OGH 1Ob58/00m

OGH1Ob58/00m28.3.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Sandra, geboren am *****, und des mj. Christian L*****, geboren am *****, infolge Rekurses des Vaters Gerhard K*****, vertreten durch Clementschitsch - Flucher - Köffler, Rechtsanwälte in Villach, gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 22. Dezember 1999, GZ 2 R 345/99h-54, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Feldkirchen vom 17. November 1999, GZ 1 P 6/98h-48, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der Vater ist Gastwirt, betreibt seit 1991 ein Restaurant und vermietet Ferienwohnungen. Das Restaurant ist während des Sommers 2 1/2 Monate hindurch geöffnet. Der Vater ist für insgesamt drei Minderjährige sorgepflichtig. Er erwirtschaftete in den Jahren 1995 bis 1997 keinen Ertrag, sondern erlitt bilanzierte Verluste. Seine Privatentnahmen betrugen 1995 254.000 S, 1996 339.000 S, 1997 239.000 S und 1998 zumindest 233.000 S.

Am 25. Juni 1999 beantragte der Vater die Herabsetzung seiner Unterhaltspflicht für die beiden Minderjährigen von je 4.200 S auf je 2.000 S monatlich ab 1. Jänner 1998 und brachte vor, seine Privatentnahmen hätten 1997 137.455,80 S, 1998 129.956,80 S und vom 1. Jänner bis 4. März 1999 24.716,60 S betragen. Nach dem Übergabsvertrag vom 23. November 1989 betreffend die Betriebsliegenschaft habe seine Mutter ein Wohnrecht "im Umfang von mindestens 70 m2, das auch die Mitbenützung des Gartens und gemeinsamer Anlagen und Einrichtungen des Hauses" einschließe. Dessen Wert und die Aufwendungen für Strom, Wasser und Heizung seien "in den 'Privatanteilen' der Jahresabschlüsse enthalten". Darauf entfielen etwa 40 % der Privatentnahmen. Seine Hausbank habe ihm auf die Betriebsliegenschaft bezogene Verwertungsschritte angedroht. Er habe zufolge seiner "hohen Verschuldung ... keine Möglichkeit mehr, Privatentnahmen auf Kredit durchzuführen". Er bemühe sich um eine Umschuldung, die "aufgrund momentaner finanzieller Engpässe nicht möglich" sei. Sein früheres Dienstverhältnis sei 1991 einvernehmlich aufgelöst worden, um ihm den Aufbau seines nunmehrigen Unternehmens zu ermöglichen. Das Betriebsgebäude sei nach einem Brand wieder aufgebaut worden. Eine "Rentabilitätsberechnung" vor der Unternehmensgründung habe die "Rentabilität" unter der Voraussetzung seiner "vollen persönlichen Mitarbeit" bestätigt. Er habe einen Bankkredit von 9 Mio S aufgenommen sowie über eine Leistung aus der Feuerversicherung von 4 Mio S und weitere 4 Mio S aus dem Verkauf von Grundstücken verfügt. Demnach habe er sein Dienstverhältnis "nicht leichtfertig" beendet. Seine Erwartungen, als Unternehmer "ausreichendes" Einkommen zu erzielen, seien wegen des verhältnismäßig hohen Anteils an Fremdkapital, einer nicht vorhersehbaren Hochzinsphase um 1991, einer bloß teilweisen Auszahlung "in Aussicht" gestellter Förderungen, Baukostenerhöhungen und eines "markanten Rückgangs des Fremdenverkehrs in den Folgejahren" enttäuscht worden. Er sei 1948 geboren und habe in seinem Alter keine Aussicht auf eine unselbständige Erwerbstätigkeit, sondern müsse seine Arbeitskraft - auch im Interesse seiner Kinder - bei der Betriebssanierung einsetzen.

Die Minderjährigen sprachen sich gegen eine Unterhaltsherabsetzung aus. Ihr Vater unterlasse "bewusst eine Erwerbstätigkeit, die seinen Fähigkeiten und seiner Ausbildung" entspreche. Er könne daher auf ein monatliches Nettoeinkommen von "zumindest 25.000 S", das er einst als unselbständig Erwerbstätiger erzielt habe, angespannt werden.

