OGH 1Ob87/99x

OGH1Ob87/99x29.6.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D***** Gesellschaft mbH in Liquidation, vertreten durch Dr. Bernhard Heitzmann, Rechtsanwalt in Innsbruck als Verfahrenshelfer, wider die beklagte Partei Dr. Markus H*****, wegen 1 Mio S sA infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 3. Februar 1999, GZ 3 R 207/98k-34, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Parteien wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

a) Der behauptete Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit, liegt, wie der Oberste Gerichtshof prüfte, nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

b) Das Berufungsgericht hat die stRspr zur Anwaltshaftung richtig wiedergegeben (vgl dazu Harrer in Schwimann2, § 1300 ABGB Rz 11 ff; Reischauer in Rummel2, § 1298 ABGB Rz 13 ff, 25 mwN). Zur Anwaltshaftung beim Abschluß eines Vergleichs hat der Oberste

Gerichtshof bereits in der Entscheidung 8 Ob 700/89 (JBl 1990, 723 =

RdW 1990, 311 = AnwBl 1990, 457 = ecolex 1991, 307 [Graf]) Stellung

genommen. Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, im Rahmen seiner Beratungspflicht seiner Partei die Gesichtspunkte, die für oder gegen einen Vergleich sprechen, darzulegen, um ihr die Möglichkeit zu geben, zu entscheiden, ob ein bestimmter Vergleich geschlossen werden soll oder nicht. Als Unsicherheitsfaktoren kommen vor allem das Ergebnis der Beweisaufnahme, die Einstellung des Richters und das Kostenrisiko in Frage. Es gehört zu den anwaltlichen Pflichten bei Abschluß eines Vergleichs, daß der Rechtsanwalt auf Bedenken oder auf die seinem Mandanten durch den vorgesehenen Vergleich entstehenden nachteiligen Folgen hinweist; er darf jedenfalls dann nicht ohne weiteres einen Vergleich empfehlen, vorschlagen oder gar selbst unwiderruflich abschließen, wenn nach der Prozeßlage begründete Aussicht besteht, daß im Falle der Entscheidung ein günstigeres Ergebnis zu erzielen ist. Verstößt der Rechtsanwalt gegen die ihm obliegenden Beratungspflichten, so ist Voraussetzung eines allfälligen Schadenersatzanspruchs, daß der "geschädigte" Mandant nachweist, daß er im Prozeß günstiger abgeschnitten hätte (Graf, Anwaltshaftung 73 unter Hinweis auf BGH in VersR 1961, 276; ders, Neue Judikatur zur Anwaltshaftung in ecolex 1991, 307). Ob dem beklagten Rechtsanwalt und damaligen Vertreter der klagenden Partei bei dem in Gegenwart der Geschäftsführerin und nunmehrigen Liquidatorin der klagenden Partei abgeschlossene Vergleich eine Sorgfaltsverletzung - wobei die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht nicht überspannt werden dürfen (stRspr: zuletzt 2 Ob 303/98t; RIS-Justiz RS0026584) - vorzuwerfen ist, hängt davon ab, ob er bei einer ex-ante-Betrachtung aufgrund der erteilten Informationen und des Prozeßstands einen solchen Vergleich und allenfalls dessen bedingten Abschluß für empfehlenswert halten mußte. Die Beantwortung dieser Frage ist ganz vom Einzelfall abhängig und kann schon deshalb keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO darstellen.

Von einer auffallenden Fehlbeurteilung, die einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte, kann hier keine Rede sein, konnte doch von den Tatsacheninstanzen nicht festgestellt werden, daß die Räumung der von der klagenden Partei gepachteten Liegenschaft bei unterlassenem Vergleichsabschluß hätte verhindert oder aber trotz Abschluß eines Räumungsvergleichs von der klagenden Partei eine Abstandszahlung des Erstehers der Liegenschaft hätte erlangt werden können. Daß die Hauptgläubigerin (im Versteigerungsverfahren) aus "moralischen Gründen" gegenüber dem Liegenschaftsersteher und Prozeßgegner der klagenden Partei im Anlaßverfahren zu einer Zahlung über die Prozeßkostenablöse an den Beklagten hinaus bereit gewesen wäre, wußte weder die klagende Partei noch der Beklagte, der den noch nicht absehbaren Prozeßausgang und das gegen den Ehegatten der nunmehrigen Liquidatorin der klagenden Partei eingeleitete Strafverfahren zu berücksichtigen hatte. Die Prozeßbehauptung der klagenden Partei, daß der Beklagte deren nunmehrige Liquidatorin zum Vergleichsabschluß unter Druck gesetzt oder sie durch unsachliche und irreführende Angaben zum Vergleichsabschluß bestimmt hätte, blieb unbewiesen.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluß nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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