Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die vom Erstgericht erlassene einstweilige Verfügung wiederhergestellt wird.
Die gefährdete Partei hat die Kosten des Sicherungsverfahrens vorläufig, der Gegner der gefährdeten Partei hat diese endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Parteien haben am 29. 6. 1976 die Ehe geschlossen. Die ehemals gemeinsame Wohnung sowie eine dazugehörende Garage stehen im alleinigen Wohnungseigentum des Beklagten.
Die Klägerin stellte im anhängigen Scheidungsverfahren zur Sicherung ihres Anspruchs auf die Ehewohnung den Antrag, dem Beklagten durch einstweilige Verfügung zu verbieten, die in seinem Alleineigentum stehenden Miteigentumsanteile an der Liegenschaft, mit denen Wohnungseigentum verbunden ist, zu veräußern oder zu belasten. Sie brachte dazu vor, daß der Beklagte zu einer tschechischen Dolmetscherin ehewidrige Beziehungen unterhalte. Er habe mehrfach angekündigt, nach Tschechien auszuwandern. Die finanzielle Situation des vom Beklagten geführten Maschinenhandels sei angespannt. Er habe im Verfahren geäußert, wenn er krank werde, höre er zu arbeiten auf, dann werde die Wohnung versteigert.
Der Beklagte wendete gegen den Sicherungsantrag ein, daß er eine dauerhafte Anstellung bei einem renommierten Unternehmen in der Schweiz habe. Deswegen und wegen der in der Wohnung vorgenommenen großen Investitionen könne keine Rede davon sein, daß er beabsichtige, das Land zu verlassen. Die auf der Ehewohnung lastenden Bankverbindlichkeiten würden von ihm regelmäßig bedient.
Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Es nahm als bescheinigt an, daß die Ehe der Parteien unheilbar zerrüttet sei. Es könne nicht damit gerechnet werden, daß die eheliche Lebensgemeinschaft wieder aufgenommen werde. Der Beklagte arbeite in der Schweiz als Metzgermeister und beziehe dort ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von (umgerechnet) S 30.640. Außerdem betreibe er einen Handel mit Metzgereimaschinen, die er sowohl in Österreich als auch im östlichen Ausland vertreibe. Das für dieses Einzelunternehmen geführte Girokonto stehe mit ca S 800.000 "im Soll". Laut eigenen Angaben des Beklagten seien seine finanziellen Möglichkeiten erschöpft. Aufgrund der angespannten finanziellen Situation habe sich der Beklagte gegenüber der Klägerin dahin geäußert, "sie solle gehen, es sei sowieso alles aus und die Wohnung müsse versteigert werden". Schließlich habe der Beklagte beim Verhandlungstermin vom 2. 11. 1998, als über eine allfällige einvernehmliche Scheidung gesprochen wurde, zum Vertreter der Klägerin gesagt: "Wenn ich krank werde und aufhöre zu arbeiten, dann wird die Wohnung versteigert!".
Rechtlich folgerte das Erstgericht, der Beklagte habe nicht nur gegenüber der Klägerin, sondern auch gegenüber deren Vertreter angekündigt, die Wohnung werde wegen der angespannten finanziellen Situation versteigert. Durch diese Äußerungen sei das Vorliegen einer Gefährdung des Anspruchs der Klägerin hinreichend bescheinigt.
Das Gericht zweiter Instanz änderte diesen Beschluß dahin ab, daß es den Sicherungsantrag abwies. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die einstweilige Verfügung zur Sicherung des Aufteilungsanspruchs nach § 382 Z 8 lit c zweiter Fall EO dürfe nur unter der Voraussetzung der Anspruchs- und Gefahrenbescheinigung bewilligt werden. Für die Annahme einer Gefährdung genüge die bloß abstrakte oder theoretische Möglichkeit einer Erschwerung oder Vereitlung der Durchsetzung des Aufteilungsanspruchs nicht. Es müsse vielmehr eine konkrete Gefährdung bescheinigt werden, wobei darauf abzustellen sei, daß aus dem Verhalten des Antragsgegners mit hoher Wahrscheinlichkeit die Gefahr von Vereitelungshandlungen abgeleitet werden könne. Nach den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen bestünden aber keine Anhaltspunkte dafür, daß der Beklagte bereits Anstalten gemacht habe, seine Liegenschaftsanteile zu verkaufen und den Erlös dem Zugriff der Klägerin zu entziehen. Es stehe auch nicht fest, daß der Beklagte die grundbücherlich sichergestellten Verbindlichkeiten nicht rechtzeitig und umfänglich bedienen würde. Der Beklagte sei aufgrund seines Arbeitseinkommens bislang offensichtlich in der Lage gewesen, auch die im Zusammenhang mit dem Maschinenhandel stehenden Rückzahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Seit Juli 1998 seien keine grundbücherlichen Belastungen der Ehewohnung mehr erfolgt. Hinweise für die Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens seien nicht vorhanden. Die Klägerin habe daher die Gefährdung ihres Anspruchs nicht ausreichend bescheinigt.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen erhobene Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig und berechtigt.
