Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Rechtsmittelwerberin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Ehe der Antragsteller wurde mit Beschluß des Erstgerichts vom 27.9.1995 gemäß § 55a EheG geschieden. In der für den Fall der Ehescheidung geschlossenen Vereinbarung kamen die Antragsteller überein, daß ein bestimmter PKW im „Alleineigentum“ des Erstantragstellers verbleibe, wobei sich dieser verpflichtete, den bei der Rechtsmittelwerberin bestehenden, in Höhe von etwa S 240.000 aushaftenden „Leasingkredit“ in seine alleinige Rückzahlungsverpflichtung zu übernehmen und die Zweitantragstellerin diesbezüglich schad- und klaglos zu halten. In diesem Sinne wurde die Fassung eines Beschlusses gemäß § 98 EheG begehrt.
Das Erstgericht sprach aus, daß in Ansehung des genannten „Leasingkredites“ der Erstantragsteller Hauptschuldner und die Zweitantragstellerin Ausfallsbürgin seien. Begründet wurde dieser Ausspruch mit dem Hinweis auf die §§ 55a und 98 EheG.
Über Rekurs der Leasinggeberin bestätigte das Rekursgericht diese Entscheidung und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. § 98 EheG habe auf den zwischen den Antragstellern als Leasingnehmer einerseits und der Leasinggeberin andererseits geschlossenen Leasingvertrag Anwendung zu finden. Das Leasingverhältnis sei nicht mit einem bloßen Bestandverhältnis zu vergleichen, weil die Elemente des Kaufvertrags deutlich überwögen. Der Leasingvertrag komme einem Finanzierungs-Leasing gleich.
Der Revisionsrekurs der Leasinggeberin ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 98 Abs 1 EheG sind die Ehegatten berechtigt, im Innenverhältnis eine Vereinbarung über die Verpflichtung zur Zahlung von Kreditverbindlichkeiten, für die beide haften, zu treffen; das Gericht hat über Antrag sodann „mit Wirkung für den Gläubiger auszusprechen, daß derjenige Ehegatte, der im Innenverhältnis zur Zahlung verpflichtet ist, Hauptschuldner, der andere Ausfallsbürge wird“. Diese Wirkung auch gegen den Gläubiger gibt diesem gemäß § 229 Abs 1 AußStrG den Anspruch auf rechtliches Gehör einschließlich der Rechtsmittellegitimation (JBl 1991, 319; Fink in AnwBl 1986, 629, 632; Gamerith, Die Kreditmithaftung geschiedener Ehegatten nach § 98 EheG, in RdW 1987, 183, 191).
§ 98 EheG bezieht sich nicht nur auf Kreditverbindlichkeiten „im eigentlichen Sinn“, sondern auf Verbindlichkeiten aus allen Verträgen, in denen die Leistungspflicht des einen Partners gegenüber der des anderen hinausgeschoben ist (8 Ob 1654/93; SZ 62/193; 729 BlgNR 16.GP, 3; Pichler in Rummel, ABGB2, Rz 4 zu § 98 EheG; Fink aaO; Gamerith aaO 185), wozu grundsätzlich auch Leasingverträge zählen können (8 Ob 1654/93; ÖBA 1992, 942). Leasingverträge enthalten in der Regel sowohl miet- wie auch kaufrechtliche Elemente, sie entsprechen je nach der individuellen Ausgestaltung des Vertrags im Einzelfall eher dem einen oder dem anderen Typ (8 Ob 1654/93 mwN; ÖBA 1992, 942; SZ 56/92 ua).
