OGH 2Ob520/95

OGH2Ob520/956.4.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Ingrid K*****, vertreten durch Dr.Johann Quendler, Dr.Gerhard Kucher, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider den Antragsgegner Hans K*****, vertreten durch Dr.Hans Paternioner, Dr.Franz Niederleitner, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge Rekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 15.Dezember 1994, GZ 2 R 417/94-34, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Villach vom 19.August 1994, GZ 3 F 2/94v-27, im bekämpften Umfang aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Ehe der Parteien wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes Villach vom 2.3.1992 aus dem Alleinverschulden des Antragsgegners geschieden. Die Antragstellerin begehrte die nacheheliche Vermögensaufteilung und beantragte ua die Übertragung des Drittelanteiles an der Liegenschaft EZ ***** KG ***** vom Antragsgegner an sie, da im 1.Stock dieses Hauses die Ehewohnung gelegen sei und ihr hinsichtlich dieser ein Optionsrecht zustehe. Sie sei auf die vormalige Ehewohnung angewiesen und habe selbst zur Einrichtung der Wohnung Barmittel in die Ehe eingebracht; zur Errichtung des Dachstuhles des Hauses sei von ihren Eltern Holz zur Verfügung gestellt worden.

Der Antragsgegner stellte sich letztlich gegen die beantragte Eigentumsübertragung am Drittelanteil der Liegenschaft und führte dazu aus, daß ihm dieser Miteigentumsanteil im Erbwege zugekommen sei und daher nicht der Aufteilung unterliege. Die Antragstellerin könne zu einem anderen Mann ziehen, sodaß sie wohnversorgt sei und somit vitale Existenzfragen nicht auf dem Spiel stünden. Die vormalige Ehewohnung sei demnach nicht in die Aufteilung einzubeziehen. Ein allfälliges Wohnbedürfnis könne durch die Einräumung eines Wohnungsgebrauchsrechtes zugunsten der Antragstellerin gegen Leistung einer angemessenen Ausgleichszahlung abgesichert werden.

Das Erstgericht teilte das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse ua folgendermaßen auf: Es räumte der Antragstellerin bei dem ideellen Drittel-Miteigentumsanteil des Antragsgegners an der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch *****, B-LNr 4, mit dem Haus *****, die Dienstbarkeit der Wohnung im Sinne des § 521 Satz 1 und 2 ABGB als Wohnungsgebrauchsrecht ein und ordnete an, daß die Kosten der grundbücherlichen Durchführung die Antragstellerin zu tragen habe. Es trug der Antragstellerin für die Dauer der Benützung dieser Wohnung die Entrichtung eines monatlichen Benützungsentgeltes von S 2.500 und die Tragung der Betriebskosten auf und verpflichtete die Antragstellerin, das bei der K*****bank AG aufgenommene Darlehen allein zurückzuzahlen.

Das Erstgericht traf ua folgende Feststellungen: Die Parteien haben am 6.6.1965 geheiratet und wohnten anfangs kostenlos bei den Eltern der Antragstellerin. Im Jahr 1966 begann der Vater des Antragsgegners auf der ihm eigentümlichen Liegenschaft EZ ***** KG ***** mit der Neuerrichtung des Wohnhauses. Finanziert wurde dieser Neubau allein vom Vater des Antragsgegners. Beim Bau halfen neben den Eltern des Antragsgegners auch seine Geschwister mit. Die Antragstellerin half unmittelbar am Bau nicht mit, unterstützte jedoch die Mutter des Antragsgegners bei Hausarbeiten. Teile des Bauholzes für den Dachstuhl wurden von den Stiefeltern der Antragstellerin zur Verfügung gestellt. Vom leiblichen Vater der Antragstellerin wurden die Fliesen für den Hausflur bereitgestellt. Bereits vor oder noch während des Baubeginns war klar, daß die Streitteile in den 1.Stock des neu errichteten Wohnhauses einziehen werden. Nach der Fertigstellung im Jahr 1969 bezogen die Streitteile den 1.Stock des Hauses, der bis zur Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft im Mai 1989 die Ehewohnung bildete. Ein förmlicher Mietvertrag oder eine Benutzungsvereinbarung mit dem Vater des Antragsgegners wurde nicht abgeschlossen; die Parteien hatten lediglich im Monat S 500 an Betriebskosten zu bezahlen. Nach dem Tod des Vaters des Antragsgegners am 26.12.1985 wurden die Brüder Georg, Karl-Heinz und Hans K***** jeweils Dritteleigentümer der Liegenschaft. Über Anraten der Mutter des Antragsgegners schlossen die Brüder eine Benützungsvereinbarung, wonach den Streitteilen die Benutzung des ersten Stocks des Hauses zusteht. Seit der Trennung der Streitteile im Jahr 1989 bewohnt die Antragstellerin gemeinsam mit ihrem mj. Sohn Daniel, geboren *****1979, sowie dem volljährigen Sohn Hans-Jörg Köfler die vormalige Ehewohnung. Sie hat keine andere Wohnmöglichkeit. Der Antragsgegner übersiedelte in eine eigene Wohnung. Über Klage des Antragsgegners wurde die Miteigentumsgemeinschaft mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 26.2.1992, bestätigt durch das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz vom 25.11.1992, aufgehoben. Nachdem mittlerweile ein Trennstück von 600 m2 von der Liegenschaft abgetrennt wurde, beträgt der Verkehrswert des Drittelanteiles des Antragsgegners S 777.726,60. Die rund 115 m2 große Ehewohnung im ersten Stock könnte frei um brutto ca. S 4.500 monatlich vermietet werden. Weiters wurden die im wesentlichen ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse beider Parteien festgestellt.

Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, daß die Liegenschaft ausnahmsweise gemäß § 82 Abs 2 EheG in die Aufteilung einzubeziehen sei. Eine Eigentumsübertragung komme nicht in Frage, da die damit verbundenen Belastungen (Ausgleichszahlung, Kreditrückzahlung) die Leistungsfähigkeit der Antragstellerin überstiegen. Zur Sicherung ihres Wohnbedürfnisses sei ihr ein Gebrauchsrecht an der vormaligen Ehewohnung einzuräumen. Statt der Festlegung einer einmaligen Ausgleichszahlung sei die Antragstellerin zur Leistung eines laufenden Benützungsentgeltes in einer gegenüber dem erzielbaren Mietzins reduzierten Höhe und zum Ersatz der Betriebskosten zu verpflichten.

Das Rekursgericht hob über Rekurs beider Teile den Beschluß des Erstgerichtes, der hinsichtlich der oben angeführten Spruchpunkte bekämpft wurde, im angefochtenen Umfang auf und trug dem Erstgericht insoweit die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes bereits hinsichtlich des von der Aufhebung betroffenen Teiles S 50.000 übersteige und daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof nach § 14 Abs 1 AußStrG zulässig sei. Das Rekursgericht führte folgendes aus:

Auszugehen sei davon, daß der Antragsgegner den Drittel-Miteigentumsanteil an der gegenständlichen Liegenschaft im Erbwege erworben habe. Nach § 82 Abs 1 Z 1 EheG würde daher dieses Vermögen grundsätzlich nicht der Aufteilung unterliegen. Zu beachten sei aber die Ausnahmebestimmung des Abs 2 dieser Gesetzesstelle, wonach die Ehewohnung sowie der Hausrat, auf dessen Weiterbenützung ein Ehegatte zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen sei, in die Aufteilung auch dann einzubeziehen sei, wenn sie ein Ehegatte im Erbweg erhalten habe. Habe eine Liegenschaft zur Gänze als Ehewohnung gedient, dann sei sie zur Gänze in die Aufteilung einzubeziehen, auch wenn sie vom anderen Ehegatten stamme. Unter den Miteigentümern bestehe eine Benützungsregelung dahin, daß sämtliche Räume des ersten Stocks des gegenständlichen Hauses vom Antragsgegner benützt werden können. Ob damit etwa noch weitere Mitbenützungsrechte verbunden seien, wie zB die (Mit)Benützung eines Gartens, sei vorerst noch offen geblieben. Zu beachten sei weiters, daß die Liegenschaft EZ ***** KG ***** Feistritz/Drau nicht nur aus dem Grundstück 22/1 Baufläche im Ausmaß von 560 m2, sondern auch aus dem Grundstück 13/2 LN im Ausmaß von 6.388 m2 bestehe. Die Grundstücke seien im südlichen Teil mit dem Wohnhaus und einem Wirtschaftsgebäude bebaut, der Rest sei Hoffläche und Wiese. Zwei Drittel der südlichen Flächen seien als Bauland-Dorfgebiet gewidmet, die nördlichen Flächen als landwirtschaftliche Nutzfläche. Die landwirtschaftlich genutzten Flächen seien verpachtet. Weiters stelle die Liegenschaft eine Stammsitzliegenschaft bezüglich 5/88 Anteilrechten am Gemeinschaftsbesitz EZ ***** dar. Der Anteil 4 des Antragsgegners sei mit einem Pfandrecht für die Forderung von S 80.000 sA für die K*****bank AG belastet. Grundsätzlich wären nach der Rechtsprechung jene Teile einer im Erbweg erworbenen Liegenschaft, die nicht von der Benützung der Ehewohnung mitumfaßt seien, nicht in die Aufteilung einzubeziehen, so etwa auch ein eindeutig abgegrenzter Teil, der einem Unternehmen des anderen Ehegatten oder seiner