OGH 2Ob272/99k

OGH2Ob272/99k26.5.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisions- und Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ärztekammer für Kärnten, 9020 Klagenfurt, St. Veiter Straße 34, vertreten durch Dr. Herwig Jasbetz, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Ilse H*****, vertreten durch Dr. Peter Bernhart, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Unterlassung (Streitwert S 100.000,--) und Zahlung von S 1.980,-- sA sowie eines Zwischenantrages auf Feststellung der beklagten Partei (Streitwert S 60.000,--) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 24. Juni 1999, GZ 4 R 27/99v-250, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 19. November 1998, GZ 21 Cg 338/93b-233, bestätigt wurde, sowie infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den in dieses Urteil aufgenommenen Beschluss, womit das Erstgericht hinsichtlich des Zwischenantrages auf Feststellung der beklagten Partei (ersatzlos) behoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1.) Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

2.) Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung und der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision bzw eines Revisionsrekurses wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3; § 528a ZPO).

Zum Revisionsrekurs:

Die Beklagte stellte mit Schriftsatz vom 8. 9. 1995 (Band II, ON 184) den Zwischenantrag auf Feststellung, zwischen den Streitteilen werde festgestellt, dass der zwischen der Wohnbau Maria S***** als Rechtsvorgängerin der klagenden Partei einerseits und der beklagten Partei andererseits geschlossene Mietvertrag vom 21. 5. 1979 über die Liegenschaft EZ ***** KG ***** A***** erloschen sei und auch zwischen der klagenden Partei und der beklagten Partei ein Mietverhältnis betreffend dieser Liegenschaft nicht bestehe. Dieser Schriftsatz wurde - weil sich der Akt wegen eines (weiteren von vielen) Ablehnungsantrages der Beklagten gegen den Verhandlungsrichter nicht beim Erstgericht befand -, zunächst - und auch in der Folge - der klagenden Partei nicht zugestellt. In diesem Schriftsatz wurden weitere Urkunden vorgelegt, die in der Verhandlung vom 9. 1. 1996 teilweise zum Akt genommen, bzw wieder ausgefolgt wurden (ON 196). Der Schriftsatz ON 184 wurde in keiner der darauffolgenden Streitverhandlungstagsatzungen vorgetragen. Es wurde auch mündlich kein Zwischenfeststellungsantrag gestellt.

Das Erstgericht hat mit einem in die Ausfertigung des Urteils aufgenommenen Beschluss diesen Zwischenantrag der Beklagten zurückgewiesen, weil nach der bindenden Rechtsansicht des Aufhebungsbeschlusses des Obersten Gerichtshofes (2 Ob 561/91) der klagenden Partei die Rechte eines Bestandnehmers zukämen, weshalb für den auf Nichtbestehen eines Bestandverhältnisses abzielenden Zwischenantrag auf Feststellung kein Raum bleibe.

Das Berufungsgericht hat diesen Beschluss des Erstgerichtes (ersatzlos) behoben. Gegenstand des Zwischenfeststellungsantrages sei das Begehren, urteilsmäßig über den Bestand oder Nichtbestand eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses abzusprechen. Als ein den Streitgegenstand erweiternder Sachdispositionsantrag müsse ein Zwischenfeststellungsantrag in mündlicher Verhandlung gestellt werden; ein Schriftsatz stelle nur seine Vorankündigung dar. Die Wirkung der Anhängigkeit nach § 232 ZPO könne erst mit Antragstellung in mündlicher Verhandlung eintreten. Erst dann sei ein solcher Antrag rechtswirksam, rechtlich existent und berücksichtigbar. Das Erstgericht hätte über den rechtlich noch nicht existenten Zwischenfeststellungsantrag überhaupt nicht entscheiden dürfen. Der Zurückweisungsbeschluss des Erstgerichtes sei daher zu beheben.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil wegen der mit dem nicht in mündlicher Verhandlung vorgetragenen Zwischenantrag auf Feststellung zusammenhängenden Fragen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht vorliege.

Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung liegt jedoch - entgegen dem nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch - nicht vor.

