Spruch:
1) Dem Revisionsrekurs der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 12.960 S (darin 2.160,- S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.
2) Der Oberste Gerichtshof stellt gemäß Art 89 Abs 2 B-VG (Art 140 B-VG) an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, Art 3 lit d erster Halbsatz der Richtlinie "Arzt und Öffentlichkeit" als gesetzwidrig aufzuheben.
Mit der Fortführung des Verfahrens über den Revisionsrekurs der beklagten Partei wird gemäß § 62 Abs 3 VFGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs innegehalten.
Text
Begründung
Die Klägerin ist nach dem Ärztegesetz zur Wahrnehmung aller Angelegenheiten berufen, die die gemeinsamen beruflichen, sozialen und wirtschaftlichen Interessen der Kammerangehörigen von zwei oder mehr Ärztekammern berühren oder von einer Ärztekammer an sie herangetragen werden. In der klagenden Österreichischen Ärztekammer besteht eine Bundeskurie der Zahnärzte, der im Besonderen die Wahrnehmung und Förderung der beruflichen, sozialen und wirtschaftlichen Interessen der Zahnärzte obliegt.
Der Beklagte ist Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde. Er ist Geschäftsführer der S***** *****gesellschaft mbH, an der er auch mit einer Stammeinlage von 167.000 S beteiligt ist.
Auf einer Doppelseite der März-Ausgabe 1999 des monatlich erscheinenden Modemagazins "E*****" erschien nachstehende als Anzeige gekennzeichnete Information über die "Dentalklinik S*****":
Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches begehrt die Klägerin die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, womit dem Beklagten jede Information im Zusammenhang mit der Ausübung des ärztlichen Berufes durch
a) Anzeigen in Printmedien, welche mehr als ein Viertel einer Seite des jeweiligen Printmediums betragen, und/oder
b) Nennung von Preisen für ärztliche Leistungen, wie zB Jacketkronen um 8.000 S bis 10.000 S pro Zahn und/oder
c) Informationen, die sich nicht auf zahnmedizinische Inhalte beziehen, wie zB die Mitteilung, dass ein Fotomodell bei Castings wegen seiner Zähne immer wieder durchfällt oder dass beim Beklagten nicht nur Schauspieler und Fotomodelle, sondern auch Politiker, Diplomaten und Topmanager aus- und eingehen, und/oder
d) Einbeziehung von Patienten, wie zB durch die Aussage, dass beim Beklagten nicht nur Schauspieler, Fotomodelle, sondern auch Politiker, Diplomaten und Top-Manager aus- und eingehen, und/oder
e) herabsetzende Äußerungen über die Tätigkeit und die medizinischen Methoden anderer Zahnärzte, zB dadurch, dass die Behandlung mit Amalgamfüllungen als hässlich und medizinisch umstritten bezeichnet wird, und/oder
f) Werbung für Heilbehelfe und sonstige medizinische Produkte, wie zB die Intra-Oralkamera oder die sogenannten Veneers, verboten werde.
Der Beklagte sei Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde und betreibe die Dentalklinik S***** als private Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums. Der im Modemagazin "E*****" erschienene, als Anzeige gekennzeichnete Artikel informiere über ärztliche Leistungen, die dort erbracht würden. Er sei als Werbung für ärztliche Tätigkeiten nach § 53 Ärztegesetz 1998 zu beurteilen. Der Beklagte werde darin mehrfach namentlich genannt und zitiert. Das Ärztegesetz verbiete jede unsachliche und das Standesansehen beeinträchtigende Information im Zusammenhang mit der Ausübung des ärztlichen Berufs. Die gefestigte Standesauffassung über den Begriff des ärztlichen Standesansehens werde in den von der Klägerin aufgrund der Ermächtigung des § 25 Abs 4 ÄrzteG 1984 (nunmehr § 53 Abs 4 ÄrzteG 1998) erlassenen verbindlichen Richtlinien wiedergegeben. Verstöße gegen die Richtlinie "Arzt und Öffentlichkeit" seien zugleich Verstöße gegen § 1 UWG. Die vorliegende Anzeige verstoße gegen Art 5e, 3d, 1, 3b, 3a und 3c der Richtlinie: Sie überschreite den nach Art 5e zulässigen Umfang einer Anzeige von maximal einer Viertelseite des jeweiligen Printmediums, nenne entgegen Art 3d den Preis für Jacketkronen, sei insofern unsachlich, als sie Inhalte nicht zahnmedizinischer Art aufweise, indem sie über die Misserfolge eines namentlich genannten Fotomodells berichte sowie darüber, dass beim Beklagten nicht nur Schauspieler und Fotomodelle, sondern auch Politiker, Diplomaten und Top-Manager aus- und eingehen. Damit beziehe die Anzeige aber auch Patienten ein und sei somit nach Art 3b der Richtlinie standeswidrig. Sie setze überdies die Tätigkeit und medizinische Methode jener Zahnärzte herab, die Behandlungen mit Amalgam durchführen und verstoße gegen Art 3a der Richtlinie. Überdies werbe sie für Heilbehelfe und sonstige medizinische Produkte und sei damit standeswidrig im Sinn des Art 3c der Richtlinie. Diese Werbung verschaffe dem Beklagten einen Wettbewerbsvorteil gegenüber jenen Zahnärzten, die die Richtlinie beachten; seine Vorgangsweise sei sittenwidrig im Sinn des § 1 UWG.
