OGH 10Ob187/99v

OGH10Ob187/99v14.12.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr, Dr. Steinbauer, Dr. Hopf und Dr. Fellinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Adriano C***** s. r.l., *****, Italien, vertreten durch Dr. Janko Tischler und Mag. Kurt Oberleitner, Rechtsanwälte-Partnerschaft in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Walter W*****, Kaufmann, W*****, Kanada, vertreten durch Dr. Wolfgang Lirk und andere Rechtsanwälte in Salzburg, wegen LIT 1.400.000.000,-- (im Gegenwert ATS 9,800.000,--) sA, infolge außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 2. Juni 1999, GZ 3 R 92/99s-50, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom 11. Feber 1999, GZ 7 Cg 53/97y-46, zum Teil bestätigt und zum Teil abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Prozessgericht erster Instanz wird die neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten erster Instanz.

Text

Begründung

Mit der zunächst am 29. 11. 1996 beim Landesgericht Klagenfurt eingebrachten Klage gegen die dort erstbeklagte Partei W & G ***** in SLO-2000 Maribor sowie die dort zweitbeklagte Partei Walter W*****, Kaufmann 5020 Salzburg, begehrt die klagende Partei die Zahlung von insgesamt LIT 1.400.000,--, wobei sie das Klagebegehren hinsichtlich der ursprünglich zweitbeklagten Partei mit dem aus einer abgegebenen Haftungserklärung ableitbaren Schuldbeitritt begründete. Die Anschrift des Zweitbeklagten wurde in der Klage mit "N***** Nr. 20, 5020 Salzburg" angegeben, weshalb sich das Landesgericht Klagenfurt mit Beschluss vom 28. 1. 1997 (ON 4) hinsichtlich der dort Zweitbeklagten für örtlich unzuständig erklärte und die Rechtssache über Antrag der Klägerin gemäß § 261 Abs 6 ZPO an das nicht offenbar unzuständige Landesgericht Salzburg überwies.

Nach der durch Hinterlegung erfolgten Zustellung der Klage samt Aufforderung zur Klagebeantwortung gemäß § 243 Abs 4 ZPO an der Adresse M***** 12, 5020 Salzburg - Stadtteil N*****, erging vom Erstgericht über Antrag der Klägerin wegen nichterstatteter Klagebeantwortung am 2. 5. 1997 ein Versäumungsurteil (ON 9). Das Versäumungsurteil wurde am 7. 5. 1997 unter der gleichen Adresse wie zuvor die Klage an die Gattin des Beklagten, die an dieser Anschrift Eigentümerin einer Wohnung ist, zugestellt und von dieser schließlich an den Beklagten am 8. 5. 1997 übergeben.

Am 15. 5. 1997 beantragte der Beklagte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Erstattung einer Klagebeantwortung, erhob gegen das Versäumungsurteil Widerspruch und erstattete eine Klagebeantwortung. Darin begehrte er die Zurückweisung der Klage mangels inländischer Gerichtsbarkeit und örtlicher Zuständigkeit. Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Beschluss des Erstgerichtes vom 11. 8. 1997 (ON 27) wurde der Wiedereinsetzungsantrag abgewiesen.

Die Klägerin wiederum beantragte am 4. 6. 1997 auf Grund des Versäumungsurteiles die Exekution zur Sicherstellung durch Pfändung und Verwahrung von Fahrnissen, Pfändung des Geschäftsanteiles des Beklagten an der "Geschäftsstelle der Klassenlotterie H***** GmbH", eingetragen im Firmenbuch des Handelsgerichtes Wien zu FN *****, und Pfändung der Gesellschaftsforderungen des Beklagten gegenüber dieser Gesellschaft, insbesondere des Anspruches aus dem jährlichen Gewinnanteil sowie auf einen allfälligen Liquidationserlös. Die Exekution zur Sicherstellung wurde vom Erstgericht rechtskräftig bewilligt und hinsichtlich des Geschäftsanteiles sowie den damit verbundenen Forderungen vom Bezirksgericht Innere Stadt Wien vollzogen.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 6. 2. 1998 (ON 33) hob das Erstgericht das Versäumungsurteil vom 2. 5. 1997 infolge des vom Beklagten erhobenen Widerspruches auf und schränkte die Verhandlung gemäß § 189 ZPO auf die Fragen der inländischen Gerichtsbarkeit und der örtlichen Zuständigkeit ein.