Das Erstgericht setzte den Unterhaltsbeitrag des Vaters für die beiden Minderjährigen für den Zeitraum vom 1. Jänner 1998 bis 30. April 1999 auf je 3.250 S monatlich und für den Zeitraum ab 1. Mai 1999 für die mj. Sandra auf 3.700 S und für den mj. Christian auf 3.000 S monatlich herab. Das Mehrbegehren wies es ab. Nach seiner Ansicht ist ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 21.667 S als Unterhaltsbemessungsgrundlage heranzuziehen. Das rechtfertige nach der "Prozentberechnungsmethode" die ausgesprochene Unterhaltsherabsetzung. Die "Ausgedingsleistungen" an die Mutter des Vaters seien von der Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht absetzbar, weil es sich dabei um den "Gegenwert für den Erwerb eines Vermögens" handle.

Das Gericht zweiter Instanz hob diese Entscheidung auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Beschlussfassung nach Ergänzung des Verfahrens an das Erstgericht zurück. Es sprach überdies aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, und erwog in rechtlicher Hinsicht, die Ausgedingsleistungen eines selbständig Erwerbstätigen seien von der Unterhaltsbemessungsgrundlage abzuziehen, wenn sie als Entgelt "für die Übernahme eines Betriebes" anzusehen seien. Es handle sich dabei um Investitionen zur Erzielung von Einkünften. Das sei nicht mit einer bloßen Ansammlung von Vermögenswerten vergleichbar. Unter Zugrundelegung der Berechnung des Vaters ergäben dessen Privatentnahmen in den Jahren 1995 bis 1998 ein durchschnittliches Einkommen von 19.090,75 S monatlich. Bei einer solchen Bemessungsgrundlage könne "nach den Grundsätzen der Prozentjudikatur" nicht einmal der - nur für einfache Verhältnisse heranzuziehende - Regelbedarf gedeckt werden. Der Vater lebe nicht von Erträgen seines Unternehmens, sondern von dessen Substanz. Das werfe die Frage auf, ob er auf jenes Einkommen als Unterhaltsbemessungsgrundlage anspannbar sei, das er bis 1991 als unselbständiger Konstrukteur erzielt habe. Bei Aufwertung dieses Betrags von zumindest 20.000 S auf jedenfalls 25.000 S monatlich wäre eine - gegenüber den tatsächlichen Verhältnissen - höhere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Vaters zu unterstellen. Zu den Anspannungsvoraussetzungen gebe es zwei konträre "Rechtsprechungslinien". Die eine werde etwa durch die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs 1 Ob 223/98w und 8 Ob 311/97m repräsentiert. Danach sei der Unterhaltspflichtige - abgesehen von Fällen der Unterhaltsvereitelung - nicht schon allein wegen des von ihm verschuldeten Verlusts seines Arbeitsplatzes auf das deshalb verlorene Einkommen anzuspannen. Er müsse sich nur um einen neuen Arbeitsplatz mit entsprechenden Verdienstmöglichkeiten bemühen. Gelinge dem Unterhaltsschuldner der Beweis solcher Anstrengungen nicht, so sei er aber dennoch nicht einfach auf sein früheres Einkommen anzuspannen; maßgebend seien vielmehr die aktuellen Erwerbschancen auf dem Arbeitsmarkt. "Schärfere Anspannungsakzente" ergäben sich dagegen aus der zweiten "Rechtsprechungslinie", die aus den Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs 4 Ob 4/98m und 4 Ob 345/97g ableitbar sei. Danach könne der Unterhaltsschuldner auf ein tatsächlich nicht erzieltes, aber "bisher bezogenes" Einkommen angespannt werden, wenn er eine seine Unterhaltspflichten deckende Erwerbstätigkeit schuldhaft unterlasse. Er dürfe seine Lebensverhältnisse nur wie ein "pflichtbewusster Familienvater" ändern und sich als unselbständig Erwerbstätiger nur "selbständig machen, wenn er damit rechnen" könne, "nach einer gewissen Anlaufphase wieder ein zumindest gleich hohes Einkommen wie als unselbständig Erwerbstätiger zu erzielen". Ein Berufswechsel dürfe also den "notwendigen Unterhalt der Kinder" durch die Aufgabe einer "gut entlohnten Beschäftigung" nicht gefährden. Mache sich der Unterhaltsschuldner selbständig, so müsse er - auch bei einer zunächst günstigen Prognose - eine zumutbare Nebenbeschäftigung annehmen oder wieder unselbständig tätig werden, wenn er nach den jeweiligen Verhältnissen in absehbarer Zeit nicht mit ausreichenden Einkünften rechnen könne. Demnach sei ein unterhaltspflichtiger Unternehmer vorerst "auf das Einkommen aus einer zumutbaren Nebenbeschäftigung und in weiterer Folge auf das Einkommen anzuspannen, das er aus einer zumutbaren unselbständigen Erwerbstätigkeit erzielen könnte". Der Vater habe infolge "Wegfalls entsprechender Kreditmöglichkeiten seit Oktober 1998" keine Möglichkeit mehr zu ausreichenden Privatentnahmen. Die Betriebsentwicklung seit Beginn seiner Unternehmertätigkeit sei ungeprüft geblieben. Aus den vom Unterhaltspflichtigen für den Mangel eines ausreichenden Unternehmensertrags ins Treffen geführten Gründen hätte er bereits vor Beginn seiner Tätigkeit als Selbständiger eine ungünstige Prognose erstellen müssen. Dass "ein reiner Saisonbetrieb während 2 1/2 Monaten im Jahr langfristig keinen Umsatz erwirtschaften werde", der es dem Vater ermögliche, die Zinsen für den hohen Fremdkapitalanteil und die Leistungen aufgrund der Reallast zu finanzieren, sei von Anfang an klar gewesen und bedürfe keiner Erhebungen. Der Vater habe daher die seinerzeitige unselbständige Erwerbstätigkeit fahrlässig aufgegeben. Er sei daher - unter Heranziehung der zweiten Rechtsprechungslinie des Obersten Gerichtshofs - auf sein letztes Einkommen als unselbständig Erwerbstätiger als Grundlage für die Unterhaltsbemessung anzuspannen. Im fortgesetzten Verfahren sei zu erheben, wie hoch dieses Einkommen "unter gewöhnlichen Umständen seit 1. 1. 1998 (Beginn der begehrten Unterhaltsherabsetzung) wäre". Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei wegen der uneinheitlichen Rechtsprechung zu den Anspannungskriterien zulässig.