Der Beklagte beantragt Abweisung des Sicherungsantrages. Betreiber der Dentalklinik S***** sei nicht er, sondern die S*****gmbH. Er habe auch das Inserat nicht geschaltet. Der Artikel enthalte im Übrigen nur zulässige Informationen und sachlich gerechtfertigte Aussagen. Er informiere über die medizinischen Tätigkeitsgebiete, über diagnostische und therapeutische Methoden und medizinische Einrichtungen und stelle Beratungs- und Betreuungsleistungen dar, diene somit einem berechtigten Informationsbedürfnis und beeinträchtige das Standesansehen nicht.
Das Erstgericht wies das Sicherungsbegehren ab. Die Klägerin habe weder bescheinigt, dass der Beklagte die Dentalklinik S***** betreibe, noch dass er Werbemaßnahmen für ihren Geschäftsbetrieb treffe. Dass der Beklagte Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde sei und als "ärztlicher Leiter" der genannten Klinik fungiere, rechtfertige die Erlassung der einstweiligen Verfügung nicht.
Das Rekursgericht verbot dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung nachstehende Informationen im Zusammenhang mit der Ausübung des ärztlichen Berufs:
a) Anzeigen in Printmedien, welche mehr als ein Viertel einer Seite des jeweiligen Printmediums betragen;
b) die Nennung von Preisen für ärztliche Leistungen wie zB Jacketkronen um 8.000 S bis 10.000 S pro Zahn;
c) Informationen, dass beim Beklagten nicht nur Schauspieler und Fotomodelle, sondern auch Politiker, Diplomaten und Top-Manager aus- und eingehen;
d) herabsetzende Äußerungen über die medizinischen Behandlungsmethoden anderer Zahnärzte, zB dass die Behandlung mit Almagamfüllungen als hässlich und medizinisch umstritten bezeichnet werde.
Das darüber hinausgehende Mehrbegehren (aus Punkten c, d und f des Sicherungsantrags) wies es ab. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Frage der Spezialisierung eines Arztes im Zusammenhang mit der Richtlinie "Arzt und Öffentlichkeit" Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle. Das Rekursgericht stellte ergänzend fest, im amtlichen Telefonbuch für Wien finde sich die Eintragung "S*****gesmbH Dr. Ernst W*****" und auf einer weiteren Seite "W***** Ernst, Dr. med., *****". Bei beiden Eintragungen seien dieselben Telefonnummern angeführt. Rechtlich bejahte es die Passivlegitimation des Beklagten. Aufgrund des notorisch anzunehmenden Sachverhalts (Firmenbucheintragung und Eintragungen im amtlichen Telefonbuch) sei davon auszugehen, dass der Beklagte als Gesellschafter, ärztlicher Leiter und handelsrechtlicher Alleingeschäftsführer der S*****gesellschaft mbH sowohl die Einschaltung des als Anzeige bezeichneten Artikels veranlasst habe, als auch, dass er damit seine eigene Zahnarztpraxis fördern wolle. Sollte er den Artikel nicht ohnehin selbst geschaltet haben, wäre er als Geschäftsführer der genannten GmbH auch in der Lage gewesen, die Veröffentlichung zu verhindern. Die Anzeige verstoße sowohl gegen Art 5e der Richtlinie, wonach sie nur maximal ein Viertel einer Seite des Printmediums betragen dürfe, als auch gegen Art 3d, wonach Preise für die eigenen privatärztlichen Leistungen in der Öffentlichkeit nicht genannt werden dürfen. Mit der Darstellung, dass hässliche und medizinisch umstrittene Amalgamfüllungen in manchen Ländern nicht mehr empfohlen würden, versuche sich der Beklagte offenbar gegenüber anderen Zahnärzten, die diese Füllungen noch verwenden, positiv abzuheben und diese Zahnärzte als offenbar nicht mehr auf dem Stand der wissenschaftlichen Entwicklung befindlich abzuwerten. Die Veröffentlichung verstoße damit