Spruch:
Beide Revisionen werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegenseitig aufgehoben.
Text
Begründung
Der Kläger ist ehelicher, der Beklagte unehelicher Sohn der am 4. August 1982 verstorbenen Josefa Z***, die Eigentümerin der Liegenschaft EZ 52 KG Jettsdorf mit den Grundstücken 19 Baufläche Haus Nr. 52 und Flurstück 150/2 war. Am 28.Oktober 1980 unterfertigte Josefa Z*** einen Vertrag, mit dem sie diese Liegenschaft dem Beklagten schenkte. Im Punkt III dieses Vertrages ist festgehalten, daß die Übergabe und Übernahme der geschenkten Liegenschaft in den Besitz und den Genuß des Geschenknehmers mit dem Tag der Vertragsunterfertigung erfolge. Am 31.März 1981 unterzeichnete Josefa Z*** eine auf der Vertragsurkunde angebrachte Ergänzung, mit der festgestellt wird, daß die tatsächliche Übergabe bereits vor der Unterfertigung des Vertrages durch Abschreiten der Grenze in der Natur erfolgt sei.
Der Kläger begehrt die Feststellung, daß der Vertrag vom 28. Oktober 1980 und dessen Ergänzung ungültig und rechtsunwirksam seien. Eine tatsächliche Übergabe sei nicht erfolgt, die Formvorschriften des § 1 NZwG seien nicht eingehalten worden. Außerdem sei Josefa Z*** im Schenkungszeitpunkt nicht geschäftsfähig gewesen.
Der Beklagte wendete vor allem ein, die tatsächliche Übergabe sei schon vor Vertragsunterfertigung durch Abschreiten der Grenze in der Natur erfolgt. Die Verstorbene habe bereits im Juni 1980 der Ehegattin des Beklagten, Paula W***, mitgeteilt, sie wolle dem Beklagten die Liegenschaft schenken. Dieser habe im September 1980 mit Wissen der Verstorbenen die Liegenschaft mit Besitzwillen begangen. Damit sei die Liegenschaft an den Beklagten übergeben worden. Überdies habe der Beklagte nach der im September 1980 erfolgten Übergabe im Februar oder März 1981 das Haus durch einen Schlosser öffnen lassen und nach der Übergabe des öfteren betreten. Im ersten Rechtsgang gab das Erstgericht dem Klagebegehren statt. Das Berufungsgericht hob dieses Urteil zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung durch das Erstgericht auf und überband diesem die Rechtsansicht, ein nicht in Form eines Notariatsaktes abgeschlossener Schenkungsvertrag bedürfe zur Wirksamkeit der wirklichen Übergabe. Darunter verstehe man einen nach außen wahrnehmbaren Akt, aus dem der Wille des Geschenkgebers hervorgehe, das Objekt der Schenkung aus seiner Gewahrsame in den Besitz des Beschenkten zu übertragen. Hiezu genüge es, wenn die Sache mit dem Traditionswillen des Schenkers aus seiner physischen Verfügungsmacht in jene des vom Übernahmswillen erfüllten Beschenkten übergehe. Für die wirkliche Übergabe sei daher die Einräumung tatsächlicher Verfügungsmacht und die Mitwirkung des Geschenkgebers, nicht aber auch dessen persönliche Anwesenheit beim Übergang der Verfügungsmacht erforderlich. Hiezu habe der Beklagte vorgebracht, Josefa Z*** habe ihn ausdrücklich aufgefordert, die Liegenschaft zu übernehmen, er habe daher in der Zeit zwischen September 1980 und Mai 1981 mit Zustimmung Josefa Z*** das Haus von einem Schlosser öffnen und ein anderes Schloß anbringen lassen und in der Folge das Haus mehrmals betreten. Sollte sich dieses Vorbringen bewahrheiten, wären damit die Voraussetzungen für die Annahme einer tatsächlichen Übergabe erfüllt, weil das Öffnen des Haustores sowie das Anbringen eines neuen Schlosses durch einen Schlosser sinnfällige Akte seien, durch die sich der Beklagte die tatsächliche Verfügungsmacht über das Haus verschafft hätte. Weitere Voraussetzung für die Annahme einer wirklichen Übergabe wäre allerdings auch noch, daß Josefa Z*** diesem Vorgang zugestimmt habe.