Das Rekursgericht ist aufgrund seiner - vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten - Rechtsansicht auf die umfangreiche Mängel- und Beweisrüge im Rekurs des Beklagten nicht eingegangen. Dieser Umstand steht aber einer meritorischen Entscheidung durch den erkennenden Senat nicht entgegen, weil es seit der Entscheidung des verstärkten Senats vom 2. 12. 1993 (SZ 66/164) gesicherte Rechtsprechung ist, daß im Sicherungsverfahren die Überprüfung der Beweiswürdigung des erkennenden Richters durch das Rekursgericht immer dann ausgeschlossen ist, wenn der Sachverhalt aufgrund vor dem Erstgericht abgelegter Zeugen- oder Parteienaussagen als bescheinigt angenommen wurde (7 Ob 576/94; 4 Ob 144/97y; 3 Ob 236/98x; 1 Ob 235/98k ua). Soweit der Beklagte ins Treffen führt, ihm sei nicht ausreichend Gehör geschenkt worden, weil zwar die Klägerin, nicht jedoch er als Partei vernommen worden sei, ist ihm zu entgegnen, daß seine Vernehmung zum Sicherungsantrag ohnedies im nunmehr verbundenen Verfahren 7 C 60/98z des Erstgerichts (dort: ON 11) durchgeführt und damit dem Grundsatz Rechnung getragen wurde, daß auch im Sicherungsverfahren die Parteienvernehmung - ausgenommen den Fall der Verhinderung (JBl 1979, 548) - mit beiden Parteien durchzuführen ist (SZ 50/25; JBl 1979, 550; 6 Ob 512/95 ua). Der aufgrund zahlreicher Zeugenvernehmungen sowie der Vernehmung der Parteien vom Erstgericht festgestellte Sachverhalt ist daher ungeachtet des Vorbringens im Rekurs des Beklagten der rechtlichen Beurteilung zugrundezulegen.
Mit dem Antrag auf einstweilige Sicherung der in die Aufteilungmasse fallenden Vermögenswerte nach § 382 Z 8 lit c zweiter Fall EO soll der erst mit Rechtskraft der Ehescheidung entstehende Anspruch gesichert werden, daß die der Aufteilung unterliegenden Sachen weder verbracht noch eigenmächtig veräußert oder belastet werden, somit der status quo gewahrt und eine einseitige Veränderung der Vermögenslage bis zur Durchführung des Aufteilungsverfahrens verhindert wird (4 Ob 561/88; SZ 67/166 mwH). Der Anspruch ist als solcher keine bloße Geldforderung im Sinn des § 379 EO, sondern ein anderer Anspruch im Sinn des § 381 EO. Eine einstweilige Verfügung nach § 382 Z 8 lit c zweiter Fall EO kann daher nur dann erlassen werden, wenn eine konkrete Gefährdung behauptet und bescheinigt wird (SZ 57/89; 2 Ob 520/94; SZ 67/166; 2 Ob 502/96; 4 Ob 278/98f). Dem Rekursgericht ist durchaus darin beizupflichten, daß nicht jede abstrakte oder theoretische Möglichkeit einer im § 381 EO genannten Erschwerung, Vereitelung, Gewaltanwendung oder Herbeiführung eines unwiederbringlichen Schadens eine Anspruchsgefährdung im Sinne dieser Gesetzesstelle zu begründen vermag. Allerdings bedeutet das nicht, daß es erst zu einem Ausfall oder einer Schädigung kommen müßte (SZ 23/284; 7 Ob 576/94); im Hinblick auf die vom Gesetz gebrauchten Ausdrücke "besorgen" (§ 381 Z 1 EO) und „drohen“ (§ 381 Z 2 EO) müssen bloß Umstände vorliegen, die, würde die einstweilige Verfügung nicht bewilligt werden, eine Beeinträchtigung des Anspruchs als wahrscheinlich erscheinen ließen (8 Ob 541/87; 4 Ob 530/95; 1 Ob 2/97v).
Ausgehend von den erstinstanzlichen Feststellungen ist das vom Beklagten geführte Einzelunternehmen mit Schulden von rund S 800.000 belastet und bezeichnet der Beklagte selbst seine finanzielle Situation als angespannt. Die Tatsache, daß der Beklagte - wie sich aus der Bestätigung Beilage 1 ergibt - seine für die Anschaffung der Wohnung eingegangenen Kreditverbindlichkeiten in nicht unbeträchtlicher Höhe regelmäßig bedient, sagt über die Frage der Bewältigung der Geschäftsschulden nichts aus. Die Annahme des Rekursgerichts, der Beklagte könne mit seinem Monatsnettoeinkommen von S 30.640 "offensichtlich" die im Zusammenhang mit dem Maschinenhandel stehenden Rückzahlungsverpflichtungen erfüllen, findet in der Aktenlage keinerlei Deckung. Vielmehr weist die Revisionsrekurswerberin zutreffend darauf hin, die aus dem im Akt erliegenden Grundbuchsauszug ersichtliche Tatsache, daß im Jahre 1998 Pfandurkunden aus den Jahren 1992 und 1996 über Höchstbetragskredite im Gesamtbetrag von S 865.000 verbüchert wurden, indiziere das Bestehen einer aus der Sicht der Banken bedrohlichen finanziellen Situation. Bei dieser Sachlage gewinnen aber die Äußerungen des Beklagten, die Wohnung müsse versteigert werden, besonderes Gewicht, legen sie doch die konkrete Befürchtung nahe, der Beklagte werde seine Miteigentumsanteile weiter belasten, allenfalls die Wohnung verkaufen oder durch das Nichtbedienen der Kreditverbindlichkeiten deren Versteigerung herbeiführen.
Entgegen der Ansicht des Rekursgerichts hat daher die Klägerin die Gefährdung ihres Anspruchs ausreichend bescheinigt, weshalb dem Revisionsrekurs Folge zu geben und die vom Erstgericht erlassene einstweilige Verfügung wiederherzustellen ist.
Gemäß § 393 Abs 1 EO hat die gefährdete Partei die Kosten des Sicherungsverfahrens vorläufig selbst zu tragen. Dem Gegner ist die Abwehr des Sicherungsantrags nicht gelungen, er hat daher gemäß § 402 EO sowie §§ 40, 50 ZPO keinen Kostenersatzanspruch (1 Ob 2223/96h; SZ 70/146).
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