gegen Art 3a der Richtlinie. Das im Antrag unter Punkt c und d enthaltene Unterlassungsbegehren enthalte eine unsachliche Information, die sich nicht auf medizinische Inhalte beziehe und bei der die gebotene medizinische Objektivität nicht gewahrt werde; der Beklagte wolle sich damit als "Prominentenzahnarzt" selbst aufwerten. Diese Veröffentlichung verstoße gegen Art 1 der Richtlinie. Konkrete Patienten seien jedoch darin nicht genannt, sodass entgegen der Ansicht der Klägerin kein Verstoß gegen Art 3b der Richtlinie vorliege. Art 4 lit a der Richtlinie gestatte hingegen Ärzten, Informationen über die eigenen medizinischen Tätigkeitsgebiete, die der Arzt aufgrund seiner Aus- und Fortbildung beherrscht, insbesondere auch Hinweise auf die Spezialisierung in diagnostischen und therapeutischen Methoden zu geben. Aus dem Wort "insbesondere" sei zu schließen, dass der Arzt über Spezialisierungen auch berichten darf, wenn er keine zusätzlichen Diplome oder Zertifikate erworben habe. Der Beklagte sei offenbar der Ansicht, dass er sich als Zahnarzt in Richtung Zahnästhetik weiterentwickelt habe. Dass dies nicht der Fall sei, sei dem Sicherungsantrag nicht zu entnehmen. Es müsse dem Beklagten daher gestattet sein, auf seine besonderen Kenntnisse auf dem Gebiet der Zahnästhetik auch in der Öffentlichkeit hinzuweisen und alles, was mit dieser Spezialisierung im Zusammenhang stehe, anzuführen, so zB, dass er einer Frau, die als Fotomodell arbeiten will, zum Erfolg verhelfen könne, weil sie mit den verschönerten Zähnen bei Castings nicht mehr durchfalle, und dass er zur Verschönerung der Zähne sogenannte Veneers einsetzen könne, ferner dass die zu verschönernde Frau durch eine Intra-Oralkamera den Verschönerungsvorgang während der Behandlung kontrollieren könne. Bei diesen Angaben handle es sich um keine unlautere Werbung, auch wenn der Arzt grundsätzlich für Heilbehelfe und sonstige medizinische Produkte nach Art 3c der Richtlinie nicht werben dürfe. Soweit ein Arzt erlaubterweise auf seine Spezialisierung hinweise, könne der Hinweis auf vorzunehmende therapeutische Methoden sowie die mögliche Kontrolle durch den Patienten (Intra-Oralkamera) und die anzuwendenden Heilbehelfe (Veneers) keine standeswidrige Information im Sinn des Art 3 der Richtlinie sein.
Soweit der Beklagte gegen die Richtlinie verstoßen habe, verschaffe er sich einen unerlaubten Vorteil gegenüber anderen Ärzten, die diese Richtlinie einhalten, sein Verhalten sei daher sittenwidrig im Sinn des § 1 UWG.
Beide Streitteile erhoben Revisionsrekurs.
Rechtliche Beurteilung
1.) Der Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig, aber nicht berechtigt. Er richtet sich gegen die Teilabweisung ihres Sicherungsbegehrens, dem Beklagten auch die Werbung für Heilbehelfe und sonstige medizinische Produkte wie zB Intra-Oralkamera und sogenannte Veneers (lit f des Begehrens) und Informationen zu verbieten, die sich nicht auf zahnmedizinische Inhalte bezögen, wie zB, dass ein Fotomodell bei Castings wegen seiner Zähne immer wieder durchfalle (lit d des Begehrens).
Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass der Arzt auch die nach Art 4 lit a bis g der Richtlinie zulässigen Informationen nur dann verbreiten darf, wenn sie im Sinn der Art 1 bis 3 sachlich und wahr sind und die Standesehre nicht beeinträchtigen. Die im Zusammenhang mit der Spezialisierung auf dem Gebiet der Zahnästhetik getroffenen Aussagen sind daher (im Rahmen des Sicherungsbegehrens: § 405 ZPO) auf ihre Übereinstimmung mit Art 1 bis 3 der Richtlinie zu überprüfen.
