OGH 2Ob196/99h

OGH2Ob196/99h26.8.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt Wien, vertreten durch die Landesstelle Graz, Göstinger Straße 26, 8021 Graz, vertreten durch Dr. Werner Thurner und Dr. Peter Schaden, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei H. ***** GmbH, *****, wegen S 600.356 sA und Feststellung, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 14. April 1999, GZ 6 R 74/99w-12, womit der Beschluß des Landesgerichtes Leoben vom 25. Februar 1999, GZ 5 Cg 197/98d-7 bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Über das Vermögen der beklagten Partei wurde mit Beschluß des Amtsgerichtes Schwelm vom 30. 4. 1998 der Konkurs eröffnet.

Mit der am 24. 12. 1998 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt die klagende Partei die Zahlung von S 601.765,53 sowie die Feststellung, daß die beklagte Partei verpflichtet sei, ihr ihre künftigen Pflichtaufwendungen an Karl P***** und Friedrich D***** wegen des Unfalles vom 17. 8. 1993 im Betrieb der B***** GmbH insoweit zu ersetzen, als im Ersatzanspruch des Karl P***** ein unter Berücksichtigung eines 50 %igen Eigenverschuldens des Karl P***** zu errechnender Deckungsfonds gegeben sei und hinsichtlich der Leistungen an Friedrich D***** als ein unter Berücksichtigung der gänzlichen Haftung der beklagten Partei zu errechnender Deckungsfonds gegeben sei. Sie brachte dazu vor, die beklagte Partei habe für die B***** GmbH eine pneumatische Einblasanlage errichtet, in deren Rohrleitung Kalk und Flußspat transportiert worden seien. Bei dem Versuch, eine Verstopfung der Anlage zu beseitigen, hätten Karl P***** und Friedrich D*****, beide Dienstnehmer der B***** GmbH schwere Verletzungen erlitten. Die beklagte Partei hafte nach dem Produkthaftpflichtgesetz für den Schaden des Friedrich D***** zur Gänze, für den Schaden des Karl P***** zur Hälfte, weil diesen ein 50 %iges Mitverschulden treffe. Es habe sich um einen Arbeitsunfall gehandelt, wofür die klagende Partei entsprechende Leistungen erbracht habe.

Gemäß § 332 ASVG seien die Ansprüche der verletzten Arbeitnehmer im Umfang der von der klagenden Partei erbrachten Leistungen auf diese übergegangen, soweit für die von der klagenden Partei erbrachten bzw noch künftig zu erbringenden Leistungen ein Deckungsfonds vorhanden sei.

Die beklagte Partei sei beim "***** Konzern" haftpflichtversichert. Es sei eine Verjährungsverzichtserklärung mit Wirksamkeit bis 31. 12. 1998 abgegeben worden.

Diese Klage und der Auftrag zur Erstattung einer Klagebeantwortung konnten infolge der Konkurseröffnung nicht zugestellt werden.

Das Erstgericht wies sodann die Klage infolge Konkurseröffnung über das Vermögen der beklagten Partei zurück und hob das bisherige Verfahren als nichtig auf.

Das von der klagenden Partei angerufene Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Rekursgericht vertrat unter Hinweis auf die Entscheidung SZ 68/210 die Ansicht, daß bei einer nach Konkurseröffnung gegen den Gemeinschuldner erhobenen, einen Absonderungsanspruch betreffenden Klage der Mangel der Prozeßfähigkeit des Gemeinschuldners durch nachfolgende Benennung des Masseverwalters nicht heilbar sei. Unter Zugrundelegung des Vorbringens in der Klage könne ein Anspruch nach § 6 Abs 3 KO verneint werden. Der in RdW 1996, 314 veröffentlichte Rechtssatz, daß eine Richtigstellung der Parteibezeichnung auf den Masseverwalter zulässig sei, wenn eine Klage im Sinn des § 6 Abs 2 KO unrichtig gegen den Gemeinschuldner anhängig gemacht worden sei, finde im Volltext der Entscheidung 7 Ob 640/95 des Obersten Gerichtshofes nicht Deckung.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil eine gesicherte Rechtsprechung zur hier relevanten Frage fehle.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Beschluß des Erstgerichtes aufgehoben und diesem die Einleitung und Fortsetzung des Verfahrens aufgetragen werde.

