OGH 2Ob60/00p

OGH2Ob60/00p28.4.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christian B*****, vertreten durch Dr. Benedikt Wallner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Nikolaus L*****, wegen S 75.446,03 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 8. November 1999, GZ 35 R 479/99x-23, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 7. Juni 1999, GZ 31 C 1795/98x-19, zum Teil bestätigt und zum Teil abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 6.086,40 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 1.014,40, keine Barauslagen) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt vom Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes die Zahlung von S 75.446,03 samt Zinsen mit der Begründung, infolge unrichtiger Beratung durch den Beklagten einen Leasingvertrag zur Finanzierung eines PKW vorzeitig aufgelöst zu haben. Mit rechtskräftigem Urteil sei er zur Bezahlung von S 112.946,03 sA an den Leasinggeber verurteilt worden. Ein Betrag von S 37.500 sei durch die solidarisch haftende damalige Lebensgefährtin bereits bezahlt worden.

Der Beklagte wendete ein, es sei im konkreten Fall die Auflösung des Leasingvertrages die richtige Vorgangsweise gewesen; die Leasinggeberin sei nicht in der Lage gewesen, die Reparatur des Leasingfahrzeuges so durchzuführen, dass der PKW betriebssicher sei. Selbst wenn diese Meinung nicht der ständigen Judikatur entsprechen sollte, fehle es an der Rechtswidrigkeit und Schuldhaftigkeit. Überdies sei dem Kläger kein Schaden entstanden, weil er ohne Vertragsauflösung verpflichtet gewesen wäre, die restlichen 50 Leasingraten von monatlich je S 5.157,60 für ein nicht betriebssicheres Fahrzeug zu bezahlen. Durch die Auflösung des Leasingvertrages habe er sich S 123.684 erspart.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen wurden:

Der Kläger schloss 1995 gemeinsam mit seiner damaligen Lebensgefährtin einen Leasingvertrag über einen gebrauchten PKW, Marke Audi 80 Quattro, auf unbestimmte Zeit; für die Dauer der Kalkulationsbasis von 48 Monaten war seitens der Leasinggeberin Unkündbarkeit vereinbart worden, während die Leasingnehmer zum Stichtag des Vertragsbeginnes vom 27. 1. 1995 mit einer Kündigungsfrist von einem Monat den Vertrag schriftlich aufkündigen konnten. Die monatlichen Leasingentgelte während der Kalkulationsbasisdauer von 48 Monaten betrugen S 5.157,60 abzüglich einer Gutschrift von je S 507,50 auf Grund einer Vorauszahlung von S 25.000.

Am 3. 6. 1995 wurde das Fahrzeug bei einem vom Kläger nicht verschuldeten Verkehrsunfall beschädigt. Nach einer Reparatur merkte der Kläger, dass das Fahrzeug "nach rechts zog". Ein Versuch der Reparaturwerkstätte, diesen Mangel zu beheben, scheiterte.