Die Klägerin macht nun geltend, die Information über ein bestimmtes - mit Namen und Alter genanntes - Fotomodell, das bei Castings wegen seiner Zähne immer wieder durchgefallen sei, verstoße gegen Art 1 und 3b der Richtlinie und sei daher zu verbieten. Ob die Anführung von Namen und Alter (dass das Fotomodell in der Anzeige auch abgebildet sei, macht die Klägerin nicht geltend) den Tatbestand standeswidriger Information durch Einbeziehung von Patienten (Art 3b der Richtlinie) verwirklicht, braucht hier nicht abschließend beurteilt zu werden. In ihrem Sicherungsantrag hat nämlich die Klägerin die Anführung des Fotomodells nur im Zusammenhang mit unsachlicher Werbung beanstandet und erstmals im Rechtsmittelverfahren auf einen dadurch allenfalls auch verwirklichten Verstoß gegen Art 3b verwiesen. Ein solcher Verstoß ist aber vom Sicherungsbegehren nicht erfasst.
Das Rekursgericht hat die Unsachlichkeit der Information in Bezug auf das (namentlich genannte) Fotomodell verneint. Seine Auffassung ist nicht zu beanstanden. Fotomodelle werden einer breiten Öffentlichkeit als Werbeträger bekannt. Ihr Aussehen - und damit auch die angestrebte positive Wirkung auf den Absatz des umworbenen Produkts - wird maßgeblich durch die Zähne mitbestimmt. Ein schlechtes Zahnbild wird daher in aller Regel Engagements verhindern. Der Hinweis, ein Fotomodell, das bei Castings immer wieder durchgefallen sei, erfolgreich behandeln zu können, ist im Zusammenhang mit den nach Art 4 zulässigen Aussagen über die Spezialisierung auf dem Gebiet der Zahnästhetik nicht unsachlich im Sinn des Art 1. Sie entspricht im vorliegenden Fall auch dem Informationsbedürfnis von Arzt und Patienten in angemessener Weise. Einen Verstoß gegen Art 5 lit b, c oder d hat die Klägerin nicht geltend gemacht.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, die Hinweise auf die in der Dentalklinik zum Einsatz kommende Intra-Oralkamera und die sogenannten "Veneers" verstießen gegen das Verbot der Werbung für Heilbehelfe und sonstige medizinische Produkte (Art 3d). Ob eine Aussage als Werbung für einen Heilbehelf oder ein medizinisches Produkt zu verstehen ist, richtet sich nach dem Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise im gegebenen Gesamtzusammenhang. Der Artikel führt die Intra-Oralkamera im Zusammenhang mit der Erfassung des Zahnbestandes an und weist auf den damit verbundenen Vorteil für den Zahntechniker hin, der jedes Detail der Originalzähne auf seinem Videoschirm abrufen und den Zahnersatz in Form und Farbe bestmöglich abstimmen könne. Der Patient könne andererseits die Therapieschritte auf dem Bildschirm mitverfolgen. Diese Schilderung stellt auf die Eigenschaft der Kamera als Diagnosegerät und als eine Einrichtung zur Erleichterung der Zusammenarbeit zwischen Arzt und Zahntechniker ab und weist auf die damit verbundene besondere Serviceleistung für den Kunden hin. Sie wird von den angesprochenen Lesern auch in diesem Sinn verstanden und nicht als Werbung für ein bestimmtes medizinisches Produkt. Ob die Anführung der Intra-Oralkamera mit dem Beisatz "unsere" den Eindruck medizinischer Exklusivität erweckt und damit gegen Art 3f der Richtlinie verstößt, braucht nicht geprüft zu werden, weil ein derartiger Verstoß nicht vom Sicherungsbegehren umfasst ist.
