OGH 2Ob303/98t

OGH2Ob303/98t19.11.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter, Dr. Schinko, Dr. Tittel und Dr. Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien

1.) Ing. Johann Z*****, 2.) Irmgard Z*****, beide vertreten durch Dr. Norbert Scherbaum und andere Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Dr. Margit K*****, wegen S 3,832.686,11 sA, infolge Rekurses der klagenden Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 24. März 1998, GZ 12 R 25/98d-23, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 9. November 1997, GZ 10 Cg 133/96v-18, aufgehoben wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Das erstgerichtliche Urteil wird wiederhergestellt.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit S 55.713,09 (darin S 9.278,85 USt und S 40,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens und die mit S 33.410,55 (darin S 5.568,42 USt) bestimmten Kosten des drittinstanzlichen Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger waren Eigentümer einer Liegenschaft. Mit Kaufvertrag vom 31. 5. 1995/9. 6. 1995 verkauften sie diese Liegenschaft an einen Steuerberater. Die Beklagte, eine Schwester des Erstklägers, war in ihrer Eigenschaft als Rechtsanwältin von beiden Vertragsteilen mit der Errichtung des Kaufvertrages für den Verkauf der bezeichneten Liegenschaft beauftragt. Auf ausdrücklichen Wunsch des Käufers enthielt der Vertrag folgenden Passus: "In diesem Kaufpreis ist die von den Verkäufern vorzunehmende Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs 10 UStG enthalten und verpflichten sich die Verkäufer, dem Käufer eine entsprechende Rechnung im Sinne des § 12 Abs 14 UStG an dem Tag auszuhändigen, an welchem dieser Vertrag rechtswirksam ist." Der mit S 18,9 Mio vereinbarte Kaufpreis sollte zur Schuldtilgung der Kläger hinsichtlich des verkauften Objekts Verwendung finden. Mit Bescheid des Finanzamtes vom 15. 1. 1996 wurde den Klägern gemäß § 12 Abs 3 UStG 1994 Umsatzsteuer (aus Vorsteuerabzügen) in Höhe von S 3,832.686,11 zur Zahlung vorgeschrieben. Eine Überwälzung dieses Betrages in Form einer Überrechnung an den Käufer ist aufgrund des Vertragsinhalts ausgeschlossen.

Gestützt auf den Rechtsgrund des Schadenersatzes begehrten die Kläger von der Beklagten als Vertragserrichterin die Zahlung von S 3,832.686,11 sA und brachten vor, sie hätten den Verkauf des Objekts angestrebt, um eine Entschuldung dieses Objekts zu bewirken. Die Beklagte habe einen Käufer gefunden, der bereit gewesen sei, das Objekt um einen Pauschalkaufpreis von S 18,9 Mio zu erwerben. Da nach den Vorstellungen des Käufers der Kaufpreis eine eventuelle Umsatzsteuer enthalten sollte, habe ihr bei einer Vertragsvorbesprechung anwesende Steuerberater darauf hingewiesen, daß ein derartiger Kaufvertrag für sie "verheerende steuerrechtliche Konsequenzen haben könne", und verlangt, daß im Kaufpreis von S 18,9 Mio eine allfällige Umsatzsteuer nicht enthalten sein dürfe. Dementsprechend hätte die Beklagte den Kaufvertrag ändern sollen. Unbeschadet dessen habe sie ihn so formuliert, daß die Umsatzsteuer im Kaufpreis enthalten gewesen sei, und ihnen einen entsprechenden Vertragstext zur Unterfertigung übermittelt. Als der Erstkläger Bedenken geäußert habe, habe die Beklagte gesagt, sie habe den Vertragsentwurf ihrem (der Kläger) Steuerberater übermittelt, der keine Bedenken geäußert habe. Daraufhin hätten sie den Vertrag unterfertigt. Wegen dieser verfehlten Vertragsformulierung sei ihnen in der Folge vom Finanzamt eine Umsatzsteuer in Höhe von S 3,832.686,11 angelastet worden. Deren Ersatz begehrten sie von der Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes. Sie hätte als Vertragserrichterin alle rechtlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen des Vertrages zu berücksichtigen gehabt und sich nicht über ihren (der Kläger) Willen hinwegsetzen dürfen, daß der Kaufpreis im Vertrag S 18,9 Mio zuzüglich USt sein solle. Die Beklagte habe es auch unterlassen, den Käufer auch nur mit der Forderung zu konfrontieren, S 18,9 Mio exklusive USt zu zahlen. Hätten sie gewußt, welche steuerrechtlichen Konsequenzen die Vertragstextierung für sie bedeutet, hätten sie den Vertrag nicht abgeschlossen. Weiters habe die Beklagte ihrer Weisung vom 28. 4. 1995, durch die Forderungsnachlässe der Banken und den Kaufpreis die Eigentümergemeinschaft total zu entschulden, nicht entsprochen. Jedenfalls seien sie durch die von der Beklagten im Vertrag gewählte Formulierung über die steuerrechtlichen Folgen im Unklaren gelassen worden, die Beklagte hätte sie vor Unterfertigung des Kaufvertrages warnen müssen, daß sie in der Folge mit dem Umsatzsteuerbetrag aus dem Sanierungsaufwand (vor Steuerabzug) belastet werden würden. Auch habe die Beklagte bei der Vorbesprechung am 28. 4. 1995 nicht erkannt, daß die von ihrem (der Kläger) Steuerberater geäußerten Vorstellungen mit jenen des Käufers nicht übereinstimmten. Die Beklagte hätte den Vertrag so gestalten können, daß die Umsatzsteuer für den Käufer ein Durchläufer gewesen wäre. Sie habe ihren ausdrücklichen Auftrag und den ihres Steuerberaters mißachtet.