Der Revisionsrekurs ist wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage - der gegenteilige Ausspruch des Rekursgerichtes ist nicht bindend - nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung SZ 68/210 ausgeführt hat, ist die Berichtigung der Parteienbezeichnung einer entgegen § 6 Abs 1 KO nach Konkurseröffnung gegen den Gemeinschuldner eingebrachten Klage auf den Masseverwalter im Konkurs des Gemeinschuldners nicht zulässig. Ob eine Berichtigung dann zulässig ist, wenn eine Absonderungsklage vorliegt (RdW 1996, 314), muß hier nicht beurteilt werden, weil die klagende Partei in der Klage kein Absonderungsrecht geltend gemacht hat. Gemäß § 157 VersVG, worauf sich die klagende Partei im Rechtsmittelverfahren stützt, kann der Dritte im Konkurs über das Vermögen des Versicherungsnehmers wegen des ihm gegen den Versicherungsnehmer zustehenden Anspruchs abgesonderte Befriedigung aus der Entschädigungsforderung des Versicherungsnehmers verlangen. Dieses "Vorzugsrecht" des Geschädigten, abgesonderte Befriedigung aus der Entschädigungsforderung zu verlangen, kommt zwar rechtlich einem Absonderungsrecht gleich (RIS-Justiz RS0064068, vgl auch 7 Ob 144/99y); es wurde aber in der Klage in keiner Weise geltend gemacht.

Es erübrigt sich daher, auf die Entscheidung 7 Ob 640/95 (= RdW 1996,

314) und deren Verhältnis zu 7 Ob 606/95 (= SZ 68/210) näher

einzugehen.

Es werden aber auch im übrigen im Revisionsrekurs der klagenden Partei keine erheblichen Rechtsfragen dargelegt.

Richtig ist, daß gemäß Artikel 4 des österreichisch-deutschen Insolvenzrechtsvertrages BGBl 1985/233 die Wirkungen des Konkurses grundsätzlich nach dem Recht des Staates der Konkurseröffnung zu beurteilen sind (vgl SZ 58/193), das heißt hier nach deutschem Recht. Da der Konkurs über das Vermögen der beklagten Partei 1998 eröffnet wurde, ist die am 1. 1. 1999 in Kraft getretene neue deutsche Insolvenzordnung noch nicht anzuwenden (vgl Art 103 EGInsO). Gemäß § 12 dKO konnten Konkursgläubiger ihre Forderung auf Sicherstellung oder Befriedigung aus der Konkursmasse nur nach Maßgabe der Vorschriften für das Konkursverfahren verfolgen. Der Gläubiger kann gegen den Gemeinschuldner grundsätzlich nur klagen, wenn er seine Konkursforderung zuvor angemeldet und der Gemeinschuldner widersprochen hat. Etwas anderes gilt, wenn der Gläubiger auf die Haftung der Masse verzichtet hat (Jaeger/Henckel KO9 § 12 Rz 3; Kuhn/Uhlenbruck, KO11 § 12 Rz 1 und 4; Hess, KO5 § 12 Rz 2 vgl auch HS 19.142). Weder einen Verzicht noch eine Forderungsanmeldung und eine Bestreitung durch einen Gemeinschuldner hat die klagende Partei behauptet. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der im Revisionsrekurs zitierten Entscheidung des BGH VersR 1997, 61. In diesem Fall hatte die Beklagte die sachliche Berechtigung der gegen den Gemeinschuldner geltend gemachten Forderung in umfassender Weise nach Grund und Höhe bereits bestritten. Dazu wurde ausgeführt, es bestehe kein Anhaltspunkt, daß sie einer Anmeldung zur Konkurstabelle nicht ebenso widersprochen hätte. Ein derartiger Widerspruch der beklagten Partei liegt aber hier (noch) nicht vor. Die Erhebung der Klage war daher auch nach der in Deutschland herrschenden Ansicht unzulässig.

Eine erhebliche Rechtsfrage liegt aber nicht vor, weil es nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofes ist, einen Beitrag zur Auslegung ausländischen Rechts zu leisten (Kodek in Rechberger ZPO Rz 3 zu § 502).

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