OGH 7Ob288/99z

OGH7Ob288/99z22.12.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Franz J. Rainer und Dr. Hans-Moritz Pott, Rechtsanwälte in Schladming, gegen die beklagte Partei mj. Willibald P*****, geboren am 16. Dezember 1982, ***** vertreten durch seinen Vater Willibald P*****, ebendort, dieser vertreten durch Dr. Klaus Hirtler, Rechtsanwalt in Leoben, wegen S 324.641,85 sA und Feststellung (Feststellungsinteresse S 66.666,66; Revisionsinteresse S 103.971,24), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 18. Februar 1999, GZ 2 R 231/98b-23, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die klagende Partei führt zur Zulässigkeit ihrer Revision aus:

Entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts hänge die gegenständliche Entscheidung von zwei Rechtsfragen ab, denen erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zukomme:

1. ob sie, die klagende Partei, auch ihren eigenen im Vorprozess aufgelaufenen Kostenaufwand vom Beklagten als Mitschuldner ersetzt verlangen könne und

2. müsse "die Frage der Verletzung der Pistensicherungspflicht der klagenden Partei im Zusammenspiel mit dem Mitverschulden der beklagten Partei beurteilt werden".

Die erste Frage habe das Berufungsgericht verneint und sei damit von oberstgerichtlicher Judikatur abgewichen. In SZ 70/241 habe der Oberste Gerichtshof nämlich entschieden, dass "auf Grund der Bindungswirkung des Vorprozesses gegen den zahlenden Gesamtschuldner für den trotz Streitverkündigung nicht beigetretenen Gesamtschuldner der erstere vom anderen gemäß § 1037 ABGB auch den Ersatz der Kosten des Vorprozesses verlangen kann". Auch im vorliegenden Prozess sei in Analogie zu SZ 70/241 anzunehmen, dass sie, die klagende Partei den Vorprozess auch im Interesse des Beklagten geführt habe, da sich im Falle einer Klagsabweisung auch der Regressanspruch gegen diesen verringert (soll wohl heißen: gar nicht ergebe) hätte. Auch in der Entscheidung SZ 68/186 sei der Oberste Gerichtshof davon ausgegangen, dass ein Rückersatz der Prozesskosten nach schadenersatzrechtlichen Grundsätzen oder dann in Betracht kommen könne, wenn die Prozessführung des Regressberechtigten im Sinne des § 1037 ABGB zum klaren, überwiegenden Vorteil des Regresspflichtigen gedient habe.

Zur zweiten für revisionswürdig erachteten Rechtsfrage wird von der Klägerin zunächst die Auffassung vertreten, dass eine Verletzung von Pistensicherungspflichten gar nicht vorliege. Die Revisionswerberin räumt aber dann selbst ein, dass auf Grund der Bindungswirkung des Vorprozesses von einer Verletzung der Pistensicherungspflicht ausgegangen werden müsse. Stelle man diesen Verstoß dem Fehlverhalten des Beklagten gegenüber, müsse dessen Verschuldensanteil, auch wenn man seine Minderjährigkeit in Betracht ziehe, allerdings mit 2/5 (statt mit 1/3) ausgemessen werden.

Rechtliche Beurteilung

Mit diesen Ausführungen vermag die klagende Partei keinen tauglichen

Revisionsgrund aufzuzeigen:

Zu 1.:

Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit der herrschenden Lehre und ständigen Rechtsprechung (Koziol-Welser10 I 462 und die dort unter FN 123 angeführte Rechtsprechung; Gamerith in Rummel ABGB2 Rz 10 zu § 896 und die dort angeführte Rechtsprechung; JBl 1993, 320; ecolex 1994, 675 = RdW 1995, 12 uva) die mangelnde Regressfähigkeit von Prozesskosten des Regressberechtigten damit begründet, dass der Rückgriffsanspruch des in Anspruch genommenen Solidarschuldners nur Kosten einschließt, die von der Solidarhaftung umfasst sind und nicht auch Kosten des Vorprozesses, die ein einzelner Mitschuldner dem Gläubiger ersetzen oder zur Abwehr der gegen ihn erhobenen Forderungen aufwenden musste.

