsvorgängerin der Beklagten zurechenbar veranlassten Irrtum und - im Rahmen des Zuspruchs aus dem Titel des Schadenersatzes - vom Vorliegen eines Sorgfaltsverstoßes ausging, entspricht der Rechtsprechung und wird in diesem Umfang in der Revision auch gar nicht ausdrücklich bekämpft.
Auch der in der Revision der Beklagten als hauptsächlicher Anfechtungsgrund hervorgehobene Umstand, dass die Kläger bereits Aktionäre der Anlagegesellschaft waren, vermag an der Aufklärungspflicht bei Abschluss neuer Verträge nichts zu ändern, haben sich doch die Verhältnisse durch den Erwerb des Bankhauses erheblich geändert. Es kann durchaus sein, dass der Beklagten bzw ihrer Rechtsvorgängerin die Beteiligung an der Bank nicht risikoträchtig erschien; doch kommt es darauf nicht entscheidend an, weil jedenfalls dadurch das tragende Element der Zusicherungen der Verhandlungsgehilfen der Beklagten wegfiel, die beworbene Anlageform sei deshalb so besonders sicher, weil die Beteiligung an einem Unternehmen erfolge, das ausschließlich in Immobilien investiere. Abgesehen davon war - wie das Berufungsgericht zutreffend hervorhob - den Klägern, die immer nur eine sichere Geldanlage suchten (Produktbezeichnung: "Vorsorge"), auch beim ersten Aktienerwerb keine umfassende Aufklärung, insbesondere über das bestehende Kursrisiko zuteil geworden, sodass auch aus diesem Grund eine umfassende Information nicht hätte unterbleiben dürfen. Dies gilt auch vor dem Hintergrund des Rechtsmittelvorbringens, die Kläger seien mittels Aktionärbriefs über den Erwerb des Bankhauses informiert worden oder hätten Informationen in der Hauptversammlung erhalten können, weil schon nach der Art der Präsentation des Beteiligungsmodells nicht damit gerechnet werden konnte, die Kläger seien auf dem Aktienmarkt erfahrene Experten, hätten daher mögliche Informationen wahrgenommen und daraus die entsprechenden Schlüsse gezogen. Nach den Feststellungen wussten viele der Kläger über das Wesen einer Aktie nicht Bescheid und wurde ihnen in beiden Fällen des Vertragsschlusses durch die Vermittler vorgetäuscht, die Veranlagung sei absolut risikolos und wertsicher (in diesem Sinne bereits 2 Ob 313/99i).
Die Revision der Beklagten ist wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die Kläger haben in der Revisionsbeantwortung ausdrücklich auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen.
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