In der Folge gingen der Kläger und seine Lebensgefährtin in die Kanzlei des beklagten Rechtsanwaltes und erklärten, dass sie das Fahrzeug nicht mehr haben wollten, weil es nach rechts ziehe; sie waren der Meinung, es sei nicht mehr verkehrstüchtig. Dieses Gespräch wurde mit der Mitarbeiterin des Beklagten Dr. Ingeborg L***** geführt. Diese erklärte dem Kläger, dass der Leasingvertrag nicht auflösbar sei. Im speziellen Fall aber, wo die Werkstätte von der Leasinggeberin bestimmt worden sei und nach den Angaben des Klägers das Fahrzeug nicht mehr verkehrssicher sei, läge ein außerordentlicher Kündigungsgrund vor. Da der Kläger erklärte, dass er mit dem Fahrzeug nicht mehr fahre, gab ihm die Mitarbeiterin des Beklagten den Rat, dieses Fahrzeug dem Leasinggeber wieder zurückzustellen, er brauche dann keine Leasingraten mehr bezahlen. In einem Prozess würde sich allerdings erst auf Grund eines Sachverständigengutachtens feststellen lassen, ob das Fahrzeug nicht verkehrssicher sei; nur dann liege der außerordentliche Kündigungsgrund vor. Trotz der Aufklärung über das bestehende Risiko entschlossen sich der Kläger und seine Lebensgefährtin den Leasingvertrag aufzulösen. Da sie das Fahrzeug nicht mehr haben wollten, wurde über andere Alternativen nicht mehr gesprochen. Über Wunsch des Klägers und seiner Lebensgefährtin erklärte der Beklagte mit Schreiben vom 21. 9. 1995 an die Leasinggeberin die Auflösung des Leasingvertrages mit sofortiger Wirkung. Am 30. 11. 1995 stellte der Kläger das Fahrzeug an die Leasinggeberin zurück. Mit Schreiben vom 12. 12. 1995 nahm die Leasinggeberin die Auflösungserklärung als Kündigung des Leasingvertrages per 27. 10. 1995 an und verkaufte das Fahrzeug um S 144.000. Ein von der Leasinggeberin eingeholtes Sachverständigengutachten kam zu dem Schluss, dass die Vorderachswerte durchaus im werksseitig vorgegebenen Toleranzbereich lägen. Lediglich die Vorspurwerte der Hinterräder seien geringfügig außerhalb der Vorgabewerte, dies jedoch nicht im Zusammenhang mit der Instandsetzung nach dem Unfall des Klägers; sie könnten mittels Spurkorrektur problemlos behoben werden. Das Lenkrad sei bei Geradeausfahrt um ca 10 % linksseitig versetzt, was aber ebenfalls problemlos zu korrigieren sei. Im Übrigen weise das Fahrzeug ein einwandfreies neutrales Fahrverhalten auf und sei die Verkehrs- und Betriebssicherheit gegeben.

Die Leasinggeberin rechnete den Leasingvertrag mit einem Saldo von S 122.131,12 zu ihren Gunsten ab. Der Kläger und seine Lebensgefährtin wurden zur Zahlung eines Betrages von S 121.906,12 sA an die Leasinggeberin rechtskräftig verurteilt. In diesem Betrag ist eine Wertminderungsbelastung von S 112.946,03 enthalten, die sich aus dem kalkulatorischen Restwert und dem Angebotspreis laut Rücknahmeanbot ergibt.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, es sei dem Beklagten kein Kunstfehler unterlaufen, weil die Auflösung des Leasingvertrages erst nach eingehender Erörterung der Risken auf Wunsch der Leasingnehmer erfolgt sei. Letztlich habe sich gezeigt, dass das Leasingobjekt betriebssicher gewesen wäre, weshalb der Vertrag als gekündigt angesehen worden sei. Unter bestimmten Voraussetzungen sei eine außerordentliche Auflösung eines Leasingvertrages als Dauerschuldverhältnis möglich. Es fehle daher an einem vom Beklagten zu verantwortenden Verschulden und dem Rechtswidrigkeitszusammenhang.

Das vom Kläger angerufene Berufungsgericht änderte die angefochtene Entscheidung dahin ab, dass der Beklagte zur Zahlung eines Betrages von S 75.446,03 samt 4 % Zinsen verurteilt wurde; hinsichtlich der Abweisung des Zinsenmehrbegehrens wurde das Urteil des Erstgerichtes bestätigt. Das Berufungsgericht sprach aus, die ordentliche Revision sei zulässig.

In rechtlicher Hinsicht vertrat es die Ansicht, es sei für das Finanzierungsleasing charakteristisch, dass die Gefahr auf den Leasingnehmer überwälzt werde. Nach gesicherter Rechtsprechung trage der Leasingnehmer das Verlustrisiko und das Risiko einer über die normale Abnützung hinausgehenden Verschlechterung oder Beschädigung der Sache nicht anders als ein Käufer. Der beklagte Rechtsanwalt hafte dem Kläger für die Unkenntnis der Gesetze sowie einhelliger Lehre und Rechtsprechung. Der dem Kläger erteilte Rat, den Leasingvertrag aufzulösen, widerspreche der einhelligen Judikatur. Selbst bei Vorliegen eines nicht betriebssicheren Leasingobjektes sei der Kläger nicht zur außerordentlichen Kündigung berechtigt gewesen. Die Rechtsansicht des Beklagten sei daher nicht vertretbar, seine Haftung ergebe sich aus § 1299 ABGB.

