Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf sechs Jahre herabgesetzt.
Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen - auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden - Urteil wurde Robert B***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 8. Oktober 1998 in Wien Markus V***** mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Waffe 1.500 S Bargeld, zwei Dosen Bier und ein Stück Speck im Wert von 600 S mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung weggenommen, indem er ihm wiederholt ein Messer an die Kehle ansetzte, rief: "Gibst du mir das Geld freiwillig, oder soll ich dich erst abstechen", ihn packte, ihm einen Kopfstoß versetzte und den genannten Betrag sowie die Lebensmittel an sich nahm.
Die Geschworenen haben die - anklagekonform gestellte - Hauptfrage bejaht, wobei - nach dem Inhalt des Protokolls über die Fragen an die Geschworenen - grundsätzlich Stimmeneinhelligkeit, aber (nur) eine 6:2-Mehrheit für die Annahme der Begehung in der als schwerer Raub (nämlich unter Verwendung einer Waffe begangenen) qualifizierten Form bestand.
Gegen den Schuldspruch richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 6, 8, 9, 10 lit a und 12 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
Rechtliche Beurteilung
Soweit die Fragestellungsrüge (Z 6) behauptet, den Geschworenen wäre neben der Hauptfrage auch noch eine nicht in der Verhandlung erörterte oder in der "Fragenliste" aufscheinende weitere Frage (Eventualfrage) gestellt worden, die Laienrichter hätten über zwei gestellten Fragen in unrichtiger Reihenfolge abgestimmt, läßt sie den - für das Rechtsmittelgericht allein maßgebenden (Mayerhofer StPO4 § 271 E 49 ff) - Inhalt des ungerügten Hauptverhandlungsprotokolls (289 iVm Beilage ./C) außer Acht und ist somit nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt.
Auch das Begehren auf Stellung einer Eventualfrage nach unqualifiziertem Raub gemäß § 142 StGB, in eventu nach § 131 StGB, orientiert sich in isolierter Präsentierung einzelner Passagen der Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung und unter Vernachlässigung der von diesem überdies zugestandenen Verwendung des Messers und stattgefundenen Tätlichkeiten ("Rangelei") vor der Sachwegnahme (S 235 ff) nicht an den in der Hauptverhandlung vorgebrachten Tatsachen.
Bei einer Anklage wegen schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB ist eine Eventualfrage nach "einfachem" Raub im Sinne des § 142 Abs 1 StGB nicht zu stellen. Eine solche Frage (§ 314 StPO) ist nur dann zulässig, wenn es sich um rechtlich verschiedene Beurteilungen derselben Tat handelt und jene rechtliche Wertung, welche der Hauptfrage zugrunde liegt, die mit der Eventualfrage angestrebte Tatbeurteilung ausschließt (Mayerhofer aaO § 314 E 15). § 143 StGB normiert im Gesetz namentlich angeführte Erschwerungsgründe, die den Gegenstand einer uneigentlichen Zusatzfrage (§ 316 StPO) bilden, aber auch - wie hier - in die Hauptfrage aufgenommen werden können (§ 317 Abs 2 StPO), sofern die Geschworenen ausdrücklich darüber belehrt werden, daß sie diese mit einer entsprechenden Einschränkung (§ 330 Abs 2 StPO) bejahen können (Mayerhofer aaO § 316 E 2g und 8, § 317 E 6b, § 330 E 2, jüngst 11 Os 163/98). Dies ist aber im konkreten Fall durch die allgemeine Rechtsbelehrung (§ 325 Abs 2 StPO, Beilage ./A zu ON 41), die Rechtsbelehrung gemäß § 321 StPO (Beilage ./B, letzte Seite) und das Formblatt über die Fragen an die Geschworenen (Beilage ./C) erfolgt.
Das Verbrechen des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 StGB wiederum läge nur dann vor, wenn die Gewalt oder Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben erst nach Erlangung wenigstens des Mitgewahrsams zwecks dessen Erhaltung angewendet wird, während der Tatbestand des Raubes verwirklicht ist, wenn der Einsatz eines der bezeichneten Mittel erfolgt, um den Gewahrsam an einer fremden Sache zu erlangen. Hievon ausgehend wurde die Stellung einer Eventualfrage nach §§ 127, 131 StGB zu Recht unterlassen, weil eine solche Beurteilung nach der vollständigen Einlassung des Angeklagten und den weiteren in der Hauptverhandlung vorgebrachten Tatsachen (in ihrem vollständigen Sinnzusammenhang) nicht indiziert war.
Auch die Instruktionsrüge (Z 8) orientiert sich mit ihrem neuerlichen Vorbringen, den Geschworenen sei nicht nur eine Hauptfrage gestellt worden, nicht an der Aktenlage und ist somit einer sachbezogenen Erörterung nicht zugänglich.
Soweit sie der Sache nach behauptet, die Laienrichter seien über die Möglichkeit der teilweisen Bejahung der Hauptfrage (nur in Richtung "einfachen" Raubes) nicht instruiert worden, übergeht sie die (sogar dreifache) diesbezügliche Belehrung.