Die Beklagte wendete ein, ihr sei bei Errichtung des Vertrages die steuerrechtliche Problematik beim Kauf eines sanierten Objektes bewußt gewesen, weshalb sie darauf bestanden habe, den Steuerberater der Kläger beizuziehen. Dieser habe keineswegs bei einer Besprechung vom 28. 4. 1995 vor "verheerenden steuerrechtlichen Konsequenzen" gewarnt, wenn das Anbot des Käufers angenommen werde. Tatsächlich sei dieser nie bereit gewesen, einen höheren Kaufpreis als insgesamt S 18,9 Mio zu zahlen. Er habe ausdrücklich ihrem Vertragsentwurf die Forderung handschriftlich angefügt, daß der Kaufpreis die Umsatzsteuer zu enthalten habe. Der Wunsch der Kläger nach einer anderen Vertragsformulierung sei daher keineswegs einer nach einer Umformulierung gewesen, sondern hätte eine Erhöhung des vom Käufer gebotenen Kaufpreises erforderlich gemacht. Eine solche sei aber niemals in Rede gestanden. Als die Kläger vor Unterfertigung des Kaufvertrages bei ihr angefragt hätten, um sich über die steuerlichen Konsequenzen zu beraten, habe sie die Kläger an deren Steuerberater verwiesen. Diesem habe sie den vom Käufer unterfertigten Kaufvertrag per Fax übersendet. Danach hätten die Kläger den Kaufvertrag unterfertigt. Den Klägern sei kein Schaden entstanden, weil der Verkäufer keineswegs bereit gewesen wäre, einen S 18,9 Mio übersteigenden Kaufpreis, nämlich S 18,9 Mio zuzüglich USt, zu zahlen. Der Auftrag, eine Entschuldung der Kläger herbeizuführen, sei durch den gegenständlichen Vertrag und die Verhandlungen mit den Banken, die insgesamt S 5 Mio an Darlehen nachgelassen hätten, erfüllt worden. Insgesamt seien die Kläger damals in einer äußerst prekären Situation und gezwungen gewesen, die Liegenschaft zu verkaufen. Die Sanierung dieser Liegenschaft sei zur Gänze fremdfinanziert gewesen, was den Klägern Schulden in Höhe von S 27 Mio (mit einem monatlichen Zinsendienst in Höhe von S 202.500,--) gebracht hätte. Dieser Zinsendienst sei aus Eingängen von S 86.000,-- und Landeszuschüssen von S 96.000,-- nicht einzubringen gewesen. Die Kläger seien daher weder in der Lage gewesen, die Zinsen zu bezahlen, noch das Kapital rückzuführen. Sie seien daher zum Verkauf zu den ihnen gebotenen Konditionen gezwungen gewesen. Der Käufer sei der einzige Kaufinteressent gewesen. Den Wunsch des Erstklägers, sie solle ihre Haftpflichtversicherung in Anspruch nehmen, während er bereit sei, ihr den Selbstbehalt zu bezahlen, könne sie nicht erfüllen.