Der Ersatz von nach § 869 ABGB nicht regressierbaren Prozesskosten wird von der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nur unter bestimmten Umständen mit schadenersatzrechtlichen Überlegungen oder mit den Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 1037 und 1043 ABGB; Gamerith aaO; Koziol Haftpflichtrecht2 I 305 f; SZ 49/100 = JBl 1978, 483; SZ 54/119 = JBl 1982, 656; ecolex 1994, 675 = RdW 1995, 12) in Erwägung gezogen. In der Entscheidung SZ 70/241, auf die sich die Revisionswerberin stützen will, wurde auf die Lehrmeinungen von Gamerith (aaO) und Apathy (in Schwimann ABGB2 Rz 5 zu § 896) hingewiesen, wonach zwar die Prozesskosten nach § 896 ABGB nicht regressierbar seien, der Regressanspruch aber auf Geschäftsführung ohne Auftrag nach § 1037 ABGB gestützt werden könne, wenn der belangte Schuldner durch die Prozessführung die Interessen des Mitschuldners wahrgenommen habe und dies zum klaren Vorteil dieses Mitschuldners geschehen sei. Dem sei insbesondere im Hinblick auf die Bindungswirkung des Vorprozesses zu folgen. Wenn sich ein Mitschuldner - trotz Streitverkündung - nicht am Vorprozess beteilige und dem beklagten Mitschuldner die Klärung des gegen beide Schuldner bestehenden Anspruchs des Geschädigten überlasse, sei der Kostenaufwand im Interesse beider Schuldner in einem Verfahren entstanden, das bindend über den Anspruch des Geschädigten gegen den am Prozess nicht beteiligten Mitschuldner abspreche. Auch wenn der Kostenaufwand im Sinne der Rechtsprechung nicht von der Solidarschuld umfasst sei, könne die Klägerin den Aufwand im Sinne der zitierten Lehrmeinungen aus dem Rechtsgrund des § 1037 ABGB gegen den Mitschuldner geltend machen (vgl auch ecolex 1998, 307; 1 Ob 76/98b).

Im vorliegenden Fall ist aber der Beklagte dem Vorprozess als Nebenintervenient der nunmehrigen Klägerin beigetreten und hat daher in diesem Verfahren seine Interessen - unter entsprechendem eigenem Kostenaufwand - selbst vertreten. Der Ansicht des Berufungsgerichtes, dass der vorliegenden Fall demnach der zu SZ 70/241 entschiedenen Causa nicht vergleichbar sei, ist beizupflichten. Umstände, auf Grund derer die im Vorprozess aufgelaufenen eigenen Kosten der regressberechtigten klagenden Partei aus schadenersatzrechtlichen Überlegungen oder entsprechend den Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag regressierbar wären, liegen im vorliegenden Fall nicht vor. Der vorliegende Rechtsfall ist nicht mit jenem der Entscheidung 7 Ob 203/98y (weitere Nachweise in RIS-Justiz RS0109200) vergleichbar, weil diesem ein anders gelagerter Sachverhalt zugrundelag.

Die Berufungsentscheidung steht also (auch) in diesem Punkt im Einklang mit der Judikatur des Obersten Gerichtshof. Der behauptete Revisionsgrund ist demnach nicht gegeben.

Zu 2.:

Die von der Kasuistik des Einzelfalls abhängige Verschuldensteilung stellt keine erhebliche Rechtsfrage dar, es sei denn, den Vorinstanzen wäre dabei eine gravierende Fehlbeurteilung unterlaufen (vgl RIS-Justiz RS0087606 uva). Davon kann im vorliegenden Fall aber, wie schon das Abänderungsbegehren der klagenden Partei zeigt, offenbar auch nach deren Auffassung keine Rede sein: wird doch eine Vergrößerung des Verschuldensanteils des Beklagten von 1/3 auf 2/5, also um lediglich 1/15 (!) angestrebt.

Mangels einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO war spruchgemäß zu entscheiden.

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