Das Rechtsmittel des Vaters ist zulässig, weil das Gericht zweiter Instanz die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs verkannte; es ist jedoch - im Ergebnis - nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Wie der erkennende Senat zuletzt in seiner Entscheidung 1 Ob 223/98w unter Berufung auf eine "gesicherte Rechtsprechung" darlegte, ist bei einem vom Unterhaltsschuldner verschuldeten Arbeitsplatzverlust nach dem Anspannungsgrundsatz - abgesehen von Fällen beabsichtigter Unterhaltsvereitelung - nicht einfach zu unterstellen, dass ihm weiterhin das verlorene Einkommen zur Verfügung stehe. Die Anspannung beruht nicht auf einer reinen Fiktion, sondern auf realen Einkommenserwartungen des Unterhaltspflichtigen vor dem Hintergrund seiner beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten und der konkreten Arbeitsmarktlage im Zeitraum der Unterhaltsbemessung.

Bei verschuldetem Verlust des Arbeitsplatzes ist für die Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage das weitere Verhalten des Schuldners maßgebend, obliegt es diesem doch in einem solchen Fall, alles zu unternehmen, um einen neuen - seiner geistigen und körperlichen Veranlagung sowie seiner Ausbildung und seinem Können entsprechenden - Arbeitsplatz zu finden. Dafür reicht die bloße Anmeldung bei Arbeitsvermittlungsstellen allein nicht aus, sondern der Schuldner hat zur Erzielung eines angemessenen Einkommens auch Eigeninitiativen zu entfalten; dabei hat er zu behaupten und zu beweisen, dass er das frühere Einkommen nicht mehr erzielen könne. Misslingt ihm dieser Beweis, so kann er dennoch nicht ohneweiteres auf sein früheres Einkommen angespannt werden, sondern es kommt dann auf seine konkreten Erwerbschancen auf dem Arbeitsmarkt an.

2. In der Entscheidung 4 Ob 345/97g (= ÖA 1998, 174) wurde ausgesprochen, der Unterhaltsschuldner könne sich seiner Leistungspflicht durch die Auflösung eines gut entlohnten Dienstverhältnisses nicht ohne triftigen Grund entziehen. Er dürfe eine mit der Einschränkung seiner Pflichten verbundene Änderung seiner Lebensverhältnisse nur insoweit herbeiführen, als auch ein pflichtbewusster Familienvater bei gleicher Sachlage ebenso gehandelt hätte, wobei ein Wechsel von unselbständiger zu selbständiger Tätigkeit nur dann nicht zur Anspannung führe, wenn begründete Aussicht auf eine wesentliche Verbesserung der finanziellen Lage des Schuldners bestehe und ein vermindertes Einkommen nur vorübergehend während einer Anpassungsphase zu erwarten sei. Der Unterhaltspflichtige sei daher nach den Umständen des Einzelfalls im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs auf sein vormaliges Einkommen als unselbständig Erwerbstätiger anzuspannen.