Grundsätzlich wird zwischen dem kurzfristigen Operating-Leasing, bei welchem dem Leasingnehmer vom Leasinggeber die vorübergehende Nutzung eines Wirtschaftsguts zur Verfügung gestellt und als Entgelt hiefür ein Teil des Gesamtgebrauchswerts der Sache bezahlt wird, und dem Finanzierungs-Leasing, bei dem der dauernde Einsatz des Wirtschaftsguts durch den Leasingnehmer geplant ist und dieses vom Leasinggeber mehr oder weniger in der Funktion eines Kreditgebers finanziert wird, unterschieden. Beim Operating-Leasing handelt es sich meist um Miete, beim Finanzierungs-Leasing überwiegen im allgemeinen die kauf- und kreditvertraglichen Elemente. Wesentlich sind beim Leasing unter anderem die Festsetzung einer bestimmten vertraglichen Nutzungsdauer und die Unkündbarkeit während dieser Zeit. Je mehr die fest vereinbarte Nutzungsdauer bereits der Gesamtdauer der Gebrauchsfähigkeit des Wirtschaftsguts entspricht, desto mehr nähert sich das Vertragsverhältnis dem Kaufvertrag an. Ist ein Leasingvertrag dagegen auf unbestimmte Dauer geschlossen und jederzeit kündbar, dann liegen gewichtige Kriterien im Sinne der Qualifikation als Bestandvertrag vor (ÖBA 1992, 942 ua). Das mittelbare Finanzierungsleasing in seiner typischen vertraglichen Ausgestaltung unterscheidet sich von einem Mietvertrag insbesondere in der Regelung der Gefahrtragung. Dem Leasingnehmer steht während der vereinbarten Vertragsdauer kein Kündigungsrecht zu, er hat den Leasinggegenstand auf eigene Kosten in brauchbarem Zustand zu erhalten und bleibt auch bei Einwirkung Dritter auf den Leasinggegenstand entgeltzahlungspflichtig. Der Leasinggeber hat lediglich dafür zu sorgen, daß sich der Leasinggegenstand bei Beginn des Vertragsverhältnisses in vertragsgemäßem Zustand befindet, nicht aber auch dafür, daß dies auch während der gesamten Vertragsdauer der Fall ist. Den Leasingnehmer trifft wie einen Käufer das Verlustrisiko und das Risiko einer über die normale Abnutzung hinausgehenden Verschlechterung oder Beschädigung des Leasinggegenstandes. Der Leasinggeber trägt lediglich das Kreditrisiko und ist durch sein Eigentum an der Sache gesichert. Wenn auch das Leasingentgelt insgesamt die Gegenleistung des Leasingnehmers für den gewährten Gebrauch des Leasinggutes ist, stellt die einzelne Leasingrate nicht das Entgelt für den auf die entsprechende Periode entfallenden Gebrauch dar. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß der Leasinggeber aufgrund der ihn treffenden Verpflichtung, dem Leasingnehmer den ordnungsgemäßen Gebrauch der Sache zu verschaffen, vorleistungspflichtig ist (SZ 64/73; RdW 1986, 268).
Der hier zu beurteilende Leasingvertrag kommt dem mittelbaren Finanzierungsleasing, bei dem der Leasinggeber wirtschaftlich die Rolle eines Kreditgebers ähnlich dem Finanzierungsinstitut beim drittfinanzierten Kauf spielt, sehr nahe. Es steht nicht die vorübergehende Beschaffung der Gebrauchsmöglichkeit eines Wirtschaftsguts (hier: PKW), sondern der dauernde Einsatz des geleasten Gegenstands im Vordergrund, wobei aus Finanzierungsgründen die Rechtsform des Leasingvertrags gewählt wurde (JBl 1995, 724). Der vorliegende Vertrag legt eine bestimmte Mindestnutzungsdauer fest (48 Monate), bis zu deren Ablauf dem Leasingnehmer kein Kündigungsrecht zusteht und ihn das Verlustrisiko und das Risiko einer über die normale Abnützung hinausgehenden Verschlechterung oder Beschädigung des Leasinggegenstands wie einen Käufer trifft (vgl SZ 64/73; 8 Ob 1654/93). Der Leasingvertrag ist zwar „auf unbestimmte Zeit“ abgeschlossen, die Leasingnehmer können ihn jedoch vor Ablauf von vier Jahren nicht aufkündigen; lediglich dem Leasinggeber ist eine vorzeitige Aufkündigung möglich. Insofern unterscheidet sich der hier zu beurteilende Sachverhalt von dem, der der in ÖBA 1992, 942, veröffentlichten Entscheidung zugrundeliegt: Dort war der Leasingvertrag jederzeit kündbar; darin wurde ein gewichtiges Kriterium für das Vorliegen eines Mietvertrags erblickt und demgemäß ausgesprochen, daß die Elemente eines Mietvertrags deshalb eindeutig überwögen.
Zu beachten ist im vorliegenden Fall auch noch, daß gemäß Punkt 8.4 des Leasingvertrags dem Leasinggeber das Recht zusteht, nach Ablauf der vereinbarten Kündigungsverzichtsfrist von vier Jahren von den Leasingnehmern den Ankauf des Fahrzeugs zum kalkulierten Restwert gegen Barzahlung und Gewährleistungsfreiheit zu verlangen. Nicht zuletzt auch deshalb überwiegen die Elemente des Kaufs im vorliegenden Leasingvertrag die mietvertraglichen Elemente deutlich, sodaß sich der Leasinggeber wie beim drittfinanzierten Kauf wirtschaftlich in der Rolle des Kreditgebers befindet und demnach zumindest ein dem Finanzierungsleasing gleichzuhaltender Vertrag anzunehmen ist, auf den § 98 EheG anzuwenden ist (vgl 8 Ob 1654/93 mwN) Die vom Willensentschluß des Leasinggebers abhängige Verpflichtung des Leasingnehmers zum Kauf des PKWs ist als kaufvertragliches Element des Leasingvertrags gleich zu gewichten wie die vereinbarte Kaufanwartschaft des Leasingnehmers.
Auch die Depotzahlung deutet klar auf ein Finanzierungsleasing hin.
Damit erweist sich der Revisionsrekurs als nicht berechtigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 234 AußStrG.
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