OGH 5Ob167/99s

OGH5Ob167/99s29.6.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Erich K*****, vertreten durch Dr. Gerald Ranzenbacher, öffentlicher Notar in 3500 Krems, betreffend Eintragungen in der Einlage EZ *****, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes Krems als Rekursgericht vom 29. März 1999, AZ 1 R 232/98t, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Langenlois vom 25. September 1998, Tz 1410/98, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der Antragsteller ist Eigentümer von 5/9 Anteilen der Liegenschaft EZ *****. Die übrigen Miteigentümer sind Friedrich K***** zu 2/9 und Ingrid K***** zu 2/9. Zur Liegenschaft gehören drei Grundstücke, darunter das Grundstück ***** Baufläche (begrünt) und das Grundstück ***** Baufläche mit dem Haus K*****straße 20.

In einem Übereinkommen vom 1. 7. 1998 räumte der Antragsteller Frau Renate K***** ein die genannte Liegenschaft betreffendes

Fruchtgenußrecht nach Maßgabe folgender Vertragsbestimmungen ein:

Erstens:

Herr Erich K***** ist zu 5/9-Anteilen, BLNR 6, Miteigentümer der

Liegenschaft Einlagezahl ***** im Grundbuch über die

Katastralgemeinde ***** unter anderem mit den Grundstücken

------------------------------------------- ***** Baufläche

(begrünt) ............................. 505 m2 ***** Baufläche

*****straße 20 ............ 139 m2 im Gesamtausmaß von

............................................. 644 m2.

Auf den vorgenannten Grundstücken befindet sich das Einfamilienwohnhaus zu *****straße 20.

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Zweitens:

Herr Erich K***** räumt nunmehr Frau Renate K***** in Ansehung der vorgenannten Grundstücke die Dienstbarkeit der Fruchtnießung gemäß § 509 des Allgemein Bürgerlichen Gesetzbuches beginnend ab 1. Mai 1998 auf die Dauer von zwanzig Jahren, sohin bis zum 30. April 2018, ein.

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Diese Dienstbarkeit ist grundbücherlich sicherzustellen.

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Hiezu wird festgestellt, daß vom gegenständlichen Fruchtgenußrecht das Grundstück ***** Weingarten der Liegenschaft EZ ***** Langenlois nicht umfaßt ist.

Drittens:

Als Entgelt für die in Punkt "Zweitens" dieses Vertrages eingeräumte Dienstbarkeit erhält Herr Erich K***** von Frau Renate K***** eine jährliche Zahlung von S 4.000,--, in Worten: Schilling viertausend.

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Die Vertragsparteien vereinbaren hiezu die Wertsicherung des genannten Betrages nach dem vom Österreichischen Statistischen Zentralamt verlautbarten Index der Verbraucherpreise Basis 1996 = 100 durch Vergleich des Indexstandes für den Monat Mai 1998 mit dem einer Zahlung vorangehenden, zuletzt endgültig bekanntgegebenen Index. Sollte dieser Index nicht mehr verlautbart werden, ist im Anschluß an die letzte Verlautbarung der jeweils an dessen Stelle tretende Index, beziehungsweise Nachfolgeindex, anzuwenden.---"

Unter Vorlage dieses Übereinkomens (und anderer, hier nicht relevanter Urkunden) begehrte der Antragsteller die Einverleibung der Dienstbarkeit des Fruchtgenußrechtes "in Ansehung der Grundstücke ***** Baufläche (begrünt) und ***** Baufläche *****straße 20."