Berufsausübung diene. Es sei Tatsache, daß die Antragstellerin auf die Weiterbenützung der Ehewohnung zur Sicherung ihrer Lebensbedürfnisse angewiesen sei. Das Erstgericht gehe davon aus, daß die Liegenschaft daher in die Aufteilung einzubeziehen sei. Damit könne aber naturgemäß nur der ideelle Miteigentumsanteil des Antragsgegners von einem Drittel an dieser Liegenschaft gemeint sein, mit den aus diesem Miteigentumsanteil und der geltenden Benützungsregelung erfließenden Mitbenützungs- und Alleinbenützungsrechten. Einschränkend zu berücksichtigen sei aber, daß der Begriff der Ehewohnung neben der Benützung der davon betroffenen Räumlichkeiten darüberhinaus nur so weit reichen könne, als damit im Zusammenhang auch andere Teile der Liegenschaft, so etwa ein Hausgarten oder andere Flächen, benützt worden seien. Das werde aber für verpachtete, landwirtschaftlich genutzte Flächen wohl nicht gelten können. Eine diesbezügliche Abgrenzung lasse sich dem vom Erstgericht bisher festgestellten Sachverhalt nicht entnehmen.

Ausgehend von den dargestellten Verhältnissen seien daher zu den an sich möglichen Lösungsmodellen folgende Überlegungen anzustellen: Es sei in Lehre und Rechtsprechung unbestritten, daß an einem ideellen Miteigentumsanteil ein Wohnungsgebrauchsrecht dinglich nicht begründet werden könne. Eine Ausnahme sei wegen der ausschließlichen Verfügungsberechtigung nur für das Wohnungseigentum zu machen; sonst sei nur Fruchtgenuß nach § 509 ABGB an ideellen Liegenschaftsanteilen möglich, der die mit diesem verbundenen Benützungsrechte umfasse. Daher sei die vom Erstgericht getroffene Regelung der dinglichen Einräumung eines Wohnungsgebrauchsrechts für die Antragstellerin am ideellen Drittel-Miteigentumsanteil des Antragsgegners rechtlich nicht möglich.

Für die Einräumung eines Wohnungsgebrauchsrechts ohne dingliche Wirkung - was rechtlich mit genauer Bezeichnung der einzelnen vom Wohnungsrecht umfaßten Räumlichkeiten und sonstigen Flächen als Ausfluß der Benützungsvereinbarung möglich wäre - spreche nicht die hier gegebene Interessenlasse. Es wäre damit eine nicht hinreichende Absicherung des dringenden Wohnbedürfnisses der Antragstellerin gegeben. Denn eine andere Lösung als die Einräumung eines dinglichen Rechts zur Sicherung der Wohnung der Antragstellerin entspräche nicht der Billigkeit. Der Antragsgegner, der bereits die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft gegenüber seinen beiden Brüdern als Miteigentümer der übrigen Liegenschaftsanteile gerichtlich durchgesetzt und ein auf gerichtliche Feilbietung lautendes rechtskräftiges Urteil erwirkt habe, hätte es in der Hand, einen Veräußerungsakt ohne Überbindung des eingeräumten Wohnungsrechts zu setzen; die Antragstellerin hätte bei einer vertragswidrigen Nichtüberbindung an den neuen Miteigentümer lediglich Schadenersatzansprüche gegen den Antragsgegner. Werde berücksichtigt, daß es der Antragsgegner gewesen sei, der die eheliche Gemeinschaft verlassen habe, aus dessen Alleinverschulden die Ehe geschieden worde sei und der nach seiner eigenen Aussage nicht mehr in die Ehewohnung zurückkehren wolle, da er bereits eine eigene Wohnung habe, dann sei die Einräumung eines lediglich obligatorischen Wohnungsgebrauchsrechts für die Antragstellerin abzulehnen.