Im zweiten Rechtsgang wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Es stellte unter anderem fest, im Juni 1980 habe die seit 1979 im Pensionistenheim in Tulln untergebrachte Josefa Z*** Paula W***, der Ehegattin des Beklagten, gegenüber den Wunsch geäußert, ihre Liegenschaft (Haus und Acker in Jettsdorf) dem Beklagten zu schenken. Die Ehegattin des Beklagten habe Josefa Z*** anläßlich eines weiteren Besuches im Pensionistenheim erzählt, daß dem Beklagten von Elfriede M***, seiner Halbschwester, die Schlüssel nicht ausgefolgt worden seien, weshalb er beabsichtige, das Schloß am Haustor zu ändern. Darauf habe Josefa Z*** geantwortet, sie hätten recht, das Haus sei ihnen ja geschenkt. Ende Februar oder Anfang März 1981 habe der Beklagte den Schlosser Josef H*** ersucht, ein neues Schloß anzubringen. Da der Schlosser die Eigentumsverhältnisse gekannt und deshalb Bedenken geäußert habe, habe ihm der Beklagte bedeutet, seine Mutter habe ihm das Haus geschenkt, und Josef H*** die Vertragsurkunde gezeigt. Darauf habe dieser das Haustor aufgesperrt. Der Beklagte und seine Ehegattin hätten zumindest die unteren Räume besichtigt und eine Schachtel mit persönlichen Fotos mitgenommen. Nun habe der Beklagte Josef H*** ersucht, ein neues Schloß anzubringen; er habe auch ein gebrauchtes Sicherheitsschloß mitgebracht. Josef H*** habe aber mit dem Bemerken abgelehnt, die Haustür sei bereits derart desolat, daß es sich nicht mehr auszahle, ein neues Schloß zu montieren, und dies technisch auch gar nicht mehr möglich sei. Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, durch den Auftrag an den Schlosser, das Schloß zu ändern, und die tatsächlich erfolgte Öffnung der Haustür habe der Beklagte seinen Besitzwillen ausreichend kundgetan. Auch das vom Haus etwa 1 km entfernte Ackergrundstück sei durch dessen Begehung und nach Abfassung des Schenkungsvertrages in die physische Verfügungsmacht des Übernehmers übergegangen. Es seien deshalb sowohl das Haus wie auch der Acker im Sinne des § 943 ABGB wirklich übergeben worden.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem Feststellungsbegehren im Ausspruch über das Flurstück statt; im übrigen bestätigte es das erstinstanzliche Urteil. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes im bestätigenden Teil 60.000 S und im abändernden Teil 15.000 S, insgesamt aber nicht 300.000 S übersteige und die Revision zulässig sei. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht unter anderem aus, die im Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes im ersten Rechtsgang vorgezeichneten Voraussetzungen seien nach den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen nur insofern erfüllt, als sich der Beklagte das Haus mit Zustimmung seiner Mutter von einem Schlosser habe aufsperren lassen. Dagegen sei ein neues Schloß nicht angebracht worden, doch sei dies nur deshalb unterblieben, weil die Haustür bereits derart desolat gewesen sei, daß die Anbringung eines neuen Schlosses weder tunlich noch überhaupt möglich gewesen sei. Dieser besondere Umstand könne dem Beklagten nicht zum Nachteil gereichen. Auch daß der Beklagte entgegen seinen Behauptungen das Haus danach nicht mehr betreten habe, könne ihm nicht schaden, zumal er, nachdem er das Haus betreten hatte, Gegenstände mitgenommen habe und darin, daß er den Schlosser unter Vorweisung der Schenkungsurkunde aufgefordert habe, ihm das Haus aufzusperren, ein ausreichend in die Sinne fallender Übergabsakt erblickt werden müsse, durch den der Beklagte seine tatsächliche Verfügungsmacht über das Haus hergestellt habe.
Rechtliche Beurteilung
Die von den Streitteilen gegen die sie beschwerenden Aussprüche des Berufungsgerichtes erhobenen Revisionen sind nicht zulässig.
Gegenstand des Rechtsstreites ist die vom Kläger begehrte Feststellung der Unwirksamkeit eines Schenkungsvertrages über eine Liegenschaft. Der Kläger bewertete das Streitinteresse mit 120.000 S. Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes im bestätigenden Teil 60.000 S und im abweislichen Teil 15.000 S, insgesamt aber nicht 300.000 S übersteige und die Revision zulässig sei; den Bewertungsausspruch begründete es damit, das Haus und das Flurstück seien nicht gesondert bewertet worden, so daß § 60 Abs. 2 JN nicht angewendet werden könne.
