Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers wird mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs 2 GBG iVm § 14 Abs 2 AußStrG zurückgewiesen (§ 16 Abs 3 AußStrG iVm § 508a Abs 2 und § 510 ZPO).
Text
Begründung
Mit dem Leibrentenvertrag vom 12. 7. 1990 (Notariatsakt) übertrug der damalige Eigentümer der 1160/111.530 Anteile der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuchs*****, bestehend aus den Grundstücken Nr 502/2 Baufläche und Nr 504 Baufläche, *****mit welchen das Wohnungseigentum an W 20 Stiege II untrennbar verbunden ist, diese Liegenschaftsanteile an Johanna M*****. In Punkt 15 dieses Leibrentenvertrages ist folgende aufschiebende Bedingung gesetzt:
"Festgestellt wird, dass dieser Kaufvertrag aufschiebend bedingt von der Genehmigung durch das Land ***** abgeschlossen wird. Sollte diese Zustimmung nicht erteilt werden, sind die von beiden Vertragsparteien bereits erbrachten Leistungen Zug um Zug zurückzustellen".
Johanna M***** verkaufte am 27. 1. 1993 diese Liegenschaftsanteile an den nunmehrigen Antragsteller. Mit seinem Begehren um Einverleibung seines Eigentumsrechts (TZ 5695/94) drang der Antragsteller zunächst nicht durch, weil er die in Punkt 15 des Leibrentenvertrages vorgesehene aufschiebende Bedingung nicht urkundlich nachweisen konnte. Seinen außerordentlichen Revisionsrekurs gegen die Verweigerung der begehrten Einverleibung seines Eigentumsrechtes wies der erkennende Senat zurück (5 Ob 1024/95 vom 14. 3. 1995). Aus dem Vertrag lasse sich nicht entnehmen, dass mit der unter Punkt 15 des Vertrages angeführten aufschiebenden Bedingung die Löschung der zugunsten der Stadt ***** eingetragenen Veräußerungsverbote gemeint gewesen sei. Das Grundbuchsverfahren biete keinen Raum für unmotivierte Vertragsauslegung nach §§ 914 f ABGB. Eine andere, als nach dem Vertragstext gegebene Parteienabsicht könne nicht Gegenstand des Grundbuchsverfahrens sein, weil grundbücherliche Eintragungen nicht aufgrund von aus Urkunden gezogenen Folgerungen erfolgen dürfen.
Im Verfahren 11 Cg 141/94z des Landesgerichtes für ZRS Wien erhoben Adolfine K***** und Eva Maria R***** als Erbinnen des mittlerweile verstorbenen Jakob Anton R***** (Einantwortungsurkunde des BG Innere Stadt Wien vom 23. 11. 1992, 8 A 1045/92k-16) gegen Johanna M***** eine Klage auf Feststellung, welches Verfahren mit Vergleich vom 15. 11. 1995 beendet wurde.
Darin wurde, soweit für den gegenständlichen Rechtsstreit bedeutsam, Folgendes vereinbart:
"1. Der Leibrentenvertrag vom 12. 7. 1990, abgeschlossen zwischen Jakob R***** und Johanna M***** .... ist rechtswirksam.
2. Die beklagte Partei verpflichtet sich, an den Treuhänder Dr. Karl D***** den Betrag von S 50.000 mit 31. 1. 1996 zu bezahlen.
3. Bei rechtzeitiger Zahlung der S 50.000 verpflichten sich die Klägerinnen eine Aufsandungserklärung notariell beglaubigt zu unterfertigen.
4. Die Aufsandungserklärung bezieht sich auf die Eigentumsübertragung an der unter Punkt 1 des Vergleichs bezeichneten Wohnung.
....
7. Die Klägerinnen verpflichten sich auch, die Löschungserklärung zur Löschung der Leibrentenforderung beglaubigt zu unterfertigen .... .
10. Für den Fall, dass der Betrag laut Punkt 2 des Vergleiches nicht bis 31. 1. 1996 erlegt wurde, ist dieser Vergleich rechtsunwirksam und steht es den klagenden Parteien frei, das gegenständliche Verfahren fortzusetzen.