Das Erstgericht lehnte die Verbücherung dieses Fruchtgenußrechtes ab. Es vertrat im wesentlichen den Standpunkt, daß das ihm vorgelegte Übereinkommen vom 1. 7. 1998 keinen gültigen Rechtsgrund iSd § 26 Abs 2 GBG enthalte und daß das Fruchtgenußrecht, das sich als Wohnungs(fruchtgenuß)recht darstelle, weder an einzelnen Grundstücken noch an den ideellen Liegenschaftsanteilen des Antragstellers einverleibt werden könne.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Es teilte zwar nicht die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß das Übereinkommen a priori keinen tauglichen Rechtsgrund enthielte und daß das nicht nur am Haus, sondern auch an den beiden Grundstücken zugesagte Fruchtgenußrecht am ideellen Liegenschaftsanteil des Antragstellers nicht begründet werden könnte, hielt jedoch die Abweisung des Eintragungsgesuches aus folgenden Erwägungen für berechtigt:

An der EZ ***** bestehe eine Miteigentumsgemeinschaft. Es sei daher nach § 825 ABGB das Recht und nicht die Sache geteilt. Dem einzelnen gehöre kein realer Teil vielmehr beziehe sich sein Anteilsrecht immer auf die ganze Sache. Nach § 829 ABGB sei jeder Teilhaber vollständiger Eigentümer seines Anteiles. Insoweit er die Rechte seiner Mitgenossen nicht verletzt, könne er denselben oder die Nutzungen davon willkürlich und unabhängig verpfänden, vermachen oder sonst veräußern. Aus dieser Bestimmung folge, daß der Miteigentümer seinen Anteil nicht mit einem solchen Recht belasten kann, dessen Ausübung eine reale Sache erfordert, wie die Einräumung von Bestandrechten und solchen Dienstbarkeiten, mit denen ein bestimmtes Gebrauchsrecht an der Sache übertragen wird.

Betrachte man das vorgelegte Übereinkommen unter diesem Aspekt, so räumte der Antragsteller der Renate K***** ein Recht ein, über das er selbst in Wahrheit aus seinem Miteigentum heraus nicht verfügt. Das Miteigentum bestehe eben gerade nicht in einer räumlichen Teilung der Sache. Die Natur des Miteigentumsanteiles schließe es aus, daß der Miteigentümer selbst einen räumlich begrenzten Fruchtgenuß an der im Miteigentum stehenden Sache allein einräumt. Die Zulässigkeit der räumlichen Begrenzung einer Dienstbarkeit und der Einräumung eines Fruchtgenusses an einem ideellen Miteigentumsanteil dürfe und könne aus den dargestellten Gründen nicht dahin kombiniert werden, daß ein bloß mit einer ideellen Quote Beteiligter einen Fruchtgenuß an einem räumlich bestimmten Teil einräumen könnte (siehe dazu 2 Ob 520/95 unter ausdrücklicher Ablehnung der in der Lehre umstrittenen Entscheidung 5 Ob 34/92, veröffentlicht in NZ 1993, 19 sowie WoBl 1993/79, dort glossiert von Hofmeister und Call). Soweit sich der Antragsteller auf die Entscheidung 1 Ob 163/57 (EvBl 1957, 402) beruft, habe sich dort das hier zu lösende Problem nicht gestellt, da es sich dort um die Behauptung der Ersitzung einer Servitut handelte. In der von ihm zitierten Entscheidung R 386/69 des LG Wr. Neustadt (RPflG 1319) werde die hier vertretene Rechtsmeinung wiedergegeben. Allerdings sei dort dem Einverleibungsbegehren stattzugeben gewesen, zumal dort alle Miteigentümer eine räumlich beschränkte Servitut eingeräumt hatten. Diese Möglichkeit werde auch durch diese Entscheidung nicht berührt.

In diesem Sinn liege tatsächlich kein tauglicher Rechtsgrund für die begehrte Eintragung vor, weshalb das Eintragungsgesuch zu Recht abgewiesen worden sei.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die hier vertretene Rechtsansicht beruhe nämlich noch nicht auf einer gesicherten Judikatur.