Der Steuerberater der Kläger hat sich trotz Streitverkündung beider Seiten am Verfahren nicht als Nebenintervenient beteiligt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es ging hiebei im wesentlichen von folgenden Feststellungen aus:

Die vertragliche Vereinbarung, wonach der Kaufpreis die Umsatzsteuer enthalte und die Verkäufer verpflichtet seien, dem Käufer darüber eine ordnungsgemäße Rechnung nach § 12 Abs 14 UStG 1994 zu erstellen, erfolgte über ausdrückliche Forderung des Käufers. Dieser sendete den ursprünglichen Vertragsentwurf der Beklagten unter anderem mit diesen Beifügungen zurück. Er war nicht bereit, mehr als S 18,9 Mio zu zahlen. Er war auch nicht bereit, zusätzlich die Umsatzsteuer zu übernehmen. Am 28. 4. 1995 fand eine Vorbesprechung mit den darlehensgebenden Banken statt, an der der Steuerberater der Klägerin teilnahm, weil die Beklagte darauf bestanden hatte, ihn wegen etwaiger Steuerprobleme beizuziehen. Als das Problem Umsatzsteuer bzw Nachversteuerung angeschnitten wurde, erklärte er, die Steuer sei kein Problem, diese sei "zu überrechnen". Dabei sah er den Vertragsentwurf mit den handschriftlichen Korrekturen des Käufers (betreffend die Umsatzsteuer) ein.

Nach Vertragsunterfertigung durch den Käufer übersandte die Beklagte den Kaufvertrag an die Kläger zur Unterschrift. Nach Erhalt kamen dem Erstkläger erstmals steuerliche Bedenken im Zusammenhang mit der von ihm auszustellenden Umsatzsteuerrechnung. Er rief daraufhin am 6. 6. 1995 die Beklagte an, weil er die Befürchtung hatte, daß der endgültige Vertragstext punkto Umsatzsteuer nicht mit dem übereinstimme, was mit der Bank besprochen worden war. Die Beklagte sagte, sie habe den Vertrag so gemacht, wie besprochen, und verwies den Erstkläger bezüglich der Steuerprobleme an seinen Steuerberater. Noch am selben Tag faxte sie den mit den handschriftlichen Korrekturen des Käufers versehenen Entwurf und den vom Käufer bereits unterfertigten Vertragstext an den Steuerberater des Klägers, damit dieser prüfen könne, ob der Vertrag entsprechend dem Besprechungsergebnis gestaltet worden sei; dies sagte sie auch dem Erstkläger. Die Beklagte sagte dem Erstkläger damals nicht zu, sich wegen der angeblichen Steuerprobleme mit dem Steuerberater der Kläger in Verbindung zu setzen bzw diese noch abzuklären. Entgegen dem Rat der Beklagten kontaktierte der Erstkläger seinen Steuerberater zur Steuerproblematik nicht. Der Steuerberater der Klägerin rief die Beklagte an und fragte sie, warum sie ihm das faxe. Sie sagte ihm, ihr Bruder habe noch steuerliche Fragen. Der Steuerberater der Kläger meinte, wenn der Käufer S 18,9 Mio zahle, solle der Erstkläger unterschreiben. Mit dem Erstkläger setzte er sich nicht in Verbindung. Auf einen Anruf des Erstklägers gab die Beklagte diesem gegenüber an, sie habe von seinem Steuerberater keine negative Stellungnahme erhalten. Nach diesem Telefonat unterfertigten die Kläger den Kaufvertrag.

In rechtlicher Hinsicht verneinte das Erstgericht eine Sorgfaltspflichtverletzung der Beklagten als Vertragserrichterin. Sie habe ausdrücklich die Beiziehung des Steuerberaters der Kläger verlangt und den Erstkläger vor Unterfertigung des Vertrages an seinen Steuerberater verwiesen. Sie hafte daher nicht für eine unrichtige Vorstellung der Kläger von den steuerlichen Folgen des Vertragsabschlusses. Der von ihr errichtete Vertrag weiche nicht von dem Vertragsentwurf ab, der Gegenstand der Besprechung vom 28. 4. 1995 gewesen sei. Die aus der Vertragstextierung folgende Umsatzsteuerbelastung der Kläger hätte deren Steuerberater erkennen können, er habe jedoch keinen entsprechenden Auftrag an die Beklagte, den Vertrag anders zu gestalten, erteilt. Auch die Kläger hätten einen solchen Auftrag nicht erteilt. In Wahrheit begehrten die Kläger eine andere Vertragsgestaltung, nämlich die Erwirkung eines höheren Kaufpreises, dazu sei aber der Käufer nicht bereit gewesen. Den Klägern sei in Wahrheit durch den gegenständlichen Vertrag auch kein Schaden entstanden; dies deshalb, weil sie wegen ihrer prekären Situation dringend hätten verkaufen müssen. Aus Anlaß des Verkaufs sei es zu einem Nachlaß der finanzierenden Banken von rund S 5 Mio gekommen. Hätten die Kläger nicht verkauft, hätten sie eine Fälligstellung der Kredite und ein Insolvenzverfahren riskiert.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kläger Folge, hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurück. Es sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Zur Rechtsrüge führte es folgendes aus:

Grundstücksumsätze an sich seien (unecht) von der Umsatzsteuer befreit. § 12 Abs 14 UStG stelle also nicht auf eine Umsatzsteuer für den Umsatz ab, sondern auf jenen Betrag, den der "Lieferer des Grundstücks", also der Verkäufer, als in dem Gebäude "steckende Umsatzsteuer" nach § 12 Abs 10 bis 12 UStG berichtigen müsse. Der Verkauf eines Grundstücks durch einen Unternehmer nach § 6 Abs 1 Z 9 lit a UStG bewirke nämlich, daß aus diesem Grund ein Vorsteuerabzug nach § 12 Abs 3 UStG ausgeschlossen oder eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 12 Abs 10 bis 12 UStG vorzunehmen sei. Bei der steuerfreien Veräußerung eines Gebäudes stünden die auf eine vorangehende Renovierung entfallenden Steuerbeträge im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Veräußerung und seien daher ebenfalls vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Veräußere also ein bis dahin vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer ein Gebäude, an dem eine Großreparatur durchgeführt und dafür Vorsteuerabzug nun geltend gemacht worden sei, bewirke der Veräußerungsvorgang als Änderung im Sinn des § 12 Abs 10 UStG, daß er vom Vorsteuerabzug nun gemäß § 12 Abs 3 UStG ausgeschlossen sei. Darauf beruhe der Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer, mit dem den Klägern der Vorsteuerabzug von S 3,832.686,11 zur Nachzahlung vorgeschrieben worden sei. § 12 Abs 14 UStG ermögliche nun eine offene Überwälzung dieses Umsatzsteuerbetrages an den Erwerber. Der Verkäufer könne dem Käufer (Empfänger der Lieferung) den vom Vorsteuerabzug ausgeschlossenen oder aufgrund der Berichtigung geschuldeten Betrag, soweit er auf die Lieferung des Grundstücks entfalle, gesondert in Rechnung stellen. Damit könne der Erwerber des Grundstücks diesen Vorsteuerabzug geltend machen. Die Vorsteuer werde diesfalls nicht beim Leistungsempfänger, sondern erst eine Stufe später zum Abzug zugelassen. Die Abwicklung dieser Vorsteuerüberwälzung bei Grundstücksumsätzen erfolge am zweckmäßigsten im Wege einer Überrechnung gemäß § 211 Abs 1 lit g BAO.

Die im § 12 Abs 14 UStG festgelegte Berechtigung des Unternehmers (des Verkäufers) dem Empfänger (dem Käufer) der Lieferung die wegen Ausschlusses des Vorsteuerabzuges oder Berichtigung desselben nach § 12 Abs 10 bis 12 UStG anfallende Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen, sei aber keine zivilrechtliche Bestimmung. § 12 Abs 14 erster Satz UStG besage daher keineswegs, daß der Unternehmer etwa über den zivilrechtlich vereinbarten Preis hinaus auch noch den Betrag, der seinen umsatzsteuerrechtlichen Nachteilen entspreche, ohne gesonderte Vereinbarung in Rechnung stellen, dh zivilrechtlich geltend machen dürfe. Aus der Sicht des Zivilrechts gelte sowohl dem Unternehmer als Käufer als auch dem Privaten als Käufer gegenüber der zivilrechtlich vereinbarte, im Zweifel auch die Umsatzsteuer umfassende Preis. Die Berechtigung sei vielmehr eine rein abgabenrechtliche, die die Ausnützung der vom Gesetzgeber im Fiktionsweg geschaffenen Möglichkeit des Vorsteuerabzuges durch den Unternehmer als Empfänger der Lieferung erst ermöglichen solle. Dazu benötige der Empfänger der Lieferung zur Geltendmachung des Vorsteuerabzuges die Rechnung des anderen Unternehmers (des Lieferers) mit gesondert ausgewiesener Steuer. Solange die kalkulatorische Erhöhung gegenüber dem Empfänger der Leistung (dem Käufer) nicht die Höhe des Betrages erreiche, den dieser im Wege des Vorsteuerabzugs geltend machen könne, trete wirtschaftlich für den Käufer eine Verbilligung ein.

