OGH 6Ob512/95(6Ob513/95)

OGH6Ob512/95(6Ob513/95)26.1.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl, Dr.Kellner, Dr.Schiemer und Dr.Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Wolfgang K*****, vertreten durch Dr.Herbert Hüttner, Rechtsanwalt in Graz, wider den Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei Dipl.Ing.Aleksandar K***** vertreten durch Dr.Gerhard Richter, Rechtsanwalt in Graz als Prozeßkurator nach § 116 ZPO, wegen 500.000 S sA, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 12.September 1994, AZ 6 R 148, 149/94 (ON 19), womit die einstweiligen Verfügungen des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 31.März 1994, GZ 23 Cg 52/94-3a, und 27.Mai 1994, GZ 23 Cg 52/94-12, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben, dem Erstgericht wird eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die klagende und gefährdete Partei hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen, die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens der beklagten und Gegnerin der gefährdeten Partei werden der Endentscheidung im Provisorialverfahren vorbehalten.

Text

Begründung

Die klagende und gefährdete Partei (im folgenden Kläger) stellte in der Klage und in einem weiteren Schriftsatz zwei - in Ansehung des Sicherungsmittels unterschiedliche - Sicherungsanträge, zur Sicherung seiner Geldforderung von 500.000 S sA gegenüber der beklagten Partei und Gegner der gefährdeten Partei (im folgenden Beklagter),

a) dem Beklagten zu verbieten, über seinen Anspruch auf Herausgabe seines näher bezeichneten Pkws Rolls-Royce, Oldtimer, gegenüber einem näher bezeichneten Autoreparaturunternehmen (im folgenden erste Drittschuldnerin) zu verfügen und diesen Pkw einzuziehen,

b) an die erste Drittschuldnerin den gerichtlichen Befehl zu richten, bis auf weitere Anordnung den dem Beklagten gehörigen Pkw nicht herauszugeben, also trotz Zahlung der Reparaturrechnung nicht auszufolgen noch sonst etwas zu unternehmen, was die Exekutionsführung auf diesen Pkw vereiteln oder erheblich erschweren könnte;

c) dem Beklagten zu verbieten, über seinen Anspruch auf Bezahlung seiner Forderung an restlicher Provision bzw auf Erfolgsbeteiligung, der ihm als früheren Mitarbeiter gegenüber einer im einzelnen bezeichneten Versicherungsvermittlungs Gesellschaft mbH (im folgenden zweite Drittschuldnerin) von 500.000 S mehr oder weniger zustehe, zu verfügen und diesen ganz oder teilweise einzuziehen,

d) an die zweite Drittschuldnerin den Befehl zu richten, bis auf weitere Anordnung die dem Beklagten geschuldeten Provisions- bzw Erfolgsbeteiligungsansprüche, auch nach Vorliegen eines Urteiles oder Vergleiches nicht auszuzahlen, noch sonst etwas zu unternehmen, was die Exekutionsführung auf diese Geldforderung vereiteln oder erheblich erschweren könnte.