Die Klägerin brachte in der Folge vor, der Beklagte sei österreichischer Staatsbürger und habe seinen Wohnsitz in Salzburg. In der Tagsatzung vom 3. 11. 1998 beantragte die Klägerin für den Fall des Ausspruches der Unzuständigkeit des Erstgerichtes die Überweisung der Rechtssache an das nicht offenbar unzuständige Handelsgericht Wien oder das Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien.

Der Beklagte bestritt und brachte vor, er sei kanadischer Staatsbürger und habe weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich.

Mit Beschluss vom 11. 2. 1999 wies das Erstgericht die Klage mangels inländischer Gerichtsbarkeit gemäß § 42 JN zurück und erkannte die klagende Partei schuldig, dem Beklagten die Prozesskosten zu ersetzen, wobei es folgenden Sachverhalt feststellte:

Der Beklagte ist kanadischer Staatsbürger und besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft. Seine Frau Mag. Elisabeth W***** ist Eigentümerin einer Wohnung in Salzburg, M***** 12, die sie auch regelmäßig benützt, zumal ihre Tochter regelmäßig in der Universitätsklinik in Innsbruck behandelt wird. Ansonsten hält sie sich auf der dem Beklagten gehörigen Ranch in Kanada auf, die auch dem Beklagten als Wohnsitz dient. Lediglich dann, wenn sich seine Frau in Salzburg befindet, benützt auch der Beklagte besuchsweise diese Wohnung. An Vermögen besitzt der Beklagte Aktien der Firma H*****, einem Glücksspielunternehmen in Wien. Der Beklagte war laut Meldeauskunft der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 18. 6. 1997 in Salzburg nicht gemeldet. Laut Auskunft der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 2. 7. 1998 war der Beklagte zu diesem Zeitpunkt jedoch in Salzburg, M***** 12, gemeldet.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Erstgericht, dass hieraus weder ein Wohnsitz noch ein gewöhnlicher Aufenthalt des Beklagten im Inland abgeleitet werden könne. Den sich aus den vom Beklagten in Wien gehaltenen Geschäftsanteilen allenfalls ergebenden Vermögensgerichtsstand nach § 99 JN sah das Erstgericht mangels eines zusätzlichen Inlandsbezuges des Beklagten für die Begründung der inländischen Gerichtsbarkeit als nicht ausreichend an.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der klagenden Partei teilweise Folge und änderte den angefochtenen Beschluss dahin ab, dass es 1. das Landesgericht Salzburg für örtlich unzuständig erklärte, 2. den Antrag der klagenden Partei auf Überweisung der Rechtssache an das nicht offenbar unzuständige Handelsgericht Wien oder das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien abwies und 3. die Klage zurückwies. Es erkannte die klagende Partei schuldig, der beklagten Partei die mit S 133.308,-- bestimmten Prozesskosten und die mit S 31.706,16 bestimmten anteiligen Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen. Das Rekursgericht würdigte den Sachverhalt rechtlich wie folgt:

Ein bloß besuchsweises Aufsuchen einer Wohnung, in der sich die restliche Familie aufhalte, begründe weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt. Der Beklagte habe daher in Salzburg keinen Gerichtsstand.