2. 1. Das Berufungsgericht zieht aus dieser Entscheidung die unzutreffende Schlussfolgerung, ein Unterhaltspflichtiger sei selbst nach jahrelanger, wenngleich nicht ertragreicher oder gar verlustbringender Tätigkeit als Unternehmer immer auf das - bis zum Bemessungszeitraum nach der jeweiligen Entwicklung aufgewertete - höhere Einkommen als Bemessungsgrundlage anzuspannen, das er als unselbständig Erwerbstätiger vor seinem Wechsel in die Selbständigkeit erzielt habe. Übersehen wird dabei der offenkundig enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Beendigung einer gut bezahlten unselbständigen Erwerbstätigkeit (Postamtsvorstand) und dem Antrag auf Unterhaltsherabsetzung.

Die Ansicht des Rekursgerichts wird auch nicht durch die Entscheidung 4 Ob 4/98m (= ÖA 1998, 208) gestützt. Dort wurde - in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs - ausgeführt, der Unterhaltspflichtige habe alle persönlichen Fähigkeiten, insbesondere seine Arbeitskraft, so gut wie möglich einzusetzen. Unterlasse er das, so sei er wie jemand zu behandeln, der Einkünfte aus einer zumutbaren Erwerbstätigkeit bezieht. Änderungen der konkreten Lebensverhältnisse seien nach dem Verhalten eines pflichtbewussten Familienvaters in vergleichbarer Lage zu beurteilen. Ein unselbständig Erwerbstätiger dürfe sich daher nur dann selbständig machen, wenn er damit rechnen könne, nach einer gewissen Anlaufphase als Unternehmer ein zumindest gleich hohes Einkommen wie zuvor zu erzielen. Stelle sich heraus, dass mit solchen Einkünften in absehbarer Zeit nicht zu rechnen sei, so müsse der Schuldner entweder eine zumutbare Nebenbeschäftigung annehmen oder wieder unselbständig tätig werden. Ein unterhaltspflichtiger Unternehmer sei vorerst auf den Zusatzverdienst aus einer zumutbaren Nebenbeschäftigung und in weiterer Folge auf das Einkommen anzuspannen, das er aufgrund einer zumutbaren unselbständigen Erwerbstätigkeit erzielen könnte.

Ein Rechtssatz, es komme bei der Ermittlung des aufgrund einer solchen unselbständigen Erwerbstätigkeit erzielbaren Einkommens weder auf die aktuelle Arbeitsmarktlage noch auf die beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten des Schuldners oder auf sonstige für die Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit maßgebenden Umstände an, ist dieser Entscheidung nicht zu entnehmen. Soweit der Unterhaltspflichtige dort konkret auf die Erzielbarkeit eines Einkommens angespannt wurde, das noch unter dem von ihm einige Jahre zuvor als Baupolier erreichten Monatseinkommen lag, ist das unter Zugrundelegung der dort vorangestellten rechtlichen Erwägungen nur so zu verstehen, dass der Unterhaltspflichtige aufgrund der für diesen Einzelfall bedeutsamen Umstände nach seinem Alter, seinen beruflichen Kenntnissen und Fähigkeiten und im Lichte der aktuellen Arbeitsmarktlage wiederum eine Beschäftigung als Baupolier finden könne.

2. 2. Trifft einen unselbständig Erwerbstätigen nach verschuldetem Verlust seines bisherigen Arbeitsplatzes nur die eingangs erläuterte Obliegenheit, so kann der Unterhaltspflichtige, wechselte er von einer unselbständigen zu einer selbständigen Erwerbstätigkeit nach dem Scheitern als Unternehmer nur auf das Einkommen aus einer unselbständigen Erwerbstätigkeit angespannt werden, das er angesichts seiner persönlichen Verhältnisse und somit auch unter Berücksichtigung seines Alters und Gesundheitszustands sowie seiner vorhandenen bzw erst durch Um- oder Nachschulung erlangbaren beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten nach Maßgabe der Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt im Bemessungszeitraum erzielen kann.

Würde ein Erwerbstätiger, der als Unternehmer gescheitert ist, zur Erfüllung seiner Unterhaltspflichten auf ein Einkommen angespannt, das er in einem seit vielen Jahren nicht mehr ausgeübten Beruf als unselbständig Erwerbstätiger rein fiktiv erzielen könnte, ohne auf die realen Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt und die daraus ableitbaren konkreten Erwerbschancen des jeweiligen Unterhaltsschuldners Bedacht zu nehmen, so wäre darin noch gerade ein Strafe für das Scheitern als Unternehmer zu erblicken, kann doch ein unselbständig Erwerbstätiger, der, ohne Unternehmer werden zu wollen, aus seinem Verschulden eine Stellung mit gutem Einkommen verlor, der unter 1. dargestellten Rechtslage zufolge auch nur auf ein nach seinen konkreten Erwerbschancen auf dem aktuellen Arbeitsmarkt erzielbares Einkommen aus einer weiteren unselbständigen Tätigkeit angespannt werden. Ein solcher Wertungswiderspruch ist in Vollziehung des § 140 ABGB zu vermeiden.