Zur Auslegung des in Art 3c der Richtlinie verwendeten Begriffs "Heilbehelf" kann auf § 137 ASVG zurückgegriffen werden, wonach darunter Brillen, orthopädische Schuheinlagen, Bruchbänder, somit dem Heilungszweck dienende Behelfe verstanden werden (Binder in Tomandl, System des österreichischen Sozialversicherungsrechts 224). Der Klägerin ist wohl darin zuzustimmen, dass die sogenannten "Veneers" (nach einem Modell hergestellte und über die Originalzähne versetzte Keramikschalen) nach diesem Verständnis als "Heilbehelf" im weitesten Sinn angesehen werden können. Allerdings wird der von der Anzeige angesprochene Leser im Hinweis auf ihre Verwendung im Gesamtzusammenhang der Anzeige keine Werbung für diesen Heilbehelf entnehmen, gebraucht doch die Anzeige den Begriff "Veneer" nur zur sachlichen Darstellung einer Methode, mit der ein unregelmäßiges Zahnbild behoben oder abgebrochene Zähne wieder aufgebaut werden können. Dass diese Ausführungen der Bewerbung des Heilbehelfs an sich dienen sollen oder so verstanden würden, ist nicht zu erkennen. Hinweise auf eine Behandlungsmethode sind jedoch nach der Richtlinie unbedenklich (RdM 1996/8). Dass die hier gewählte Darstellung unwahr, reklamehaft oder aufdringlich wäre, hat die Klägerin nicht behauptet.
Die Teilabweisung des Sicherungsbegehrens erfolgte somit zu Recht.
Dem unberechtigten Rekurs der Klägerin wird ein Erfolg versagt.
2.) Der Revisionsrekurs der Beklagten richtet sich gegen die vom Rekursgericht erlassene einstweilige Verfügung.
Der Oberste Gerichtshof hat bei Entscheidung über das Rechtsmittel des Beklagten unter anderem Art 3 lit d erster Halbsatz der Richtlinie "Arzt und Öffentlichkeit" anzuwenden. Gegen die Anwendung dieser Verordnungsbestimmung bestehen aus dem Grunde der Gesetzwidrigkeit Bedenken. Der Oberste Gerichtshof hat diese Bestimmung schon mit den Beschlüssen vom 18. 1. 2000, 4 Ob 340/99z (= ÖBl 2000, 14 - Gesundes Kärnten) und vom 14. 3. 2000, 4 Ob 34/00d, zum Gegenstand eines Prüfungsantrags nach Art 89 Abs 2 B-VG gemacht. Die in den früheren Verfahren formulierten, im Folgenden wiedergegebenen Bedenken werden aufrechterhalten:
"Nach § 53 Abs 1 ÄrzteG 1998 hat sich der Arzt jeder unsachlichen, unwahren oder das Standesansehen beeinträchtigenden Information im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufs zu enthalten. § 53 Abs 4 leg cit ermächtigt die Österreichische Ärztekammer, nähere Vorschriften über die Art und Form der im Abs 1 genannten Informationen zu erlassen.
§ 25 ÄrzteG 1984 idF BGBl 1992/461 enthielt eine inhaltsgleiche Regelung. Aufgrund der Verordnungsermächtigung des § 25 Abs 4 ÄrzteG 1984 hat die Österreichische Ärztekammer die Richtlinie "Arzt und Öffentlichkeit" erlassen und in der "Österreichischen Ärztezeitung" vom 10. 2. 1993, Nr 14 - 16, kundgemacht. Das ÄrzteG 1984 ist mit Inkrafttreten des ÄrzteG 1998 I BGBl 169 außer Kraft getreten. Die Wirksamkeit der Richtlinie "Arzt und Öffentlichkeit" wurde dadurch nicht berührt, weil die gesetzlichen Grundlagen auch nach Inkrafttreten des ÄrzteG 1998 gleich geblieben sind (H. Mayer, B-VG2, 123 f).
Nach Art 3 der Richtlinie beeinträchtigt eine Information das Standesansehen, wenn sie Ehre und Ansehen der Ärzteschaft gegenüber der Gemeinschaft, den Patienten oder den Kollegen herabsetzt. Eine standeswidrige Information liegt insbesondere vor bei Nennung des Preises für die eigenen privatärztlichen Leistungen in der Öffentlichkeit sowie der Ankündigung unentgeltlicher Behandlungen, wenn es zum eigenen Vorteil des Arztes erfolgt (Art 3 lit d).
Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung RdM 1996/8 Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit dieser Bestimmung verneint. Die Werbung mit Honorarsätzen beeinträchtige das Standesansehen, weil der Arzt mit der Behandlung eines Kranken eine auf die Bedürfnisse dieses Menschen abgestimmte Leistung erbringen solle, dern Umfang nicht von vornherein feststehe. Biete ein Arzt seine Leistungen zu festen Sätzen an, so könne er naturgemäß den im einzelnen Fall erforderlichen Aufwand nicht berücksichtigen. Eine solche Werbung rücke seine Leistung in die Nähe einer austauschbaren Massenleistung, die sie nach dem allgemeinen Verständnis nicht sein solle.