Der Beschwerde zuwider erfolgte die Rechtsbelehrung darüber, wann ein Raub "unter Verwendung einer Waffe" verübt wird, nicht irreführend unvollständig, zumal sie auch den vermißten "funktionstypischen Zusammenhang" zwischen Waffeneinsatz und Gewaltanwendung oder Drohung mit der herrschenden Auffassung (Zipf im WK Rz 10, Kienapfel BT II3 RN 32 jeweils zu § 143 StGB; 12 Os 16/89) in Einklang stehend, anschaulich und für Laien verständlich erläutert (drittletzter und vorletzter Absatz der Rechtsbelehrung). Die nach Ansicht des Beschwerdeführers gebotene Anführung konkreter Beispiele in der Rechtsbelehrung ist von der Prozeßordnung (weil dies die Beweiswürdigung der Geschworenen beeinflussen könnte) nicht vorgesehen (Mayerhofer aaO § 345 Z 8 E 14, 11 Os 161/97). Gerade daraus, daß ein Teil der Geschworenen bei der Abstimmung von der in § 330 Abs 2 StPO normierten Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, die Hauptfrage nur teilweise zu bejahen, erhellt, daß die Rechtsbelehrung auch diesbezüglich nicht mißverständlich war. Mit ihrer bloßen Behauptung, im Fall richtiger Rechtsbelehrung wäre ein Verurteilung lediglich wegen räuberischen Diebstahls möglich gewesen, übersieht die Beschwerde, daß die Rechtsbelehrung nur zu tatsächlich gestellten Fragen zu erteilen ist, aber eine - hier nicht indizierte - Eventualfrage in Richtung § 131 StGB gar nicht gestellt wurde.
Undeutlichkeit des Wahrspruchs (Z 9) liegt nicht vor, weil die Geschworenen mit ihrer Antwort unmißverständlich zum Ausdruck gebracht haben, daß sie den Angeklagten stimmeneinhellig im Sinne der Hauptfrage für schuldig erachteten, wobei zwei Geschworene diese mit der Einschränkung bejahten, daß die (die Tat als schweren Raub qualifizierende) Annahme der Verwendung einer Waffe zu entfallen habe. Daran ändert der Umstand nichts, daß das dargestellte Votum für die Beschränkung in der Rubrik "Antwort" des StPOForm. Prot 15 nur in einer auf die Gesetzesüberschrift des § 143 StGB reduzierten Form ("Schuldig: 8 Ja, 0 Nein, schwerer Raub: 6 Ja, 2 Nein") aufgenommen wurde, weil auch diese Beschreibung den Willen der Geschworenen unmißverständlich zum Ausdruck bringt.
Die Tatsachenrüge (Z 10a) vermag mit der Darstellung einzelner Punkte der Aussagen des Zeugen V*****, aber unter Vernachlässigung der die Verwendung des Messers betreffenden Aussageteile, keine aus den Akten hervorkommenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen (hinsichtlich eines sachlichen und auch zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Drohung mit der Waffe und der Wegnahme der Beute) hervorzurufen, sondern erschöpft sich in einer unzulässigen Anfechtung der Beweiswürdigung in Art einer im Nichtigkeitsverfahren gesetzlich nicht vorgesehenen Schuldberufung.
Die Subsumtionsrüge (Z 12) ist nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt. Zum einen unterläßt der Beschwerdeführer die Bezeichnung des Strafgesetzes, dem die im Wahrspruch festgestellte Tat zu unterstellen wäre (Mayerhofer aaO § 345 Z 12 E 6), zum anderen kann unter diesem Nichtigkeitsgrund der Ausspruch der Geschworenen, ob die vom Gesetz geforderten Tatbestandsmerkmale (hier: "unter Verwendung einer Waffe") gegeben sind, durch bloßes Bestreiten nicht angefochten werden (aaO E 15).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen. Die im wesentlichen deren Argumente wiederholende Äußerung gemäß § 35 Abs 2 StPO zur Stellungnahme der Generalprokuratur vermag an den dazu wiedergegebenen Erwägungen nichts zu ändern.
Das Geschworenengericht verhängte über Robert B***** nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren.
Bei der Strafbemessung wertete es die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden, rückfallsbegründen Vorstrafen und den raschen Rückfall nach der letzten Verurteilung als erschwerend, das teilweise Geständnis als mildernd.
Gegen diesen Sanktionsausspruch richtet sich die eine Strafherabsetzung begehrende Berufung des Angeklagten.
Ihr zuwider lag zwar ein umfassendes Geständnis des Angeklagten vor dem Untersuchungsrichter, nicht aber in der Hauptverhandlung vor, sodaß das Geschworenengericht diesen Milderungsgrund zu Recht nur eingeschränkt berücksichtigt hat. Die bloße Bereitschaft zur Schadensgutmachung ist kein Milderungsgrund (Leukauf/Steininger Komm3 § 33 RN 23). Von einer Bestimmung zur Tat durch eine drückende Notlage kann - selbst nach der Verantwortung des Angeklagten - ebensowenig die Rede sein, wie von einer Verleitung durch eine besonders verlockende Gelegenheit. Arbeitslosigkeit allein bewirkt im Hinblick auf die sozialstaatlichen Einrichtungen, die in einer Notlage jedenfalls die dringendste Hilfe gewähren, noch nicht den Milderungsgrund des § 34 Z 10 StGB (aaO RN 16). Als gering wäre der Wert der Raubbeute nach herrschender Rechtsprechung nur dann zu bezeichnen, wenn er maximal 1000 S beträgt (Leukauf/Steininger aaO § 141 RN 8a).
Wenngleich der Angeklagte in der Vergangenheit bereits in neun Fällen wegen Vermögens- und Gewaltdelikten abgeurteilt und nur rund drei Wochen nach Verbüßung zweier Freiheitsstrafen in der Gesamtdauer von drei Jahren und sechs Monaten massiver als je zuvor einschlägig rückfällig wurde, erweist sich die vom Geschworenengericht ausgemessene Sanktion unter Rücksichtnahme auf das relativ geringe Gewicht der Straftat im Vergleich zu anderen Fällen bewaffneter Raubüberfälle als überhöht und war daher in Stattgebung der Berufung auf ein tat- und täteradäquates Maß von sechs Jahren zu reduzieren.
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