Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit S 37.871,56 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 6.311,93, keine Barauslagen) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Gemäß § 510 Abs 3 ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof bei Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.
Mit der am 13. 3. 1995 beim Erstgericht eingelangten Klage stellten die Kläger das Hauptbegehren, die von ihnen an die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei erteilten Aufträge zum Kauf der Aktien der R***** AG und von Partizipationsscheinen der beklagten Partei sowie die zum Erwerb dieser Wertpapiere abgeschlossenen Kreditverträge aufzuheben und die beklagte Partei dazu zu verurteilen, die bereits geleisteten Kreditraten von S 196.000 (Erstkläger), S 123.000 (Zweitklägerin), S 445.000 (Drittkläger), S 223.000 (Viertkläger), S 100.000 (Fünftkläger), S 460.000 (Siebtkläger) und S 36.000 (Achtkläger) zurückzubezahlen. Hilfsweise wurden verschiedene Eventualbegehren gestellt.
Sie brachten dazu vor, durch unrichtige, unvollständige und irreführende Prospekte zur Unterfertigung der Kauf- und Kreditanträge veranlasst worden zu sein. Der beklagten Partei bzw ihren Verhandlungsgehilfen sei Arglist vorzuwerfen.
Die beklagte Partei wendete ein, lediglich als Finanzierer aufgetreten zu sein, ihre Rechtsvorgängerin habe mit dem Vertrieb der Wertpapiere nichts zu tun gehabt. Sämtliche Ansprüche seien verjährt.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren kostenpflichtig statt und vertrat - ohne auf den Verjährungseinwand einzugehen - die Ansicht, die Kläger seien zur Anfechtung wegen Irrtums berechtigt.
Das von der beklagten Partei angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, die ordentliche Revision sei zulässig.
Das Berufungsgericht verneinte die Verjährung des Anfechtungsrechtes der Kläger mit der Begründung, der vorliegende Fall stelle geradezu ein Schulbeispiel für das beabsichtigte Verschweigen erheblicher Umstände, über die die Kläger aufzuklären gewesen wären dar, also für ein arglistiges Vorgehen. Angesichts der 30jährigen Verjährungsfrist sei die Klage sohin nicht verspätet.
Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht für zulässig, weil in der im Verfahren zu 7 Ob 177/98z ergangenen Entscheidung nicht geprüft worden sei, ob den Beteiligten ein listiges Vorgehen anzulasten sei; ein vergleichbarer Sachverhalt sei vom Obersten Gerichtshof noch nicht entschieden worden. Überdies erscheine die Zulassung auch deshalb geboten, um eine einheitliche Entscheidung hinsichtlich sämtlicher Beklagter zu gewährleisten.
Dagegen richtet sich die Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass das Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Kläger haben Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, das Rechtsmittel der beklagten Partei nicht zuzulassen, in eventu, ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage - der gegenteilige Ausspruch des Berufungsgerichtes ist nicht bindend - nicht zulässig. Richtig ist zwar, dass in der "Vorentscheidung" 7 Ob 177/98z (= ecolex 1999, 617 [Wilhelm] = ÖBA 1999, 900 [Apathy]) nicht geprüft wurde, ob ein listiges Vorgehen der Verhandlungsgehilfen der Beklagten vorliegt. Es wurde in dieser Entscheidung aber die Aufklärungspflicht des Kreditinstitutes, das seine Rolle als Kreditgeber überschreitet (sohin der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei), bejaht und eine Verletzung derselben angenommen. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass absichtliches Verschweigen eines erheblichen Umstandes dann List bedeutet, wenn der andere nach den im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten oder aus besonderen Gründen verpflichtet ist, den Irrenden aufzuklären (RIS-Justiz RS 0014816; 1 Ob 227/98h), wobei der Umfang der Aufklärungspflicht jedenfalls von den Umständen des Einzelfalles abhängt (2 Ob 382/97h). Der Irrtum des anderen muss vom Vorsatz - dolus eventualis genügt (s Apathy in Schwimann**2, ABGB Rz 4 zu § 870) - umfasst sein.
Die Entscheidung des Berufungsgerichtes entspricht dieser Judikatur, weshalb - entgegen der von ihm vertretenen Ansicht - die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht gegeben sind.
Aber auch in der Revision der beklagten Partei werden keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn dieser Bestimmung dargelegt. Unrichtig ist, dass keine konkreten Feststellungen zu den jeweiligen einzelnen Fällen vorliegen, weil das Erstgericht den (gemeinsamen) Inhalt sämtlicher Beratungsgespräche festgestellt hat. Es kommt nicht darauf an, ob der beklagten Partei oder ihrer Rechtsvorgängerin (bzw ihren Organen) Arglist vorzuwerfen ist, sondern darauf, ob den Verhandlungsgehilfen eine solche anzulasten ist. Dies ergibt sich schon aus der Entscheidung 7 Ob 177/98z. Auch der Umstand, dass die Kläger - mit Ausnahme des Siebtklägers - bereits Aktionäre der R***** AG waren, vermag an der Aufklärungspflicht beim Erwerb der gegenständlichen Wertpapiere nichts zu ändern, haben sich doch die Verhältnisse schon durch den Erwerb der R*****bank erheblich geändert. Es kann durchaus sein, dass der beklagten Partei bzw ihrer Rechtsvorgängerin die Beteiligung an der Rösslerbank nicht risikoträchtig erschien; eine erhebliche Fehlbeurteilung kann aber in der Ansicht des Berufungsgerichtes, es hätten die Kläger, die ja nach den Feststellungen über die Zusicherungen der Verhandlungsgehilfen der Beklagten glauben mussten, eine Art Miteigentum an den von der R***** AG erworbenen Liegenschaften zu erwerben, über diesen Umstand aufgeklärt werden müssen, nicht erblickt werden. In diesem Zusammenhang weist die Revision der beklagten Partei selbst darauf hin, dass von einer grundsätzlichen Risikolosigkeit keiner Anlageform ausgegangen werden könne. Gerade dies wurde aber den Klägern vorgetäuscht: Die Veranlagung wurde als absolut risikolos und wertsicher dargestellt.
Das Rechtsmittel der beklagten Partei war deshalb wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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