In seinem fristgerecht überreichten Revisionsrekurs hält der Antragsteller der Rechtsansicht des Rekursgerichtes im wesentlichen entgegen, daß das fragliche Fruchtgenußrecht ohnehin an seinen ideellen Liegenschaftsanteilen eingeräumt worden sei und so verbüchert werden sollte. Mit der Wendung "in Ansehung der Grundstücke ..." sei keine Erweiterung der Dienstbarkeit vereinbart, sondern lediglich deren Einschränkung und nähere Beschreibung ausgedrückt worden, um aus dem Grundbuch möglichst genau den Umfang des Fruchtgenußrechtes ersehen zu können. Die Einschränkung beziehe sich nur auf die bücherlich zu belastenden ideellen Liegenschaftsanteile des Antragstellers.

Der Revisionsrekursantrag geht dahin, dem Eintragungsbegehren in Abänderung der vorinstanzlichen Entscheidungen stattzugeben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Wie der OGH in der bereits vom Rekursgericht angeführten Entscheidung 2 Ob 520/95 = SZ 68/70 ausführte, kommt die Einräumung einer Wohnungsservitut gemäß § 521 ABGB durch einen Miteigentümer ohne Zustimmung der übrigen Mitglieder der Eigentumsgemeinschaft nicht in Betracht, weil an ideellen Teilen der Liegenschaft die Dienstbarkeit der Wohnung nicht begründet werden kann. Das gilt nicht nur für das Wohnungsgebrauchsrecht, sondern auch für den Wohnungsfruchtgenuß, weil dem schlichten Miteigentümer als solchen kein Recht auf Nutzung einer bestimmten Wohnung zusteht. Gegenstand des Fruchtgenußrechtes können zwar einerseits ideelle, andererseits räumlich bestimmte Teile von Sachen sein, doch dürfe das nicht dahin kombiniert werden, daß ein bloß mit einer ideellen Quote Beteiligter einen Fruchtgenuß an einem räumlich bestimmten Teil der Liegenschaft - etwa einer Wohnung - in Form eines Wohnungsfruchtgenußrechtes bestellt.

Mit dieser Entscheidung, die sich insbesondere auf Ausführungen

Hofmeisters stützt (NZ 1993, 22 f), wurde die einmal obiter geäußerte

Rechtsansicht, ein Wohnungsfruchtgenußrecht könne anders als das

Wohnungsgebrauchsrecht auf einem ideellen Liegenschaftsanteil

begründet werden (NZ 1993, 19/250), ausdrücklich abgelehnt. In der Folge wurde, soweit ersichtlich, schon ein weiteres Mal der in SZ 68/70 vertretene Standpunkt bekräftigt, daß weder ein Wohnungsgebrauchsrecht noch ein Wohnungsfruchtgenußrecht auf ideele Teile einer Liegenschaft beschränkbar ist (5 Ob 2121/96i = NZ 1997, 130/379). Ein an realen Teilen der Liegenschaft bestelltes Fruchtgenußrecht belastet daher immer den ganzen Grundbuchskörper, sodaß es des Einverständnisses aller Miteigentümer bedarf.

Der Antragsteller konnte folglich ohne Zustimmung der anderen Miteigentümer der verfahrensgegen- ständlichen Liegenschaft der Renate K***** nur an seinem ideellen Miteigentumsanteil, nicht aber an bestimmten Grundstücken und dem auf der Liegenschaft stehenden Haus ein Fruchtgenußrecht einräumen. Da er dies "in Ansehung der Grundstücke ... mit dem Haus ..." tat und so auch die Verbücherung beantragte, ist sein Einverleibungsbegehren nicht durch einen gültigen Rechtsgrund gedeckt. Eine vom Wortsinn der getroffenen Vereinbarung, wonach Renate K***** Fruchtnießerin bestimmter Grundstücke und des Hauses werden sollte, abweichende Vertragsauslegung war dem Grundbuchsgericht verwehrt (vgl Feil, Grundbuchsgesetz3, Rz 11 zu § 94 mwN). Es hat daher gemäß § 94 Abs 1 Z 3 GBG bei der Abweisung des Einverleibungsgesuches zu bleiben.

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