Als Alternative würde sich die Einräumung eines Fruchtgenußrechts anbieten. Ein solches könne, wie erwähnt, auch an einem ideellen Miteigentumsanteil dinglich begründet werden und umfasse die mit diesem Miteigentumsanteil verbundenen Benützungsrechte. Dabei wäre aber vorerst folgendes Problem zu beachten: Vom Fruchtgenußrecht wäre der gesamte Drittel-Miteigentumsanteil des Antragsgegners umfaßt, also auch der Teil der damit verbundenen Benützungsrechte, der nicht durch die bisherige Benützung der Ehewohnung abgedeckt sei, so etwa die bisher verpachteten landwirtschaftlich genutzten Teile der Liegenschaft. Eine Aufspaltung des - dinglich zu begründenden - Fruchtgenußrechts erscheine rechtlich nicht möglich. Die sich anbietende Lösung wäre daher die - unter den hier gegebenen besonderen Verhältnissen des Falles gebotene - Einbeziehung des gesamten Miteigentumsanteils in die Aufteilung, weil die Interessen der Antragstellerin an einer hinreichenden dauerhaften Absicherung ihres Wohnbedürfnisses gegenüber den Interessen des Antragsgegners überwiegen, da der Antragsgegner die Verwertung seines Miteigentumsanteils anstrebe und selbst keinen darüber hinausgehenden Wert auf die Erhaltung seines Miteigentumsrechts lege. Bei Einräumung eines solchen Fruchtgenußrechts wäre aber noch zu berücksichtigen, daß damit die anzustrebende umfassende Trennung der vermögensrechtlichen Bereich der früheren Ehegatten deshalb nicht erreicht werde, weil zwischen Fruchtnießer und Miteigentümer schon nach der gegebenen Rechtslage ständig Kontakte erforderlich wären, so insbesondere hinsichtlich der Verbindlichkeiten des Fruchtnießers und der Erhaltung der Sache im Sinne der §§ 511 ff ABGB und allfälliger Bauführungen (§§ 514 f ABGB).

Daher wäre letztlich - sollten sich im fortzusetzenden Verfahren bei der hier gebotenen eingehenden Erörterung des Sachverhaltes nicht doch noch schwergewichtige Gründe gegen die Einbeziehung des Miteigentumsanteils im Ganzen ergeben - als eine hier sich bietende Lösung zur vollständigen Trennung der Lebensbereiche der geschiedenen Ehegatten und zur Schaffung eines bestmöglichen Interessenausgleichs an die Übertragung des Miteigentumsanteils des Antragsgegners an die Antragstellerin zu denken und dieser Lösung der Vorzug zu geben, wenn die Antragstellerin in der Lage sei, eine angemessene Ausgleichszahlung zu leisten. Sollte dies an letzterem oder daran scheitern, daß letztlich gewichtige und bisher nicht aktenkundige Argumente gegen die Einbeziehung des gesamten Miteigentumsanteils in die Aufteilung sprechen würden, und sollte sich ungeachtet dieser Umstände die Antragstellerin nicht mit der Einräumung eines obligatorischen Wohnungsgebrauchsrechts zufrieden geben, dann wäre als letzte Möglichkeit die Auferlegung einer so hohen Ausgleichszahlung des Antragsgegners an die Antragstellerin zu erwägen, daß sich die Antragstellerin damit wohnversorgt machen könnte; dies würde aber voraussetzen, daß der Antragsgegner zu einer solchen sofortigen Geldleistung tatsächlich auch imstande sei, was aber nach den bisherigen Verfahrensergebnissen nicht von vornherein angenommen werden könne.