Hinsichtlich der vom Beklagten an der Firma H*****, einem Glücksspielunternehmen in Wien, gehaltenen Geschäftsanteilen müsse davon ausgegangen werden, dass es sich dabei um einen Geschäftsanteil an einer GmbH handelt. Das ergebe sich in eindeutiger Weise aus den Angaben der Klägerin im Antrag auf Exekution zur Sicherstellung, die mit dem Inhalt des angeschlossenen Beiaktes insbesondere der darin enthaltenen Drittschuldnererklärung vollinhaltlich übereinstimmten. Die Bezeichnung der Geschäftsanteile des Beklagten als "Aktien" sei daher nur eine offenbare Unrichtigkeit (§ 419 ZPO), die jederzeit berichtigt werden könnte.

Nach der von der oberstgerichtlichen Rechtsprechung einheitlich vertretenen Indikationentheorie bestehe die inländische Gerichtsbarkeit für alle Zivilrechtssachen, die durch positiv-gesetzliche Anordnung, durch völkerrechtliche Regeln oder zufolge eines durch die inländische Verfahrensordnungen anerkannten Anknüpfungspunktes an das Inland (zB einem inländischen Gerichtsstand) vor die österreichischen Gerichte verwiesen seien, wobei es neben dem Vorliegen eines inländischen Gerichtsstandes zusätzlich einer hinreichenden Nahebeziehung zum Inland bedürfe.

Die Ansicht der Rekurswerberin, wonach es zur Begründung der inländischen Gerichtsbarkeit neben einem inländischen Gerichtsstand keiner weiteren Inlandsbeziehung mehr bedürfe, sei unzutreffend. Durch den mit der WGN 1997 neu eingeführten § 27a JN sei die von Lehre und Rechtsprechung herausgebildete Indikationentheorie vom Gesetzgeber zwar ausdrücklich abgelehnt worden, gemäß Art XXXII Z 8 WGN 1997 sei diese Bestimmung aber erst auf nach dem 31. 12. 1997 eingeleitete Rechtsstreitigkeiten anzuweisen. Der Rekurswerberin sei insofern zuzustimmen, als durch diese Regelung der Grundsatz des seit September 1996 in Österreich geltenden LGVÜ verallgemeinert wurde, wonach die inländische Gerichtsbarkeit jedenfalls dann gegeben ist, wenn die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichtes erfüllt sind, ohne dass es noch auf eine zusätzliche Nahebeziehung ankomme (vgl BlgNR GP XX RV 898, 31 f). Vom Obersten Gerichtshof sei die Anwendung dieser Bestimmung auf bereits vor dem 31. 12. 1997 anhängige Rechtssachen aber ausdrücklich abgelehnt worden (OGH v. 9. 6. 1998, 7 Ob 224/97k = RIS-Justiz RS0046574). § 27a JN sei daher auch nicht zur Interpretation der bisherigen Rechtslage heranzuziehen.

Vor der Prüfung der örtlichen Zuständigkeit sei zunächst die inländische Gerichtsbarkeit zu prüfen (RIS-Justiz RS0045468). Das Vorliegen eines inländischen Gerichtsstandes stelle dabei ein bloßes Indiz für das Vorliegen der inländischen Gerichtsbarkeit dar, wobei dieses auch durch eine andere Inlandsbeziehung ersetzt werden könne. So machten etwa Geschäftsanteile an einer inländischen GmbH eine Verwaltungstätigkeit im Inland notwendig, aus der für sich genommen eine teilweise "Ansässigkeit" des Beklagten im Inland abgeleitet werden könnte (RIS-Justiz RS0102889). Aus einer Beteiligung an einer inländischen GmbH könne sich daher in Übereinstimmung mit der zitierten oberstgerichtlichen Judikatur eine zur Bejahung der inländischen Gerichtsbarkeit ausreichende Inlandsbeziehung ergeben. Allerdings habe die Geschäftsstelle der Klassenlotterie H***** GmbH ihren Sitz in Wien, weshalb das Landesgericht Salzbug jedenfalls örtlich unzuständig sei. Die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit sei vom Beklagten trotz des zuvor ergangenen Versäumungsurteiles wegen der Nichterstattung der gemäß § 243 Abs 4 ZPO aufgetragenen Klagebeantwortung im dagegen erhobenen Widerspruch zulässigerweise vorgebracht worden (RIS-Justiz RS0039824).