Diese Erwägungen sind nach wie vor für eine Vielzahl von ärztlichen Behandlungen gültig; sie verlieren aber an Überzeugungskraft, wenn in der Öffentlichkeit der Preis für ärztliche Leistungen genannt wird, deren Umfang - wie bei der Anfertigung festsitzenden Zahnersatzes - nur in einem geringen Ausmaß durch die besonderen Bedürfnisse des jeweiligen Patienten bestimmt wird. Dazu kommt, dass die Preise für festsitzenden Zahnersatz einen längeren Zeitraum hindurch Gegenstand einer - vor allem auch in den Medien - geführten öffentlichen Diskussion waren, bei der die Vergleichbarkeit der Leistungen nicht in Zweifel gezogen wurde.
Das spricht dagegen, jede Nennung des Preises für die eigenen privatärztlichen Leistungen als Herabsetzung von Ehre und Ansehen der Ärzteschaft gegenüber der Gemeinschaft, den Patienten oder den Kollegen und damit als standeswidrig aufzufassen. Würde "das Standesansehen beeinträchtigend" in § 53 Abs 1 ÄrzteG 1998 idS verstanden, dann begegnete dies verfassungsrechtlichen Bedenken:
Nach Art 10 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Vom Schutzumfang dieser Bestimmung, die das Recht der Freiheit der Meinung und der Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten und Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden einschließt, werden sowohl reine Meinungskundgaben als auch Tatsachenäußerungen, aber auch Werbemaßnahmen erfasst. Art 10 Abs 2 EMRK sieht allerdings im Hinblick darauf, dass die Ausübung dieser Freiheit Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, die Möglichkeit von Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen vor, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufs und der Rechte anderer, zur Verhinderung der Verbreitung von vertraulichen Nachrichten oder zur Gewährleistung des Ansehens und der Unparteilichkeit der Rechtsprechung notwendig sind.
Ein verfassungsrechtlich zulässiger Eingriff in die Freiheit der Meinungsäußerung muss demnach
a) gesetzlich vorgesehen sein,
b) einen oder mehrere der in Art 10 Abs 2 EMRK genannten rechtfertigenden Zwecke verfolgen und
c) zur Erreichung dieses Zweckes oder dieser Zwecke "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" sein (VfGH RdM 1994/15).
Als rechtfertigender Zweck kommt im vorliegenden Fall der Schutz der Gesundheit in Frage (s VfGH RdM 1997/32). Dem Schutz der Gesundheit dienen Verbote, die unsachliche Entscheidungen bei der Arztwahl verhindern sollen, wie zB das in Art 3 lit e der Richtlinie enthaltene Verbot der Selbstanpreisung der eigenen Person oder Darstellung der eigenen ärztlichen Tätigkeit durch reklamehaftes Herausstellen in aufdringlicher, marktschreierischer Weise (VfGH RdM 1997/32). Die Nennung des Preises für die eigenen privatärztlichen Leistungen kann hingegen dazu beitragen, dass der Arzt nach sachlichen Kriterien ausgewählt wird, wenn auch nicht verkannt wird, dass bei einem Preiswettbewerb die Qualität der ärztlichen Beratung und Behandlung in den Hintergrund treten kann. Das gilt aber auch für andere Dienstleistungen, bei denen regelmäßig keine Bedenken bestehen, einen Preiswettbewerb zuzulassen.
Bedenken gegen den Preiswettbewerb bei ärztlichen Leistungen könnten gerechtfertigt sein, wenn zu fürchten wäre, dass sich ein dadurch ergebender günstigerer Preis für ärztliche Leistungen negativ auf deren Qualität auswirken müsste. Das entspricht aber weder der Erfahrung, noch kann angenommen werden, dass der Preis in Zukunft das wichtigste oder gar das einzige Kriterium für die Arztwahl sein werde. Der Schutz der Gesundheit vermag daher ein allgemeines Verbot der Nennung des Preises für die eigenen privatärztlichen Leistungen in der Öffentlichkeit nicht zu rechtfertigen. Eine gesetzeskonforme (verfassungskonforme) Auslegung des Art 3 lit d erster Halbsatz der Richtlinie "Arzt und Öffentlichkeit" erscheint nicht möglich."
Der Oberste Gerichtshof hat auch im vorliegenden Anlassfall einen Sachverhalt zu beurteilen, der im Kernbereich der angefochtenen Norm liegt und stellt daher den
Antrag
Art 3 lit d erster Halbsatz der Richtlinie "Arzt und Öffentlichkeit" als gesetzwidrig aufzuheben.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)