Dem kann nicht beigepflichtet werden. Gemäß § 500 Abs. 2 ZPO sind auf die Berechnung des Wertes des Streitgegenstandes die §§ 54 bis 60 JN sinngemäß anzuwenden. Nach § 60 Abs. 2 JN ist als Wert einer grundsteuerpflichtigen unbeweglichen Sache der Einheitswert anzusehen (RZ 1981/61; JBl. 1954, 402 ua). Im vorliegenden Rechtsstreit wird das Streitinteresse ausschließlich vom Wert der geschenkten Liegenschaft bestimmt; jedenfalls aber kann das Interesse an der Feststellung der Wirksamkeit einer Liegenschaftsschenkung keinesfalls höher bewertet werden als der Wert der Liegenschaft selbst (vgl. RZ 1981/61 zur gleichgelagerten Problematik der Bewertung des Liegenschaftsteilungsanspruches). Auf Grund einer vom Obersten Gerichtshof veranlaßten Auskunft der Bewertungsstelle des Finanzamtes Tulln vom 9.Mai 1988 ist jeweils zum 1. Jänner 1986 für das Flurstück 150/2 ein Einheitswert von 2.000 S (EWAZ 350-2118/7) und für das Grundstück 19 Baufläche Haus Nr. 52 ein solcher von 31.000 S (EWAZ 350-2-2020/3) festgesetzt. Unter Bedachtnahme auf die Bewertungsvorschrift des § 60 Abs. 2 JN übersteigt der Wert des Streitgegenstandes demnach weder im bestätigenden Teil des berufungsgerichtlichen Urteiles (betreffend das Haus Nr. 52) 60.000 S noch in dessen abändernden Teil (in bezug auf das Flurstück) 15.000 S, so daß an sich weder dem Kläger gegen den bestätigenden noch dem Beklagten gegen den abändernden Teil der Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz der Rechtszug an die dritte Instanz offensteht (§ 502 Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 erster Satz ZPO).
Der Bewertungsausspruch des Berufungsgerichtes ist allerdings gemäß § 500 Abs. 4 ZPO unanfechtbar. Das Revisionsgericht ist jedoch an einen solchen Ausspruch dann nicht gebunden, wenn das Berufungsgericht die ihm im § 500 Abs. 2 ZPO gezogenen Grenzen seiner Entscheidungsbefugnis überschritten hat. Das trifft zu, wenn eine Bewertung überhaupt nicht vorzunehmen war oder das Berufungsgericht in seinem Ausspruch von der im § 500 Abs. 2 vorgeschriebenen sinngemäßen Anwendung der §§ 54 bis 60 JN abgewichen ist (RZ 1981/61 mwN). Das Gericht zweiter Instanz hat den Wert des Streitgegenstandes in seinen Aussprüchen ohne Bedachtnahme auf die zwingende Bewertungsvorschrift des § 60 Abs. 2 JN mit der Begründung festgesetzt, in Ansehung der beiden der streitverfangenen Liegenschaft zugeschriebenen Grundstücke liege keine gesonderte Bewertung vor. Darauf kann es aber dann nicht ankommen, wenn für die beiden Grundstücke ohnedies gesonderte Einheitswerte festgesetzt sind. Der Oberste Gerichtshof hatte daher seiner Prüfung der Zulässigkeit der beiden Rechtsmittel ungeachtet der berufungsgerichtlichen Bewertung die Einheitswerte der beiden Grundstücke zugrundezulegen. Danach erweist sich die Revision des Beklagten gegen den abändernden Ausspruch des Berufungsgerichtes jedenfalls als unzulässig, weil der Einheitswert des Flurstückes bloß mit 2.000 S festgesetzt ist und damit der Beschwerdegegenstand 15.000 S nicht übersteigt (§ 502 Abs. 2 Z 2 ZPO).