Diese Grundsätze, auf den gegenständlichen Fall angewendet, bedeuteten, daß für den Erwerber der Liegenschaft durch die Vereinbarung, im Kaufpreis sei die Umsatzsteuer enthalten und der Verkäufer sei verpflichtet, ihm eine Rechnung nach § 12 Abs 14 UStG auszustellen, wirtschaftlich eine Verbilligung des Kaufpreises eingetreten sei, eine Verbilligung um jene Vorsteuerabzugsbeträge, die die Verkäufer in ihrer Rechnung nach § 12 Abs 14 UStG aufzuweisen hätten, eine Verbilligung also im Ergebnis in Höhe des Klagsbetrages. Diesen Aspekt beachtend werde die vom Erstgericht festgestellte Weigerung des Käufers, einen höheren Kaufpreis zu bezahlen, und eine Forderung, der Kaufpreis habe die Umsatzsteuer zu enthalten, verständlich. Das erstaune vor allem auch in Anbetracht des Umstandes nicht, daß der Käufer seinerseits Steuerberater sei. Die andere Vertragsgestaltung, die die Beklagte nach Ansicht der Kläger vorzunehmen gehabt hätte, hätte den Käufer diese wirtschaftliche Ersparnis gekostet. Das Argument der Berufungswerber, die Beklagte habe eine unrichtige, die Kläger benachteiligende Vertragsformulierung gewählt, sei daher unzutreffend. Vielmehr sei ein diesen Vertragsinhalt ausdrücklich forderndes, befristetes Anbot des Käufers vorgelegt.

Schadenersatzbegründend könne daher nur der Umstand sein, daß die Kläger vor Vertragsunterfertigung nicht darauf hingewiesen worden seien, diese Form der Vertragsgestaltung werde auf ihrer Seite zur Verpflichtung zur Berichtigung des Vorsteuerabzuges in Höhe des Klagsbetrages führen, während sich der Käufer durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Vorsteuerabzuges jenen Betrag erspare. Den Klägern sei der Nachweis dafür gelungen, daß es die Beklagte unterlassen habe, für eine Aufklärung der Kläger über die umsatzsteuerrechtlichen Folgen des Vertragsabschlusses zu sorgen. Dazu wäre sie jedenfalls verpflichtet gewesen. Ihre mangelnden Kenntnisse der Steuerproblematik erkennend, hätte sie sich entweder selbst die erforderlichen Kenntnisse verschaffen oder aber dafür sorgen müssen, daß die Kläger von dritter Seite, im konkreten durch den Steuerberater der Kläger, ausreichend beraten worden wären. Mit dessen Auskunft, "wenn der Käufer S 18,9 Mio zahle, solle der Erstkläger unterschreiben", hätte sich die Beklagte nicht zufrieden geben dürfen, weil diese Frage die vom Erstkläger aufgeworfene Steuerproblematik erkennbar nicht beantwortet, sondern eine rein wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten habe. Vor allem der Umstand, daß es sich beim Käufer um einen Steuerberater gehandelt habe, hätte für die Beklagte indizieren müssen, daß die steuerliche Betrachtung des Kaufvorganges für die Kläger besonderer Aufmerksamkeit bedurfte. Wer als Dritter einen Vertrag formuliere, sei beiden Vertragsparteien gegenüber zur sorgfältigen Wahrung ihrer Interessen verpflichtet. Im konkreten Fall, in dem die umsatzsteuerrechtliche Frage von den Verkäufern vor Vertragsunterfertigung aufgeworfen worden sei, hätte also die Beklagte dafür zu sorgen gehabt, daß diese Frage einer Prüfung und Beantwortung unterzogen werde. Die dazu festgestellten Umstände exkulpierten die Beklagte nicht. Wie schon ausgeführt, sei die Antwort des Steuerberaters der Kläger offenkundig nicht rechtlich, sondern wirtschaftlich begründet gewesen. Bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte die Beklagte dies als unzureichende Klärung der anstehenden Frage erkennen können. Dann hätte sie die beim Steuerberater der Kläger bestehenden Meinung, der Kläger solle nur unterschreiben, wenn der Käufer so viel biete, nicht einfach den Klägern weitergeben und sie zur Unterschriftsleistung auffordern dürfen. Es treffe sie daher der Vorwurf, nicht erkannt zu haben, daß eine solche Aufklärungsbedürftigkeit nach wie vor bestanden habe.