Das Erstgericht erließ beide beantragten einstweiligen Verfügungen (ON 3 a und ON 12). Dabei legte es zugrunde: Der Beklagte, der zunächst in Graz-Seiersberg und zuletzt in Feldkirchen gemeldet gewesen sei, halte sich jetzt im Ausland und zwar vorwiegend in Tschechien und in Ungarn neben seinem Heimatwohnsitz in JU-21000 Novisad ... auf und habe deshalb auch schon beim Postamt seines bisherigen inländischen Aufenthaltsortes den Auftrag deponiert, infolge seines Auslandsaufenthaltes einlangende Poststücke an die jeweilige Behörde rückzusenden. Der Beklagte habe überdies bei einem Zusammentreffen vor wenigen Wochen dem Kläger gegenüber erklärt, er werde sich in Hinkunft überhaupt nicht mehr in Österreich aufhalten, sondern in Ungarn oder Tschechien einen Zweitwohnsitz begründen, sodaß er sich nunmehr auch offiziell bei der Marktgemeinde ***** abgemeldet habe. Dementsprechend besitze der Beklagte in Österreich jetzt keinerlei Vermögenswerte mit Ausnahme eines in Reparatur bei der ersten Drittschuldnerin befindlichen und in seinem Eigentum stehenden Pkw Marke Rolls-Royce, Oldtimer, mit einem Verkehrswert von rund 700.000 S und einer (bereits eingeklagten) mit 500.000 S bewerteten Provisions- und Erfolgsbeteiligungsforderung gegenüber der zweiten Drittschuldnerin. Der Kläger habe nur in Erfahrung bringen können, daß der Beklagte nicht mehr beabsichtige, nach Österreich zurückzukommen, weil er seine Geschäftstätigkeit in die "Oststaaten", vorwiegend nach Tschechien oder Ungarn verlegt habe. Rechtlich folgerte die erste Instanz daraus die Berechtigung beider Sicherungsanträge nach § 379 Abs 2 Z 1 und Z 2 EO, weil es sich beim Pkw Rolls-Royce, Oldtimer, und den Provisions- und Erfolgsbeteiligungsansprüchen um die einzigen Vermögenswerte des Beklagten in Österreich handle. Es bestehe die Gefahr, daß einerseits die Hereinbringung der klägerischen Geldforderung vereitelt oder doch erheblich erschwert werde - ein von ihm erwirktes Urteil müßte mit wenig Aussicht auf Erfolg im Ausland vollstreckt werden - bzw andererseits würde der Beklagte erzielte Geldbeträge prompt ins Ausland transferieren und somit dem Zugriff des Klägers entziehen.

Die zweite Instanz wies beide Sicherungsanträge ab und bezeichnete den ordentlichen Revisionsrekurs als nicht zulässig. In rechtlicher Hinsicht ging das Rekursgericht im wesentlichen von der Erwägung aus, daß der Kläger weder die Voraussetzungen nach § 379 Abs 2 Z 1 EO noch die nach § 379 Abs 2 Z 2 EO schlüssig dargetan habe. Er habe nicht behauptet und es sei auch nicht zu besorgen, daß der Beklagte aus seinen Vermögensstücken unberechtigterweise Gläubiger begünstige oder

Vermögensstücke dem Zugriff des Klägers entziehen wolle, sodaß keine Gefahr einer Verletzung des Grundsatzes der gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger bestehe. Der Kläger gehe selbst - wie aus dem beantragten Drittverbot ersichtlich - davon aus, daß der Beklagte über Vermögensstücke von insgesamt etwa 1,000.000 S verfüge, sodaß kein Grund zur Annahme vorliege, daß die Befriedigung des Klägers ernstlich gefährdet sei. Insgesamt könnten die den Antragsbehauptungen folgenden, vom Erstrichter angestellten Erwägungen nur zur Annahme der abstrakten (theoretischen) Möglichkeit führen, daß der Beklagte die Hereinbringung der Klagsforderung durch Verbringen oder Veräußern vereiteln oder erheblich erschweren könnte oder daß das vom Kläger ersiegte Urteil im Ausland vollstreckt werden müßte.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers ist zulässig und gerechtfertigt.