Der erstgerichtliche Beschluss sei daher in eine Zurückweisung mangels örtlicher Zuständigkeit abzuändern.

Nach § 261 Abs 6 ZPO könne der Kläger für den Fall, dass der Beklagte die Unzuständigkeit eingewendet oder das Gericht seine Zuständigkeit von Amts wegen prüft, den Antrag stellen, dass das Gericht für den Fall, dass es eine Unzuständigkeit ausspricht, die Klage an das vom Kläger namhaft gemachte Gericht überweist. Diesem Antrag habe das Gericht stattzugeben, wenn es das andere Gericht nicht für offenbar unzuständig erachtet. Das entscheidende Gericht habe sich ausdrücklich für unzuständig zu erklären und im selben Beschluss die Klage an das vom Kläger namhaft gemachte nicht offenbar unzuständige Gericht zu überweisen. Erscheine ihm das namhaft gemachte Gericht gleichfalls unzuständig, sei der Überweisungsantrag abzuweisen. Die Zuständigkeit des vom Kläger genannten anderen Gerichtes sei dabei iSd § 41 Abs 1 JN anhand der Angaben des Klägers zu prüfen. Vom Rekursgericht sei daher auch über den Überweisungsantrag der Klägerin vom 3. 11. 1998 zu entscheiden.