Das Erstgericht werde daher im fortzusetzenden Verfahren vorerst zu klären haben, welcher Bereich der Liegenschaft aus dem Miteigentumsrecht und der damit im Zusammenhang stehenden Benützungsregelung der Ehewohnung zurechenbar allein- und mitbenützt worden sei; daraus werde sich im grundsätzlichen der Umfang, was in die Aufteilung einzubeziehen wäre, abstecken lassen. Dann wären Beurteilungsgrundlagen in die Richtung zu schaffen, ob unter den besonderen Verhältnissen des Falles selbst dann, wenn gewisse Teile der Liegenschaft - etwa landwirtschaftlich genutzte und bisher verpachtete Flächen - nicht von der Ehewohnung umfaßt wären, aus den oben dargestellten Überlegungen für den erforderlichen Interessenausgleich der gesamte Miteigentumsanteil mit allen damit verbundenen Benützungsrechten einzubeziehen sei, wofür die bisher vorliegende Sachverhaltsgrundlage sprechen würde. In diesem Fall würde sich die Übertragung des Miteigentumsanteils des Antragsgegners an die Antragstellerin als die sachgerechte Lösung anbieten. Unter Berücksichtigung der bereits bisher rechtskräftig entschiedenen Teillösungen würde das Erstgericht in diesem Fall - nach Erörterung der dafür gegebenen Möglichkeiten - der Antragstellerin die Leistung einer angemessenen Ausgleichszahlung an den Antragsgegner aufzuerlegen haben. Umgekehrt wäre dann, wenn diese Möglichkeiten nicht offenstünden, letztlich dem Antragsgegner eine Ausgleichszahlung aufzuerlegen, in welchem Fall die Übernahme des bei der K*****bank AG aufgenommenen Darlehens durch die Antragstellerin in ihre alleinige Zahlungsverpflichtung nicht sinnvoll wäre.

Da die Frage der Einbeziehung des gesamten Miteigentumsanteiles auch dann, wenn mit dem Anspruch auf Benützung der Ehewohnung nicht alle mit dem Miteigentumsanteil verbundenen sonstigen Benützungsrechte umfaßt seien, eine Trennung aber nicht möglich sei, über den Anlaßfall hinaus von Bedeutung erscheine, erachte das Rekursgericht die Voraussetzungen für die Zulassung des Rekurses an den Obersten Gerichtshof für gegeben.

Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Rekurs des Antragsgegners wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den erstgerichtlichen Beschluß wiederherzustellen, dies jedoch mit der Maßgabe, daß die vom Wohnungsgebrauchsrecht (§ 521 Satz 1 und 2 ABGB) betroffenen Räumlichkeiten im einzelnen angeführt werden, daß das Wohnungsgebrauchsrecht erlösche, wenn sich die Antragstellerin neuerlich vereheliche oder mit einem anderen Mann eine Lebensgemeinschaft eingehe oder das Wohnungsgebrauchsrecht für sich nicht mehr ausübe, weil sie anderweitig wohnversorgt sei, und daß das monatliche Benützungsentgelt S 3.500 betrage und nach dem Verbraucherpreisindex 1986 wertgesichert sei.

Die Antragstellerin hat keine Rekursbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Der Antragsgegner wendet sich gegen die Einbeziehung seines Miteigentumsanteils in die Aufteilung und gegen die Übertragung an die Antragstellerin. Er schlägt die Einräumung obligatorischer Benutzungsrechte, nämlich eines Wohnrechtes (nach Maßgabe seines Rechtsmittelantrages) oder eine Mietrechtes vor.

Hiezu wurde erwogen:

Beide Teile stimmen im Grunde darin überein, daß der Antragstellerin die Benutzung der ehemaligen Ehewohnung erhalten bleiben soll; strittig ist die rechtliche Gestaltung.