Der Einwand des Beklagten, der Kläger habe durch die Auflösung des Leasingvertrages einen Vorteil gehabt, da er zwar den kalkulatorischen Restwert bezahlen habe müssen, sich aber die Bezahlung der den Restwert um S 123.684 übersteigenden Leasingraten erspart habe, sei nicht berechtigt. Diesbezüglich liege nämlich kein Vorteil des Klägers vor, da der Nichtzahlung der Leasingraten ja die mangelnde Möglichkeit zur Nutzung des Leasingobjektes gegenüberstehe.

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht für zulässig, weil zur Frage der Vorteilsanrechnung eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.

Dagegen richtet sich die Revision des Beklagten mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass das Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger hat Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, das Rechtsmittel des Beklagten zurückzuweisen, in eventu, ihm keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage - der gegenteilige Ausspruch des Berufungsgerichtes ist nicht bindend - nicht zulässig.

Entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Ansicht entspricht es nämlich ständiger Rechtsprechung, dass sämtliche Auswirkungen auf das Vermögen des Geschädigten berücksichtigt werden müssen (SZ 68/101), es ist daher auch ein Vorteil des Beschädigten, der ohne die erfolgte Beschädigte nicht entstanden wäre, grundsätzlich zu Gunsten des Schädigers zu buchen (RIS-Justiz RS0022834; SZ 50/50). Es gibt daher zu der vom Berufungsgericht als erheblich erachteten Rechtsfrage eine ständige Rechtsprechung. Dass hier im Besonderen kein Vorteil des Klägers vorliegt, ergibt sich aus den Umständen des Einzelfalls.

Es werden aber auch sonst in der Revision der beklagten Partei keine erheblichen Rechtsfragen dargelegt.

Teils wird nämlich in der Revision vom festgestellten Sachverhalt abgegangen. Es ist nämlich nicht richtig, dass der Kläger nach Belehrung über die Unauflösbarkeit des Leasingvertrages erklärt hätte, er fahre nicht mehr mit dem Auto. Vielmehr hat die Mitarbeiterin des Beklagten, für deren Verhalten er gemäß § 1313a ABGB einzustehen hat, den Kläger dahin belehrt, dass dann, wenn das Fahrzeug nicht mehr betriebssicher sein sollte, ein außerordentlicher Kündigungsgrund vorliege; erst nach dieser Belehrung über eine solche Auflösungsmöglichkeit sagte der Kläger, dass er mit dem PKW nicht mehr fahren wolle. Dieser Rat war aber unrichtig, weil es nach ständiger Rechtsprechung zum Wesen des Finanzierungsleasingvertrages gehört, dass dem Leasingnehmer ein Kündigungsrecht nicht zusteht (RIS-Justiz RS0019912; SZ 69/171) und der Leasinggeber nur dafür Gewähr leistet, dass die Sache sich bei Beginn in brauchbarem Zustand befindet, nicht aber dafür, dass dies auch während der gesamten Vertragsdauer der Fall ist (RIS-Justiz RS0018528; SZ 69/171). Der Leasingnehmer trägt die volle Sachgefahr und hat die Leasingraten zu entrichten, auch wenn das erworbene Gut beschädigt oder zerstört wird (RIS-Justiz RS0019481; SZ 69/171). Der Leasingnehmer trägt das Risiko des Besitzers einschließlich der zufälligen Zerstörung, weshalb er auch bei Einwirkung von dritter Seite zahlungspflichtig bleibt (RIS-Justiz RS0018487; SZ 69/171).

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes entspricht dieser Rechtsprechung, weshalb auch insoweit auch keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt.

Das Rechtsmittel des Beklagten war deshalb zurückzuweisen. Dem Kläger waren die Kosten der Revisionsbeantwortung zuzusprechen, weil er auf die Unzulässigkeit der Revision des Beklagten hingewiesen hat.

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