Die Revisionsrekurswerberin verweist zwar zutreffend darauf, dass Gerichtsanhängigkeit bereits mit Einbringung ihres Schriftsatzes eingetreten ist. Daraus ist aber für sie nichts gewonnen. Nach § 259 ZPO kann ein Beklagter während der mündlichen Streitverhandlung, ohne der Zustimmung des Klägers zu bedürfen, einen Antrag auf Feststellung im Sinne des § 236 ZPO stellen. Gemäß § 232 Abs 2 ZPO tritt Streitanhängigkeit in Ansehung eines von einer Partei erst im Laufe eines Prozesses erhobenen Anspruches (wozu auch der Zwischenantrag auf Feststellung anzusehen ist, vgl Frauenberger/Rechberger in Rechberger ZPO2 § 233 Rz 4; dieselben aaO § 236 Rz 2) jedenfalls erst mit dem Zeitpunkt ein, in welchem der Anspruch bei der mündlichen Verhandlung geltend gemacht wurde. Ein schriftlich eingebrachter Zwischenantrag auf Feststellung muss daher in der mündlichen Streitverhandlung vorgetragen werden (2 Ob 163/70; vgl RIS-Justiz RS0034965). Im vorliegenden Fall wurde der Zwischenantrag auf Feststellung somit in der mündlichen Verhandlung nicht geltend gemacht. Mangels Vortrages in der mündlichen Verhandlung war dieser Antrag jedenfalls vom Gericht erster Instanz nicht zu behandeln, weil er nicht Prozessgegenstand wurde. Ein schriftlich eingebrachter Zwischenantrag auf Feststellung ist einer nach Streitanhängigkeit eingebrachten Ausdehnung der Klage vergleichbar (vgl 4 Ob 529/91). Auch bei einer solchen ist die relevante Wirkung (nämlich die Unterbrechung der Verjährung) vom mündlichen Vortrag in der Verhandlung abhängig (vgl verstSen SZ 62/69 = JBl 1989, 516 = EvBl 1989/136). Mangels Vortrags des Zwischenfeststellungsantrages war daher über ihn nicht zu entscheiden. Die ersatzlose Behebung des Beschlusses des Erstgerichtes durch das Gericht zweiter Instanz entspricht daher dieser Rechtslage. Nur am Rande sei bemerkt, dass selbst bei Zustellung und Vortrag des Antrags keine andere Entscheidung als die des Erstgerichtes möglich gewesen wäre, weil dem die bindende Vorentscheidung des Obersten Gerichtshofes 2 Ob 561/91, wonach der klagenden Partei ein Bestandrecht an der Liegenschaft zukommt, entgegensteht.

Rechtliche Beurteilung

Zur Revision:

Das Berufungsgericht hat die ordentliche Revision für zulässig erklärt, weil den mit der Bindungswirkung an den Aufhebungsbeschluss zusammenhängenden Fragen erhebliche Bedeutung zukomme.

Auch hier liegt - entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes - eine erhebliche Rechtsfrage nicht vor.

Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass auch bei einer Aufhebung nach § 496 Abs 1 Z 3 ZPO nach der Rechtsprechung abschließend erledigte Streitpunkte nicht wieder aufgerollt werden können (vgl Kodek in Rechberger ZPO2 § 496 Rz 5 mwN). Eine Ausnahme gilt nur für solche Tatsachen, die erst nach Schluss der Verhandlung im ersten Rechtsgang neu entstanden sind (Kodek aaO). Ansonsten ist der Oberste Gerichtshof - von Änderungen der Rechtslage bzw bei abweichender Entscheidung eines verstärkten Senates abgesehen - an seine im Aufhebungsbeschluss ausgedrückte Rechtsansicht gebunden (§ 511 ZPO; Kodek in Rechberger ZPO2 Rz 1; RIS-Justiz RS007010; RS0042014; RS0042441; RS0042458). Die Revisionswerberin hat aber im zweiten Rechtsgang nicht behauptet, dass sich die Verhältnisse nach Schluss der Verhandlung im ersten Rechtsgang geändert hätten, sondern lediglich vorgetragen, dass dem Obersten Gerichtshof bei seiner Entscheidung im ersten Rechtsgang (2 Ob 561/91) verschiedene Urkunden nicht zur Verfügung gestanden seien (Band III AS 57). Damit wurde aber keine relevante im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigende Tatsachenveränderung behauptet. Ob der vorgetragene Sachverhalt einen Grund für eine Wiederaufnahmsklage dargestellt hätte, muss mangels Erhebung einer solchen auch nicht geprüft werden. Der Oberste Gerichtshof ist daher an seine bereits ausgedrückte Rechtsansicht gebunden. Im ersten Rechtsgang wurde aber bereits abschließend entschieden, dass der klagenden Partei die Rechte einer Bestandnehmerin zukommen und sie daher berechtigt ist, ihre daraus abgeleiteten Rechte, so die Untersagung des Befahrens eines Flachdaches, gegen die Beklagte als Miteigentümerin wahrzunehmen. Prozessgegenstand im weiteren Verfahren war daher lediglich die Frage, ob der Beklagten ausdrücklich oder konkludent die Befugnis eingeräumt wurde, das Dach des von der klagenden Partei in Bestand genommenen Gebäudes zu befahren. Eine derartige Befugnis wurde aber von den Vorinstanzen nicht festgestellt. An diese Tatsachenfeststellungen ist der Oberste Gerichtshof gebunden. Im vorliegenden Verfahren ist durch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 2 Ob 561/91 bereits bindend festgestellt worden, dass die klagende Partei ihre Rechte als Bestandnehmerin wahrnehmen kann. In diesem Fall ist sie jedenfalls berechtigt, der Beklagten das Befahren eines von der klagenden Partei gemieteten Flachdaches zu untersagen, wobei Schäden entstehen können.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO. Die klagende Partei hat auf die Unzulässigkeit beider Rechtsmittel nicht hingewiesen.

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