Aber auch die Revision des Klägers gegen den bestätigenden Teil ist nicht zulässig, weil der Wert des von der Bestätigung betroffenen Teiles bei einem Einheitswert von 31.000 S 60.000 S nicht übersteigt. Allerdings gilt das berufungsgerichtliche Urteil gemäß § 502 Abs. 3 zweiter Satz ZPO dann nicht als bestätigend, wenn das erstinstanzliche Urteil vor Rechtskraft des Beschlusses des Berufungsgerichtes, das ein früheres Urteil des Erstgerichtes gemäß § 496 Abs. 1 Z 2 und 3 ZPO aufgehoben hat, gefällt worden ist (§ 519 Abs. 1 Z 3 ZPO) und wegen einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung, von der das Berufungsgericht in jenem Beschluß ausgegangen ist (§ 499 Abs. 2 ZPO), angefochten wird. Hat der entscheidungswesentliche Sachverhalt im fortgesetzten Verfahren jedoch eine erhebliche Änderung erfahren, auf die die vom Berufungsgericht im früheren Rechtsgang überbundene Rechtsansicht nicht (mehr) anwendbar ist, so entfällt die im § 502 Abs. 3 zweiter Satz ZPO ausnahmsweise angeordnete Zulässigkeit der Revision (EvBl. 1986/128 mwN; Fasching Komm ErgB 108 und RPR Rz 1877). Außerdem setzt die Zulässigkeit der Revision nach der zuletzt genannten Vorschrift nicht nur voraus, daß die im vorangegangenen berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht für das weitere Verfahren richtungsweisend gewesen, sondern im zweiten Rechtsgang auch bekämpft worden ist (Arb. 9374; EvBl. 1967/185; JBl. 1961, 92 u.v.a.). Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht der ersten Instanz im Aufhebungsbeschluß die Rechtsansicht überbunden, habe der Beklagte mit Zustimmung seiner Mutter die Haustür durch einen Schlosser aufsperren und ein neues Schloß anbringen lassen und danach das Haus wiederholt betreten, so sei jener sinnfällige, nach außen bekundete Akt, der als wirkliche Übergabe im Sinne des § 943 ABGB zu beurteilen sei, anzunehmen. Das Erstgericht hat im zweiten Rechtsgang jedoch festgestellt, daß der Beklagte das Schloß zwar mit Zustimmung der Geschenkgeberin habe aufsperren lassen und danach das Haus (einmal) betreten und dabei Gegenstände mitgenommen habe; die Anbringung eines neuen Schlosses sei aber wegen des desolaten Zustandes der Tür untunlich, ja sogar technisch überhaupt nicht möglich gewesen, so daß der Schlosser die Tür wieder versperrt und der Beklagte danach das Haus nicht mehr betreten habe. Die Vorinstanzen nahmen aber im zweiten Rechtsgang dennoch übereinstimmend wirkliche Übergabe an, weil dem Beklagten der Umstand, daß das Schloß nicht mehr ausgetauscht werden konnte, nicht zum Nachteil gereichen dürfe, zumal in der Entnahme von Gegenständen aus dem Hausinneren und in der an den beigezogenen Schlosser unter Vorweisung der Schenkungsurkunde gerichteten Aufforderung, das Haustor aufzusperren, jene sinnfälligen Akte zu erblicken seien, mit welchen der Beklagte das Haus in seinen Besitz genommen habe. Der Kläger ficht auch keineswegs die vom Berufungsgericht überbundene Rechtsansicht, sondern ausschließlich die rechtliche Beurteilung des vom Erstgericht erst im zweiten Rechtsgang abweichend von den zum Gegenstand der überbundenen Rechtsansicht gemachten Behauptungen des Beklagten festgestellten Sachverhaltes an (ON 53, S 3 und 4 und insbesondere ON 36, S 4). Haben aber sowohl die erstinstanzlichen Feststellungen als auch die vom Erstgericht herangezogenen Entscheidungskriterien in wesentlichen Belangen eine Änderung erfahren und bekämpft der Revisionswerber lediglich die im zweiten Rechtsgang infolge der geänderten Feststellungen erforderlich gewordene neue Sachbeurteilung, so ist die Zulässigkeit der Revision nicht nach § 502 Abs. 3 zweiter Satz ZPO zu beurteilen; die Revision des Klägers ist vielmehr unzulässig (§ 502 Abs. 3 erster Satz ZPO). Beide Revisionen sind als unzulässig zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 51 Abs. 2 ZPO; die Parteien haben in ihren Revisionsbeantwortungen auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision nicht hingewiesen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)