Daß die Ehewohnung hier antragsgemäß nach § 82 Abs 2 EheG in die Aufteilung einzubeziehen ist, obwohl der Antragsgegner seine Liegenschaftsanteile im Erbwege erworben hat, wurde schon von den Vorinstanzen zutreffend erkannt; die Benutzung dieser Wohnung stellt für die Antragstellerin eine Existenzfrage dar (RZ 1993, 281 uva; Bernat in Schwimann ABGB § 82 EheG Rz 15). Gemäß § 87 EheG bestehen für das Gericht mehrere Gestaltungmöglichkeiten:

Das Rekursgericht hat - trotz des in § 90 Abs 1 EheG angeordneten Bewahrungsschutzes (vgl EFSlg 69.353) - der von der Antragstellerin beantragten und vom Erstgericht abgelehnten Übertragung des Miteigentumsanteils des Antragsgegners grundsätzlich den Vorzug gegeben. Dagegen spricht hier aber insbesondere, daß der Grundbuchskörper nicht nur etwa die Baufläche mit dem Wohnhaus, in dem sich die Ehewohnung befindet (vgl zum Hausgarten EFSlg 57.348), umfaßt, sondern auch (verpachtete) Flächen von erheblichem Ausmaß, die nicht zur Ehewohnung gehören und damit auch nicht in die Aufteilungsmasse fallen. Abgesehen davon ist es nach der Aktenlage unrealistisch, daß die Antragstellerin eine angemessene Ausgleichszahlung aufbringen könnte. Schließlich wäre die Antragstellerin selbst als Miteigentümerin gegen den Verlust der Wohnung im Feilbietungsfall (ein rechtskräftiges Teilungsurteil liegt bereits vor) durch die vom Antragsgegner mit seinen Brüdern getroffene Benützungsvereinbarung nicht geschützt, weil diese nur obligatorische Wirkung hat und Einzelrechtsnachfolger grundsätzlich nicht bindet (SZ 54/163; MietSlg 42.040 ua; Gamerith in Rummel2 § 834 ABGB Rz 4; vgl Pichler in Rummel2 § 87 EheG Rz 1).

Die Einräumung einer Wohnungsservitut gemäß § 521 ABGB kommt - ohne Zustimmung der übrigen Miteigentümer - nicht in Betracht, weil der Antragsgegner nur Miteigentümer ist und an ideellen Teilen der Liegenschaft die Dienstbarkeit der Wohnung nicht begründet werden kann (vgl JBl 1960, 441; SZ 41/30; Petrasch in Rummel2 § 521 ABGB Rz 1; § 472 ABGB Rz 2). Dies gilt nicht nur für das Wohnungsgebrauchsrecht, sondern auch für den Wohnungsfruchtgenuß, weil dem schlichten Miteigentümer als solchen kein Recht auf Nutzung einer bestimmten Wohnung zusteht (vgl Hofmeister, NZ 1993, 22 f). Gegenstand des Fruchtgenusses können zwar einerseits ideelle, andererseits räumlich bestimmte Teile von Sachen sein (Petrasch aaO § 509 ABGB Rz 2 mwN); dies darf aber nicht dahin kombiniert werden, daß ein bloß mit einer ideellen Quote Beteiligter einen Fruchtgenuß an einem räumlich bestimmten Teil (einer bestimmten Wohnung) in Form eines Wohnungsfruchtgenusses einräumen könnte. Der Entscheidung WoBl 1993, 79/57 (zust Call) = NZ 1993, 19 (krit Hofmeister, 22) ist somit nicht zu folgen.

Ein Fruchtgenuß der Antragstellerin könnte daher nur schlechthin am Drittelanteil des Antragsgegners begründet werden, womit das Recht zur Ausübung der dem Antragsgegner zustehenden Nutzungsbefugnisse (einschließlich des obligatorischen Anspruches auf Benützung der Ehewohnung) verbunden wäre (MietSlg 37.679 ua; Petrasch aaO § 509 ABGB Rz 3, § 521 ABGB Rz 1). Auch gegen diese Lösung spricht aber (wie schon gegen die Übertragung des Miteigentumsanteils), daß das dingliche Recht sich dann einerseits auf die ganze Liegenschaft erstrecken würde, obwohl diese nur zum Teil mit der Ehewohnung im Zusammenhang steht, andererseits gegenüber einem Ersteher der feilgebotenen Liegenschaft den Erhalt der Wohnung nicht absolut sichern könnte, weil es nur den ideellen Anteil und nicht die Ehewohnung zum Gegenstand hat. Im übrigen würde es über die anzustrebende Wohnversorgung der Antragstellerin hinausgehen, ihr im Wege des Fruchtgenusses auch nicht auf den persönlichen Gebrauch beschränkte Nutzungsformen zu eröffnen.