11. Bei Rechtswirksamkeit dieses Vergleichs sind alle gegenseitigen Ansprüche bereinigt und verglichen."
Während das Erstgericht mit Beschluss vom 23. 3. 1999, TZ 1499/99, das neuerliche Begehren des Antragstellers auf Einverleibung seines Eigentumsrechts und anderer Grundbuchshandlungen hinsichtlich des Liegenschaftsanteiles bewilligte, änderte das Rekursgericht mit dem nunmehr bekämpften Beschluss über Rekurs der Eva Maria R***** diesen Beschluss im Sinne einer Abweisung des Gesuchs ab.
Nach wie vor fehle der Nachweis der in Punkt 15 des Leibrentenvertrags vom 12. 7. 1991 vorgesehenen Zustimmung des Landes ***** oder zumindest eine Bescheinigung des Landes*****, wonach der Vertrag nicht genehmigungspflichtig wäre. Der am 5. 11. 1995 zu 11 Cg 141/94z abgeschlossene Vergleich enthalte bloß die generelle Übereinkunft, dass der bezeichnete Leibrentenvertrag rechtswirksam sei. Eine ausdrückliche Bestimmung, dass von der in Punkt 15 des Leibrentenvertrages enthaltenen Bedingung abgegangen worden sei und dass der Vertrag ohne diese aufschiebende Bedingung rechtswirksam sein solle, sei im Vergleich nicht enthalten, obwohl den vergleichschließenden Parteien die Problematik des urkundlichen Nachweises des Eintritts der aufschiebenden Bedingung damals bereits aus dem ersten Versuch des Antragstellers bekannt gewesen sei, sein Eigentumsrecht einverleiben zu lassen. Es sei somit mit dem zu 11 Cg 141/94z abgeschlossenen Vergleich die Rechtswirksamkeit des Leibrentenvertrages in seiner Gesamtheit festgestellt worden. Bis zum Nachweis des Eintritts der aufschiebenden Bedingung bestehe also bloß ein Anwartschaftsrecht, das durch Einverleibung oder Vormerkung nicht verdinglicht werden könne.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteige, der ordentliche Revisionsrekurs jedoch nicht zulässig sei, weil Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 14 Abs 1 AußStrG nicht vorlägen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers, der aus den vom Rekursgericht genannten Gründen nicht zulässig ist.
Rechtliche Beurteilung
Soweit neuerlich damit argumentiert wird, die im Notariatsakt unter Punkt 15 enthaltene Bedingung sei hinfällig, weil der Stadt ***** ohnedies kein Veräußerungsverbot gemäß § 22 Abs 1 WBFG 1968 mehr zustehe (das ergebe sich aus den Löschungserklärungen der Stadt*****) ist auf die Entscheidung des erkennenden Senats 5 Ob 1024/95 zu verweisen, der zu diesem Gegenstand nichts weiter hinzuzufügen ist.
Soweit das Einverleibungsbegehren nunmehr auch auf den oben wiedergegebenen Vergleich der Rechtsvorgängerin des Antragstellers mit den Erben des seinerzeitigen Liegenschaftseigentümers gegründet wird, ergibt sich keine andere rechtliche Beurteilung. Nach § 94 GBG hat das Grundbuchsgericht das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen und darf eine grundbücherliche Eintragung nur dann bewilligen, wenn das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheint. Für die Beurteilung der Zulässigkeit des Ansuchens ist also lediglich der Inhalt der
vorgelegten Grundbuchsurkunden maßgebend (SZ 59/174 = NZ 1987, 160;
EvBl 1988/90 = NZ 1988, 111 ua) und das Grundbuchsgericht darf nicht
erst aufgrund von Schlussfolgerungen aus einer Urkunde dazu gelangen, die Zulässigkeit der Eintragung zu beurteilen. Unklarheiten und Widersprüche in der Formulierung der Vertragsurkunde schaden dann nicht, wenn sich trotz dieser Mängel aus dem Zusammenhalt aller Vertragsbestimmungen ihr Inhalt eindeutig ermitteln läßt (NZ 1987, 354). Das Grundbuchsgericht darf sich aber niemals in eine meritorische Prüfung des rechtlichen Anspruchs oder in eine Beurteilung der Rechtswirkungen der Eintragung auf vorausgehende Eintragungen oder auf dritte Personen einlassen. Es ist auch nicht zu prüfen, welche Beweggründe zur Ausstellung einer Urkunde geführt haben und ob die Erklärungen in der Urkunde tatsächlich wahr oder unwahr sind (vgl Feil, Grundbuchsgesetz3 Rz 11 zu § 94 GBG mit Rechtsprechungshinweisen). Eine Bewilligung kann daher nur aufgrund von Urkunden erfolgen, die den Anforderungen der §§ 26 ff GBG entsprechen. Der Inhalt der Urkunden muss nicht nur in formeller Hinsicht unbedenklich sein, sondern darf auch in materiellrechtlichen Fragen keine Zweifel aufkommen lassen. Da nach § 95 Abs 1 GBG über jedes Grundbuchsgesuch ohne Einvernehmung der Parteien und ohne Zwischenerledigung in der Sache dahin zu entscheiden ist, ob das Gesuch bewilligt oder abgewiesen wird, kommt eine Berücksichtigung von Umständen, die erst durch außerhalb des Urkundeninhalts liegende Tatsachen eine bestimmte Auslegung ergeben oder eine Bedachtnahme auf einen nicht urkundlich bewiesenen Willen der Vertragsteile nicht in Betracht.
