OGH 5Ob2121/96i

OGH5Ob2121/96i12.6.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Floßmann, Dr.Rohrer, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1.) Mag.Walter R*****, und 2.) Renate R*****, beide vertreten durch Dr.Eugen Salpius und Dr.Christian Schubeck, Rechtsanwälte in Salzburg, betreffend Eintragungen in der EZ *****, infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 29.Februar 1996, GZ 22 R 50/96y, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 5.Dezember 1995, TZ 12932/95, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragsteller sind je zur Hälfte Miteigentümer der Liegenschaft EZ *****, die aus dem Grundstück 66/6 (Baufläche) besteht. Am 6.6.1995 haben sie in Form eines Notariatsaktes vereinbart, sich folgende Dienstbarkeiten einzuräumen:

"Die Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchsrechts gemäß § 521 ABGB auf allen Räumlichkieten des (verfahrensgegenständlichen) Grundstücks für Mag.Walter R*****.

Die Dienstbarkeit des Fruchtgenusses an allen Räumlichkeiten des (verfahrensgegenständlichen) Grundstücks für Renate R*****."

Der Vertrag enthält entsprechende Aufsandungserklärungen; er wurde geschlossen, um den Antragstellern, die verheiratet sind, "die gegenseitige Versorgung nach einem allfälligen Ableben eines Ehepartners zu gewährleisten".

Am 28.7.1995 beantragten die Antragsteller beim Grundbuchsgericht die Verbücherung dieser Vereinbarung. Es sollten auf Grund des Vertrages vom 6.6.1995 die Einverleibung der Dienstbarkeit der Wohnung für Mag.Walter R***** sowie die Einverleibung der Dienstbarkeit des Fruchtgenusses für Renate R***** bewilligt werden.

Das Erstgericht wies dieses Eintragungsbegehren ab; das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung aus folgenden Erwägungen:

Die Rechtsprechung anerkenne zwar den Servitutenerwerb durch einen Miteigentümer an der gemeinschaftlichen Sache (SZ 27/172; NZ 1987, 22 mit Anmerkung von Hofmeister), wobei zugunsten von Miteigentümern der belasteten Liegenschaft wechselseitig auch die Dienstbarkeit der Wohnung begründet und grundbücherlich einverleibt werden könne (RPflSlgG 1908); schon das Erstgericht habe jedoch zutreffend erkannt, daß die gleichzeitige Verbücherung eines Fruchtgenußrechtes und einer Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchsrechts wegen des Inhalts des Fruchtgenußrechtes nicht möglich sei.

Das Fruchtgenußrecht sei das dingliche Recht, eine fremde Sache ohne jede Einschränkung, aber unter Schonung der Substanz, zu gebrauchen. Es gebe seinem Inhaber eine ähnliche Stellung zur Sache wie dem Eigentümer. Die in § 521 ABGB normierte Servitut der Wohnung sei ein Anwendungsfall entweder des Gebrauchsrechtes oder Fruchtgenußrechtes (Klang in Klang II2, 598; Koziol/Welser II10, 166). Im gegenständlichen Fall sei zugunsten des Mag.Walter R***** die Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchsrechtes, also das Recht, die bewohnbaren Teile der Liegenschaft zum eigenen Bedarf zu benützen (§ 521 ABGB), andererseits zugunsten der Renate R***** die Dienstbarkeit des Fruchtgenusses an sämtlichen Räumlichkeiten der Liegenschaft vereinbart worden. Neben dem Fruchtgenußrecht könne jedoch nicht auch noch ein Wohnungsgebrauchsrecht eingeräumt und verbüchert werden, weil das Fruchtgenußrecht ohnehin bereits alle jene Rechte umfasse, die auch aus einem Wohnungsrecht abgeleitet werden könnten. Nach dem Inhalt des Notariatsaktes seien die beiden Rechte so ausgestaltet, daß sie sich jeweils auf allen Räumlichkeiten der Liegenschaft beziehen und somit einander entgegenstünden. Die Abweisung des Grundbuchsantrages entspreche unter diesen Umständen der einhelligen - wenn auch zweitinstanzlichen - Rechtsprechung (Dittrich/Angst/Auer, Grundbuchsrecht4, E 101 zu § 12 GBG; NZ 1965, 41; RPflSlgG 574).

Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß sich das Rekursgericht nur auf zweitinstanzliche Entscheidungen habe stützen können.

Im jetzt vorliegenden Revisionsrekurs, mit der sie primär die Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne einer Stattgebung ihres Eintragungsbegehrens, hilfsweise dessen Aufhebung und die Rückverweisung der Rechtssache an eine der Vorinstanzen zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung anstreben, machen die Antragsteller im wesentlichen geltend, daß dann, wenn ohnehin zugunsten von Miteigentümern Dienstbarkeiten an einer Liegenschaft - also Rechte an eigener Sache - begründet werden können, auch die wechselseitige Einräumung von Fruchtgenuß- und Wohnungsrecht, und zwar an der ganzen Liegenschaft, möglich sein müsse.

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Richtig ist, daß Dienstbarkeiten auch zugunsten von Miteigentümern der belasteten Liegenschaft begründet werden können (SZ 27/172; SZ 43/117 ua). Da die hier wechselseitig eingeräumten persönlichen Dienstbarkeiten jeweils die ganze Liegenschaft belasten sollen, stünde dem Eintragungsbegehren auch nicht entgegen, daß weder ein Wohnungsgebrauchsrecht noch ein Wohnungsfruchtgenuß auf ideelle Teile einer Liegenschaft beschränkbar sind (NZ 1993, 19/250; NZ 1993, 178/270; EvBl 1995/186 mwN). Es besteht jedoch das von den Vorinstanzen festgestellte und mit zutreffenden Argumenten belegte Eintragungshindernis.

Sowohl das dem Erstantragsteller eingeräumte Wohnungsgebrauchsrecht als auch die der Zweitantragstellerin eingeräumte Dienstbarkeit des Fruchtgenusses beziehen sich auf die Räumlichkeiten der Liegenschaft und sind demnach als Wohnrechte iSd § 521 ABGB zu qualifizieren (vgl MietSlg 29.057; MietSlg 33.045; MietSlg 36/35; MietSlg 37.033 ua). Diese Wohnungsservituten unterscheiden sich nur darin, daß das bloße Gebrauchsrecht auf die persönlichen Bedürfnisse des Berechtigten zugeschnitten ist, während das Fruchtgenußrecht ohne diese Einschränkung vollen Genuß der Sache (SZ 56/147; NZ 1993, 19/250), die nur in ihrer Substanz zu bewahren ist, gewährt und dementsprechend sogar die Gebrauchsüberlassung an Dritte ermöglicht MietSlg 39/24; NZ 1990, 308/192; EWr III/522 A/1 ua; Koziol/Welser II10, 166). Das bedeutet, daß das, was der Gebrauchsberechtigte tun darf, jedenfalls auch dem Fruchtgenußberechtigten zugestanden werden muß; der Wohnungsfruchtgenuß umfaßt als ein Mehr stets auch das Recht zum persönlichen Gebrauch (Hofmeister in NZ 1993, 23 [Entscheidungsbesprechung]).

Folgerichtig würde die von den Antragstellern angestrebte Grundbuchseintragung zu Rechtspositionen führen, die miteinander unvereinbar sind. Es würden ranggleiche Dienstbarkeiten an derselben Sache geschaffen, die inhaltlich weitgehend übereinstimmen und einander ausschließen. In diesem Sinn wurde in SZ 67/109 sogar ausgesprochen, daß ein einverleibtes Fruchtgenußrecht, da es gemäß § 511 ABGB das Recht auf den vollen, sowohl den gewöhnlichen als auch ungewöhnlichen Ertrag gewährt, der Begründung jedes weiteren (auch nachrangigen) Rechtes auf dieselben Liegenschaftsnutzungen entgegensteht.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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