Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben und der Wahrspruch, wonach der Raub ohne Verwendung einer Waffe verübt wurde, sowie das darauf beruhende Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in der Ablehnung der Qualifikation nach § 143, erster Satz, zweiter Fall, StGB, demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache an das Geschwornengericht beim Landesgericht Feldkirch zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung mit dem Auftrag zurückverwiesen, die unberührt gebliebenen Teile des Wahrspruchs der Entscheidung mit zugrunde zu legen. Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 23-jährige Fliesenleger Friedrich K*** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 1.Juli 1988 in Sulz der Doris K*** mit Gewalt gegen ihre Person und durch (gefährliche) Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache, nämlich 2.100 S Bargeld mit dem Vorsatz, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, abgenötigt, indem er in ihre Wohnung eindrang, sie dort mit beiden Händen von rückwärts umklammerte und zur Überlassung von Geld aufforderte. Die Geschwornen hatten die anklagekonforme Hauptfrage nach (infolge Eindringens in die Wohnung mit vorgehaltenem Messer) schwerem Raub teilweise, nämlich hinsichtlich des Grundtatbestandes nach § 142 Abs. 1 StGB stimmeneinhellig bejaht, bezüglich der Qualifikation nach § 143, erster Satz, zweiter Fall, StGB jedoch mehrheitlich im Stimmenverhältnis 7 : 1 die Beschränkung "aber nicht mit der Waffe" beigefügt (§ 330 Abs. 2 StPO) und die Zusatzfrage nach Zurechnungsunfähigkeit gemäß § 11 StGB (erneut ohne Gegenstimme) verneint (S 237, 238).
Rechtliche Beurteilung
Die Anklagebehörde bekämpft mit ihrer auf § 345 Abs. 1 Z 8 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde die mangelnde Unterstellung der Raubtat (auch) unter § 143, erster Satz, zweiter Fall, StGB und macht dabei eine infolge Unvollständigkeit und Widersprüchlichkeit unrichtige Rechtsbelehrung der Geschwornen in Ansehung des gesetzlichen Merkmals der "Verwendung einer Waffe" geltend. Die Instruktionsrüge erweist sich als berechtigt, soweit sie qualifikationsspezifische Ausführungen über Zeitpunkt und Dauer des Einsatzes der Waffe als Drohmittel vermißt. Denn die Verwendung einer Waffe bei Verübung eines Raubes setzt in zeitlicher Hinsicht nicht deren ständigen Gebrauch während des gesamten Tatgeschehens voraus; der zweite Fall des § 143, erster Satz, StGB erfaßt vielmehr bereits eine vorübergehende Benützung der Waffe (zumindest als Drohmittel) im Verlauf der Tatausführung (siehe Kienapfel BT II2 RN 32 und Zipf im WK Rz 10 jeweils zu § 143 StGB).
Das Fehlen eines diesbezüglichen, nach Lage des Falles gebotenen Hinweises (die Angaben des Tatopfers wiesen - anklagekonform - in die Richtung einer tätergewollt fortgesetzten Einschüchterungswirkung der Waffe - S 183) stellt aber eine Unvollständigkeit der Rechtsbelehrung dar, die den Grad einer Unrichtigkeit im Sinne des § 345 Abs. 1 Z 8 StPO erreicht und die geeignet war, die Geschwornen in der Auslegung des in Rede stehenden Qualifikationsmerkmals zu beirren. Zur Vermeidung materiellrechtlicher Mißverständnisse wäre es auch angezeigt gewesen, den (an sich rechtsrichtigen - siehe SSt 49/45; Kienapfel BT II2 RN 26 zu § 143 StGB - und dem Beschwerdestandpunkt zuwider nicht widersprüchlichen) Ausführungen zum bloßen Mitsichführen einer nicht verwendeten Waffe (S 215 drittletzte Zeile) der Vollständigkeit halber die Worte "zumindest als Mittel der Drohung" einzufügen.
Da der (zu Recht) gerügte Verfahrensmangel ausschließlich die Voraussetzungen der Qualifikation nach § 143, erster Satz, zweiter Fall, StGB betrifft, den Wahrspruch zum Grundtatbestand des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB jedoch ebenso unberührt läßt, wie die Beantwortung der Zusatzfrage nach Zurechnungsunfähigkeit im Sinn des § 11 StGB, waren der Wahrspruch und das darauf beruhende Urteil gemäß § 349 Abs. 2 StPO nur soweit aufzuheben (und eine Verfahrenserneuerung anzuordnen), als sie von dem aufgezeigten Nichtigkeitsgrund betroffen sind, wogegen die unberührt gebliebenen Teile des Wahrspruchs der neuen Entscheidung mit zugrunde zu legen sein werden.
Mit ihrer Berufung war die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.
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