Die Rechtsnatur eines Vergleichs gemäß § 1380 ABGB als Neuerungsvertrag ist umstritten. Die überwiegende Rechtsprechung billigt dem Vergleich zwar nicht jedenfalls aber dann Novationswirkung zu, wenn er die ursprüngliche Obligation - als Ergebnis der Auslegung des Parteiwillens - durch eine Änderung des Rechtsgrunds oder des Hauptgegenstands des Anspruchs ersetzt, sodass ein Rückgriff auf das seinerzeitige Schuldverhältnis nicht mehr möglich ist (ÖBA 1989, 537; EvBl 1984/75; SZ 55/152; SZ 44/179; zuletzt 1 Ob 131/97i).
Auch im Fall des vorliegenden Vergleichs vom 15. 11. 1995, in dem unter Punkt 1 lediglich festgestellt wurde, der hinsichtlich der hier begehrten Verbücherung maßgebliche Leibrentenvertrag vom 12. 7. 1991 sei "rechtswirksam", kann ohne Erforschung des Parteiwillens der damaligen Streitteile selbst unter Berücksichtigung der übrigen Vertragspunkte keine Klarheit darüber gewonnen werden, ob nun eine Änderung des Rechtsgrunds des ursprünglichen Leibrentenvertrags beabsichtigt war oder nur dessen strittiger Inhalt zwischen den Parteien zur Beendigung des Verfahrens festgestellt werden sollte. Dabei kann es nicht einmal auf den Inhalt der zu 11 Cg 141/94z des LG für ZRS Wien erhobenen Klage ankommen, weil sich daraus nur ein Indiz für den beabsichtigten Umfang der Bereinigungswirkung ergäbe, nicht aber der wahre Parteiwille der Vertragsschließenden. Vom bloßen Wortlaut des Vergleichs ist nur die Anerkennung des rechtswirksamen Bestands der alten Vereinbarung umfasst, nicht aber die Absicht, einen neuen Rechtsgrund für die Eigentumsübertragung zu schaffen.
Auch die Verwendung des Begriffes "rechtswirksam" vermag keine Klärung der hier strittigen Frage zu bringen, weil zwischen den Parteien des Vertrages jedenfalls eine vertragliche Bindung besteht, solange die Zustimmung nicht verweigert wird. Dass mit der Verwendung des Begriffs "rechtswirksam" eine Beendigung des Schwebezustandes gemeint war, ist nicht ausreichend deutlich.
Zu Recht vermisste das Rekursgericht diesfalls einen Hinweis im Vertragstext, dass die seinerzeit gesetzte Bedingung aufgehoben werde. Mit dem Argument des Revisionsrekurswerbers, eine Bedingung, die einem Dritten ein Recht verleihe, könne durch contrarius actus nicht beseitigt werden, verkennt dieser wiederum, dass im Leibrentenvertrag die Bedingung nicht auf § 22 WBFG 1968 eingeschränkt worden war.
Eine Erforschung der Parteiabsicht kommt aber, wie dargelegt, im Grundbuchsverfahren zur Auslegung von Verträgen nicht in Betracht.
Es hat daher bei der vom Rekursgericht vorgenommenen Abweisung des Begehrens zu verbleiben, ohne dass über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung klärungsbedürftig gewesen wären.
Das hatte zur Zurückweisung des Revisionsrekurses zu führen.
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