3. In der Entscheidung 3 Ob 89/97b (= JBl 1997, 647) kam der Oberste Gerichtshof bei Beurteilung der Unternehmertätigkeit des dort Unterhaltspflichtigen seit 1989 zu dem Ergebnis, Anlaufverluste seien nur für zwei bis drei Jahre tolerierbar, sodass vom Schuldner wegen der schon "langen praktischen Passivität des Unternehmens, das nicht einmal eine einigermaßen angemessene Entlohnung seines Geschäftsführers" abwerfe, "zumindest die Aufnahme einer zumutbaren Nebenbeschäftigung, allenfalls aber auch die Aufgabe der selbständigen Beschäftigung und Annahme einer zumutbaren unselbständigen Arbeit, die der Ausbildung des Vaters entspricht, verlangt werden" könne. Demnach sei als Grundlage für die Unterhaltsbemessung das bei zumutbarer Erwerbstätigkeit nach den konkreten Umständen tatsächlich erzielbare Einkommen maßgebend.

3. 1. Hier versucht der Unterhaltspflichtige bereits seit 1992 vergeblich, als Unternehmer ein angemessenes Einkommen zu erzielen. Er zehrte - nach seinem eigenen Vorbringen - stets von der Unternehmenssubstanz, ohne dass bei seiner derzeitigen wirtschaftlichen Lage eine realistische Aussicht auf die Sanierung seines Unternehmens in absehbarer Zeit bestünde, sodass er dann seinen Unterhaltsgläubigern wiederum die Deckung ihrer angemessenen Bedürfnisse verschaffen könnte. Nach der unter 3. dargestellten Rechtslage ist damit aber die Uhr für eine Fortsetzung der selbständigen Erwerbstätigkeit zu Lasten der Unterhaltsgläubiger längst abgelaufen, sodass er auf das nach den konkreten Verhältnissen erzielbare Einkommen als unselbständig Erwerbstätiger anzuspannen ist.

3. 2. Nach allen bisherigen Erwägungen ist daher im fortgesetzten Verfahren - entgegen der Ansicht des Gerichts zweiter Instanz - nicht einfach das Einkommen das der Vater heute erzielen würde, wenn er seine unselbständige Erwerbstätigkeit 1991 nicht aufgegeben und diese berufliche Stellung nach wie vor inne hätte auf die derzeitigen Verhältnisse hochzurechnen, sondern es ist vielmehr das nach den voranstehenden Erläuterungen vom Unterhaltsschuldner auf dem Arbeitsmarkt real erzielbare Einkommen als Bemessungsgrundlage für den Geldunterhaltsanspruch der Minderjährigen zu ermitteln. Ob dadurch im Vergleich zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Vaters als Unternehmer in seiner gegenwärtigen Lage eine Besserstellung der Unterhaltsgläubiger erreicht werden kann, wird erst aufgrund der noch zu treffenden Feststellungen beurteilbar sein. Wäre Derartiges zu verneinen, so könnte der Vater nur auf ein Einkommen als Unterhaltsbemessungsgrundlage angespannt werden, das ein Unternehmer in vergleichbarer wirtschaftlicher Lage bei optimaler Geschäftsführung unter Berücksichtigung allfälliger Umschuldungsmöglichkeiten erzielen könnte. Die Frage, inwieweit der Vater zur Finanzierung des angemessenen Unterhaltsbedarfs seiner Kinder auch allfälliges, nicht ohnehin schon bis zu seinem Marktwert belastetes Vermögen versilbern müsste, bedarf hier in Ermangelung eines entsprechenden Tatsachenvorbringens keiner Erörterung.

4. Den Argumenten des Vaters ist daher, wie zusammenzufassen ist, nur soweit beizutreten, als er sich gegen eine Anspannung auf jenes Einkommen wehrt, das er heute erzielen würde, wenn er seine unselbständige Erwerbstätigkeit, niemals aufgegeben hätte. Im Übrigen wird in den Rekursausführungen auf die voranstehend dargestellte Rechtslage nicht Bedacht genommen, sodass dem Rechtsmittel im Ergebnis nicht Folge zu geben ist.

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