Im Rahmen der Tagsatzung vom 3. 11. 1998 habe sich die Klägerin erschließbar auf den sich aus dem vom Beklagten gehaltenen Geschäftsanteil ergebenden Vermögensgerichtsstand berufen und gemäß § 261 Abs 6 ZPO für den Fall, dass das Erstgericht seine Unzuständigkeit ausspreche, die Überweisung der Rechtssache an das dann nicht offenbar unzuständige Handelsgericht Wien oder Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien beantragt. Zur Begründung des Vermögensgerichtsstandes nach § 99 Abs 1 JN komme es aber auch darauf an, dass der Wert des im Inland befindlichen Vermögens nicht unverhältnismäßig geringer sei als der Wert des Streitgegenstandes. Hieraus folge die Verpflichtung des Klägers, der sich auf den Gerichtsstand nach § 99 Abs 1 JN berufe, dass er die Höhe des Vermögens zumindest insoweit nenne, als dies zur Beurteilung der Verhältnismäßigkeit erforderlich sei (RIS-Justiz RS0046805). Dabei ergebe sich der Wert eines Geschäftsanteiles an einer inländischen GmbH nicht aus dem Nominalbetrag der gehaltenen Stammeinlage, sondern aus deren Verkehrswert (vgl ecolex 1993, 322). Dazu habe die Klägerin nichts vorgebracht, sodass ihr Überweisungsantrag mangels tauglicher Zuständigkeitsbehauptungen abzuweisen gewesen sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass dem Erstgericht die Durchführung des Verfahrens unter Abstandnahme von den Zurückweisungsgründen der mangelnden inländischen Gerichtsbarkeit und der örtlichen Unzuständigkeit aufgetragen, hilfsweise aber die Sache im Sinne des Überweisungsantrages an das nicht offenbar unzuständige Handelsgericht Wien oder Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien überwiesen werde. Überdies wird hilfsweise ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragte in der ihr freigestellten Revisionsrekursbeantwortung, das Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen oder ihm nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist aus den unten dargelegten Gründen zulässig und im Sinne seines Eventualantrages auf Aufhebung und Zurückverweisung auch teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zunächst ist davon auszugehen, dass der Beklagte in Österreich keinen Wohnsitz hat (§ 66 Abs 1 JN). Die Feststellungen reichen aber nicht aus um beurteilen zu können, ob er nicht in Salzburg einen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 66 Abs 2 JN begründet hat. Bei der Beurteilung, ob ein Aufenthalt als gewöhnlicher Aufenthalt anzusehen ist, sind seine Dauer und seine Beständigkeit sowie andere Umstände persönlicher oder beruflicher Art zu berücksichtigen, die dauerhafte Beziehungen zwischen einer Person und ihrem Aufenthalt anzeigen. Ein bloß vorübergehender Aufenthalt liegt vor, wenn sich der Betreffende an diesem Ort nur für einen kürzeren, klar abgrenzbaren Zeitabschnitt, zB zu einem Wochenendbesuch der Familie aufhält (Mayr in Rechberger, ZPO Rz 3 zu § 66 JN mwN; EvBl 1985/110). Nach den Feststellungen des Erstgerichtes ist die Ehefrau des Beklagten Eigentümerin einer Wohnung in Salzburg, die sie regelmäßig benützt, zumal ihre (2 oder 3 Jahre alte) Tochter regelmäßig in Österreich medizinisch behandelt wird. Ansonsten hält sie sich auf der dem Beklagten gehörigen Ranch in Kanada auf, die ihm als Wohnsitz dient. Lediglich dann, wenn sich seine Frau in Salzburg befindet, benützt auch der Beklagte "besuchsweise" diese Wohnung. Diese Feststellungen weichen doch erheblich von jenem Sachverhalt ab, welcher der E 6 Ob 682/84 (EvBl 1985/110) zu Grunde lag; sie können nämlich dahin interpretiert werden, dass die Eigentumswohnung in Salzburg nicht nur von der Frau des Beklagten, sondern auch von ihm selbst regelmäßig benützt wird, nämlich (immer) dann, wenn sich die Frau mit der kleinen Tochter in Salzburg aufhält, welche Aufenthalte ja als regelmäßig bezeichnet wurden. Ein Indiz dafür wäre übrigens auch die laut Auskunft der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 2. 7. 1998 festgestellte polizeiliche Meldung des Beklagten in dieser Stadt. Wie die klagende Partei in ihrem Revisionsrekurs zutreffend aufzeigt, wären aber nähere Feststellungen über Dauer und Häufigkeit der Aufenthalte des Beklagten in Salzburg zu treffen gewesen, um überprüfen zu können, ob dadurch ein gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne des § 66 Abs 2 JN begründet wurde.

Sollte das Vorliegen eines allgemeinen Gerichtsstandes des Beklagten in Salzburg abermals verneint werden, wäre die Berechtigung seines Überweisungsantrages zu prüfen, den er in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 3. 11. 1998 gestellt hat. Die Abweisung dieses Antrages durch das Rekursgericht hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Richtig ist, dass ein Geschäftsanteil an einer inländischen GmbH ein Vermögen im Sinne des § 99 Abs 1 JN darstellt, für dessen Wert der Verkehrswert maßgeblich ist (ecolex 1993, 322 = RdW 1993, 111 = WBl 1993, 195 = ZfRV 1993/55; Mayr aaO Rz 5 zu § 99 JN). Das Rekursgericht hat den auf den Gerichtsstand des Vermögens gestützten Überweisungsantrages nur deshalb abgewiesen, weil der Kläger nicht sogleich vorgebracht habe, dass der Wert dieses Geschäftsanteils nicht unverhältnismäßig geringer sei als der Wert des Streitgegenstandes, und sich dazu auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs berufen (RIS-Justiz RS0046805). Die dort genannten Entscheidungen können aber die Auffassung des Rekursgerichtes nicht untermauern: Während es sich im Fall 5 Ob 1565/90 um die Zurückweisung eines außerordentlichen Revisionsrekurses ohne näheres Eingehen auf das Problem handelt, heisst es in der ausführlich begründeten Entscheidung 3 Ob 514, 515/94:

"Ein Vermögen im Sinne des § 99 Abs 1 JN begründet die inländische Gerichtsbarkeit unter der weiteren Voraussetzung einer zusätzlichen Inlandsbeziehung, sei es des Streitgegenstandes oder der Partei (EvBl 1995/145; SZ 65/141; Mayr in Rechberger, ZPO Rz 10 zu § 99 JN). Eine zusätzliche Nahebeziehung zum Inland würde durch den Sitz der klagenden Partei in Österreich geschaffen, ist doch der Gerichtsstand des Vermögens als einziger von jenen Gerichtsständen verblieben, mit denen es der Gesetzgeber Personen mit inländischen Statut ermöglichen wollte, andere Personen im Inland klagen zu können (EvBl 1995/145 mwN). Ob sich die klagende Partei erfolgreich auf diesen inländischen Anknüpfungspunkt berufen könnte, sodass auch für den Gerichtsstand nach § 93 JN über den Umweg eines allenfalls gegebenen Gerichtsstandes nach § 99 Abs 1 JN die sonst nicht vorliegende inländische Gerichtsbarkeit zu bejahen wäre, kann noch nicht abschließend beurteilt werden. Der Streitgegenstand darf nämlich nicht in krassem Missverhältnis zum Wert des Vermögens stehen, es muss eine angemessene Relation zwischen beiden Größen gegeben sein (EvBl 1991/182; EvBl 1984/133). Daraus folgt aber die Verpflichtung des Klägers, der sich auf den Gerichtsstand nach § 99 Abs 1 JN beruft, dass er die Höhe des Vermögens (der Forderungen) zumindest insoweit nennt, dass diese Beurteilung erfolgen kann (5 Ob 1565/90). Dazu reichen die allgemein gehaltenen Behauptungen der klagenden Partei, die immerhin ein Zahlungsbegehren von mehr als S 2,8 Mio stellte, nicht aus. Da aber das Vorliegen der inländischen Gerichtsbarkeit von Amts wegen zu prüfen ist, wird das Erstgericht auf eine Konkretisierung des Vorbringens der klagenden Partei in diesem Punkt zu dringen haben. Es entspricht nun einheitlicher Rechtsprechung, dass ein angemessenes Verhältnis zwischen Streitwert und inländischem Vermögen dann vorliegt, wenn das Vermögen etwa 20 % des Streitwertes erreicht (RdW 1996, 63 mwN). Besteht das Vermögen in Forderungen gegen inländische Gesellschaften, müssen diese auch einbringlich sein (SZ 20/18; Mayr aaO Rz 6 zu § 99 JN)".

Diesen Ausführungen ist beizustimmen. Das Erstgericht hätte die klagende Partei auffordern müssen, ihren kurz vor Schluss der Verhandlung unter Hinweis auf den Vermögensgerichtsstand gestellten Überweisungsantrag näher zu konkretisieren; es hielt dies wohl deshalb für nicht erforderlich, weil es über diesen Antrag gar nicht entschieden hat. Mangels jeder Erörterung der Voraussetzungen des Gerichtsstandes nach § 99 JN durfte aber auch das Rekursgericht den Überweisungsantrag nicht sogleich mit der Begründung mangelnden Vorbringens abweisen, ohne der klagenden Partei Gelegenheit zu geben, ihr Vorbringen zu konkretisieren. Sollte der Gerichtsstand vorliegen, ist auch an der im Sinne der hier noch geltenden Indikationentheorie (7 Ob 224/97k) ausreichenden inländischen Nahebeziehung nicht zu zweifeln, da der Beklagte nicht nur, wie dem Klagevorbringen entnommen werden kann, eine Haftungserklärung für eine Verbindlichkeit gegenüber einem Schuldner mit Sitz in Österreich abgegeben hat, sondern auch an einer inländischen GmbH beteiligt ist.

Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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