OGH 8Ob262/99h

OGH8Ob262/99h30.3.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Adamovic und Dr. Spenling als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Margarethe A*****, vertreten durch Dr. Gerhard Ebner und Dr. Joachim Tschütscher, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Ingrid S*****, vertreten durch Mag. Matthias Kapferer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Feststellung und Löschung einer Grundbuchseintragung (Streitwert S 1,000.000,--) infolge "außerordentlicher" Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 17. Juni 1999, GZ 2 R 126/99t-48, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1.) Die "außerordentliche" Revision der beklagten Partei wird insoweit sie den Ausspruch des Berufungsgerichtes über die Bewertung des Entscheidungsgegenstandes betrifft zurückgewiesen.

2.) Darüberhinaus werden die Akten dem Erstgericht zur Durchführung des gesetzmäßigen Verfahrens zurückgestellt.

Text

Begründung

Das Erstgericht stellte fest, dass der zwischen den Parteien abgeschlossene Übergabsvertrag vom 22. 7. 1996 unwirksam und dass das zu Gunsten der Beklagten einverleibte Eigentumsrecht im Grundbuch zu löschen sei. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 52.000,--, nicht aber S 260.000,-- übersteige. Die ordentliche Revision sei - vorbehaltlich des § 508 ZPO - nicht zulässig. Zum Bewertungsausspruch führte das Gericht zweiter Instanz aus, dass Gegenstand der Löschungsklage das dingliche Recht an einer Liegenschaft sei, weshalb gemäß § 60 Abs 2 JN der vom Berufungsgericht mit S 168.000,-- festgestellte Einheitswert für die Bewertung heranzuziehen gewesen sei.

Mit ihrer "außerordentlichen" Revision bekämpft die Beklagte auch ausdrücklich diesen Ausspruch des Berufungsgerichts und begründet die Zulässigkeit des Rechtsmittels unter anderem damit, dass die Bewertung gegen die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs verstoße, bzw zu dieser Frage höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Rechtliche Beurteilung

Die "außerordentliche" Revision ist unzulässig, insoweit sie den Bewertungsausspruch zum selbständigen Gegenstand des Rechtsmittels macht.

Wie aus dem weiteren für den Fall der Zurückweisung der "außerordentlichen" Revision gestellten Antrag, das Berufungsgericht möge seinen Zulässigkeitsausspruch gemäß § 508 ZPO abändern, erhellt, strebt die Revisionswerberin offenkundig vorerst eine selbständige Entscheidung des Obersten Gerichtshofs über den Bewertungsausspruch an. Eine derartige Vorgangsweise ist unzulässig, weil gemäß § 500 Abs 4 ZPO unter anderem gegen den Bewertungsausspruch gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO ein gesondertes Rechtsmittel nicht zusteht (8 Ob 562/86).

Die "außerordentliche" Revision ist insoweit zurückzuweisen.

Bei seinem Ausspruch über den Wert des nicht ausschließlich in Geld bestehenden Entscheidungsgegenstands ist das Berufungsgericht an die Bewertung des Klägers nach §§ 56 Abs 2, 59 JN nicht gebunden (EvBl 1990/146; RZ 1992/16; Kodek in Rechberger ZPO2, Rz 3 zu § 500). Es entscheidet grundsätzlich unanfechtbar und bindend. Nur dann, wenn das Berufungsgericht die im Gesetz angeführten zwingenden Bewertungsvorschriften (§ 500 Abs 3 ZPO) verletzt hat, besteht für den Obersten Gerichtshof keine Bindung (SZ 59/198; EvBl 1986/128; EvBl 1987/110; 2 Ob 244/99t u.a.; Kodek aaO).

Ob gegen zwingende gesetzliche Bewertungsvorschriften verstoßen wurde, stellt eine Vorfrage bei Prüfung der Rechtsmittelzulässigkeit dar. Für den hier zu beurteilenden Fall ergibt sich, dass der Bewertungsausspruch des Berufungsgerichts gesetzeskonform ist:

Ein Fall des § 60 Abs 1 JN liegt nicht vor, sodass die von der Revisionswerberin zitierte Entscheidung SZ 25/291, die die Herabsetzung eines übermäßig hohen Streitwerts dem Erstgericht vorbehält, nicht herangezogen werden kann. Vielmehr gelangt - wie das Berufungsgericht zutreffend dargestellt hat - § 60 Abs 2 JN zur Anwendung, wonach als Wert einer grundsteuerpflichtigen unbeweglichen Sache jener Betrag anzusehen ist, der als Steuerwert für die Gebührenbemessung - somit nun der steuerliche Einheitswert (SZ 55/186; EvBl 1998/74) - in Betracht kommt. § 60 Abs 2 JN ist nach ständiger Rechtsprechung zumindest insoweit zwingend, als die vom Kläger vorgenommene Bewertung nicht unter dem Einheitswert liegt (SZ 64/1; EvBl 1995/114; EvBl 1998/74 u.a.) und immer dann anzuwenden, wenn das Streitinteresse ausschließlich vom Wert der Liegenschaft bestimmt wird (SZ 64/1; 3 Ob 295/98y u.a.). Dass dies auch bei auf Feststellung der Unwirksamkeit eines Schenkungs- oder Übergabsvertrages gerichteten Klagebegehren der Fall ist, hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen (1 Ob 571/88; SZ 68/180). Der Bewertungsausspruch des Berufungsgerichts entspricht daher dem Gesetz.

Nach § 502 Abs 3 ZPO idF WGN 1997 ist die Revision - außer im Fall des § 508 Abs 3 leg. cit. - jedenfalls unzulässig, wenn - wie hier - der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar 52.000,-- S, nicht aber insgesamt 260.000,-- S übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei nach § 508 Abs 1 und 2 ZPO binnen vier Wochen nach der Zustellung des Berufungserkenntnisses den beim Erstgericht (§ 508 Abs 2 erster Satz ZPO) einzubringenden Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der mit der ordentlichen Revision zu verbinden ist, muss die Gründe dafür anführen, warum entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 502 Abs 1 ZPO die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird. Dem Obersten Gerichtshof ist es in einem derartigen Fall verwehrt, über eine ihm vorgelegte "außerordentliche" Revision zu entscheiden.

Stichworte