a) Gemäß § 379 Abs 2 EO können zur Sicherung von Geldforderungen - wie hier - einstweilige Verfügungen getroffen werden, 1. wenn wahrscheinlich ist, daß ohne sie der Gegner der gefährdeten Partei durch ... Verbringen von Vermögensstücken durch Veräußerung oder andere Verfügungen über Gegenstände seines Vermögens, insbesondere durch darüber mit dritten Personen getroffenen Vereinbarungen die Hereinbringung der Geldforderung vereitelt oder erheblich erschweren würde; 2. wenn das Urteil im Auslande vollstreckt werden müßte. Der Unterschied liegt darin, daß Z 1 eine konkrete - und nicht eine bloß abstrakte oder theoretische (MietSlg 35.879; JBl 1979, 323; SZ 51/17 ua; Rechberger-Simotta, Exekutionsverfahren2 Rz 879) - subjektive Gefährdung, somit die Behauptung und Bescheinigung von Eigenschafen oder Verhaltensweisen des Gegners der gefährdeten Partei verlangt, nach denen Vereitlungshandlungen sehr wahrscheinlich sind (JBl 1979, 323 mwN; 2 Ob 546/89; Heller-Berger-Stix EO4 2706), Z 2 hingegen sich mit einer konkreten objektiven Gefährdung, somit anderen Umständen als dem Verhalten des Gegners begnügt (MietSlg 35.879; JBl 1979, 323; SZ 51/17 ua). Das Gesetz setzt somit die Notwendigkeit der Vollstreckung im Ausland einer Gefährdung iS des § 379 Abs 2 Z 1 EO gleich (5 Ob 545/80 ua; vgl auch SZ 62/44). Dem Erfordernis der "Vollstreckung im Ausland" ist entsprochen, wenn konkrete Umstände behauptet und bescheinigt werden, die es wahrscheinlich machen, daß ohne Bewilligung der einstweiligen Verfügung im Zeitpunkt der Vollstreckbarkeit des Urteils - außer der Forderung, auf die das Drittverbot bewilligt werden soll (EvBl 1964/12; SZ 15/224 ua) - keine befriedigungstauglichen Vermögensobjekte im Inland mehr zur Verfügung stünden (MietSlg 35.879; JBl 1979, 323; 2 Ob 546/89 ua; Rechberger-Simotta aaO Rz 881). Die Voraussetzungen der §§ 370, 379 Abs 2 Z 2 EO fehlen, wenn der im Ausland lebende Gegner der gefährdeten Partei im Inland ausreichendes Vermögen besitzt und kein Grund zur Annahme besteht, daß dieses Vermögen dem Zugriff des Gläubigers entzogen werden könnte (JBl 1979, 323; JBl 1952, 348 ua). Das Erstgericht hat als bescheinigt angenommen, daß sich der Beklagte nicht mehr im Inland aufhalte und außer den beiden Vermögensobjekten, auf die sich aber die Sicherungsanträge mit den angestrebten Drittverboten beziehen, kein inländisches Vermögen mehr hat. Auf Grund dieser Umstände, von denen der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist (SZ 54/76; 2 Ob 546/89 ua), auszugehen hat, kann hier entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 379 Abs 2 Z 2 EO nicht zweifelhaft sein.

b) Allerdings ist der Anspruch des Klägers nicht hinreichend bescheinigt. Zur Glaubhaftmachung berief sich der Kläger aber nicht nur auf die eidesstättige Erklärung Beilage A, die von ihm selbst stammt und deshalb für sich allein kein geeignetes Bescheinigungsmittel ist (JBl 1979, 548; EvBl 1977/203; 4 Ob 126/91), sondern auch (ON 1 AS 5, ON 11 AS 30) auf die Einvernahme eines Zeugen sowie - zulässigerweise (JBl 1979, 548 ua) - die unbeeidete Parteiaussage des Klägers, wobei nach dem Inhalt der beiden Schriftsätze mit den Sicherungsanträgen der Klagevertreter über telefonische Aufforderung beide Auskunftspersonen jeweils umgehend "beim dortigen Landesgericht" zur Einvernahme stellig machen werde. Ohne Aufnahme aller beantragten paraten Bescheinigungsmittel kommt eine Beschlußannahme, der Anspruch sei nicht bescheinigt, nicht in Betracht. Im übrigen gilt § 390 Abs 1 EO.

Demgemäß müssen die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung über den noch nicht geprüften Klagsanspruch aufgetragen werden.

Der Kostenvorbehalt beruht in Ansehung der Kosten des Klägers auf § 383 Abs 1 EO, in Ansehung des Beklagten auf §§ 402 Abs 2, 78 EO iVm §§ 52, 50 ZPO.

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