OGH 8ObS289/99d

OGH8ObS289/99d11.11.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Adamovic sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Dietmar Strimitzer und Ing. Hugo Jandl als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Gertrude J*****, Angestellte, ***** vertreten durch Mag. Rudolf Lind, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Bundessozialamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Wien 5, Geigergasse 5-9, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wegen Insolvenz-Ausfallgeld (S 15.920,-- netto sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. Juni 1999, GZ 8 Rs 103/99x-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 23. November 1998, GZ 21 Cgs 93/98i-9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.655,68 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 609,28 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin erklärte im dritten Monat nach Konkurseröffnung (9. 6. 1997) über das Vermögen ihrer ehemaligen Arbeitgeberin ihren berechtigten vorzeitigen Austritt gemäß § 26 Z 2 AngG und begehrte neben dem ihr von der beklagten Partei zuerkannten Insolvenz-Ausfallgeld einen weiteren, der Höhe nach außer Streit stehenden Betrag von S 15.920,-- netto für den Zeitraum 26. 11. bis 31. 12. 1997.

Das Berufungsgericht änderte mit seinem nunmehr angefochtenen Urteil das klagsabweisende Urteil des Erstgerichtes ab und sprach der Klägerin das begehrte (restliche) Insolvenz-Ausfallgeld zu. Weiters erklärte es die Revision gemäß § 46 Abs 1 ASGG für zulässig, die Frage der Sicherung von Beendigungsansprüchen des Arbeitnehmers im Konkurs seines Arbeitgebers bei Austritt gemäß § 26 Z 2 AngG sei eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes dazu fehle.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei aus den Gründen der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und Nichtigkeit mit dem Antrag, das bisherige Verfahren für nichtig zu erklären und die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückzuweisen. Hilfsweise wird beantragt, das Urteil im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens abzuändern (mit anderen Worten das Urteil der ersten Instanz wiederherzustellen).

Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die rechtliche Begründung der Berufungsentscheidung, bei Austritt des Arbeitnehmers gemäß § 26 Z 2 AngG nach Konkurseröffnung habe der Arbeitnehmer Anspruch auf Schadenersatz nach § 25 Abs 2 KO bis zur fiktiven Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Masseverwalter, ist zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Zulässigkeit einer Revision wegen Fehlens einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist danach zu beurteilen, ob im Zeitpunkt der Erhebung der Revision eine solche Rechtsprechung bereits vorhanden war und ob die vorhandene Rechtsprechung dem Revisionswerber bereits bekannt sein konnte (7 Ob 72/83; 4 Ob 522/87; 7 Ob 626/89 = JBl 1990, 254; zuletzt etwa 1 Ob 611/92; RIS-Justiz 0042856). Daher konnten der beklagten Partei die Entscheidungen, in denen der Oberste Gerichtshof den eingangs wiedergegebenen Rechtssatz prägte (8 Ob S 316/98y; 8 ObS 47/97p; 8 ObS 379/97m), im Zeitpunkt der Erhebung der Revision wegen des Zeitpunkts der Abfertigung dieser Entscheidungen noch nicht bekannt sein, sodass die Revision als zulässig, wenn auch als nicht begründet anzusehen ist.

In der maßgeblichen Entscheidung, womit die Zulässigkeit einer Klagsänderung gemäß § 86 ASGG für Sozialrechtssachen abgelehnt wurde (SSV-NF 10/15), ist im Sinne der herrschenden zweigliedrigen Streitgegenstandstheorie lediglich eine Bindung hinsichtlich des Begehrens (Betrag) und des anspruchsbegründenden Sachverhaltes angenommen worden; eine weitere Bindung - im Sinne der dreigliedrigen Streitgegenstandstheorie - auch hinsichtlich der rechtlichen Qualifikation des Begehrens wurde nicht angedeutet, abgesehen davon wäre eine Falschbezeichnung eines Schadenersatzanspruches gemäß § 25 Abs 2 KO (idF IRÄG 1994) als "Kündigungsentschädigung" (im Sinne des § 29 AngG) unschädlich.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG iVm § 50 ZPO.

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