Die Kläger hätten bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht, daß sie bei entsprechender Aufklärung den Vertrag nicht unterschrieben hätten, weshalb es zur Vorschreibung eines nicht mehr berechtigten Vorsteuerabzugsbetrages in Höhe der Klagsforderung nicht gekommen wäre. Mit dieser nun entscheidenden Frage habe sich das Erstgericht nicht auseinandergesetzt. In seiner rechtlichen Beurteilung habe es zwar eine wirtschaftliche Betrachtungsweise angestellt, wonach die Kläger genötigt gewesen wären, das Anbot des Käufers im damaligen Zeitpunkt jedenfalls anzunehmen. Diese Erörterung vermöge jedoch eine Feststellung darüber, ob die Kläger bei vollständiger Information über die sie treffende Umsatzsteuerzahlungsverpflichtung den Vertrag abgeschlossen hätten, nicht zu ersetzen. Zu Recht wiesen die Berufungswerber auf entsprechende Beweisergebnisse hin, mit denen sich das Erstgericht nicht auseinandergesetzt habe. Sollte das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren zur Ansicht gelangen, die Kläger hätten auch bei richtiger Information den Vertrag so abgeschlossen (etwa weil sonst die Eröffnung eines Konkursverfahrens gedroht hätte), sei davon auszugehen, daß den Klägern der Kausalitätsbeweis nicht gelungen sei. Sollte das Erstgericht hingegen im fortgesetzten Verfahren zu der Feststellung gelangen, die Kläger hätten den Vertrag nicht abgeschlossen (zu einer Modifikation wäre der Käufer nach den insofern unbekämpften Feststellungen nicht bereit gewesen), werde sich das Erstgericht auch noch mit dem Mitverschuldenseinwand der Beklagten auseinanderzusetzen haben. In diesem Zusammenhang sei nur darauf verwiesen, daß der Kläger als Baumeister offenkundig zumindest über rudimentäre Kenntnisse der steuerrechtlichen Situation verfügt habe und nach den erstgerichtlichen Feststellungen eine Inanspruchnahme seines Steuerberaters in dieser Frage unterlassen habe.

Die Zulässigkeit des Rekurses gegen diese Entscheidung sei gemäß § 519 Abs 2 ZPO auszusprechen gewesen, weil eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Verantwortlichkeit des Vertragsverfassers in steuerrechtlichen Fragen trotz Beiziehung eines Steuerberaters nicht vorliege.

Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich der Rekurs der Kläger wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, dem Klagebegehren stattzugeben; hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt. Die Kläger machen geltend, ihnen könne kein Mitverschulden zur Last gelegt werden, das Berufungsgericht habe gegen § 496 Abs 3 ZPO verstoßen, weil es die erforderliche Ergänzung der Parteienvernehmung selbst hätte durchführen müssen.

Die Beklagte beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, das klagsabweisende Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist infolge Spruchreife der Rechtssache berechtigt.

Die allgemeinen Grundsätze der Anwaltshaftung hat bereits das Erstgericht dargestellt (vgl Harrer in Schwimann2 § 1300 ABGB Rz 11 ff; Reischauer in Rummel2 § 1299 ABGB Rz 13 ff).

Arbeitet ein Rechtsanwalt mit einem Steuerberater im Auftrag desselben Klienten derart zusammen, daß der eine allgemein-juristisch den Vertrag errichtet, während der andere die steuerlichen Aspekte prüft, so ist jeder grundsätzlich für sein eigenes Aufgabengebiet verantwortlich. Der Auftraggeber kann in einem solchen Fall nicht erwarten, daß ein Rechtsberater im Fachbereich des anderen besondere Untersuchungen anstellt. Treten dort allerdings Mängel auf, die auch ohne Spezialkenntnisse in die Augen fallen, muß der Auftraggeber darauf hingewiesen werden (vgl auch RZ 1992/52, wonach den vertragserrichtenden Notar bei Vertretung einer Vertragspartei durch einen Rechtsanwalt Belehrungs- und Aufklärungspflichten nur bei Vorliegen besonderer Umstände treffen).

