OGH 9Ob201/99w

OGH9Ob201/99w15.9.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl. Vw. Heide H*****, Pensionistin, ***** vertreten durch Dr. Roland Hubinger und andere, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Mag. Christian H*****, Handelsdelegierter, ***** vertreten durch Dr. Helga Hönel-Jakoncig und andere, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Unterhalt, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 3. März 1999, GZ 2 R 595/98h-172, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Da die Anspannungstheorie auch für den Unterhaltsberechtigten gilt (8 Ob 598/93), hat sich das Rekursgericht im Rahmen der Rechtsprechung gehalten, wenn es die Klägerin mit ihrer akademischen Wirtschaftsausbildung, die als Geschäftsführerin in der familieneigenen Fliesenverlegungs GesmbH tätig war, auf einen Posten als erste Verkäuferin mit selbständiger Einkaufsbefugnis, einer Filialleiterin oder einer Schauraumberaterin verwiesen hat. Mangels allgemeiner Richtlinien wurden dabei im konkreten Einzelfall ihr Alter, ihre Berufsausbildung und vor allem ihre Vermittelbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt berücksichtigt, aber auch der Umstand, daß diese insofern konkreten Verweisungstätigkeiten keinen unzumutbaren sozialen Abstieg bewirkt hätten (8 Ob 639/91; 8 Ob 1576/92). In diesem Zusammenhang ist die Beurteilung des sozialen Abstieges eine Beurteilung des Einzelfalles. Da die Klägerin den Geschäftsbetrieb nicht auf familienrechtlicher Grundlage führte, sondern als Geschäftsführerin mit Entgeltanspruch, hat das Rekursgericht die Grundsätze der Rechtsprechung (EFSlg 70.767, 74.869) nicht verletzt, soweit es das in diesem Beruf allgemein erzielbare Entgelt berücksichtigte. Ob der Klägerin, der aufgrund ihrer Ausbildung die völlige Unrentabilität der Aufrechterhaltung des Betriebes aufgrund der in den Jahren 1977 bis 1991 erwirtschafteten Verluste bekannt war, zuzumuten war, sich 1990/1991 um einen anderen Arbeitsplatz zu bemühen oder erst einige Jahre später, ist nur aufgrund einer einzelfallbezogenen Beurteilung festzustellen und begründet keine erhebliche Rechtsfrage. Bei mangelnder Aussicht auf Konsolidierung eines Unternehmens binnen angemessener Frist ist der selbständig erwerbstätige Unterhaltsberechtigte verpflichtet, zwecks Erreichung eines eigenen entsprechenden Einkommens umgehend eine andere, allenfalls auch unselbständige Erwerbstätigkeit anzunehmen (8 Ob 598/93; 8 Ob 2335/96g; 3 Ob 89/97b; 4 Ob 4/98m). Die Einsetzung von zinsenlosem Eigenkapital zur Rettung des Unternehmens, das aber nur den Fortbestand bei gleichbleibender Unrentabilität bewirkte, kann nicht einem etwa der Entscheidung EFSlg 74.189 zugrundeliegenden konkreten Rettungsversuch zur Verbesserung des Betriebsergebnisses (wie eine Betriebsumsiedlung) gleichgehalten werden. Es wurde nicht einmal ein konkretes Sanierungs- und Firmensanierungskonzept festgestellt oder im Rechtsmittel behauptet, sondern bei gleichbleibender Unwirtschaftlichkeit des Betriebes nach Lösungen gesucht, die letztlich zum Verkauf und zur Liquidation der GesmbH führten. Soweit das Rekursgericht in diesem Fall keine Einräumung einer weiteren Frist zur Konsolidierung für nötig erachtete, liegt keine krasse Verkennung der Grundsätze der Rechtsprechung vor.

Mit der Anspannung der Leistungskraft, hier der unterhaltsberechtigten Klägerin, ist das Einkommen auf der Grundlage eines zwar tatsächlich nicht erzielten, aber erzielbaren Einkommens zu bemessen (6 Ob 2319/96i). Angespannt wurde die Klägerin auf ein auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erzielendes unselbständiges Erwerbseinkommen zum Zeitpunkt als die Unrentabilität der Weiterführung des Unternehmens für die Klägerin feststand, anstelle ihrer selbständigen Geschäftsführerentschädigung. Damit steht aber nicht im Zusammenhang der mögliche Verkaufserlös des Unternehmens zu diesem Zeitpunkt oder dem späteren Zeitpunkt der tatsächlichen Verwertung des Unternehmens bzw des Firmengrundstückes. Da in diesem Bereich keine Anspannung erfolgte, schlägt der durch den U-Bahnbau erzielte ungewöhnliche Verkaufserlös für das Grundstück auf das dem Anspannungsgrundsatz unterworfene Einkommen als selbständige oder unselbständige Erwerbstätigkeit nicht durch. Grundlage der Unterhaltsbemessungsgrundlage bilden sämtliche tatsächlich erzielten Einkünfte (6 Ob 2319/96i), so daß daher im vorliegenden Fall das angespannte Einkommen aus der Erwerbstätigkeit und das aus den Zinsen des Verkaufserlöses unabhängige Einkunftsquellen sind, die sich nicht bedingen. Die Grundlage für die Anwendbarkeit der Entscheidung EFSlg

56.227 liegt daher ohne eine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zu begründen, mangels Sachverhaltsidentität nicht vor.

Stichworte