Spruch:
Die außerordentliche Revision der zweitbeklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Zum Nachlaß nach einer in Österreich verstorbenen deutschen Staatsangehörigen gaben der Kläger als ihr Bruder auf Grund des Gesetzes (zum gesamten Nachlaß nach Erbsentschlagung eines weiteren Bruders) sowie die vier Beklagten (zu je einem Viertel) aufgrund des Testaments der Erblasserin vom 3. Juni 1993 samt Nachtrag vom 6. Juli 1993 - in welchem der Viertbeklagte anstelle von Gert S***** als Erbe eingesetzt wurde - zu Gericht angenommene Erbserklärungen ab. Im Erbrechtsstreit gaben die Vorinstanzen dem Klagebegehren auf Feststellung der Ungültigkeit des zugunsten der Beklagten errichteten Testaments samt Nachtrag statt. Das Erstgericht stellte, dem Gutachten des gerichtlichen (psychiatrischen) Sachverständigen folgend, nach eingehender Beweiswürdigung fest, die Erblasserin habe zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments und seines Nachtrags an einer paranoiden Schizophrenie und an Alkohol- sowie Morphinsucht gelitten, habe aufgrund von Wahnvorstellungen in bestimmten Lebensbereichen den psychotischen Erlebniszerfall nicht mehr von der Wirklichkeit trennen können und sei von der freien Willensbildung ausgeschlossen gewesen. Aufgrund ihrer Morphinsucht und der damit verbundenen Entzugserscheinungen sei sie vom Erstbeklagten, der ihr das morphinhältige Medikament Vilan injiziert habe, abhängig gewesen. Daraus folgerten sie rechtlich, nach dem zur Beurteilung der Testierfähigkeit zufolge § 30 Abs 1 IPRG maßgeblichen deutschen Recht sei die Erblasserin zum Zeitpunkt der Errichtung des angefochtenen Testaments samt Nachtrag von der freien Willensbildung ausgeschlossen und überdies aufgrund ihrer Morphinsucht vom Erstbeklagten abhängig gewesen und somit iSd § 2229 Abs 4 BGB nicht testierfähig gewesen.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision der Zweitbeklagten ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
a) Die behauptete Nichtigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens wurde bereits vom Gericht zweiter Instanz verneint. Sie kann daher im Revisionsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden, der Nichtigkeitsvorwurf ist schon deshalb zum Scheitern verurteilt (SZ 69/144 mwN uva). Nach stRspr kann auch ein vom Berufungsgericht verneinter Verfahrensmangel erster Instanz nicht mehr in der Revision gerügt werden. Diese Rspr wird mit einem Größenschluß begründet: Kann ein schwerwiegender Verfahrensverstoß vom Gewicht einer Nichtigkeit dann nicht mehr mit Erfolg in der Revision geltend gemacht werden, wenn ihn das Berufungsgericht verneint hat, dann kann umso weniger ein vom Gericht zweiter Instanz verneinter einfacher Mangel, der keine Nichtigkeit begründet, in dritter Instanz geltend gemacht werden (Kodek in Rechberger, § 503 ZPO Rz 3 mwN aus Lehre und Rspr). Unanwendbar ist dieser Grundsatz nur dann, wenn - anders als hier - die zweite Instanz infolge unrichtiger Anwendung verfahrensrechtlicher Vorschriften eine Erledigung der Mängelrüge unterlassen oder sie mit einer durch die Aktenlage nicht gedeckten Begründung verworfen hat (Kodek aaO mwN). Festzuhalten bleibt noch, daß nach stRspr (EvBl 1975/80 uva; RIS-Justiz RS0040592) das Gericht nicht verpflichtet ist, allfällige Widersprüche zwischen einem Privatgutachten, auch wenn dieser Gutachter - wie hier der Privatgutachter und Verfasser des Privatgutachtens Beilage 15, auf das sich die Zweitbeklagte beruft - generell gerichtlich beeidet ist, und dem Gutachten eines vom Gericht zur Erstattung eines Gutachtens in einer bestimmten Rechtssache herangezogenen Sachverständigen aufzuklären. Es kann sich vielmehr ohne weitere Erhebungen dem ihm als verläßlich erscheinenden Gutachten anschließen.
b) Die Aktivlegitmation des Klägers kann nicht in Zweifel gezogen werden, muß er doch im Erbrechtsstreit seine Aktivlegitimation nicht behaupten und beweisen; für sie spricht prima facie, daß (auch) seine Erbserklärung zu Gericht angenommen wurde (1 Ob 540, 541/94 = NZ 1996, 273 ua; RIS-Justiz RS0007984). Die Klage des auf den Rechtsweg verwiesenen Erbansprechers ist nach herrschender Auffassung eine negative Feststellungsklage (NZ 1996, 273 ua), ihr Begehren ist auf die Feststellung der Unwirksamkeit des vom Beklagten in Anspruch genommenen Erbrechtstitels zu richten. Eine positive Entscheidung über die Erbberechtigung des Klägers hat nicht zu ergehen (SZ 56/180, SZ 58/187, SZ 62/131 ua, zuletzt 7 Ob 2059/96m = NZ 1997, 61;
RIS-Justiz RS0007971; Welser in Rummel2, §§ 799 f ABGB Rz 24; Eccher in Schwimann2, § 799 ABGB RZ 54; Kralik in Ehrenzweig, Erbrecht3 331;
Koziol/Welser, Grundriß10 II 398; Fasching III 31). Dem Erbrechtskläger mag bei Hinfälligkeit seiner eigenen Berufung zum Erben die Anfechtungsbefugnis, die Aktivlegitimation bzw das Feststellungsinteresse fehlen (NZ 1996, 273 mwN); hier kann er sich indes auf das Gesetz als Berufungsgrund stützen. Es ist Sache des Abhandlungsgerichts, die sich aus der Feststellung der Ungültigkeit des in Anspruch genommenen Erbrechtstitels ergebenden Schlußfolgerungen zu ziehen und dem Abhandlungsverfahren zugrunde zu legen (6 Ob 649/79): Dazu mag auch das Legat vom 1. Juni 1991 gehören, auf die die Zweitbeklagte nach ihrem Vorbringen ihre Erbserklärung seit 19. März 1999 (auch) stützt.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluß nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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