Schon das Berufungsgericht hat darauf hingewiesen, daß die Beklagte zum Ausdruck brachte, in der steuerrechtlichen Behandlung von Vorsteuerabzügen im Falle eines Verkaufes eines sanierten Objektes nicht sattelfest zu sein, und deshalb auf der Beiziehung des Steuerberaters der Kläger bestand. Auch in weiterer Folge hat sie in steuerlicher Hinsicht jeweils auf den Steuerberater verwiesen. Sie hat dadurch zu erkennen gegeben, daß sie sich die erforderlichen, nicht gewöhnlichen Kenntnisse nicht zutraute (vgl § 1299 ABGB). Den Klägern (Bruder und Schwägerin der Beklagten) mußte daher klar sein, daß sie insoweit ausreichende Beratung nur von ihrem Steuerberater erwarten durften.

Der Vorwurf des Berufungsgerichts, der Umstand, daß es sich beim Käufer um einen Steuerberater handelte, hätte für die Beklagte indizieren müssen, daß die steuerliche Betrachtung des Kaufvertrages für die Kläger besonderer Aufmerksamkeit bedürfe, geht schon deshalb ins Leere, weil die Beklagte ohnehin auf der Beiziehung des Steuerberaters der Kläger bestand und damit für eine steuerliche Vertretung auf fachlich gleicher Ebene sorgte. Aber auch der Vorwurf des Berufungsgerichts, der Steuerberater der Kläger habe mit seiner letzten Äußerung, "wenn der Käufer S 18,9 Mio zahle, solle der Erstkläger unterschreiben", die Steuerproblematik erkennbar nicht beantwortet, sondern eine rein wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten, beruht auf einer zu engen und isolierten Sicht dieser Äußerung. Der Steuerberater der Klägerin war zur Klärung steuerlicher Probleme des geplanten Verkaufs beigezogen worden, diese Probleme wurden auch in einer Sitzung mit den Bankenvertretern angeschnitten, an der der Steuerberater teilnahm, hiebei sah er den Vertragsentwurf mit den handschriftlichen Ergänzungswünschen des Käufers ein, schließlich faxte ihm die Beklagte den mit den handschriftlichen Korrekturen des Käufers versehenen Entwurf und den vom Käufer bereits unterschriebenen Vertragstext. Wenn der Steuerberater der Klägerin sodann in der erwähnten Weise "grünes Licht" für die Vertragsunterfertigung durch die Kläger gab, mußte die Beklagte nicht annehmen, der Steuerberater wolle damit bloß ein Bewertungsgutachten abgeben; vielmehr konnte sie davon ausgehen, daß der Steuerberater die steuerlichen Aspekte in seine Empfehlung einbezogen hatte. Dazu kommt, daß die Beklagte ihren Bruder, als dieser vor Vertragsunterfertigung steuerliche Bedenken hegte, deshalb ausdrücklich an seinen Steuerberater verwies und auch diesem sagte, ihr Bruder habe noch steuerliche Fragen. Wenn die beiden dennoch nicht miteinander Kontakt aufnahmen, hat dies nicht die Beklagte zu verantworten.

Nach Auffassung des erkennenden Senates hat die Beklagte somit - wenn man die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht eines Rechtsberaters nicht überspannen will sowie den Auftrag und das im Einzelfall davon betroffene Geschäft berücksichtigt (RIS-Justiz RS0026584) - keine Sorgfaltspflichtverletzung begannen, weshalb sie für den entstandenen Schaden nicht haftet. Die Mitverschuldensfrage ist daher bedeutungslos.

Das Berufungsgericht hat demnach zu Unrecht dem Erstgericht eine Ergänzung des Verfahrens aufgetragen. Da im Rekursverfahren gegen Aufhebungsbeschlüsse das Verbot der reformatio in peius nicht gilt (Kodek in Rechberger § 519 ZPO Rz 5 mwN), ist der Oberste Gerichtshof nicht gehindert, auf Rekurs der Kläger gemäß § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO das der dargelegten Rechtsansicht entsprechende klagsabweisende Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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