Schon im Hinblick auf § 90 Abs 1 EheG ist aber auch die Begründung eines schuldrechtlichen Rechtsverhältnisses zu erwägen, wobei in erster Linie nicht an ein vom Antragsgegner vor allem ins Auge gefaßtes obligatorisches Wohnungsrecht, sondern an Miete zu denken ist, weil dann klargestellt wäre, welche Regelungen mangels

abweichender Anordnung gelten sollen (vgl SZ 53/81 = EvBl 1980/215;

JBl 1982, 321 = EvBl 1981/71; EFSlg 43.790 und 46.391; Bernat aaO § 87 EheG Rz 3). Hiebei ist nach der bisherigen Aktenlage davon auszugehen, daß der Antragstellerin im Falle der Anordnung eines Mietverhältnisses - auch gegenüber einem künftigen Ersteher der Liegenschaft - der Kündigungsschutz des MRG zugute käme (vgl § 1 Abs 4 MRG); den Interessen des Antragsgegners wäre bei Wegfall des Bedarfes insbesondere durch den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 6 MRG Rechnung getragen. Die Höhe des - allenfalls wertzusichernden - Mietzinses hätte sich nicht am nach den gesetzlichen Zinsbildungsvorschriften höchstzulässigen oder am Wohnungsmarkt erzielbaren Zins, sondern am das Aufteilungsverfahren beherrschenden Grundsatz der Billigkeit (§ 83 EheG) zu orientieren. Einer Zustimmung der übrigen Miteigentümer bedürfte es nicht, weil dem Antragsgegner die Benutzung des ersten Stockes des Hauses überlassen wurde und die Benützungsbefugnis - mangels gegenteiliger Vereinbarung, für deren Vorliegen bisher keine Anhaltspunkte bestehen - der Ausübung nach übertragbar ist, sodaß der Miteigentümer berechtigt ist, über die zur ausschließlichen Benützung überlassenen Teile der Sache Bestandverträge abzuschließen; er besitzt insoweit Verwaltungsvollmacht und nimmt seine Verfügung dann auch als Vertreter der anderen Miteigentümer vor (MietSlg 30.091 ua; Gamerith aaO § 833 ABGB Rz 12, § 834 ABGB Rz 4 mwN). Durch einen solchen Mietvertrag werden daher alle Miteigentümer gebunden.

Die Anordnung der Begründung eines Mietverhältnisses wurde im vorinstanzlichen Verfahren nicht beantragt. Das Gericht kann aber auch eine von keinem Beteiligten vorgeschlagene Regelung, die den Aufteilungsgrundsätzen am ehesten gerecht wird, anordnen. Eine nicht beantragte Rechtsgestaltung ist allerdings erst anzuordnen, nachdem den Parteien Gelegenheit geboten wurde, ihrerseits dazu Stellung zu nehmen (SZ 53/81; JBl 1982, 321). Es bedarf somit im vorliegenden Fall der Erörterung, ob der Antragstellerin Mietrechte an der ehemaligen Ehewohnung eingeräumt werden sollen. Schon aus diesem Grund hat es beim Aufhebungsbeschluß des Rekursgerichtes zu bleiben, weshalb dem Rekurs ein Erfolg zu versagen war.

Im fortgesetzten Verfahren wird entsprechend dem Auftrag des Rekursgerichtes zu klären sein, in welchem Umfang die Liegenschaft in die Aufteilungsmasse fällt, ob zur Ehewohnung etwa auch ein Hausgarten gehört. Im Sinne der obigen Ausführungen wird nach Erörterung mit den Parteien zu untersuchen sein, ob die Anordnung der Begründung eines Mietverhältnisses sachgerecht ist und wie dieses inhaltlich auszugestalten wäre. Sollte doch eine dingliche Absicherung der Antragstellerin in Betracht gezogen werden, wäre die Zustimmung der übrigen Miteigentümer zur Einräumung eines Wohnungsgebrauchsrechts zu Lasten des ganzen Grundbuchkörpers einzuholen. Schließlich wäre für den Fall künftig einer anderweitigen Wohnversorgung der Antragstellerin bei der Bemessung einer - entsprechend hohen (vgl EFSlg 66.513) - Ausgleichszahlung des Antragsgegners auch dessen zu erwartender Anteil am Feilbietungserlös und die Möglichkeit einer Zwischenfinanzierung zu berücksichtigen.

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